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Neuzeit |
Gehet man in den neuern Zeiten weiter fort, und kommt auf den
Benedict Spinoza; so will er zwar das Ansehen haben, als
glaube er die
Unsterblichkeit der Seele, ja in dem Appendice ad principio Cartesii
geometrico more demonstrata part. 2. cap. 12.
beweiset er sie
seinem Bedüncken nach aus den allerdeutlichsten
Principien. Allein es läuft
alles da hinaus, daß die Seele nicht kan zernichtet werden; sondern, weil sie
nach seinem Haupt-Satz nur ein
Theil der
Natur,
die er
GOtt
nennete, sey, und nicht ihre eigene Subsistenz habe, so
müsse sie wieder in die Natur zurückgehen, von welcher nichts könne zernichtet,
oder in Nichts verwandelt werden. |
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Dieses heist keine Unsterblichkeit, welche man wohl von der Zernichtung
unterscheiden muß. Denn obwol die Seele, wenn sie unsterblich seyn soll, nicht
darf zernichtet werden, so gehöret doch noch was mehrers dazu. Es reimt sich die
Unsterblichkeit der Seele keinesweges zu den Lehrsätzen des Spinoza.
Denn da er nun eine
Substantz behauptete, und alles zu
Materie machen wolte,
folglich auch die Seele materiell seyn solte, so war in der
Natur selbst seiner
Seele kein
Grund einer Unsterblichkeit. Ja, es solte die Seele, seiner
Meynung nach, nicht einmahl ihre eigene Subsistenz haben,
weswegen schlechterdings die Unsterblichkeit wegfället. |
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Diesem wird Thomas Hobbes beygefüget, welcher nicht nur
überhaupt alle
Substanzen, die keine
Cörper sind, geleugnet; sondern auch noch
Einwürffe dawider macht, oder vielmehr seine
Meynung von der Sterblichkeit der
Seele in dem Leviathan cap. 44. aus der
Heil. Schrifft
beweisen will.
Denn er meynet, die Unsterblichkeit des ersten
Menschen
wäre auf den Baum des Lebens im Paradies angekommen; weil er nun durch den
Fall
aus demselbigen gestoßen worden, damit er seiner Hand nicht mehr ausstrecke, und
von dem Baum des Lebens esse,
1 Mos. III, 22. so sey hiedurch seine
Seele sterblich geworden. Es sage auch Hiob Cap. XIV, 10. wo ist aber
ein Mensch, wenn er todt und umgekommen, und dahin ist? Und Salomon
im Pred. bezeuge Cap. III, 19. es gehe dem Menschen, wie dem Vieh, und
Cap. IX, 5. es wüsten die Todten nichts, wie denn auch in heil.
Schrifft die Seele oftmals soviel, als das
Leben bedeute. |
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Zu den neuern Zeiten hat der berühmte Dodwell mit einer
besondern
Meynung von der Unsterblichkeit der Seele viel Aufsehens gemacht. Denn
er hielt dafür, daß die Seelen aller
Menschen sterblich wären, und daß nur
denjenigen, welche das Evangelium hätten und getauft würden, die Unsterblichkeit
als ein besonderes Geschenck mitgetheilet würde. Diese Meynung trug er in dem
folgenden
Buche vor: Discursus epistolaris, probans ex scripturis et
Patribus primitivae ecclesiae, quod anima sit principium naturaliter mortale;
sed immor- |
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{Sp. 1134} |
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tale reddendum vel per rerum Dei arbitrium, ut puniatur; vel per illius
cum divino Spiritu baptismali unionem, ut praemium accipiat: ubi simul
ostenditur, neminem post Apostolos habere potestatem dandi Spiritum divinum
immortalizantem nisi episcopus, welches er 1706 zu Londen in Englischer
Sprache heraus gegeben hat. |
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Aus dem angeführten
Titel des
Wercks
läst sich schon schlüssen, wohin seine
Meynung gerichtet, die er zwar bereits in
seinem
Buch de conjugio p.
