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Zedler: Professor der Kauffmanschafft HIS-Data
5028-29-770-5
Titel: Professor der Kauffmanschafft
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 29 Sp. 770
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 29 S. 398
Vorheriger Artikel: PROFESSOR JURIS
Folgender Artikel: PROFESSOR MERCATURAE
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Professor der Kauffmannschafft, Professor Mercaturae.  
  Es wirfft der berühmte Marperger in der ersten Fortsetzung seiner nützlichen Fragen über die Kauffmannschafft ... die Frage auf: ob es nicht rathsam wäre, auf Universitäten öffentliche Professores der Kauffmannschafft zu verordnen, welche die Kauffmannschafft, und alles, was in dieselbe hinein lauft, oder von solcher dependiret, lehren müsten?  
  Denn bisher ist man in den Gedancken gestanden, daß nur die Theologie, Jurisprudentz, Medicin und Philosophie nur auf Universitäten der studirenden Jugend müsten vorgetragen werden. Wie man denn solche vier Wissenschafften in so viel Facultäten eingeschlossen, und zu ieder derselben besondere Professores verordnet. Was aber zu andern, in dem menschlichen Leben nöthigen Wissenschafften, sonderlich zur Kauffmannschafft, gehörig gewesen, das istmehrentheils an die Philosophische Facultät, oder auch, nachdem der Vorfall gewesen, an die Juristische verwiesen worden, welche beyde die Kauffmannschafft als Neben-Wercke, und Stückweise tractiret, und nur bey Gelegenheit davon geredet, als etwan der Philosoph in der Lehre von der Politick, wann er auf die Einrichtung der Republiquen, deren Anwachs, und Erhaltungs-Mittel; Der Jurist aber auf solche Contracte gekommen, welche hauptsächlich die Kauffmannschafft angegangen,  
  {Sp. 771|S. 399}  
  oder aus ihren beschriebenen Rechten haben decidiret werden müssen.  
  Im übrigen aber ist von dem, worinnen die Geheimnisse der so grossen Nutzen bringenden Kauffmannschafft bestanden, geschwiegen worden, ausser was in etlichen Dissertationen und Disputationen geschehen, da zwar ein und andere Materie der Kauffmannschafft nach ihren Umständen und nach den Rationibus dubitandi et decidendi heraus gesucht und abgehandelt worden. Der gantze Cursus aber derselben ist secundum methodum analyticam negligiret, u. weil es bisher nicht gewöhnlich, ausgelassen worden.  
  Daß aber die Lehre von der Kauffmannschafft öffentlich auf Universitäten zu tractiren, von der höchsten Nothwendigkeit sey, solches beweiset obgedachter Marperger mit folgenden Gründen:  
 
1) Weil sie zum Aufnehmen und zur Erhaltung der bürgerlichen Societät gereichet, ja weil sie dasjenige sey, was dem Leibe einer Republick Geist und Leben geben soll.
2) Weil sich dieselbe eben, wie andere Studien, in ihre Theile nach einer vernünftigen Lehr-Art bringen lässet, also, daß erstlich gantz leichte die Praecognita darzu können angewiesen, folglich gewisse Einrichtungen nach denen darinne vorkommenden Personen, Sachen und Verrichtungen gemacht, hierauf zu wichtigern Vorfällen geschritten, und derselben Erläuterung nach den allgemeinen Rechten oder statutis, und Gewohnheiten gegeben werden.
3) Weil viele unter derselben sich in Kauf- und Handels-Städten wo nicht judicando, doch advocando gebrauchen lassen müssen.
4) Weil selbst die Theologie, Jurisprudentz, Medicin und Philosophie in vielen Stücken von der Kauffmannschafft Nachricht und Erläuterung ziehen müssen.
5) Weil ja die Chirurgie an vielen Orten ihre Lehrer habe, welche auch andre Lehrer und Doctores in derselben machen, und also solte es auch wohl die Kauffmannschafft haben.
6) Weil die Lehre von der Kauffmannschafft mit dem Natur- und Völcker-Recht so genau verbunden, daß diese beyde ohne jener gründliche Känntniß nicht wohl erkläret werden können; zu geschweigen, daß die Historie, Geographie, auch selbst die Philosophie, und das meiste in Mathesi mit derselben genau verwandt wäre.
7) Weil die meisten Fehler in der Kauffmannschafft von einer Unerfahrenheit in der Philosophie und Politick auch Jurisprudentz herrühren, daher sie nicht nach Vernunftmäßigen Regeln, sondern nur nach einem Gutdüncken des irrigen Wahns und nach übel eingeführten Gewohnheit tractiret wird.
8) Weil eine solche neu aufgerichtete Profeßion Anlaß zu einem förmlichen Kauffmanns-Recht geben würde, dadurch viele unnütze Processe wegen der Kauffmannschafft abgeschafft werden könnten.
9) Weil die Universitäten selbst dadurch einen grossen Zugang gewinnen würden.
10) Es könnte derselben eine sonderbare neue Hochachtung zuwachsen, so daß sie von unverständigen oder hochmüthigen Politicis nicht mehr so verächtlich gehalten würde.
11) Weil dadurch manches schöne Capital wieder in die Handlung kommen würde, welches bisher durch Verheyrathung reicher Kaufleute Töchter an andere Standes-Personen, derselben entzogen worden.
12) Weil dadurch denenjenigen, welchen dieses Amt aufgetragen, Gelegenheit gegeben wür-
 
  {Sp. 772}  
 
  de in aller Facultäten Wissenschafften hinein zu gehen, wenn sie anders ihren Lectionen ein Genüge leisten wolten.
Wer dieses alles nebst den Einwürfen dargegen und deren Beantwortungen zu wissen verlanget, der lese obgedachten Schrifftsteller am gemeldeten Orte.
     

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Stand: 8. April 2013 © Hans-Walter Pries