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Ursprung der Seele:
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Wenn man bey dieser
Materie die
Heil. Schrifft zu Hülffe nimmt, so müssen
zwey
Fragen aus einander gesetzet werden, davon die eine den
Ursprung der Seele
bey dem ersten
Menschen
betrifft, den Moses im 1 Buch Cap. II, 7. deutlich beschreibet; die
andere aber gehet auf den Ursprung der Seele bey seinen Nachkommen, davon ietzo
soll die
Rede seyn. |
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Die Meinungen,
welche hiervon entstanden, sind unterschiedlich, deren Fortunius Licetus
de ortu animae hum. lib. I. zehen; Jacob Thomasius
in der
Disput. de origine animae hum. eilfe erzehlet, die sich
aber füglich in drey Classen bringen lassen. |
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Denn einige haben die Präexistentz der Seelen statuiret, daß alle und jede
Seelen von Anfang der
Welt
vor ihre
Leiber zugleich wären erschaffen worden; die nachgehends mit
denselbigen vereiniget würden. Andere haben es mit der
Schöpffung der Seelen gehalten, daß
GOtt allezeit eine Seele von neuen erschaffe, wenn ein
Mensch solte gebohren werden. So sind auch einige, welche die Fortpflantzung der
Seelen behaupten, daß eine Seele von der andern gezeuget und fortgepflantzet
würde. |
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Einige bringen die verschiedenen Meinungen davon in folgende
Ordnung, daß
die Seelen entweder von GOtt; oder von den
Eltern her kämen, und die ihren
Ursprung von GOtt leiteten, meynten, daß sie entweder durch eine Ausfliessung
aus seinem
Wesen, oder durch die Schöpffung entstünden. |
Elswich recentiores de anima controvers.
§. 29. p. 46. u.ff. |
Präexistenz |
Die erste Meinung gehet also auf die Präexistentz der
Seelen, das, wie schon gedacht, GOtt vor der Welt alle und jede Seelen zugleich
erschaffen, welche, wenn die Menschen sollten gezeuget und gebohren werden, mit
den Leibern vereiniget würden. Solche Meinung haben viele gehabt, sonderlich zu
den ältern
Zeiten, und ob sie wohl in der Haupt-Sache übereinkommen, so sind sie
doch in den Neben-Umständen von einander abgegangen. |
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älteste Zeiten |
Von den ältesten
Zeiten kommen erstlich die
Juden und Cabbalisten vor, von
denen es eine ausgemachte Sache ist, daß sie |
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{Sp. 1088} |
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Juden |
die Präexistentz der Seelen geglaubet haben, |
wie Paul Slevogt
in
Disputt. academ. p. 500 u.ff. u.
Buddeus
in introduct. ad histor. philosophiae ebraeorum §. 45. p. 431.
gewiesen, |
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ja Manasse Ben Israel lib. 1. de creat.
problemat. 15. p. 61.
saget, es sey dieses die gemeine Meinung
aller Hebräer, von denen solche die Heyden bekommen hätten; wobey aber andere
noch verschiedenes zu erinnern haben. Man könne nicht
sagen, daß alle Ebräer
dieser Meinung beypflichten, obschon die meisten derselbigen zugethan gewesen,
wie denn auch nicht glaublich, daß die Heyden solche von ihnen bekommen, und man
die Sache vielmehr umkehren und sagen müste, daß die Hebräer durch die Heyden
dazu verführet worden. Man bemercket auch einigen Unterscheid unter der
Präexistentz der Hebräer und der heiligen. Denn die Heyden hätten dafür
gehalten, daß die Seelen, ehe sie in den
Leib kämen, gesündiget hätten, welches
die Juden nicht geglaubet. Von jenen haben sich unter andern die Platonicker
eingebildet, daß die Seelen aus dem
göttlichen Wesen geflossen; da hingegen die
Juden eine
Schöpffung zugelassen, wie wohl gewiß ist, daß auch einige Cabbalisten
einen Ausfluß aller
Dinge aus dem Wesen
GOttes statuiret, und was andere
Umstände mehr sind, die man berühret. |
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Heiden |
Von den
Heydnischen
Philosophen haben die Egyptier nach dem Zeugniß des
Jamblichs de myster. Aegypt. Sect. 4. cap. 5.
und die Chaldäer, wie Stanley in hist. philos. oriental.
lib. 1. cap. 10. zeiget, dergleichen gelehret; und wenn man von
diesen auf die Griechen kommt, so sind Pythagoras und
Plato als zwey Haupt-Personen hierinnen anzusehen, da denn der letzte
meynte, es wären die menschlichen Seelen rein und ohne Sünde aus den Seelen der
Welt,
die er aber auch vor eine göttliche Hypostasin hielt, geflossen; wie sie sich
aber versündiget, so wären sie wieder auf
Erden
gekommen, und zur
Straffe
in den Leib gestecket worden, auf welche Meinung ein grosser Theil seiner
Philosophie beruhte. |
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Dieses war die Ursach, warum er den Leib ein Gefängniß, ein Grab, darinnen
die Seele gleichsam begraben wäre, genennet, und den Philosophischen
Tod
recommendiret, welcher darinnen bestehen sollte, wenn das Gemüth sich je mehr
und mehr von dem Leibe und allen
cörperlichen Dingen losreisset, und gantz
ausser sich gesetzet,
GOtt betrachtet. |
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Christen |
In der Christlichen Kirche hat diese Meinung auch ihre Vertheidiger
gefunden, wiewohl man nicht in allen Umständen mit einander übereinstimmte. Denn
Priscillian mit seinen Anhängern behauptete nicht nur die
Präexistentz der Seelen; sondern meynte auch, daß sie aus dem
göttlichen Wesen
geflossen wäre, |
wie Augustin de haeresibus c. 70.