17. entdecket hatte. Er meynet, die Seele des
Menschen sey ihrer
Natur nach
sterblich, ob sie wol von der
Materie gäntzlich entfernet sey: der
Geist aber
der Unsterblichkeit werde denen, welche dem Evangelio Christi gehorchten, als
ein Gnaden-Geschenck mitgetheilet. Solche Unsterblichkeit werde in der
Schrifft
Geist genennet, und von der Seele, als ein absonderlicher Theil des Menschen,
unterschieden. Die Seelen derer hingegen, welche dem Evangelio nicht gehorsam
wären, machte GOtt nach seinem
Willen unsterblich. |
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Seine vornehmsten
Gründe sind diese: |
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- Erstlich wäre
GOtt seiner
Natur
nach allein unsterblich, und daher könte man dieses von der Seele nicht
sagen.
- Vors andere sey diese seine Lehre in der ersten Christlichen Kirche
gebilliget worden, wie denn Justin der Märtyrer,
Athenagoras, und andere gelehret hätten, daß die Unsterblichkeit
der Seele ihr nicht von Natur zukomme; sondern ein bloßes Geschenck GOttes
sey.
- Drittens hätte man die
Meynung vom
Ursprung der Seele, daß sie per traducem
von unseren
Eltern gezeuget würden, auch in der ersten Kirche am
meisten gebilliget, welches Anlaß gäbe, die Sterblichkeit der Seelen zu
glauben.
- Viertens hätten weder die Juden im alten Testament, noch Christus in dem
neuen die Lehre von der Seelen Unsterblichkeit vor einen Glaubens-Artickel
gehalten, in dem sonst jene die Sadducäer nicht würden unter sich
geduldet;
dieser aber ihren Irrthum widerleget haben, welches er nicht gethan, und
vielmehr wider die Pharisäer
disputiret hat.
- Fünftens sey der
Tod der Sünden Sold, und demnach müsse er nicht nur
über den
Leib; sondern auch über die Seele kommen, welche vornehmlich
gesündiget hätte, wie man denn auch noch auf diese Weise die Scrupel am
besten heben könte, welche wegen der Verstossung so vieler
Menschen
und der ewigen Höllen-Strafen entstünden.
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Einen Auszug von diesem
Buch
findet man
- in den
Actis Eruditor. 1707 p. 207.
- in den Unschuld. Nachr. 1706. p. 447. und 1707.
p.
642.
- und in des Grapius Theologia recens controversa part.
2. p. 105.
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Eine so irrige, gefährliche und dabey seltsame
Meynung fand in Engelland
vielen Widerspruch. Clarck war der erste, der sich öffentlich
dargegen satzte, und einen Brief an ihn in Englischer Sprache drucken ließ,
darinnen er ihn widerlegte, |
welcher in den Act. erud.
1707. p. 212. in einen Auszug gebracht worden. |
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Ein gleiches that auch Turner; der heftigste aber war
Chishull, der eine Beschuldigung einer Ketzerey wider ihn
herausgab, und ihn darinnen hart tractirte, welches auch Milles, Whitby,
Norris und andere gethan haben. Er suchte sich nicht nur
Dodwell selbst |
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{Sp. 1135|S. 581} |
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wider diese Gegner zu vertheidigen; sondern es nahm auch Johann Pitt
seine Parthey. |
Ein Verzeichniß der von beyden Theilen heraus gegebenen
Schriften findet man in
- des Grapius Theolog. recens controv. part. 2. p.
106. u.ff.
- Pfaffens introduct. in histor. theologiae
literariam part. 2. p. 207. u.ff.
- in des Fabricius delectu argumentor. et Syllabo
Scriptor. qui veritatem religionis christ. asseruerunt p. 439 und ff.
denen man noch beyfügen kan
- Clercs biblioth. choisie tom. 26. p.
