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Zedler: Welt, Latein. Mundus [2] HIS-Data
5028-54-1639-4-02
Titel: Welt, Latein. Mundus [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 1644
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 835
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Hinweise:
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  Text  Quellenangaben
  3) Ursprung und Schöpffung der Welt.  
  Die Lehre von dem Ursprunge der Welt ist einer der allerwichtigsten Puncte, die ein Theologe so wohl als Philosophe zu untersuchen hat. Denn was diesen betrifft, so wird man durch sie zur natürlichen Erkänntniß der Existentz GOttes gebracht, und indem man daraus die Dependentz der Menschen von ihrem Schöpffer siehet, so lernt man den Grund der gantzen Moral.  
  Die Existentz GOttes erkennet man, indem man beweist, es könne die Welt nicht von sich selber seyn, und daher schliesset, sie müsse ihren Ursprung von einem andern haben, welcher nichts anders, als GOtt ist, weswegen auch die Atheisten, so da sagen, es sey kein GOtt, ihr gantz atheistisches Gebäude darauf gründen, daß sie, wiewohl mit grosser Thorheit und Bosheit des Hertzens vorgeben wollen, die Welt sey von sich selber, entweder von ohngefähr, oder durch eine mechanische Nothwendigkeit, entstanden.  
  So legte Epicurus den Ursprung der Welt nicht GOtt, als dem Schöpffer, bey; Sondern meynete, sie wäre von ohngefehr, und zwar von Ewigkeit, entstanden. Er sahe die Atomos, als die Anfänge aller natürlichen Dinge an, und lehrte von denselbigen, daß sie solche Theilgen wären, die zwar ihre Extensionen, folglich ihre Gestalten hätten; Aber in keine kleinern Theilgen, als sie selbst wären, getheilet werden könnten: Daß ihre Figuren und Gestalten auf eine unzählige Art von einander unterschieden wären; Sie aber gleichwohl einerley Natur unter einander hätten: Daß sie von Ewigkeit her gewesen wären, und in einem unendlichen ledigen Raume beweget würden, und zwar allein durch die Krafft ihrer Schwere.  
  Solche Bewegung nennte er die natürliche, (Motum naturalem) welche, vermöge der bey sich habenden natürlichen Schwere, in gerader Linie geschehe, jedoch so, daß sie dabey ein wenig abwichen, damit ihre Verknüpffung unter einander geschehen könnte; Er legte ihnen aber auch noch eine reflectirte Bewegung (Motum reflexum) bey, die sich ereignete u. entstünde wenn ein  
  {Sp. 1645|S. 836}  
  Atomus von dem andern angestossen und zurück getrieben würde. Indem sich nun solche Atomi von Ewigkeit her, wie etwa kleiner Staub in einem gerüttelten Glase voll Wasser, beweget, und auf unterschiedene Art zusammen gefüget hätten, so habe sich endlich da eine Welt, und dort wieder eine andere, angesetzet; mithin statuirte Epicurus viele Welten.  
  Von dem Ursprung unserer Welt meynte er insbesondere, es wäre ein gewisser Hauffe der Atomorum zuletzt an den Ort des unendlichen Vacui, darinnen unsere Welt sey, zusammen, und indem sie sich einander berühret, und gleichsam in einander verwickelt hätten, zu einer groben und unordentlichen Masse gediehen, worinnen die grössern Cörpergen mit den kleinern, dir unten mit den spitzigen, die glatten mit den zackigten, andere mit andern, durch einen von ohngefähr geschehenen Zusammenlauf, vermischet worden wären. Unter solchen Cörpergen hätten in diejenigen, die schwerer und grösser, als andere, gewesen wären, die untern Örter gesuchet, woraus die Erde entstanden sey; die andern hingegen, welche subtiler, leichter und runder, hätten dem Wasser, der Lufft, und andern Cörpern, ihren Ursprung gegeben.  