bezeuget. |
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Es gehört auch dahin Origines, ob man wohl nicht einig ist,
wie weit sich seine Meinung erstrecket habe. So viel ist gewiß, daß er der
Meinung
von der Präexistentz der Seele beygepflichtet, wie nicht nur aus dem
Hieronymus, Augustin, Epiphanius; sondern auch aus seinen Stellen, die
Huetius in den Originian. l. 2. c. 2.
quaest. 6. §. 4. p. 92. 93. angeführet, zu ersehen ist. So kam er
auch darinnen mit den Platonickern überein, daß die Seelen vorher gesündiget
hätten, ehe sie in |
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{Sp. 1089|S. 558} |
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die
Leiber gekommen, mit welchen sie eben deswegen wären vereiniget worden,
daß sie dadurch ihre Strafen ausstünden. Ob er aber auch mit den Platonickern
geglaubet, daß die Seelen Theile des
göttlichen Wesens wären, solches halten zwar einige dafür,
denen hingegen andere widersprechen, |
wie aus dem
Huetius in dem angeführten Ort §. 3. p. 91. 92. erhellet. |
neuere Zeit |
Zu den neuern
Zeiten hat sich durch die Cabbalistische und Platonische
Philosophie Heinrich Morus bewegen lassen, die Präexistentz der
Seelen in den operibus philosophicis tom. 2. p. 365 zu
vertheidigen, welchem Christoph Sand sowohl in seiner
Dissertation de logō,
die seinen interpretationibus paradoxis evangelior. beygefüget, als
auch in einem besondern
Werck de origine animae, so zu Cosmopel, oder
vielmehr zu Amsterdam 1671 herausgekommen, gefolget; wie denn auch ein
ungenannter Autor 1672 eine
Schrifft unter dem
Titel: Dissertatio singularis
de existentia animarum antequam in adspectabili hujus vitae theatro compareant,
jam pridem e tenebris eruta et doctorum virorum judicio exposita, edirte,
welche beyde letztern widerleget worden von dem Jacob Thomasius
in der Oratione adversus adserentes praeexistentiam animarum, die sich
unter seinen herausgegebenen Oratt. n. 26. p. 484. befindet,
und von Balthasar Bebeln in exercit. theolog. adversus
praeexistentiam animar. errorem Christophori Sandii et anonymi cujusdam novorum
Origenistarum, Straßburg 1675. |
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Es scheinet auch Edmund Dickinson in seiner physica
veteri et vera cap. 11. §. 17. von dieser
Meynung nicht abgeneigt zu seyn. |
Mehrere
Scribenten,
welche zu dieser
Materie von der Präexistentz der Seelen gehören, führt
Fabricius in dem delectu argumentor. et syllabo scriptor. qui
veritatem religionis christ. asseruerunt, cap. 18. p. 445. an. |
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Die Meynung selbst kan nicht wohl aus der
Vernunfft widerleget werden; man wolte denn den Umstand
dawider einführen, daß, wenn die Seelen alle schon in der
Welt
gewesen, so würde doch zuweilen, nachdem sie mit den
Leibern vereiniget worden,
einer Änderung ihres vorigen
Zustandes, darinnen sie vor der Vereinigung mit den
Cörpern gewesen, entstehen, zumahl wir wissen, daß die von den Leibern
abgesonderte Seelen sich dessen erinnern, was in dem
Leben vorgegangen ist,
welches aber nicht geschiehet. |
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Aus der
Schrifft kan man mehr Umstände entgegen setzen. Denn der
Ursprung
der Seelen bey dem ersten Menschen, wie ihn Moses im 1 Buch Cap. II, 7.
beschreibet, stimmt mit dieser Meynung gar nicht zusammen, indem wir daraus
sehen, daß
GOtt erst, nachdem er den Leib Adams aus einem Erden-Kloß
gebildet, ihm den lebendigen Odem eingeblasen, folglich kan die Seele nicht
vorher schon seyn erschaffen gewesen. |
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Man lieset auch von Esau und Jacob, daß sie vor ihrer Geburt weder Gutes
noch
Böses gethan hätten, und daher müsten ihre Seelen nicht vor der Geburt
ihrer
Existenz gehabt haben; und in der Lehre von der Erb-Sünde kan man damit
nicht auskommen. Denn es
sagt ja die
Schrifft, daß selbige von den
Eltern auf
die
Kinder fortgepflantzet werde, |
Ps. LI, 7. Joh. III, 6. |
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{Sp. 1090} |
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welches nicht wäre, wenn die Seelen zusammen geschaffen worden, und vor der
Vereinigung mit den Cörpern gesündiget hätten, wohin auch gehört, wenn
Paulus Röm. V, 12.
sagt: Wie durch einen Menschen die Sünde
gekommen sey in die Welt, welches mit der Präexistentz der Seelen nicht zusammen
zu reimen, wenn selbige vorher, ehe sie in die Leiber gekommen, gesündiget
hätten. |
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Dergleichen Theologische Argumente werden noch mehr von denen angeführet,
welche diese Lehren in ihren
Schrifften
widerlegt haben, |
als
- Schomer in collegio controvers. novissimar. cap. 5. §. 7.