364. u.ff.
- den Bücher-Saal tom. 2. p. 851.
- und das
Leben des Dodwells, welches in Englischer
Sprache heraus gekommen ist, worinnen p. 556. seine Meynung von der
Unsterblichkeit der Seele vorgetragen wird.
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5 Klassen der Meinungen |
Alle die bisher erzehlten
Meynungen von der Unsterblichkeit der Seele können in fünf
Classen gebracht werden. |
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1. Klasse |
Die erste begreifft diejenige, daß die Seele wieder in das
Wesen
GOttes,
oder in die Seele der
Welt
zurück gehe, welches die Meynung der Egyptier, der orientalischen
Philosophen,
und der meisten Griechischen, der Pythagoräer, der Platonicker und Stoicker
gewesen ist. Doch befand sich der Unterscheid dabey, daß die Stoicker die Seele
der Welt vor
GOtt hielten, welche hingegen die Platonicker von einander
unterschieden haben. Bey dieser Meynung ist zweyerley zu erinnern. |
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Das eine ist, daß die
Weltweisen scheinen, als hätten sie die
menschliche
Seele vor unsterblich gehalten, welches in der That nicht ist. Denn da sie
sagen, sie müsse nach dem
Tode in das
göttliche Wesen, oder in den Welt-Geist
zurück kehren, so geben sie damit zu
verstehen, wie die Seele durch solche
Vereinigung ihre eigene Subsistenz
verlieret; fällt aber diese weg, so kan sie
nicht unsterblich seyn. So viel folgt wohl daraus, daß sie nicht könne
zernichtet werden, welches aber gantz was anders, als ihre Unsterblichkeit, wie
schon erinnert worden. |
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Die
Meynung selbst ist höchst irrig und ungereimt. Denn sie gründet sich
darauf, daß die Seele ein Stück des
göttlichen Wesens sey, welches gantz
abgeschmackt, man mag die Sache auf Seiten
GOttes, oder der Seele selbst
erwegen. Soll sie ein Stück des göttlichen Wesens seyn, so folget, daß das Wesen
GOttes in sehr viele Theile könne getheilet werden; Läßt sich aber das Wesen
GOttes in viel Stücke theilen, so muß es etwas materielles seyn, weil man nicht
begreiffen kan, wie sich ein geistliches Wesen solte in Stücke theilen lassen.
Soll GOtt ein
Geist seyn, so bestehet er aus keinen Theilen, und läßt sich daher
seyn Wesen nicht theilen: wolte man aber
sagen, es sey ein materielles und
cörperliches Wesen, so wäre ja dieses sehr thöricht. |
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Solche Schwierigkeiten finden sich auch auf Seiten der Seele selbst, denn
wäre sie aus dem
göttlichen Wesen entsprungen, so müste sie göttliche
Eigenschafften an sich haben, welches ja wider alle
Vernunfft, und die tägliche
Empfindung an uns, und
Erfahrung
an andern lehret uns, wie die menschlichen Seelen mit so vielen Schwachheiten
umgeben sind, wie das Verderben so tief in denselbigen stecke, welches man
nimmermehr zusammen reimen kan, wenn sie Theile des göttlichen Wesens seyn
sollen. |
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Was insonderheit den Plato betrifft, daß er die |
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{Sp. 1136} |
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Seele der Welt von dem höchsten
GOtt unterscheidet, und aus jener die menschlichen Seelen
herleiten will, so scheint diese
Meynung etwas leidlicher. Allein, wenn man dabey erweget,
wie er die Seele der
Welt
unter die göttliche Hypostases rechnet, so wird man eben diese Schwierigkeit
dabey finden. Denn ist die Seele der Welt unmaterialisch, so hat man ebenfalls
keinen
Grund der Theilung; bestehet sie aber aus einer
Materie, so müssen auch
die menschlichen Seelen, die von ihr abgerissen worden, materiell seyn. |
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2. Klasse |
In die andere Classe setzet man die
Meynung des Aristoteles
von dem intellectu agente, es sey nur der Zahl nach eine eintzige
Seele, oder ein eintziger allgemeiner
Verstand der Menschen, und zwar ausser ihnen, der sie
vernünftig mache.