  Alles das heist nun so viel, die Welt habe von sich selbst ihren Ursprung, und sey von ohngefähr entstanden, welches denn allerdings atheistisch ist, und man kan dabey auf die Einbildung kommen, als wenn kein GOtt wäre. Denn wenn gleich Epicurus einen GOtt zugelassen, so kan doch der wahre Begriff desselbigen bey diesem Systema nicht bestehen, weil er ihn bey dem Ursprunge der Welt gäntzlich ausgeschlossen, und ihn also nicht als einen Schöpffer angesehen hat.  
  Es meynte auch Lucippus, welcher den Zeno zu seinem Lehrmeister hatte, nebst dem Democritus, die Welt sey aus der von ohngefähr geschehenen Zusammenfügung der Atomorum entstanden, und schien diesen ebenfals bey Hervorbringung und Erhaltung derselbigen ein höchstes Wesen nicht nöthig zu seyn, welches denn allerdings eine atheistische Lehre ist.  
  Die Lehre von den Atomis selbst thut zu der Sache nichts. Man weiß, daß die atomistische Physic, oder die Physica corpuscularis, viele Liebhaber gefunden, welcher aber dabey weit von der Atheisterey entfernt gewesen sind, daß sie viel mehr gezeiget, wie man daraus kräfftige Waffen wider die Atheisten zu nehmen habe. Denn sie haben die Atomos nicht schlechterdings nach dem Sinn des Epicurus angenommen. Dieser wolte keine immaterielle Substantz dabey zugeben: Er legte ihnen eine Bewegung bey, und schloß die bewegende Ursach aus: Er hielte sie vor ewig, und glaubte, daß durch ihren von ohngefähr geschehenen Zusammenlauff die Welt entstanden sey, welches denn mit Recht als atheistisch angesehen werden kan.  
  Dieses haben die neuern Vertheidiger der atomistischen Physick (Physica corpuscularis) weggelassen, und das Systema anders eingerichtet: Weil solches alles eine Einfalt ist, welche ein Mensch, der auch nur einen geringen Verstand hat, und sich von der Bosheit seines Gemüths nicht regieren läst, leicht erkennen kan. Denn sehen wir die Beschaffenheit der Welt an, so finden wir solche Eigenschafften und Würckungen an derselben, welche keinen nothwendigen Grund haben, sondern etwas zufälliges sind, wor-  
  {Sp. 1646}  
  aus wir billig schliessen, weil sie etwas zufälliges, so müsse sie von einem andern Wesen, so da nothwendig ist, und also den Grund sein selbst in sich hat, dependiren, woraus wir denn sehen, wie man aus der Welt erkennen kan, daß ein GOtt sey.  
  Solche Zufälligkeit der Welt nehmen wir insonderheit wahr an der Ordnung und Structur derselbigen; an der Bewegung die darinnen ist und an den Absichten der natürlichen Dinge, welche alle so beschaffen, daß sie anders hätten seyn können, als sie würcklich sind, mithin muß ja jemand seyn, der alles so geordnet und eingerichtet hat.  
  Es erkennt aber die Vernunfft nicht nur, daß die Welt nicht von sich selber, und viel mehr von GOtt; sondern auch, daß er sie aus nichts hervor gebracht. Denn setzen wir eine erste Materie voraus, aus der hernach GOtt alles erschaffen, so ist sie entweder von GOtt, oder von sich selber; soll sie von sich selber seyn, so ist sie keine Materie, in dem die Philosophen darinnen einig sind, daß die Materie was leidendes, darin gewürcket werden könne, nicht aber was würckendes, daß sie etwas zu würcken vor sich vermögend sey. Indem man nun die Hervorbringung der Welt aus nichts die Schöpffung nennet, so erkennet selbige auch die Vernunfft einigermassen, was nemlich ihre Würcklichkeit anlangt: Ob sie schon die Art und Weise, wie GOtt alles erschaffen, nicht begreiffen kan. Aus dieser Ursach war es ein grosser Fehler von dem Cartesius, daß er angeben wolte, wie etwa die sichtbare Welt hätte formiret werden können. Es kan also ein natürlicher Mensch auf das deutlichste so viel erkennen, die Welt sey nicht von sich selber, sondern von GOtt, und GOtt habe sie aus nichts hervorgebracht.  