- Grap in theolog. recens controvers. part. 2.
cap. 4. quaest.
3. p. 122 u.ff.
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Daß die Heyden auf solche
Gedancken verfallen, darüber hat man sich nicht so
sehr zu verwundern; als daß Christen, welche die
heil. Schrifft vor sich haben,
wo sie mit der
Vernunfft nicht können zurecht kommen, sich dergleichen
Dinge
können belieben lassen. |
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Schöpfung |
Die andere
Meynung vertheidiget die
Schöpfung der Seelen, so, daß
GOtt allezeit eine Seele von neuen
schaffe, wenn ein
Mensch solte gebohren werden. Sie ist zu allen
Zeiten von
vielen vertheidigt worden. |
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Kirchen-Lehrer |
Bellarminus de amiss. grat. lib. 4. p.
389. führt einen grossen Catalogum von den Kirchen-Lehrern an, welche dafür
gehalten, daß die Seelen von GOtt erschaffen, oder aus nichts herfür gebracht;
aber nicht von den Seelen der
Eltern fortgepflantzet würden. Jacob
Thomasius in der
Disput. de origine animae Sect. 3. §. 25.
erinnert, daß, wenn man die Stellen derer, darauf er sich berufte, genau ansähe,
und die wichtigen Scribenten
von den geringeren unterscheidete, die grosse Anzahl davon wegfallen, und von
den
Lateinischen nur Hilarius
und Hieronymus; und von den
Griechischen Cyrillus
Alexandrinus und Theodoretus übrig bleiben würden. |
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Die Pelagianer haben sie sehr heftig vertheidiget, und wie dieses
Augustin sahe, ließ er davon ab, ob er sie gleich sonst vor
wahrscheinlich gehalten; daher er einst an den Hieronymus schrieb: unde de
animarum novarum creatione sententia, si hanc fidem fundatissimam (womit er
auf die Lehre von der Erb-Sünde zielet) non oppugnat, sit et mea; si
oppugnat, non sit et tua, |
epist. 28. |
Mittelalter |
In den mittlern
Zeiten ist fast der gantze Haufe der Scholasticker dabey
geblieben, welches seine verschiedene
Ursachen hatte. Denn man vermeynte dabey
ein gutes Mittel zu finden, wie man den Aristoteles erklären
könnte, wenn er von dem
Gemüth oder von dem intellectu agente sage, daß
derselbige von aussen in den
Menschen
käme, welches ihrer
Meynung nach gar wohl auf die
Schöpfung könnte applicirt werden. Es waren auch die Scholasticker
Pelagianisch gesinnet, und weil sie sahen, daß die Lehre von der Schöpffung der
Seelen dem Pelagianismo wohl zu statten kam, indem man dabey Gelegenheit hat,
die Erb-Sünde zu schwächen, und gering zu machen, so trugen sie desto weniger
Bedencken, derselben beyzupflichten. Und deswegen ists kein Wunder, wenn noch
heut zu Tage die Papisten so eifrig darauf bestehen. |
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Luther |
Zu den
Zeiten Luthers hielten viele vor rathsam, in der
Sache nichts zu entscheiden, wie es Luther selbst that, dem
andere folg- |
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{Sp. 1091|S. 559} |
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ten. |
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nach Luther |
Nach der
Zeit liessen sich zwar viele die
Meynung von der
Fortpflantzung der Seelen gefallen; nichts destoweniger kam auch die andere von
der Schöpffung
wieder herfür, und fand bey verschiedenen Beyfall. Denn auf der
Universität Jena haben für dieselbe gestritten Daniel Stahl
in Orat. de ortu mentis hum. in naturali hominis generatione, so
part. 2. disput. publicar. de regulis philosoph. zu finden;
absonderlich Johann Zeisold, welcher deswegen mit
Sperlingen einen weitläufftigen Streit gehabt, und viele
Schrifften
gewechselt, in denen er seine Meynung von der Schöpffung der Seelen mit aller
Gewalt zu vertheidigen, und die andere von der Fortpflantzung per traducem
umzustossen gesucht, davon nur einige anzuführen, genug ist, als |
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- die Dissertation de animae rational. propagatione et product.
- eine Schrifft unter dem
Titel: Tradux non tradux,
- ingleichen Diatrib. historico-elenctic. de sententiae creationem
animae rationalis statuentis antiquitate et veritate, nec non de Sententiae
propagationem animae rational. per traducem statuentis novitate et
absurditate. Jena 1662.
- Diatrib. bipartit. in qua ostenditur, Sententiam de creatione animae
rat. neque cum Sacr. Scripturis, neque cum Libris Symbol. pugnare. Jena
1662, in welchem Jahre er auch herausgegeben:
- Processum disputandi Sperlingianum,
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und noch viel andere dahin gehörige Schrifften verfertiget, welche
Zeumer in vitis Professor. Jenens. class. 4. p. 92.
angeführet hat. |
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- Zu Helmstädt erklärten sich für diese Meynung George Calixtus
in einer besondern Oration de animae creatione, und
Conrad Hornejus Disput. 5. Sect. 2.
thes. 58.
- zu
Wittenberg Philipp Melanchthon, wiewohl er hierinnen
wanckte;
- zu Königsberg Christian Dreier und Zeidler
nebst mehrern, welche die Aristotelische Philosophie wieder hervor suchten.