Diese Meynung ist so abgeschmackt, daß niemand derselben beypflichten kan, wenn
er seine
Vernunft brauchen, und sich durch die Autorität des Aristoteles nicht
will einnehmen lassen. Man darf hier eben nicht fordern, daß uns gewiesen werde,
wie es zugehe, daß ein allgemeiner Verstand sich ausbreiten und in allen
Menschen würcken möge, noch die Folgerung anmercken, daß auf diese Weise der
Mensch keine vernünftige Seele habe; sondern nur dieses angeben, daß man bey dem
Menschen nicht nur so vielerley; sondern auch gantz widerwärtige
Gedancken
antrifft, daß, wenn der eine etwas bejahet, so wird solches von dem andern
verneinet. Sollte nun dieser allgemeine Verstand die Gedancken bey allen
Menschen würcken, so müste er wider sich selbst würcken, bald wahre, bald
falsche; bald gute, bald
böse Gedancken erwecken, welches was ungereimtes wäre. |
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Sagt man, dieser allgemeine
Verstand richte sich nach der Beschaffenheit und
nach dem Unterscheid der Organorum, die er bey den
Menschen antreffe;
so ist es gewiß damit nicht ausgemacht. Denn es lassen sich vier Umstände
dawider einwenden. Die
Gedancken
der Menschen verändern sich gar zu oft in so
kurtzer Zeit, wer wolte aber
sagen, daß sich auch die Organa so oft und
bald veränderten? Hält man entweder seine eigene, oder auch anderer Menschen
Gedancken gegen einander, so befindet man, daß sie nicht nur in gewissen
Eigenschafften unterschieden; sondern auch oft einander entgegen stehen, welches
ohnmöglich von dem Unterscheid der Organorum kan hergeleitet werden.
Man hat Gedancken, die gar nicht von der Beschaffenheit der Werckzeuge
dependiren, und da ein grosses dabey mit auf unsern
Willen
ankommt, daß man bald an dieses, bald an jenes gedencken könne, so müste auch
dieser allgemeine Verstand unserm Willen unterworfen seyn. |
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3. Klasse |
In der dritten Classe können diejenigen stehen, welche
sagen, die Seele sey
ein subtiler
Cörper, welcher nach dem
Tode vergehe, wie die Epicuräer, und alle,
die es mit ihnen halten, statuiren. Solche
Meynung ist eben so leicht, als wie die vorigen, widerlegen.
Denn es kommt alles darauf an, ob man die
Würckungen, welche die Seele
hervorbringt, aus der
Materie herführen kan. Es ist bald zu Anfang dieses
Artickels gewiesen worden, daß |
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{Sp. 1137|S. 582} |
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dieses nach den
Eigenschafften, die uns von der Materie bekannt werden,
keinesweges angienge. Wolte man aber mit der
Sache auf die Allmacht GOttes
kommen, und fragen: ob
GOtt nicht eine Materie, die gedencken könne,
hervorzubringen vermögend sey? so haben zwar einige, als Richard
Bentley, Jacob Bernhard, Humfred Ditton dafür gehalten, GOtt könne
keine denckende
Cörper, oder eine mit
Verstand und
Willen
begabte Materie hervorbringen; es antwortet aber Fabricius in
dem delectu argumentor. et Syllabo scriptor. qui veritatem religionis
christ. asseruerunt, nachdem er dieses angeführet, p. 423 sehr
bedächtig darauf: Hoc ut affirmem, non possum a me impetrare. Nam quid Deus
possit vel non possit, non sum tam insolens, ut determinare me posse praesumam.
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Wenn D.