  Hierinnen werden wir durch die H. Schrifften auf das gewisseste bestätiget, als welche uns versichern, GOtt sey es, welcher der Welt, durch seine Macht, ohne jemandes Hülffe, ihre Würcklichkeit mitgetheilet, oder dieselbe erschaffen habe; und zwar aus nichts, in dem ausser ihm nichts würckliches vorhanden war, daraus er die Welt machen oder welches er darzu hätte anwenden können,
  • Ebr. XI, 3.
  • Röm. IV, 17.
  Er sey es auch, der noch alles in der Welt weislich ordnet, und durch seine Güte auf das allerbeste erhält, Ebr. I, 3.
  Was Helmont, in seinem Seder Olam, vor besondere Meynungen von Erschaffung dieser und vieler andern Welten hat, ist unnöthig anzuführen. Whiston statuiret, in Nova Theoria Telluris, Moses beschreibe nicht die Erschaffung aller Dinge, sondern nur der Erde, die vorher ein brennender Comet gewesen, und von GOtt damahls in einen dunckeln Planeten verwandelt worden sey. Dieses ist auch Thomas Burnets Meynung, in Theoria Telluris Sacra, gewesen, und Leibnitz hält desgleichen in Protogaea, und Miscell. Berolin. davor, die Erd-Kugel habe zuerst von Feuer gebrannt, da GOtt das Licht von der Finsterniß geschieden, hernach sey sie mit dem Meere bedeckt worden, bis GOtt das Wasser von dem Trockenen abgesondert; aber auch vielleicht dergleichen Veränderungen mehr ausgestanden, die uns nicht bewust wären.  
  Es scheint also fast, daß er die Erschaffung aller Dinge nicht in 6 Tage eingeschlossen habe. Thomas Burner geht von dem eigentlichen Verstande  
  {Sp. 1647|S. 837}  
  dieser 6 Schöpffungs-Tage, in dem andern seiner beiden Brieffe, die er in seinem Buche: De statu mortuorum et resurgentium, Londen 1726. angehangen hatte, offenbar ab. Er antwortet in demselben seinen guten Freunden, welche nicht hatten zugeben wollen, daß GOtt die Welt auf einmahl, in einem Augenblicke, und nicht nach und nach erschaffen, weil ausdrücklich gedacht wird, wie GOtt die Welt in sechs Tagen erschaffen, und an dem siebenden geruhet habe: so sey auch die Sabbaths-Feyer allen Menschen aufgeleget; da denn der Grund von der Heiligung des Feyertages wegfallen würde.  
  Er versetzet hierauf, daß in diesen Worten nicht Wochen-Tage, sondern die Tage der Welt verstanden würden, welche sechs Tage, oder 6000. Jahre, währen solte; also, daß GOtt auf den siebenden Tag, das ist, die letzten tausend Jahr in dem tausendjährigen Reiche Christi, ruhen werde. Denn da nach seiner Meynung vor Mosis Zeiten der Sabbath noch nicht eingesetzt, oder dessen Feyer befohlen war, sondern solcher allein den Jüden auferleget wurde, ohne, daß die Altväter daran gebunden gewest wären: so hält er den Grund vor schlecht, aus welchem man also schliessen wolte, daß GOtt die Welt nach und nach in sechs Tagen erschaffen habe.  