Denn diesen gefiel diese Hypothesis deswegen, weil sie meynten, dadurch die
Lehre des Aristoteles von dem intellectu agente,
daß er von aussen komme, vernünfftig zu machen, und sie auf die Schöpffung
zu deuten.
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Was den gedachten Zeidler anlangt, so hat er 1671 zu
Königsberg eine Dissertation de origine animae rational. in generatione
hominis gehalten, dawider zu Wittenberg 1676 eine andere von
Frenzeln herausgekommen. |
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Reformierte |
Die Reformirten halten es auch sehr mit dieser
Meynung. Doch ist hierinnen zwischen den alten und neuen ein
Unterscheid zu machen. Jene
sagen, daß
GOtt die Seelen ausser dem
Cörper erschaffe, welche er
nachgehends in den
Leib einschliessen liesse; diese aber meynen, daß sie GOtt
unmittelbar in den
Leib würcke, indem man keine
Ursach sehe, warum die Seelen,
da sie doch an einem
Ort
müsten erschaffen werden, nicht an demjenigen Ort, da sie sich nachgehends
aufhalten sollten, ihr
Wesen bekommen möchten. Diese Meynung ist in der That
sehr gefährlich, woraus insonderheit die bedencklichsten Folgerungen fliessen,
die man nicht wohl ablehnen kan. |
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Denn erstlich lieset man 1 Mos. II, 2.
GOtt habe am siebenten Tage von allen seinen
Wercken, die er gemacht, geruhet, daß also nach Verfliessung
der sechs Tagen das
Werck der
Schöpffung vollendet war, und alle Creatu- |
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{Sp. 1092} |
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ren, unter denen auch der
Mensch,
sofern er aus
Leib und Seele bestehet, sich befand, ihr
Wesen bekommen, und ihre
Würcklichkeit erlangt hatten. Hierauf gieng die Fortpflantzung der natürlichen
Dinge nach ihren
Arten an, mit der sich die göttliche Erhaltung
verknüpffte, daß
auf solche Weise nunmehro GOtt nichts mehr ohne die
Natur,
es sey denn ein Wunderwerck, noch die Natur ohne GOtt würcket. Dieses ist der
Hypothesi von der Schöpffung
der Seelen gantz zuwider. Denn nach derselbigen muß
GOtt täglich ja stündlich noch etwas neues schaffen. |
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Doch die gröste Schwierigkeit bestehet darinnen, daß man dabey mit der
Erb-Sünde nicht auskommen kan, indem entweder keine Erb-Sünde; oder
GOtt Urheber
der Sünde seyn muß. Denn er muß sie entweder rein, oder unrein erschaffen. Rein
muß er sie erschaffen vermöge seiner Heiligkeit, und also ist keine Erb-Sünde,
welches wider die
Schrifft, tägliche
Erfahrung,
und eigene
Empfindung ist. Wolte man
sagen, sie würden wohl von GOtt rein
erschaffen; aber sie verlöhren durch die Vereinigung mit dem
Cörper ihre
Reinigkeit, so würde man nur Anlaß zwey neuen Schwierigkeiten geben. Denn da
würde man behaupten, daß das
Böse von dem Cörper herkomme, welches nicht zu
erweisen; und wenn man auch darauf nicht sehen wolte, so müste dennoch daher
fliessen, daß
GOtt ungerecht, weil er die Seele, die doch nichts
verschuldet habe, in den Cörper, als ein unreines Behältniß und Gefängniß
stecke. Solte er sie unrein erschaffen, so wäre er Urheber der Sünde, welches
ohne Gotteslästerung nicht kan gedacht, geschweige
gesagt werden. |
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Aus diesem kan man die
Ursach sehen, warum die Pelagianer, die Scholasticker
und Papisten für diese Hypothesin so sehr eingenommen. Denn wie angemercket
worden, so kan man dabey die Erb-Sünde gering machen, und die
Freyheit
eines natürlichen
Menschen
im Geistlichen erheben, daß also darunter ein Interesse der Irrthümer stecket.