Buddeus in den element. philosophiae theoret.
part. 6. cap. 1. §. 8.
gesagt: Es sey was verwegenes, wenn jemand
vorgeben wolte, es stritte mit der Natur der
Materie, daß sie gedencke, so hat
er sich darüber in thesib. de Atheismo et Superstitione cap. 6. §. 6.
not. erkläret, wie er von dem
Wesen der Materie
rede, welches uns nicht
genug bekannt sey; von den
Eigenschafften aber derselbigen sey die
Rede gar
nicht, welches auch in dem bescheidenen Beweiß, daß das Buddeische Bedencken
noch fest stehe, pag. 25. wider den Herrn
Wolffen, der
hier einen Einwurff gemacht, erinnert worden. |
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Die
Gründe, welche Lucretius wider die Unsterblichkeit der
Seele anbringt, haben Gassendus in philosophia Epicuri tom.
1. pag. 286. und in Syntagm. philosophiae Epicuri p. 29. u.ff.
auch Buddeus in thes. de Ath. et Superstit. cap. 7. §.
2. widerleget. |
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Was aber den Hobbes, nebst seinen Argumenten, die er aus
der
Schrifft nimmt, um seine
Meynung von der Sterblichkeit der Seele bestärcken,
betrifft, so sind selbige gewiß so schwach, daß sie mit leichter Mühe können
beantwortet werden. Denn was er von der Unsterblichkeit der ersten
Menschen
im Paradies, und von dem Baum des Lebens vorbringt, schickt sich hieher gar
nicht. Hobbes vermischet die Unsterblichkeit in Ansehung des
natürlichen
Lebens mit der Unsterblichkeit der Seele. Der erste Mensch war im
Paradies unsterblich, das ist, er wäre nicht
gestorben; welche Unsterblichkeit
er durch den
Sünden-Fall verlohren, daß er
sterben muste, und dergleichen allen
seinen Nachkommen widerfähret; so aber die Unsterblichkeit der Seele nicht
aufhebet. |
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Meynet er, der Baum des Lebens habe insonderheit der Seelen Unsterblichkeit
zuwege gebracht, so muß er dieses
beweisen.
Sagt
Hiob Cap. XIV, 10. Wo
ist aber ein Mensch, wenn er todt und umkommen und dahin ist? so
redet er nicht
von dem
Zustand der Seelen; sondern des
Cörpers
nach dem
Tode, wie denn auch schon oben die
Worte Salomons wider ihn gerettet worden. Auch
thut nichts zur Sache, daß in
heil. Schrifft das Wort Seele so viel sey, als das
Leben. Denn das ist ja nicht die eintzige Bedeutung dieses Wortes; ja zuweilen
wird Leben und Seele einander entgegen gesetzt. |
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4. Klasse |
Zu der vierten Classe gehören diejenigen, welche die Seele vor ein Accidens,
oder gewisse
Eigenschafft des Cörpers, so aus einer mechanischen Einrichtung |
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{Sp. 1138} |
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der
Materie entstünde, ansehen. Weil aber diese die Subsistenz der Seele,
die sie vor sich hat, gar leugnen, und also die gantze Seele aufheben, so kan
man sie, eigentlich zu
reden, nicht unter diejenigen zehlen, welche die
Unsterblichkeit derselbigen aufgehoben. |
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5. Klasse |
Zu der fünfften und letzten Classe könnte man die
Meynung des
Dodwells rechnen, die gewisser massen von den andern bereits erzehlten
unterschieden ist. Wie sie in der That gottlos ist, und nichts anders in sich
hält, als daß sie die Unsterblichkeit der Seele umwirfft; also ist sie auch
unbegreifflich, wenn man erweget, wie er vorgiebt, daß die Seele sterblich sey;
und gleichwohl nicht zugeben will, daß sie materiell sey, Ingleichen, wenn er
hinzu setzet, daß sie nach Auflösung des
