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Zedler: Lehn [1] HIS-Data
5028-16-1430-7-01
Titel: Lehn [Teil 1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 16 Sp. 1430
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 16 S. 726
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Übersicht
Abstammung und Bedeutung
Lehngut
Landes-Lehen
  Lehensausgeber
  Lehen von einem Reichsstand

Stichworte Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Lehn oder Lehen, heisset bekannter Massen Lateinisch Foedum oder Feudum .  
  Daraus will eben Struv Synt. ... einen Grund vor seine Lateinische Ableitung von Fides erzwingen, weil man nicht nöthig gehabt hätte, wenn Feudum ein ursprünglich Teutsches Wort wäre, solches mit einem andern zu übersetzen. Allein es ist ihrer nichts ungewöhnliches,  
 
a) daß eine Sache mehr Namen hat, zu Mahl eine solche, die bey vielen Völckern von unterschiedener Mund-Art im Gebrauche;
b) daß sich ein Wort in einer Sprache verlieret, ob gleich die Sache dauret, und ein anders in dessen Stelle kommt, wie die vielen alten Teutschen Wörter bezeugen.
 
Abstammung und Bedeutung Was übrigens die Abstammung und Bedeutung des Wortes Lehn anbetriefft: So wollen  
 
(a) Cujacius
 
  {Sp. 1431|S. 727}  
 
  Lib. I. ... ja auch Vossius de Vit. ...v. Leudum, welches so viel als Feudum bedeute, herleiten.
(b) [1] Struv Iurispr. Feudali und andere meynen, es hiesse so viel als Lohn, weil die Lehne eine Besoldung oder Belohnung derer Soldaten gewesen, und wäre des Wegen die Löhnung derer Soldaten, d.i. daß sie ihren Sold empfangen, noch eine gebräuchliche Redens-Art, hingegen wäre unter leihen (commodare) und Feudum ein gar zu grosser Unterscheid, als daß Lehn davon herkommen könnte.
[1] HIS-Data: Aufzählungszeichen fehlt in der Vorlage
  Allein es ist keine Ursache, warum man Lehn weiter wovon herleiten wolle. Es ist solches ein Stamm-Wort, welches in allen alten ursprünglich Teutschen Sprachen bereits vor Handen, wie von Ludewig Iur. ... weitläufftig gezeiget, und heisset Lehnen über Haupt eine jedwede Verleihung oder Gebung einer Sache zum Gebrauch, da derjenige, der sie dem andern ertheilet, sich noch einiges Recht darüber vorbehält. von Eiben Elect. ...
  Dahin gehöret nun  
 
1) derjenige Contract, da man einem umsonst den Gebrauch einer Sache verstattet, commodatum. So saget man z.E. Bücher leihen oder lehnen
2) Da man einem eine Sache mit der Bedingung giebt, daß er uns eben dergleichen wieder geben soll, mutuum, z.E. Geld leihen oder anlehnen, von iemand entlehnen.
3) Da man einem etwas vermiethet oder verpachtet, in welchem Verstande z.E. im Heßischen es sehr gewöhnlich ist, da man einem Häuser, Zimmer, Hausrath und dergleichen verlehnet, das ist, um ein gewisses Geld vermiethet.
4) Da eine gewisse Verbindlichkeit und Ober-Herrschafft über des andern Besietz dadurch angezeiget wird. So saget man z.E. von Erb-Zins-Gütern: Es zinset und lehnet an den und den, ingleichen, wenn Häuser in einigen Städten verkauffet und in dem Raths- oder Stadt-Buche dem neuen Kauffer zugeschrieben werden, wie solches unter andern von Ludewig bezeuget, nennet man es: Die Lehn auflassen, in Würden und Lehn geben.
 