Es hat zwar Sturm gemeynet, es könne die
Meynung von der
Schöpffung der Seelen doch wohl stattfinden, ohne daß die Lehre von der
Erb-Sünde dabey Schaden leide. Denn die Erb-Sünde bestünde in einem Mangel der
übernatürlichen Gaben, welche GOtt den ersten Menschen über ihr natürliches
Wesen
verliehen, und die auch ihre Nachkommen haben solten. Nun sey genug, wenn
GOtt die Seelen solcher Nachkommen erschaffe, daß er ihnen nur ihr natürliches
Wesen mittheile; er sey aber nicht verbunden, ihnen auch die übernatürlichen
Gnaden-Gaben anzuerschaffen, und da er ihnen solches versage, so habe er keine
Schuld. |
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Allein, das ist nicht hinlänglich, den Stein des Anstosses zu heben. Man
setzet ohne
Ursach zum
Grunde, daß die Erb-Sünde bloß in einem Mangel der
übernatürlichen Gaben bestehen soll, indem sie auch ein würckliches Übel unter
sich begreifft. Es fehlet einem natürlichen Menschen wegen der Erb-Sünde nicht
nur das Licht und die
Weisheit; sondern es ist auch eine würckliche Finsterniß
und geistliche Narrheit da; es fehlt nicht nur die Heiligkeit und Gerechtigkeit,
sondern er hat auch eine würckliche und habituelle Neigung zum
Bösen. Solte GOtt
keinen Antheil an dem Bösen nehmen, so hätte |
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{Sp. 1093|S. 560} |
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Sturm vielmehr
sagen müssen, Gott theile der Seele von
Natur
Kräffte mit, welche sich gegen das Gute und
Böse indifferent verhielten,
und daher zum Guten oder Bösen könten angewöhnt werden. Wenn aber dieses wäre,
wo bliebe die Erb-Sünde? Man könne nicht sagen, daß der Mensch in Sünden
empfangen und gebohren werde, daß ihm mit
Recht die Sünde Adams zugerechnet
worden; daß er von Natur ein
Kind des
Zorns und der ewigen Verdammniß sey. |
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In
Wahrheit, wenn man behauptet, daß
GOtt aller
Menschen
Seelen, die gebohren werden, erschaffe, so hat man immer unaufhörliche Vorwürffe
vor sich. Einige erinnern noch dieses dawider, es werde aus dieser Hypothesi
folgen, daß man sich von der menschlichen Zeugung einen gantz andern Concept
machen müste, als ihre eigentliche Beschaffenheit erfordere, nach welcher sie
eine Mittheilung des
Wesens in sich begreiffe. Denn auf solche Weise zeuge ein
Mensch nicht den andern Menschen; sondern nur einen Theil, und zwar den
Leib,
zum völligen Wesen aber eines Menschen werde Leib und Seel erfordert, und hätten
also die unvernünftigen Thiere vor den Menschen hierinnen was zum voraus. |
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Es scheinet aber dieser Einwurff so wichtig nicht. Denn nach demselbigen
müste die andere
Meynung von der Fortpflantzung der Seelen ihre völlige
Richtigkeit haben. Man hat auch nicht nöthig, in Widerlegung einer Hypothesis so
viele
Gründe zusammen zu lesen, womit man zuweilen den Streit weitläuftig
machet, und gar leicht auf Abwege darüber geräth. Es ist hier genug, daß
dasjenige, was wegen der Erb-Sünde entgegen gesetzt wird, unbeantwortlich ist. |
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Fortpflanzung |
Die dritte
Meynung gehet auf die Fortpflantzung, daß die
Seelen der
Kinder von den
Eltern fortgepflantzet würden, welche sich wieder in
zwey Classen eintheilen. |
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Überführung |
Denn einige
sagen, daß die Seelen der
Kinder der
Kraft
nach in den
Eltern lägen, und kämen von ihnen per traducem oder durch
eine Überführung her, daher man diejenigen, die solches
behaupten, Traducianos zu nennen pfleget. Jacob Thomasius
in Disp. de Origine animae Sect. 3. §. 36 u.ff. führt viele
Kirchen-Lehrer an, welche dieser Meynung zugethan gewesen, und
Hieronymus in epist. ad Marcellin. et Anapsychiam
oper. tom.
4. part. 2. p. 642. rechnet dahin den Tertullian,
Apollinar, und wie er
sagt, maximam partem Occidentalium. |
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Was den Tertullian betrifft, so bezeuget dieses auch
Augustin epist. 190. tom. 2. oper.
Er selbst aber
sagt
in seinem
Buch de anima cap. 36. wenn er von der
Eva
redet: Ceterum et ipsam Dei adflatus animasset, si non ut carnis, ita et
animae ex Adam tradux fuisset in femina, und meynet also, die Seele des
ersten
Weibes sey nicht von
GOtt erschaffen worden, weil sie aus der Seele Adams durch
eine Überführung fortgesetzt sey, woraus zu schlüssen, daß er dergleichen auch
von dem
Ursprung der Seelen bey den Nachkommen Adams dafür gehalten. Doch hilfft
denen, die es auch mit dieser
Meynung halten, solches Zeugniß nicht viel. Denn
Tertullian legte der Seele sowohl als GOtt selbst einen
Cörper
bey, welches aber die andern nicht
sagen werden. |
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Übrigens konte er auf solche Weise leicht behaupten, daß die Seelen der
Kinder von den Seelen der
Eltern |
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{Sp. 1094} |
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durch eine Überführung herkämen. Apollinaris hat zwar
gemeint, daß die Seele ihren
Ursprung von einer Überführung nehme; wie er aber
auf Aristotelische Art einen Unterscheid gemacht unter dem
Gemüth und der Seele,
also hielt er dafür, daß nur die letztere von den
Eltern herkäme. |
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Zu den neuern
Zeiten, sondern sich nach der Reformation hat diese Hypothesis
nicht nur bey den
Philosophen und Medicinern, sondern auch Theologen unserer
Kirche mehr Beyfall gefunden. Denn ob sich wohl Luther niemahls
deutlich heraus lassen wollen, wohin eigentlich seine
Meynung gienge, so hat er
doch zu
verstehen gegeben, daß er von dieser Hypothesi nicht abgeneigt sey,
indem er sie für wahrscheinlicher, und nicht für so anstößig, als die mit der
Schöpfung gehalten, wie man aus seiner Disputation de Distinctione
personarum in divinitate tom. 1.
oper. Jenens. pag. 471. siehet. |
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Nach seinem
Tode erklärten sich andere dafür öffentlich, so gar, daß man in
der Form. Conc. und deren solida declarat. art. 1.
ausdrücklich bekennet, es werde die gantze menschliche
Natur
dem
Leibe und der Seele nach auf eine natürliche Art von den
Eltern
fortgepflantzet; es scheinet aber, daß man sich mit Fleiß des
Wortes
traducis enthalten. |
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Von den
Theologen haben sie auch gebilliget |
- Theodor Thummius, in einer besondern
Schrifft de
traduce.