Leibes wieder in die Lufft zurück gehe,
und dennoch mit dem Leibe nicht vergehe. |
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Seine schon angeführten
Gründe sind sehr leicht. Denn wenn er die
Unsterblichkeit, die
GOtt allein zukäme, vorschützet, so hebt solche die
Unsterblichkeit der menschlichen Seele nicht auf, und bleibt dennoch zwischen
beyden ein grosser Unterscheid, massen die Unsterblichkeit GOttes absolute und
independenter zu betrachten; gleichwie man auch
sagen muß, GOtt allein ist gut,
und dennoch
sprach er bey der
Schöpfung: und siehe, es war sehr gut. |
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Giebt er vor, daß seine Lehre von der ersten Christlichen Kirche gebilliget
worden, so versiehet er es darinnen, wenn er von der Autorität der
Kirchen-Lehrer ein Argument hernehmen will, deren Ausspruch keine
Regel der
Wahrheit und des Glaubens abgeben kan, besonders, da sie zum Theil selbst übel
von dem
Wesen der Seele
unterrichtet gewesen. Ja, was er jeder von ihnen
anführet, verhält sich nicht einmahl so, als er vorgiebt. Denn was
Justinus
sagt, gehet nur dahin, daß man sich die Unsterblichkeit der
Seele ohne einer Dependenz von
GOtt nicht einzubilden habe; sondern daß ihre
beständige
Existenz von GOtt dependire, welcher, wenn er wolte, sie wieder in
ein Nichts verwandeln könnte. |
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Nicht weniger fällt gar leicht weg, was er von den Jüden im Alten und von
Christo im Neuen Testament vorgiebt, als hätte man die Lehre von der
Unsterblichkeit der Seele vor keinen Glaubens-Artickel gehalten, indem man die
Sadducäer geduldet, und sie nicht verdammet hätte. Denn was die Jüden dabey
versehen, ist ihrem verderbten
Zustande zuzuschreiben; Christus aber hat die
Sadducäer beym Matth. XXIL nachdrücklich widerleget, obschon nicht so
offt, als die Pharisäer, weil diese mehr waren, und sie also grösseren
Schaden
thun konnten. |
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Die
Worte
Röm. VI, 23. Der
Tod ist der Sünden Sold, daraus
Dodwell folgern will, die Seele müsse sterblich seyn, weil sie
vornehmlich gesündiget,
beweisen nichts. Denn
verstehet er hier den natürlichen
und leiblichen Tod, und will ihn auf die Seele ziehen, so widerspricht er sich
selber, indem auch die Getaufften und die dem Evangelio gehorchen, leiblicher
Weise sterben müssen, denen er aber gleichwohl die Unsterblichkeit zueignet. Es
verstehet aber Paulus nicht bloß den natürlichen, sondern auch
den ewigen Tod, welchen eine immaterielle
Substanz gar wohl über sich nehmen
kan. |
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Es wird noch des Peters Pomponatius zu gedencken seyn,
welcher um deßwillen bis zuletzt versparet worden, weil man nicht |
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{Sp. 1139|S. 583} |
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einig ist, ob er die Unsterblichkeit der Seele geglaubet, oder geleugnet. Er
hat einen Tractat de immortalitate animae geschrieben, dessen schon
oben gedacht worden, darüber der Gelehrten
Gedancken sehr ungleich sind, was
nemlich seine
Meynung von der Unsterblichkeit der Seele sey. |
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Viele haben wider ihn geschrieben, wie ebenfalls schon gezeiget worden, und
ihn nicht nur beschuldiget, daß er der Seelen Unsterblichkeit geleugnet; sondern
auch daher Anlaß genommen, ihn in die Classe der
Atheisten zu setzen, wie unter
andern Buddeus in den thesib. de atheism. et superstit. cap.