  Weil auch dem Verfasser an dem Satze von der Einsetzung des Sabbaths viel gelegen ist; so führet er denselben sehr weitläufftig aus, und suchet ihn sonderlich durch die Zeugnisse der alten Kirchen-Lehrer, und Wiederlegung der Stellen, so ihm entgegen zu seyn scheinen, zu bestätigen: antwortet auch hierauf mit wenigem auf die Einwürffe, so man ihm wegen der Gestalt, Bewegung, Ursprung der Erde, und so weiter, hatte machen wollen.  
  Aus den gedachten 6 Schöpffungs-Tagen, machet Whiston sechs Jahre, und Zoroastres, nach Hydio, in Relig. vet. Pers. 6 Zeiten, die zusammen ein Jahr austragen. Die himmlischen Cörper, meynen sie, wären vielleicht zum Theil lange vorher, theils auch nachher erst, von GOtt erschaffen worden; und nach ihren Grundsätzen sind Sonne, Mond und Sterne, nicht erst an dem vierdten Tage gemacht worden, sondern nur zu dem Vorschein gekommen, nachdem der dicke Nebel, welcher vorhin die Erde-Kugel eingehüllet, daß man kaum den Unterscheid zwischen Tag und Nacht bemercken können, an den zweyten Tage sich theils in Wolcken, theils auch in Wasser, verwandelt habe, und die Lufft dünner geworden sey.  
  Sowohl von der Erschaffung selber, als auch von der Zeit, in welcher die Welt erschaffen worden, ist der Artickel: Schöpffung, im XXXV Bande, p. 862 u.ff. nachzulesen.  
  Was die ersten Principien aller erschaffenen Dinge, woraus die gantze sichtbare Welt bestehet, oder durch deren Vermischung alle übrigen Cörper, die in unsere Sinne fallen, heraus kommen, anlanget; so ist davon ebenfals oben, unter Element, im VIII Bande, p. 765 u.ff. gehandelt worden.  
  Wie thöricht die Heyden, als welche des Lichtes der Offenbahrung ermangelt, von dem Ursprunge der Welt geurtheilet haben, ist schon zum Theil erinnert worden. Vorjetzo wollen wir nur noch der Indianer gedencken, als deren Braminen sagen, eine Spinne sey die Urheberin und Werckmeisterin aller Dinge; als die aus ihrem Bauche, durch ste-  
  {Sp. 1648}  
  tige Hervorbringung der Fäden, anfangs das Hauptwerck, hernach die Himmels Kugeln, bereitet habe. Und diß ihre Werck erhalte sie, mit ihrer unausgesetzten Gegenwart, bis zu dem völligen Untergange desselben. Solcher Untergang aber soll durch die Einschluckung der Welt-Faden, welche die Spinne vorhero von sich gegeben habe, verursachet werden; und soll alsdenn darauf die Vertilgung aller Dinge entstehen.  
  Die Benjanen glauben mit den Mahometanern, daß das Welt-Gebäude auf den Hörnern einer Kuh, oder Ochsens, den die Mahometaner Behemoth nennen, stehe; und wenn sich die Kuh schüttele, so entstehen hiervon die Erdbeben. Wenn sie auch dasselbe nicht unterstützte, so würde die Welt über einen Hauffen fallen und vergehen. Daher sagen sie, die Kuh sey die Stütze der Welt, weil sie eine Mutter des Ochsens, der den Acker-Bau bestelle, sie aber gebe Milch. So geben sie vor, daß Mahadeu, als er einst über so viel Sünden, welche die Menschen begehen, erzürnt gewesen sey, die Welt gantz und gar habe umkehren und vertilgen wollen; die Kuh aber habe ihn versöhnt, und also die Welt von der wohlverdienten Straffe erlöset.
  • Walchs Einl. in die Rel. Streit. ausser der Ev. Kirche, Th. V. ...
  • Fritschii Theol. Jurist. Med. und Phys. Gesch. Th. I. ...
  • Männlings Dapper. Exotic. Th. I. Beschr. von As. ...
  • Deutsche Acta Eruditor. B. XI. ...
     

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Stand: 4. April 2013 © Hans-Walter Pries