- Johann Darnovius in exercitationib. Isagog. disp.
22. cap. 9. thes. 13.
- Dorschäus in pendecad. auctar. Diss. 4.
- Calov in harmon. Calixt. p. 461.
- Hildebrand Instit. Sacr. Disp. 8. §. 26. 27.
- Meißner in Philosophia Sobria Part. 1.
Sect. 3. cap. 6. quaest. 1.
- nebst vielen andern.
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Von den
Medicinern sind anzuführen |
Daniel Sennert in
epitom. Scient. natural. lib. 1. cap. 3. und in hypomnematib. physic.
num. 5. |
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Von den
Philosophen aber sonderlich |
- Jo. Sperling
- in Synops. phys. part. general. cap. 3. quaest. 1
- in defensione Synopseos physicae lib. 1. cap. 3.
quaest. 1
- in Instit. phys. lib. 1. cap. 3. quaest.
1.
- in exercitationib. physic. lib. 1. exerc. 3.
propos. 4.
- und in andern
Schrifften, die er mit Zeisolden über
diese
Materie gewechselt;
- ingleichen Jacob Thomasius in der schon angezogenen
Disp. de orig. animae Sect. 4.
- vieler andern nicht zu gedencken.
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Denn unter allen
Meynungen hält man diese noch für die beste. Andere haben
gemeynet, daß die Seelen der
Kinder nicht blos der
Kraft nach; sondern würcklich
als wahrhaftige entia in den
Eltern wären, und wenn die Zeugung
geschähe, von denselben fortgepflantzet würden. Sand in seinem
Tract. de orig. animae gedencket eines, der mit ihm hierüber disputirt,
und solche Meynung gehabt hätte, indem er pag. 167
schreibet: Si ex
me quaesiverint adversarii, annon ego quoque praeexistentiam aliquam animarum
nostrarum statuam? Resp. me omnino cum Scriptura statuere dicereque, animas
nostras in parentibus nostris jam praeextitisse. |
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Man rechnet dahin auch den Herrn von Leibnitz, welcher in
essais de Theodicée part. 1. §. 91.
schreibet: |
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„Also wolte ich fast glauben, daß die Seelen,
die einst menschliche Seelen seyn werden, wie die Seelen anderer Arten in dem
Saamen und in den Voreltern bis auf Adam gewesen, und folglich vom Anfang der
Dinge in einer |
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{Sp. 1095|S. 561} |
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Art eines organischen Cörpers beständig existiret haben,
worinn Schwammerdamm, Malebranche, Bayle, Pitcarne, Hartsöcker
und viele andere sehr geschickte Männer scheinen meiner Meynung zu seyn, und
diese Lehre wird durch die observationes microscopicas des Herrn
Leewenhöck und anderer guten Observatorum zur Gnüge bestätigt.„ |
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Er setzet aber hinzu: |
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„Allein es scheinet mir noch aus
vielen Gründen zu erfordern, daß sie alsdenn nur als animae sensitivae
oder animales zwar mit Perceptionen und Empfindungen; aber ohne
Vernunft existiret, und in diesem Stand bis auf die Zeit der Geburt derjenigen
Menschen geblieben sind, denen sie zu gehören solten; aber damahls die Vernunft
empfangen; es mag nun entweder ein natürliches Mittel vorhanden seyn, eine
animam sensitivam in den Grad einer vernünftigen Seele zu setzen, welches
ich doch schwer begreiffen kan; oder es mag GOtt dieser Seele durch eine
besondere Würckung, oder durch eine Art einer Transcreation die Vernunft gegeben
haben, welches umso viel leichter zu admittiren, weil die Offenbarung noch viele
andere mittelbare Würckungen GOttes in unserer Seele lehret,„
wobey man Herrn Cantzens tr. de usu philosophiae
Leibnitzianae et Wolfianae in theologia pag. 287 lesen kan. |
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In den Unsch. Nachr. 1714 pag. 673 stehen
anonymi cogitata de media Sententia circa animae ortum darinnen die
Fortpflantzung der menschlichen Seelen fast auf eben die Art, wie Leibnitz
gethan, ausgeführet wird. |
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Vereinigung |
Im Jahr 1712 kam zu
Wittenberg von Johann Andreas Planern
eine Dissert. heraus, welche den
Titel hat: Nova de animae hum.