Lehngut Endlich so bedeutet es auch ein Feudum oder eigentlich so genanntes Lehn-Gut, wovon allhier die Rede ist. Wenn es aber zuerst in diesem Verstande gebrauchet worden, kann man so genau nicht bestimmen, doch ist zu vermuthen, daß, wie die eigentliche Bedeutung des Worts feod im Teutschen nach und nach unbekannt worden, man in gemeinen Reden das Wort Lehn, welches, wie aus angeführten erhellet, die Natur derer Feudorum gut ausdruckte, davor zu gebrauchen angefangen.  
  Am ersten findet man solches in der bekannten Urkunde vom Jahre 1160. bey dem Brower Antiquit. ... allwo es heisset: Si quis abbatum iis, contradicere vellet, ingeniosa et cauida argumentatione Iuris sui Lehen-Recht nominant, anguis more de manibus elapsi cet. Vor andern wird dieses noch wahrscheinlicher gemacht durch die bey dem Hundio Bayr. Stamm-B. Th. I. ... ad A. 1277. befindliche Stelle: Idem in villa Hollern sex mansos et dimidium mansum, qui Lehen vulgariter nominatur.  
  Sonst siehet man über Haupt aus denen angeführten mancherleyen Bedeutungen des Worts Lehen, daß man aus dem  
  {Sp. 1432}  
  blossen Namen nicht so gleich einen Nexum vasalliticum schlüssen müsse, wie Horn Iurispr. ... und andere bereits angemercket. Siehe übrigens mit mehrern von Ludewig cit. ...
  Daß man aber nur noch im 14. Jahrhunderte bey dem Teutschen Reiche nicht allzu ordentlich in Lehn-Sachen verfahren, bezeugen Müller in Staats-Cabinete Eröffn. ... und Horn im Leben Friedr. des Streitb. Abth. I. ...  
  Daß sonst auch die gesammte Hand bey denen Belehnungen zu nehmen unter Fürsten nicht gewöhnlich gewesen, sondern nur unter Landsassen vor nöthig gehalten worden, weil sich unter Fürstlichen Vettern die Geschlechts-Beschreibung nicht leichte verlieren können, zeiget von Ludewig Erl. der gold. Bulle ... und Horn Leben Friedr. des Streitb. Abth. 5 ...  
  Doch hält gedachter Horn l.c. da er von dem Herzoge zu Sachsen-Lauenburg und der Chur-Sächsischen Belehnung gedencket, davor, daß man solcher Gestallt dem Kayser selbst wiedersprechen wollte, und zeiget l.c. in der Abhandlung selbst, daß man sie wenigstens bey dem letztern Eröffnungs-Falle zur rechten Zeit suchen müssen. Daß man ie doch auch nicht alle Mahl so genau auf die Agnation oder Verwandtschafft von väterlicher Seite her gesehen, erhellet aus eben demselben. l.c. Abth. 5 ...
  Wie sich aber auch das ietzige Fürstl. Haus Sachsen schon im 14. Jahrhunderte ehe es noch die Chur und das Herzogthum Sachsen bekommen, bester Massen wegen der Sammt-Lehn unter einander verglichen, siehet man bey schon mehr angeführten Horn l.c. Abth. 4. ...  
Landes-Lehen Von denen Reichs-Lehen, wie auch von dem Ursprunge derer Lehen über Haupt, wird hernach gedacht werden. Jetzo will man zuerst von denen Lehen, so die Landes-Herren vergeben, handeln. Daß diese ursprünglich nichts als einen Sold gewesen, ist schon Tom. IX. p. 697. seqq. gedacht worden. Ob es aber der Hof- oder Kriegs-Dienste wegen geschehen sey, lässet man vorietzo, da die Meynungen hier getheilt sind, ob gleich das erstere wahrscheinlicher und davon auch nach diesem Meldung geschehen wird, ausgesetzet.  
  Man nimmt unter dessen zum Grunde an, daß es der Kriegs-Dienste wegen geschehen, daß Lehen vergeben worden. Wie wohl man hierbey nicht auf die ältesten Zeiten sehen muß, als in welchen gantz ein anders gewöhnlich gewesen zu seyn scheinet, und die Lehen vor die, so sich im Kriege wohl gehalten, etwas seltenes waren; sondern man braucht nur in die etwas neuern Zeiten, da sich die Landes-Hoheit wieder zu zeigen begonnte, zurück zu gehen, als in welchen dieses guten Grund hat. Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre II. ...
  Von diesen Zeiten ist denn also auch hier die Rede. Denn da keiner ohne Soldaten Krieg führen kann, diese aber nicht umsonst dienen, sondern bezahlt seyn wollen, die alten Teutschen und Francken hingegen nicht viel vom Gelde wusten, so musten sie ihren Kriegs-Bedienten an dessen Statt Güter geben. Estor kl. Schrifft. Th. I. St. n. 3. ...
