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Vereinigung der Seele mit dem
Cörper:
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Wegen der
Übereinstimmung und Gemeinschafft der
Bewegungen des
Leibes und
der Seele unter einander pfleget man zu
sagen, daß die Seele mit dem Leibe
vereiniget sey; wiewohl eigentlicher zu
reden solche Übereinstimmung nicht
sowohl die Vereinigung zwischen dem Leib und der Seele ausmachet, als vielmehr
eine Würckung derselbigen ist. |
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In den alten Zeiten trugen sich viele
Philosophen mit der
Meynung, daß die Vereinigung selbst vermittelst eines
gewissen sehr subtilen und ätherischen Cörpergens, so ochēma
genennet werde, geschehe, welches seiner
Natur
nach rund; sich aber, wenn es in den menschlichen Leib komme, in die
Gestalt
desselbigen verwandele, bis es endlich von dem Leibe abgesondert werde, und
seine erste runde Figur wieder annehme. |
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Einige Platonicker
sagten, die Seele wäre mit einem dreyfachen vinculo
umgeben, vermittelst dessen sie mit dem Leibe
verknüpffet würde: das eine sey
ein himmlisches, so nichts von der
Materie an sich habe; das andere bestünde aus
einem aerischen
Wesen,
und das dritte sey aus den vier Elementen zusammen gesetzt, |
wovon Marsilius Ficinus in theolog. Platonic. lib.
18. cap. |
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{Sp. 1099|S. 563} |
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4. zu lesen. |
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Andere, welche drey Theile der Menschen gesetzet, als
Geist, Seele und Leib,
haben gemeynet, daß die Seele, als der mittlere Theil, diejenigen
Substanz sey,
welche den Geist mit dem Leibe vereinige. Ist die Frage von dem
Grund dieser
Vereinigung, worauf sie beruhe, und wie sie geschehe, ob eine mittlere Substanz,
oder sonst ein natürliches
Band, das Leib und Seele mit einander verbinde,
vorhanden sey? oder ob alles nur auf den
unmittelbaren Willen GOttes ankomme?
oder, ob sie durch eine gewisse
Würckung der Seele gegen den Leib geschiehet?
solches läst sich nicht ausmachen. Daher muß man nur bey der Übereinstimmung der
beyderseitigen
Bewegungen bleiben. |
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So viel ist aus der
Erfahrung
und eigener
Empfindung ausgemacht, daß auf gewisse Bewegungen des Leibes gewisse
Bewegungen der Seele, und auf gewisse Bewegungen der Seele gewisse Bewegungen
des Leibes erfolgen. Mit der
Vernunft untersuchet man den
Grund und die Ursache solcher
Gemeinschaft und Übereinstimmung, vorher dieselbige komme. Man hat lange Zeit
die
Meynung gehabt, daß der Grund davon in der Seele läge,
welche in den Leib würcke, und die Bewegungen in demselbigen verursachte,
welches man als eine ausgemachte Sache angenommen, daß darüber gar kein Streit
entstanden. Als aber nicht nur Cartesius; sondern auch
Leibnitz solchen Einfluss der Seele in den
Cörper nicht zugeben
wollten, und die Sache aus einem andern Grund zu erklären suchten, so sind
hierüber die Streitigkeiten angegangen, und man hat nunmehro drey Systemata,
wodurch die
Philosophen die Übereinstimmung der Seele und des Leibes in ihren
Bewegungen zu erklären, sich bemühet. |
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Drei Systeme |
Das eine ist das Systema influxus physici; das andere das
Systema caussarum occasionalium, und das dritte das Systema harmoniae
praestabilitae, welche also zusammen hängen. Der
Grund dieser Harmonie
lieget entweder in der Seele, oder in
GOtt. Leitet man ihn von der Seele her, daß dieselbige in
den Cörper würcke, so ist dieses das systema influxus physici: Soll
GOtt aber die
Ursache
seyn, so kan dieses auf zweyerley Art geschehen. Denn entweder würcket GOtt die
Bewegungen des
Leibes
unmittelbar, so oft dergleichen geschehen soll, welches
das Systema caussarum occasionalium; oder er hat einmahl vor allemahl
eine gewisse
Ordnung gesetzet, so daß systema harmoniae praestabilitae. |
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System des natürlichen Einflusses |
Das erste, nemlich das SYSTEMA INFLUXUS PHYSICI, oder das
Systema des natürlichen Einflusses, ist das älteste und gemeinste. Es
kommt dasselbige eigentlich darauf an, daß nach demselbigen die Seele eine
Kraft
in den Cörper habe, so daß nach ihrem Belieben in ihm den Vorstellungen und
Begierden gleichförmige
Bewegungen erreget würden, dergleichen wieder von ihm
vermittelst der Bewegungen in dem Beleben, den Geistergen in die Seele geschähe,
und auf solche Art die Seele in den Cörper; und der Cörper in die Seele einen
Einfluß thäte. |
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Es geschiehet also dieser Einfluß Wechselsweise; von der Seele in den
Cörper, und von dem Cörper in die Seele. Denn die Seele könne nach ihrem
Belieben den Leib und dessen Gliedmassen bewegen, vermöge der ihr zukommenden
Bewegungs-Krafft; |
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{Sp. 1100} |
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würden aber die Werckzeuge der
Empfindung unseres Leibes von äusserlichen
Dingen berühret, so verursachte dieses in unserer Seele die Empfindung, oder die
Idee und die daher dependirenden
Gedancken, mithin geschähe hier ein Einfluß des
Cörpers in unsere Seele. Man nennet dieses Systema das Aristotelische,
weil Aristoteles Urheber ist. Denn wie oben gezeiget worden, so
hat er die Seele vor nichts anders, als vor den
Grund der
Bewegung, die in dem
Physischen
Cörper geschehe, gehalten; wobey nur dieses zu gedencken ist, daß
sich zwar Aristoteles einen gantz falschen
Begriff von der
Seele gemacht, welchen die neuern fahren lassen, und dennoch das systema
influxus physici behauptet. |
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Sie lassen es auch in der Sache selbst auf des Aristoteles
Ansehen
nicht ankommen; sondern beruffen sich auf die
Erfahrung.