1. §. 24. gewiesen hat. Andere entschuldigen ihn, daß er nicht sowol die
Unsterblichkeit geleugnet, als vielmehr behauptet, sie könne aus der
Vernunft, sonderlich nach den Principien der Aristotelischen
Philosophie nicht
bewiesen werden; er glaube aber fest und gewiß, weil sie die
Schrifft lehre. Dieses
Urtheil fället Raynaud in
erotematib. de bonis et malis libris n. 42. pag. 25.
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„Es scheinet nicht, daß Pomponatius
so ohne Bedingung, und schlecht weg die Unsterblichkeit der menschlichen Seele
geleugnet habe; sondern wenn man nur bloß die Vernunft zu Rathe zöge, wie aus
des Contareni, eines Cardinals,
Werck, so er von der
Unsterblichkeit der Seelen wider Pomponatium geschrieben, der
vorher in der
Philosophie sein Lehrmeister gewesen war, zu sehen ist.„ |
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Eben dieses behauptet
Bayle in seinem dictionar.
unter dem
Wort Pomponatius, welcher sich bey dieser
Materie
weitläufftig aufgehalten. D. Buddeus
sagte
am angeführten Ort, man sähe nicht, mit welchem
Recht man ihn aus seinem
Buch de immortalitate
animae der
Atheisterey beschuldigen könne, da er nicht ein, sondern
vielmahl bekennet, er glaube die Unsterblichkeit der Seele fest und gewiß, wie
sie die
heilige Schrifft lehre; er leugne nur dieses, daß nach den Grund-Sätzen
der Aristotelischen Philosophie sie nimmermehr könne
bewiesen werden. Es könnte
seyn, daß er, um seinen Gegnern einen blauen Dunst vor die Augen zumachen, nur
dieses so vorgegeben, weil man aber niemanden ins Hertz sehen könnte, so liesse
sich auch davon nichts urtheilen. Anders urtheilet man in den Unsch.
Nachr. 1701. pag. 51 da man dieses Buch recensiret, und
solches ein Teufels-Buch nennet, worinnen er die Unsterblichkeit der Seele
geleugnet, und nur zum Schein vorgegeben, daß er solche nach der Schrifft
glaube. |
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Literatur |
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Von den Scribenten,
welche von der Unsterblichkeit der Seele gehandelt, hat Fabricius
in delectu argumentor. et syllabo scriptor. qui veritatem religionis christ.
asseruerunt, cap. 18. p. 425 u.ff. ein weitläufftiges Verzeichniß
gemacht, indem dergleichen
Bücher in sehr grosser Menge vorhanden. Die
vornehmsten und bekanntesten von den neuern sind
- Renelmus Digbäus in demonstrat. immortalitatis
animae rational.
- Joachim Hildebrand in immortalitate animae
rational. ex solo naturae lumine apodicticis et topicis rationib. ex eodem
rationis lumine vindicata;
- Hector Gottfried Masius de immortalitate animae;
- Johann Eberhard Schweling in mente immortali contra
atheos et scepticos demonstrata;
- Vincentius Plac-
{Sp.1140}
cius in dem gründlichen Beweiß von der Seelen
Unsterblichkeit aus dem blossen Licht der Natur;
- Johann Nicolaus Hardschmidt de immortalitate animae
hum. ex philosophor. veter. et recent. argumentis examinata et demonstrata.
Es hat auch Herr D. Löscher in den praenotionib.
theologic. pag. 103 u.ff. verschiedene historische Umstände von dieser
Materie, die sonderlich die Aristotelischen
Philosophen betreffen, angeführet.
Noch gehöret hieher des Cornelius Dietrich Kochs confutatio
Plinii argumentor. contra immortalitat. et resurrectionem, welche
Beweiß-Gründe des Plinius lib. 7. cap. 57.
histor. natur. zu finden. Nach den Principien des Herrn
Leibnitz hat Thümmig in meletematibus varii et
rarioris argumenti pag. 150. einen Beweiß von der Seelen-Unsterblichkeit
angestellet. |
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