propagationis sententia, welche neue
Meynung darinnen bestehet, daß nemlich die Seelen durch eine
Vereinigung fortgepflantzet würden, indem
GOtt in unsern ersten
Eltern nicht nur den Saamen der
Cörper, sondern auch die Seelen aller
Menschen
erschaffen, welche denn mit den Saamen fortgepflantzet würden, daß wenn sich der
männliche und
weibliche Saamen vermischten, so folgte darauf die
Bildung des
Leibes, mit welcher
Materie sich nachgehends die Seele vereinige, daß ein Mensch
daraus würde. Er führet an, daß zwar schon vor ihm einige fast auf gleiche
Gedancken gekommen wären; sie hätten sich aber niemahls deutlich darüber
erkläret. Wider diese Meynung erinnert George Detharding in
Scrutinio physico-medico intellectus animae insiti pag. 147 verschiedenes. |
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andere |
Man kan noch hinzu setzen, daß einige die Fortpflantzung der Seelen aus
einem
cörperlichen Wesen herleiten wollen, wie Fernelius in der
Schrifft de abditis rer. caussis und Rattray in
adit. et sympath. et antipath. selbige von einer himmlischen
Substantz
herführen; die aber in zweyen Umständen voneinander unterschieden. Denn
Rattray will dieses allein von der Seele verstanden haben;
Fernelius aber legt solchen
Ursprung allen Formen der
Cörper auf
Erden
bey; und da Fernelius meynet, daß dieses durch eine natürliche
Ausflüssung oder Emanation geschähe, ohne, daß
GOtt etwas dabey thäte so
statuiret hingegen Rattray eine dazu kommende göttliche
Würckung. |
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Literatur |
Zu dieser bisher ausgeführten Histo- |
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{Sp. 1096} |
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rie dienen des Jacob Thomasius Dissert. de orig. animae
hum. Leipz. 1669 und Gotthards Günthers Schediasma
historico-dogmat. de anima, qua ortum concernit, agens, ubi aliorum Sententiis
historice recensitis, nova, quae media dicitur, exhibetur. Leipzig 1720,
worinnen der Autor in der ersten Section die
Meynungen der Kirchen-Lehrer; in
der andern der Scholasticker, und in der dritten seine eigene vorträgt. Er will
den
Ursprung der Seelen weder bloß vom traduce; noch von einer
unmittelbaren
Schöpffung herleiten; sondern meynet, der gantze
Mensch werde aus den
Saamen erzeuget; aber die Seele nicht gleich mit dem
Leibe; sondern zu ihrer
Zeit erst, durch Hülffe des göttlichen Segen des, welcher den edelsten Saamen
erhöhe, hervorgebracht. |
Es haben vieles von dieser
Materie aus der Historie angemerckt,
- Caspar Posner in Disput. physica de animae in
generatione hominis origine, Jena 1694.
-
Buddeus in instit. theol. dogm. p. 490 u.ff.
- Syrbius in philos. prima pag. 421 u.ff.
- Elswich in den Controversiis recentioribus de anima
p. 46 u.ff.
Verschiedene
Schrifften aber, die noch hieher gehören, erzehlen
Fabricius in delectu argumentor. et Syllabo Scriptor. qui veritatem
religionis Christ. asseruerunt, cap. 18. pag. 443. und
Pfaff in introduct. in hist. theologiae litterariam part. 1.
pag. 32 u.ff. |
Beste Wahl: Fortpflanzung |
Es wäre besser gewesen, wenn man die Frage vom
Ursprung der Seelen gantz bey
Seite gesetzet hätte. Denn die
Erkenntniß
derselbigen hat eben keine Verwandtschafft mit vielen andern
Wahrheiten, um
derentwegen man sie etwa wissen müste. Sie hat zwar einen Einfluß in die Lehre
von der Erb-Sünde; wie aber ein natürlicher
Mensch
nach der
Vernunfft ohnedem nichts davon weiß, also hat man aus der
Schrifft so viele gewisse Nachricht davon, als einem zu wissen nöthig ist. Doch,
wenn man ja eine von den unterschiedenen
Meynungen erwählen soll; so hält man es am sichersten mit
derjenigen, welche auf die Fortpflantzung der Seelen gehet. |
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Ehe die
Ursachen davon gezeiget werden, so müssen noch zwey Umstände berührt
werden. |
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Erb-Sünde |
Einmahl hat man bey der gantzen
Sache auf die Lehre von der Erb-Sünde zu
sehen, daß man eine solche Hypothesin annehme, aus welcher am besten und
leichtesten kan erkläret werden, wie die Erb-Sünde fortgepflantzet werde, und
wie wir von
Natur
Kinder des
Zorns und der ewigen Verdammniß sind. Denn zu andern Wahrheiten wäre
dieser Punct nicht nöthig, in dem die Beschaffenheit, die Unsterblichkeit und
andere Umstände der Seelen erkläret werden können, ohne zu wissen, wie sie
entstehe und entspringe. |
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Grenzen der Erkenntnis |
Vors andere muß man auch die Grentzen der
Erkenntniß, wie weit sie sich
hierinnen erstrecken, wohl bemercken. Denn es kan hier keine Gewißheit erlangt
werden, sondern es muß bloß bey der Wahrscheinlichkeit zu bleiben, genug seyn.
Dasjenige, was hier zu untersuchen und zu
erkennen, ist die
Sache selbst, ob die
Seele wahrscheinlich fortgepflantzet werde? Die Art und Weise aber, wie die
Fortpflantzung geschehe, bleibt was unbekanntes. Um deswegen hat man diesen
Punct unter die Philosophische Geheimnisse zu rechnen, da man zwar die
Existentz, aber nicht die Beschaffenheit der Sache weiß, und wenn man |
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{Sp. 1097|S. 562} |
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daher von der Fortpflantzung der Seelen
redet, ist es am rathsamsten, daß
man von der Art und Weise, wie solches geschehe, gäntzlich abstrahire; sich auch
des
Worts traducis, wenn es anstössig seyn sollte, enthalte. |
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Herkunft von den Eltern |
Dieses vorausgesetzt, hält man für wahrscheinlich, daß die Seelen der
Kinder
von den Seelen der
Eltern herkommen, und zwar wegen dreyer Umständen. |
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Der eine ist, daß man bey dieser Hypothesi die Lehre von der Erb-Sünde am
besten erklären kan. Denn da kan man
sagen, daß in der Seele der ersten
Eltern
aller Nachkommen Seelen der
Kraft
nach gelegen, und indem jene verderbt, unrein und sündlich worden, so müssen
diese nothwendig solches Verderben auch an sich haben, woraus zu verstehen, wenn
die
Schrift
sagt: Wir würden in Sünden empfangen und gebohren; wir wären von
Natur
Kinder des
Zorns und der Verdammniß; durch einen Menschen wäre die Sünde
kommen in die Welt, und was andere
Redensarten mehr sind. |
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Vors andere ist auch diese Hypothesis, wenn man sie gegen die beyden andern
hält, den wenigsten Einwürffen unterworffen. Es hat zwar an solchen nicht
gefehlt, die sich derselbigen hefftig widersetzet, wie unter andern aus dem
Streit zwischen Zeisolden und Sperlingen zu
ersehen; und als sie sonderlich von dem Sennert und gedachten
Sperling aufs Tapet gebracht wurde, so gab. Joh.