Denn man wüsste und
empfinde bey sich selbst, daß, wenn man wolte, so könte man
reden, gehen, greiffen, die
Rede selbst, die
Bewegung der Hände, Füsse, der
andern Gliedmassen nach seinem Belieben einrichten, und dabey allerhand
Veränderungen vornehmen; und daß die äusserliche Dinge, welche in unsere
Sinnen
fielen, so viele
Empfindungen, folglich auch
Ideen veranlaßten, so nicht weniger
bekannt. Doch setzen sie dabey voraus, daß sich der
Leib in einem ordentlichen
und gesunden
Zustand befinden müsse, mithin fiel der Einwurf weg, wenn man
sagte, ein Lahmer, oder einer, der vom Schlag gerühret worden, wollte gern
gehen, oder sonst ein Glied bewegen, daß also der
Wille
der Seele vorhanden, er könnte es aber nicht thun, mithin da die
Bewegung
unterbliebe, so geschähe kein Einfluß der Seele in den Leib. |
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Man hält auch diese Hypothesin nicht nur vor gegründet und ausgemacht,
sondern auch vor nothwendig, weil man ohne derselbigen in vielen Stücken des
Christenthums und der Moral nicht könnte zurecht kommen. Denn hätte die Seele
keine
Herrschafft
über den Leib, so hätte
GOtt von einem Christen nicht verlangen können, daß man
Fleisch und Blut creutzige; seinen Leib darstelle zu einem Opfer, das da
lebendig, heilig, und GOtt wohlgefällig sey; daß man seine Glieder sollte
begeben zu Gliedern der Gerechtigkeit. Und wie wollte man einem Menschen die
äusserlichen Sünden, die mit dem Leibe begangen würden, als Mord, Diebstahl,
Gotteslästerung, u.d.g. zurechnen, und ihn deswegen
bestraffen, wenn die Seele
mit dem Leibe keine Gemeinschaft haben, noch in denselben einen Einfluß thun;
oder über ihn keine Herrschafft führen sollte? Hierauf kommt nun das meiste an,
was man für das systema influxus physici vorbringt. |
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Inzwischen aber ist auch vieles dawider eingewendet worden. Ein gemeiner
Zweifel ist, daß der Einfluß der Seele in den Cörper ohne einer Extension nicht
zu begreiffen sey; gleichwohl aber könnte man der Seele, als einem
Geist, keine
Ausdehnung beylegen. Denn der Einfluß könte ohne Berührung nicht geschehen, und
wenn die Seele den Leib berühren sollte, so müste sie Theile haben, und also was
Ausgespanntes, oder Ausgedehntes seyn, und diese Schwierigkeit äusserte sich
auch auf Seiten des Leibes, daß man sich nicht einbilden könnte, wie er als ein
ausgedehnter
Cörper in die Seele würcken sollte. |
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Doch ist dieser Zweifel so erheblich |
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{Sp. 1101|S. 564} |
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nicht, daß man deswegen das Systema selbst solte fahren lassen. Denn er
betrifft die Art und Weise, wie man nicht wissen kan; daher aber läst sich noch
nicht schlüssen, weil man nicht begreiffen kan, wie es zugehet, daß ein Geist in
einen Cörper würcket, folglich würcke er auch nicht in einen
Leib. Diejenigen,
die solches leugnen wolten, müsten das
Wesen eines Geistes vollkommen
verstehen,
und aus demselbigen einen
Grund angeben, daß der Geist in den Cörper nicht
würcken könne, welches sich nicht thun lässet, weil man, das Wesen eines Geistes
zu ergründen, nicht im
Stande. |
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Wenn ein Cörper in den andern einen Einfluß hat, so geschicht dieses zwar
durch eine Berührung, welcher eine Extension mit sich bringet; von solchem
Einfluß aber lässet sich nicht auf den Einfluß eines Geistes in einen Cörper
schlüssen, daß man dencken wolte, wie jener geschiehet, müste auch dieser
geschehen. Diejenigen, welche gleichwohl solchen Einfluß der Seele behaupten,
gründen sich auf die Proben, daß Geister in Cörper gewürckt, und wie sie daraus
die Sache selbst erkennen; also benimmt dieser
Erkenntniß
nichts, wenn sie gleich nicht begreiffen, auf was Art und Weise dieses geschehen
möge. |
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Besondere Einwürffe haben diejenigen gemacht, welche dieses Systema fahren
lassen und die Sache aus einem andern
Grund zu erklären gesuchet. |
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Die Cartesianer setzen ihre
Regel von der
Bewegung entgegen, daß nehmlich in
der
Welt
einerley Qvantität der Bewegung müsse erhalten werden, und schlüssen daraus, daß
nach dem Systemate influxus physici diese Quantität der
Bewegung bald vermehret, bald verringert werde. Denn wenn die Seele nach ihrem
Willen
in den Cörper eine Bewegung hervor bringe, die vorher in dem Cörper keinen
Grund, oder
Ursach
gehabt, oder keine Bewegung in demselbigen vorhergegangen, so entstünde dadurch
in der Welt eine neue Bewegung, welches die Quantität der Bewegung vermehre;
gleichwie sie hingegen verringert werde, wenn durch eine Bewegung des Cörpers
die
Gedancken erreget würden. |
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Man hat aber diese Cartesianische
Regel von der Quantität der
Bewegung nicht
wollen gelten lassen, wie Leibnitz, Newton und andere, derer
Schrifften und
Stellen Bülfinger in der commentatione de harmonia praestabilita p. 28. 29.
angeführet gewiesen. Indem der jetztgedachte Herr Leibnitz das
Systema
harmoniae praestabilitae angenommen, so hat er sich bey den gemeinen Systemate,
das auf einen influxum physicum ankommt, diese Schwierigkeit eingebildet, daß
solches der
Ordnung der Natur, und den darinnen fest gestellten Gesetzen zuwider
wäre. Denn nach den Gesetzen der Bewegung, worauf die Ordnung der Natur ankommen
sollte, werde allezeit einerley
Bewegungs-Krafft in der Welt erhalten, wie aus
derTheodicée §. 344. u.f. zu ersehen. |
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Dieses ist auch die Haupt-Ursach, warum Herr
Wolff in der
Metaphysick das systema influxus physici nicht zugeben will, wiewohl er
noch ein und andere Umstände dawider eingewendet. Denn |
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1) |
sagt er §. 761. daß die Seele in den
Leib, und
der Leib in die Seele einen Einfluß habe, ließ sich weder be- |
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{Sp. 1102} |
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greifen; noch auf eine verständliche Art
erklären: |
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2) |
saget er an eben demselbigen Ort, daß man keine
Erfahrung
habe, daß der Leib in die Seele, und die Seele wiederum in den Leib
einen Einfluß habe, und meynet, daß solches wider die Erfahrung sey;
daher man nichts anders
sagen könte, als daß der natürliche Einfluß der
Seele in den Leib und des Leibes in die Seele ohne allen
Grund nur vor
die lange Weile angenommen werde. Dieses hat er schon vorher, ehe er
solchen Ausspruch gethan,
beweisen wollen, wenn er §. 529
saget: |
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„Man muß sich aber wohl in
Acht nehmen, daß man diese Erfahrung der Wahrheit zum Nachtheil nicht
weiter bedeutet, als sichs gebühret. Wir nehmen weiter nichts wahr, als
daß zwey Dinge zugleich sind, nehmlich eine Veränderung, die in den
Gliedmassen der Sinnen vorgehet, und eine Gedancke, dadurch sich die
Seele der äusserlichen Dinge bewust ist, welche die Veränderung
verursachen. Keinesweges aber erfahren wir eine Würckung des Leibes in
die Seele. Denn wenn dieses seyn solte, müsten wir von ihr einen, ob
zwar nicht deutlichen, doch wenigstens klaren Begriff haben. Wer aber
auf sich selbst genau acht hat, der wird finden, daß er von einer
dergleichen Würckung nicht den allergeringsten Begriff hat. Und demnach
können wir nicht sagen, es sey die Würckung des Leibes in die Seele in
der Erfahrung gegründet. Wer genau reden will, kan nicht mehr der
Erfahrung zuschreiben, als daß zwey Dinge zugleich sind. Daraus aber
lässet sich nicht einmahl schlüssen, daß eines des andern Ursache sey,
oder eines aus dem andern komme.„ |
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Im 778 §. suchet er gegenseitige Proben dieser
Erfahrung entgegen zu setzen in dem wir öfters fänden, daß nicht allein
ohne; sondern gar wider den Willen der Seele hin und wieder
Bewegungen
in unserem Leibe erfolgten, wenn wir etwas sähen oder höreten, z.E. |
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„es ist einer gewohnet,
für dem Schiessen zu erschrecken, er steht hinter dem Stücke, und
bedenckt, daß die Kugel, die vornen heraus gehet, ihn nicht treffen kan.