Freytag ein
Buch unter dem Titel: Novae Sectae
Sennerto-Paracelsicae detectio et solida refutatio, Amsterdam 1637 heraus. |
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Das vornehmste, was man einwendet, ist, daß man nicht begreiffen könne, wie
eine Zeugung oder Fortpflantzung ohne einer Extension geschehen könne; aus
dieser aber fliesse die Materialität der Seelen. Nun kan man mit
Rüdigern in physica div. lib. 1. cap. 1 sect.
5. §. 45. dem
Geist keine Extension beylegen, womit, wenn sonst kein Bedencken
dabey wäre, die Schwierigkeit zwar am leichtesten zu heben; man erweget aber nur
soviel, daß dieser Zweiffel da hinaus lauffe; Man könne sich nicht einbilden,
wie ein Geist den andern ohne Extension und Materialität zeugen und
fortpflantzen könne? Doch dieses soll man sich auch nicht einbilden. |
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Eben deswegen wird die
Sache vor ein Geheimniß der
Natur
ausgegeben, da man die Art und Weise, wie sie zugehet, nicht begreiffen kan. Aus
solcher Unwissenheit aber läst sich die Sache selbst nicht leugnen, indem man
sonst alle Geheimnisse im Reich der
Gnaden sowohl, als der Natur aufheben müste;
ja, wenn man vorgeben wollte, es gienge diese Zeugung nicht an, weil sie mit dem
Wesen eines
Geistes stritte, so müste man solches Wesen genau kennen, daß man
sagen könnte, was demselbigen gemäß und zuwider sey, welches sich niemand rühmen
wird. |
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Es wäre weiter zu erweisen, daß man keine andere, als eine Cörperliche
Zeugung und Fortpflantzung habe. Ist es in Ansehung der Art und Weise ein
Geheimníß, so hat man sich auch wegen der besondern Umstände, z.E. ob die Seele
des
Kindes von der Seele des
Vaters, oder der
Mutter komme? zu welcher
Zeit
diese Fortpflantzung geschehe? nicht einzulassen. |
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Drittens wird diese Hypothesis dadurch erläutert, daß die
Kinder in ihrem
Naturell mehrentheils nach den
Eltern gerathen, wie man aus der
Erfahrung weiß,
daß unter andern hochmüthige und
vernünftige Eltern |
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{Sp. 1098} |
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wieder hochmüthige und vernünftige Kinder haben, oder wenn die Eltern dumm
sind, so sind auch die Kinder dumm. Den Einwurff, daß man auch das Gegentheil
sähe, wie z.E. verständige Eltern dumme und einfältige Kinder hätten, hat
Walch in den Gedancken von dem Philosophischen Naturell cap.
1. §. 9. p. 20. also beantwortet: |
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„Einmahl muß man die gegenseitigen
Exempel derjenigen Kinder, die nicht nach der Eltern Art gerathen seyn sollen,
genauer betrachten, da man finden wird, wie vielmal die angewohnte
Liederlichkeit solcher Kinder, die vernünfftige und kluge Eltern haben, mit
einem schlechten Naturell, sonderlich in Ansehung des Verstandes vermischet
wird. Mancher vornehmer und berühmter Mann hat einen liederlichen Sohn, der
nichts studiret, deswegen fehlt es ihm an einem herrlichen Ingenio nicht. Es ist
auch die Beschaffenheit der Zeit, da der Beyschlaff geschiehet, und ob die
Eltern nüchtern oder truncken gewesen, diesen oder jenen Affect eben gehabt,
ingleichen der Zustand der Mutter, währender Schwangerschafft nicht aus der Acht
zu lassen, daß, wenn sich hierbey ausserordentliche Ursachen finden, auch
ausserordentliche Würckungen erfolgen.„ |
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Und bald darauf: |
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„Gesetzt, welches wir nicht in
Abrede seyn, man findet dumme und einfältige Kinder geschickter und kluger
Eltern, da sich zur Zeit der Conception und der Schwangerschafft alles in einem
ordentlichen Zustand befunden habe; so wird doch die andere Erfahrung, darauf
wir uns beruffen, vor der gegenseitigen einen Vorzug haben, und also bey der
Wahrscheinlichkeit ihre Kraft behalten, weil auf ihrer Seite noch mehr Phänomena
und Proben der Natur vorhanden.„ |
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Doch gestehet er §. 11. p. 24. das noch einige
Zweifel übrig
bleiben, als wenn Zwillinge
gebohren würden, welche
gantz
unterschiedene
Naturelle hätten. |
Goclenius hat einen besondern
Tractat de
ortu animae heraus gegeben, darinnen er verschiedene
Dissertationen von
dieser
Materie zusammen gelesen hat.¶ |
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