Er begreiffet, daß, wenn auch leicht durch einen unvermutheten
Unglücks-Fall das Stücke zerspringen solte, er doch soweit davon weg
sey, daß es ihm keinen Schaden thun kan. Er lacht sich selber aus, daß
er sich vor dem Schüsse gefürchtet, und nimmt ihm vor, jetzund
dergleichen nicht zu thun. Allein, kaum höret er den Schoß, so fähret er
auf, hebet die Hände in die Höhe, und setzet die Füsse zurücke. Hier ist
klar, daß, ohne Zuthun der Seele (welches auch diejenigen erkennen
müssen, die einen natürlichen Einfluß behaupten) die Bewegungen in dem
Leibe erfolgen, und durch den Schuß erreget werden.„ |
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Doch aus diesen beyden ersten
Gründen will er
selber nicht viel machen, indem er §. 762
schreibet: |
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„Weil die Würckung der
Seele in den Leib, und des Leibes in die Seele sich weder verständlich
erklären, noch durch die Erfahrung erweisen lässet; so hat man zwar
Grund genug, sie nicht zuzugeben, massen man so lange eine Sache
ausgesetzt läst, bis sie erwiesen worden; allein man hat nicht gnugsamen
Grund, sie zu verwerffen. Denn es kan deswegen doch wohl etwas seyn, ob
wir gleich nicht begreiffen, wie es seyn kan, noch durch |
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{Sp. 1103|S. 565} |
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die Erfahrung erlernen, das es sey. |
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3) |
Sein Haupt-Argument ist aus der Leibnitzischen
Philosophie genommen. Die
Regeln der
Bewegung wolten haben, daß immer
einerley
bewegende Krafft in der
Welt
erhalten werde. Die Würckung aber der Seele in den
Leib, und des Leibes
in die Seele erfordere, daß nicht immer einerley
Krafft
in der
Natur
erhalten; sondern sie vielmehr der Seele zu Gefallen bald vermehret,
bald vermindert werde. Weil demnach die
Würckung des Leibes und der
Seele in einander der Natur zuwider sey, so habe man genugsamen Grund,
sie zu verwerffen. Seine eigene
Worte lauten §. 761. also: |
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„Ich habe oben erinnert,
daß vermöge der Regeln der Bewegung, darinnen die Ordnung der Natur
gegründet ist, immer eine bewegende Krafft in der Welt erhalten werde.
Wenn der Leib in die Seele, und die Seele in den Leib würcket, so kan
nicht einerley bewegende Krafft in der Welt erhalten werden. Denn wenn
die Seele in den Leib würcket, so wird eine Bewegung hervor gebracht,
ohne einer vorhergehenden Bewegung, massen man setzet, daß die Seele die
Bewegung im Leibe bloß durch ihren Willen hervor bringt. Da nun diese
Bewegung ihre abgemessene Krafft bey sich hat; so entsteht eine neue
Krafft, die vorher nicht in der Welt war. Und also wird wider das Gesetz
der Natur die Krafft in der Natur vermehret. Gleicher Gestalt, wenn der
Leib in die Seele würcket, so bringet eine Bewegung einen Gedancken
hervor. Da nun nach diesem die Bewegung aufhöret, ohne daß daraus eine
neue Bewegung in einem andern Theile der Materie entstünde; so höret
eine Krafft auf, die vorher in der Welt war. Und also wird wider das
Gesetz der Natur die Krafft in der Welt vermindert. |
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Hieraus ist klar, daß die Regel der Bewegung, nach
welcher die Veränderungen in der Natur geschehen haben wollen, es solle
immer einerley Krafft in der Natur erhalten werden: hingegen die
Würckung der Seele in den Leib und des Leibes in die Seele erfordert,
daß nicht immer einerley Krafft in der Natur erhalten, sondern sie
vielmehr der Seele zu Gefallen, bald vermehrt bald vermindert wird. Weil
demnach die Würckung des Leibes und der Seele in einander der Natur
zuwider ist, so hat man genugsamen Grund sie zu verwerffen.„ |
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Bey den bisherigen Streitigkeiten hat man ihm auf solche Einwürffe geantwortet.
Denn was den ersten anlanget, es liesse sich der Einfluß der Seele in den
Leib,
und des Leibes in die Seele weder begreiffen, noch auf eine verständliche Art
erklären, so haben andere eingewendet, daß dieses Bedencken nichts auf sich
habe. Denn es wäre wohl niemand unter denen, welche dieses Systema annehmen, der
die Art und Weise solchen Einflusses begreiffen und verständlich erklären wolte.
Es
sagten ja alle, welche es damit hielten, es ließ sich nicht begreiffen, noch
erklären wie es zugehe, wenn dieser Einfluß geschähe.
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Wider den andern Einwurff, da er die
Erfahrung,
welche das Systema influxus physici befestigen soll, umstossen will,
sprechen die Gegner, daß es auch damit nichts zu bedeuten habe. Er bestehet aus
zwey Stücken: das eine
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{Sp. 1104} |
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ist, es hätten die Vertheidiger dieses Systematis keine Erfahrung vor sich,
indem er
sagt §. 761. „Man kan durch die Erfahrung
nicht erweisen, daß der Leib in die Seele, und die Seele wiederum in den Leib
würcket;„ worauf in dem Beweis, daß
das Buddeische Bedencken noch fest stehe, p. 197. geantwortet worden,
wenn man sich bey dem Systemate influxus physici auf die Erfahrung
beruffe, so gehe solche nicht auf eine sinnliche
Empfindung des Einflusses
selber, als fühleten wir, wie derselbige geschehe; sondern man leitet aus der
Erfahrung weiter nichts, als daß die
Bewegungen des Leibes auf vorhergegangene
Bewegungen in der Seele, und die Empfindungen der Seele auf vorhergegangene
Bewegungen der Gliedmassen erfolgten, worauf man durch ein Systema die Ursache
davon zu erklären suche.
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Der Herr D. Lange behauptet auch diese Erfahrung in der
Entdeckung der falschen und
schädlichen Philosophie in dem Wolffianischen
Systemate metaphysico, wenn er p. 152
sagt, es sey nichts
gewissers, als daß wir
erfahren, daß nicht allein gewisse
Bewegungen im Leibe
erfolgten, wenn die Seele solche verlanget; sondern auch, daß sie von dem
Verlangen dependirten, und daß ihre Art und Weise und mancherley
Veränderung von
dem regimine der Seele herrühreten; erinnert auch dabey, wenn solches
Herr
Wolff leugne, so könne man weiter mit ihm nicht
disputiren, indem er sogar die
Empfindung aufhebe. Herr Wolff
leugnet auch, daß die beyderseitigen Bewegungen auf einander folgten, und
saget,
sie geschehen zugleich in einem Augenblicke. Daß er solches saget, geschicht aus
der angenommenen Hypothesi, daß der Leib sowohl, als die Seele ihr Geschäfft vor
sich thue, und ein jedes von dem andern independent sey.
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Der andere Umstand bey diesem Einwurff, der die
Erfahrung
betrifft, ist, daß er Proben einer gegenseitigen Erfahrung aufführet, indem man
wüste, daß nicht allein ohne, sondern gar wider den
Willen
der Seele hin und wieder
Bewegungen in unserm
Leibe erfolgten. Der Herr D.
Lange erinnert in seiner Entdeckung p. 158. dawider,
daß man hier unrichtig schlösse, und zwar a particulari ad universale,
daß, weil die Seele bey einem
Schluß die
Bewegung des Leibes nicht zuwege
brächte, so brächte sie auch keine andere Bewegungen zuwege. In der Sache selbst
vermische er die motus violentos, und also involuntarios mit
den voluntariis. Denn es sey ja was anders, eine Bewegung, die man
nicht verhindern kan, leyden; ein anders, eine Bewegung wollen und
hervorbringen. Und ob er gleich das Hervorbringen wider alle Erfahrung leugne,
so könne er doch das
Wollen
nicht leugnen und also müste er doch den Unterscheid unter den motibus
voluntariis und violentis zulassen.
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Wider den dritten Einwurff, daß das Systema influxus physici der
Ordnung der Natur zuwider sey, weil immer einerley
bewegende Krafft erhalten
werde, ist auch verschiedenes erinnert worden. In dem Beweis,
daß das Buddeische Bedencken noch fest stehe, p. 199. wird gewiesen,
daß dieser Einwurff soviel heissen soll: das Systema influxus physici
sey dem Mechanismo nicht
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{Sp. 1105|S. 566} |
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gemäß; die
Welt
könne keine Machine bleiben, und daher könne es keinen Platz finden, nemlich
nach der mechanischen
Philosophie. Denn eben, weil er die Welt zu einer Machine
gemacht, und nach deren Structur die
Kräfte
wolle abgemessen haben, so nehme er daher einen
Beweis wider das Systema
influxus physici, und gründe ihn auf ein Suppositum, daß noch auszumachen:
ob die Welt, dazu auch die Seele gehöret, eine Machine sey? Es heist weiter:
„Wenn auch in einer Machine die Krafft zu einer Zeit
vermehret; zur andern verringert wird, zu einer Zeit würcket; zur andern ruht,
so kan sie doch ihre gleiche
Bewegung erhalten.„
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Man lese auch, was der Herr D. Lange in seiner Entdeckung p.
155. und der Herr Professor Wucherer in der ersten Dissertation
de harmonia praestabilita stabilimento orbata §. 9. seqq.
erinnert.
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System der Gelegenheits-Ursachen |
Das andere ist das SYSTEMA CAUSSARUM OCCASIONALIUM, oder das
Systema der Gelegenheits-Ursachen, daß
GOtt die eigentliche und
unmittelbare
Ursach
der
Bewegungen sey, dem die
Kräffte der Seele und des
Cörpers nur Gelegenheit
dazu gäben. Man hält dafür daß weder der
Leib durch seine Bewegungen die
Empfindungen in der Seele; noch die Seele durch ihren
Willen Bewegungen in dem
Leibe hervor bringen könte; sondern es thäte dieses GOtt, daß er auf
Veranlassung der Bewegungen in dem Cörper
Gedancken in der Seele, und wieder auf
Veranlassung des Willens in der Seele Bewegungen in dem Leibe hervor bringe.
Denn er habe einmal das
Gesetz gemacht, daß, wenn äusserliche Cörper in die
Sinne fielen, und die subtile
Materie in den Nerven bewegt würde, so solte in
der Seele eine
Empfindung entstehen. Würde aber die Seele verlangen, daß gewisse
Gliedmassen des Leibes sich bewegen solten, so solte auch diese
Bewegung
erfolgen. Wenn sich nun diese Fälle ereigneten, so sey solcher
Wille Gottes so
kräftig, daß in der Seele sowol als im Leibe die Bewegungen erfolgen müsten.
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Auf solche Weise würcket GOtt alles in der Seele und in dem Leibe, und sie geben
nur Anlaß oder Gelegenheit darzu, woraus zugleich zu
verstehen, warum dieses
Systema genennet worden Systema caussarum occasionalium, welches man
auch SYSTEMA ADSISTENTIAE heisset.
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Urheber |
Vor den Urheber desselbigen wird insgemein Cartesius gehalten,
welcher zwar das Systema selbst nicht in seiner
Gestalt vorgetragen; soviel aber
ist gewiß, daß er das Systema influxus physici verworffen, und zu
diesem Anlaß gegeben. Denn er satzte das
Wesen der Seele in dem Dencken, und
leugnete daher, daß sie in den Cörper würckte. Er nahm als eine
Regel an, daß in
der
Welt
einerley Quantität der
Bewegung erhalten werde, und schloß daraus wider das
Systema influxus physici, daß dadurch eine Unordnung in der
Natur
entstünde, indem solche Quantität bald vermehret, bald verringert werde. Weil
nun keine Ursach der Bewegung vorhanden, so war nichts mehr übrig, als daß man
GOtt als die Ursach angeben müste.
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Seine Anhänger haben die Sache weiter untersuchen und in eine
Ordnung bringen
wollen; sind auch zum Theil in einigen Stücken weiter gegangen. Den
Cartesius überließ der Seele die Direction der
Bewegung, und sprach
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{Sp. 1106} |
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ihr nur die
bewegende Kraft ab, wiewohl Leibnitz in der
Theodiceé §. 60. angemercket, daß ihr solche Direction nicht zukommen
könte, wenn sie keine
Bewegungs-Kraft haben sollte. Er machte part. 2.
princip. §. 36.
GOtt zur allgemeinen Ursach der
Bewegung, welcher gleich im
Anfang eine gewisse quantitatem motus zugleich mit der
Materie
erschaffen, die er beständig erhalte, das, wie er die caussa primaria
sey: also wären die von ihm verordneten Gesetze der Bewegung die caussa
secundaria.
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Hierinnen sind einige seiner Anhänger von ihm abgegangen, daß sie GOtt zur
eintzigen Ursach aller
Bewegung gemacht und behauptet, daß die Kräfte der Seele
und des
Cörpers nur Gelegenheit zu den
Bewegungen gäben, woraus das Systema
caussarum occasionalium entstanden. Doch sind einige, die ächte
Schüler des
Cartesius seyn wollen, damit nicht zufrieden, und geben für,
man thäte dem Cartesius Unrecht, wenn man ihn als den Urheber
davon angäbe; man wird aber der Sache nicht zu viel thun, wenn man
sagt, daß er,
wenn er gleich das Systema nicht selbst abgefasset, doch Anlaß dazu gegeben, wie
schon vorher erinnert worden.
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Vertreter |
Unter diejenigen, die solches angenommen, und verteidiget, gehören
Ludewig de la Forge, von welchem Jacob Gusset in
caussarum primae et secundarum reali operatione p. 6. u.f. weiset, daß er
zuerst auf diese
Gedancken gekommen sey, welcher auch der Seele das Vermögen,
Gedancken hervor zu bringen, abgesprochen hat.
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Ihm folgte Malebranche, so der vornehmste gewesen, der sich
dieser Sache mit allem Eifer angenommen. Er behauptet ausdrücklich, es sey keine
eintzige
Ursach,
welche eine wahre Ursach sey, ausser einer eintzigen, die
GOtt sey, welchen Satz
er zum
Grunde leget, und soweit gehet, daß er diejenigen, die anderer Gedancken
sind, gewisser Irrthümer beschuldiget. Hiervon zeugen sein Tractat de
inquirenda veritate tom. 2. p. 336. und die
eclaircissemens tom. 3. p. 178. dessen
Meynung auch Gusset
in dem angeführten Orte pag. 45 berühret.
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Eben dieser Autor, welcher nicht zugeben will, daß Cartesius
Urheber dieses Systematis sey, setzet auch hinzu den Peter Sylvan Regis,
der zwar in einigen Umständen von dem Malebranche
abgehe; in der Haupt-Sache aber doch mit ihm einstimmig sey. Und ob er wohl die
Benennung caussa occasionalis verwerfe, und dafür caussa sine qua
non brauche, so käme doch die Sache auf eines hinaus.
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Von den Cartesianischen Theologen hat Christoph Wittich in
theol. pacific. cap. 16. §. 237. nicht undeutlich zu
verstehen gegeben, daß
ihm dieses Systema wohl anstehe.
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Es wird hier vor andern des Ruard Andala, eines berühmten
Cartesianers, zu gedencken seyn. Dieser gab zu Franecker 1724. eine Dissertation
de unione mentis et corporis physica, neutiquam metaphysica, heraus,
welche bald darauf in Halle nachgedruckt worden. Die Gelegenheit war diese: Es
hatte Herr
Wolff, als seine Streitigkeiten angiengen, sich ins
besondere auf den Andala beruffen, daß er die vornehmsten
Hypotheses seines Systematis vertheidige, welches er sehr übel aufnahm, und in
gegenwärtiger Dissertation nicht nur bezeuget, wie er dem Systemati influxus
physici zugethan sey; sondern auch
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{Sp. 1107|S. 567} |
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das Leibnitzische, als schädlich und gefährlich verworfen. Indem er nun ein
Cartesianer und das Systema influxus physici vertheidigen will, so
giebt er vor, daß Cartesius eben diese
Meynung gehabt, aus
dessen
Schriften er verschiedene Stellen angeführet, und daraus
beweisen wollen,
daß er so wohl den Einfluß des
Leibes in die Seele; als der Seele in den Leib
geglaubet, welches er auch von seinen wahren
Schülern und Anhängern, als von dem
Clauberg, de la Forge, Wittichen, behauptet. Es wäre also das
Systema caussarum occasionalium keinesweges den wahren Cartesianern
beyzulegen, sondern die es angenommen und vertheidiget hätten, wären keine
rechte
Schüler des Cartesius, wie Malebranche, Geuling,
Volder und andere, die in der That viel mehr dem Spinoza
gefolget.
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Soviel siehet man, daß Andala das Systema influxus physici
im Ernst mit grossem Eifer vertheidiget, und sind auch andere Cartesianer
mit dem Systemate caussarum occasionalium, wie es zumahl
Malebranche erkläret, nicht zufrieden. Das aber Cartesius
diesem Systemati zuwider gewesen, und das Systema influxus physici
gebilliget, kan mit
Grund der
Wahrheit nicht erwiesen werden. Denn wie die
Stellen, darauf sich Andala berufet, solches noch nicht
sagen;
also stehen vielmehr die Principien, die wir oben von ihm angeführet haben,
demselbigen gantz entgegen.
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Unter die übrigen Vertheidiger des Systematis caussarum occasionalium
gehören noch
Bayle und Sturm, welche zwar in
einigen Umständen von dem Malebranche abgehen. Denn
Bayle will einem
Geist überhaupt die Ursach der
Bewegung zuschreiben,
und meynet, daß die mechanischen Gesetze nicht hinlänglich wären, die Phänomena
in der Natur
zu erklären, wenn nicht ein wirckendes
Principium hinzu käme, welches eigentlich
wider die Lehre des Cartesius von der Bewegung, darinnen man
die Gesetze der Bewegung als die caussam secundariam ansiehet, wie man
hin und wieder aus seinem Dictionario sehen kan. Sonst gestehet er in
der resp. ad quaestion. homin. ex provinc. tom. 3. selbst, man sehe
nicht, wie man dabey mit der
Freyheit
des
menschlichen Willens auskommen wolte, und gleichwol ist er so geneigt vor
dasselbige, worüber sich aber niemand verwundern wird, wer da weiß, daß
Bayle von dieser Freyheit nicht viel gehalten. |
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Was den Sturm anlangt, so hat er behauptet, daß
GOtt nicht nur die allgemeine; sondern auch die eintzige und
völlige
Ursache
aller
Bewegungen sey; darinnen aber war er mit Malebranche und
andern seines gleichen nicht einstimmig, daß er der Seele eine würckende Krafft
beylegte, wodurch sie selbst die
Gedancken und
Begierden in sich erregen könte.
Die meisten haben dasselbige als irrig und gefährlich verworffen, wiewol Herr
Wolff in seiner Metaphysick §. 764.
saget, das heut zu Tage die
meisten der Meynung des Cartesius beypflichten, welches einige
befremdet. Denn,
sagen sie, man hätte angemercket, wenn GOtt die eintzige
Ursache aller Bewegungen der Seele und des
Leibes seyn solte, so würde man dem
Menschen
nichts zurechnen können, und GOTT würde die Ursache aller Sünde, welches gantz
natürlich daraus fliesse. Der Mensch
verliere dabey |
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{Sp. 1108} |
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alle
Freyheit, und müsse geschehen lassen, was GOtt in ihm für Bewegungen herfür
bringe, daß, wenn welche darunter sündlich, so habe der Mensch deswegen keine
Schuld auf sich, welche Folgerung schon hinlänglich wäre, daß man Ursach hätte,
dieses Systema als was Gottloses zu verwerffen. |
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Der Herr Leibnitz hat andere Einwürffe dawider gemacht. Denn in
der Theodicée §. 61. meynet er, es müsten immer Wunderwercke hervor
kommen, wenn nach diesem Systemate GOtt die Ursache der
Bewegungen wäre, wofern
der Leib mit der Seele eine Gemeinschaft haben solte, wie denn auch die
natürlichen Gesetze dabey verwirret würden. Dieses berühret auch der Herr
Wolff dawider, wenn er in der Metaph. §. 764
saget: |
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„Unerachtet heut zu Tage die meisten der Meynung des
Cartesius beypflichten; so finden wir doch sehr viel dagegen zu
erinnern. Wenn GOtt durch seine unmittelbare Kraft die Bewegungen in den Cörpern
und die Gedancken in der Seele hervor bringet, und man den Cörpern und der Seele
ihre Kraft benimmet; so bleiben die Würckungen der Cörper und der Seelen von der
Würckung GOttes, ja sowohl die Natur der Welt als der Seele von GOtt nicht genug
unterschieden; und da dasjenige ein Wunderwerck ist, was nicht in dem Wesen und
der Natur der Seele und der Cörper gegründet; so würden immerwährende
Wunderwercke dazu nöthig seyn, daß der Leib mit der Seele eine Gemeinschafft
hätte. |
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Ja, wenn man die Sache genau untersuchet, so streitet des Cartesius
Meynung nicht weniger, als der natürliche Einfluß mit den Gesetzen der Bewegung.
Es ist wohl wahr, daß Cartesius annimmt, die subtile flüßige
Materie in dem Gehirn sey in steter Bewegung, und werde dannenhero nur von GOtt
ihre Richtung der Seele zuliebe geändert. Auf solche Weise wird keine neue Kraft
hervor gebracht, und bleibt dannenhero das Gesetz der Natur, welches allezeit
einerley Kraft will erhalten haben, ohne allen Anstoß. |
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Allein es hat mit der Richtung eben die Beschaffenheit, wie mit der Kraft. Wenn
man die Regeln der Bewegung genau untersuchet, wird man finden, daß nicht
weniger einerley Richtungen als einerley Krafft erhalten wird, ob zwar nicht
einerley Materie, gleichwie auch die Kraft nicht beständig einerley in einerley
Materie, sondern zusammen in der gantzen Natur erhalten wird;„ |
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welches noch weiter Bülffinger in der Commentar. de
harmonia praestabil. p. 78. ausgeführet hat; dawider aber Wucherer
in der ersten
Disputation
de harmon. praestabil. stabilimento orbata §.
15. u.ff. verschiedenes eingewendet hat. |
Man lese auch, was Herr D.
Buddeus in den institutionib.
Theologiae dogmat. lib. 2. cap. 2. §. 48. p. 566. von
diesem Systemate der Occasionalisten angemercket hat. |
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