  Man darff sich auch hier gar nicht daran stossen, daß derer Francken gedacht wird, weil von  
  {Sp. 1433|S. 728}  
  diesen nicht allein, wie hernach gemeldet werden wird, die Lehnbarkeit ihren Ursprung hat, sondern auch, wie unter Landes-Hoheit Tom. XVI. p. 530. seq. zu sehen, das heutige Römische Reich eine Fortsetzung des alten Fränckischen gewesen, unter welchem dergleichen Gebrauch eingerissen. Zu dem beweiset auch Spener in der Teutschen Staats-Rechts-Lehre II. ... daß man bey zuerrichtender Landes-Hoheit alle Lehen vor Kriegs- und Riter-Lehen an- und ausgegeben habe, ob sie wohl ursprünglich vor aufgetragen anzusehen gewesen; sinte Mahl zu der Zeit eine Veränderung vorgegangen. Deswegen denn billig die Beschaffenheit derer heutigen Lehen aus denen damahligen Zeiten herzuhohlen. Spener l.c. ...
Lehensausgeber Nun fragt sich aber noch, wer die Lehn reichen könne, und ob dergleichen auch dem niedern Adel zustehe? Hierauf antwortet Estor l.c. ... Wer Soldaten halten und diesen Sold oder Lehen, das ist, nach heutiger Redens-Art, Lehnung reichen will, muß ihrer benöthiget seyn, und sie gebrauchen können. Nun hatte in Teutschland anfänglich Niemand das Recht, Krieg zu führen, als der Teutsche König und nachgehends dessen Stände. Unter diese Stände gehörte aber der niedere Adel durchaus nicht, und also hatte er auch kein Recht, Krieg zu führen.  
  Hatte er dieses nicht, wozu waren ihm die Soldaten nütze, und zu was Ende sollte er Sold ausgeben oder Lehn reichen? Wollte man gleich sprechen, der niedere Adel hätte ja wohl Lehn ausgeben können, um sich andere dadurch mehr und fester zu verbinden, und sich ihrer Treue zu versichern, so wäre dieses eben der gemeine Irrthum, als ob man nur der Treue wegen die Lehn ausgegeben hätte, da doch Fides und Fidelitas nichts anders als Seruitia hiessen, wovon auch Zschackwitz von denen Rechts-Anspr. gecr. hohen Häupter, u. anderer Th. I. Abth. 10 ... gesehen werden kann.  
  Zu dem wären die Gan-Erbschafften das Mittel gewesen, dadurch man sich anderer Treue und Beystandes versichert hätte, und wäre also nicht nöthig gewesen, daß die adelichen deswegen Lehn abgegeben, weil ihre Habseeligkeit fast durchgehends meistens in Lehen bestanden, und ein Soldate nicht leichte von seinem Solde wieder etwas an einen andern abgäbe, daß er sich einen Soldaten dadurch anschaffte.  
  Es wäre also gestallteten Sachen nach falsch, daß die kleine Vasallen Lehen ausgethan hätten. Von dieser Wahrheit hätten auch schon Vulteius de Feudis ... und Cocceius in Hypomnemat. ... etwas erblicket, so wäre es auch nicht weniger Nicolao von Neapoli, Duareno, Fachinaeo und Conrad Rittershusio Partit. ... unbegreifflich vorgekommen, daß die minores Valuasores Lehne geben können; hätten aber doch bey dem allen davor gehalten, daß man hierbey auf eines ieden Landes Gewohnheit setzen müsse.  
  In zwischen hätte sich Vulteius dadurch nicht irre machen lassen, sondern führe fort zu behaupten, wieder diese Meynung strite die tägliche Erfahrung und Herkommen. Eben dahin zielte die Lehre Ulrichs von Eyben Elect. ...  
  Daß der niedere Adel heutiges Tages Lehn geben könne,  
  {Sp. 1434}  
  bezeugen
  • Struv Iurispr. ...
  • Fleischer Institut. ...
  • Antoni Disput. ...
  wie es aber doch von denen Lehen derer höhern Stände unterschieden sey, wird hernach gedacht werden.  
  Den ersten Ursprung muß man wohl mit Estorn l.c. ... darinne suchen, daß denen Teutschen ehe dem kein Geschäffte so bekannt seyn können, als die Lehn-Gebung, da in Teutschland alles von Vasallen, mithin auch von Lehen voll gewesen, und diese immer mehr und mehr angewachsen. Da nun ein Vasall von nichts besser als vom Lehn unterrichtet seyn, auch die Materie von der Verpachtung nach Maßgebung derer Institutionen nicht von ihm verlanget werden können, so ist es gar nicht zu bewundern, wenn die Vasallen Statt der Verpachtung eine Lehn-Gebung nachgeahmet, und nicht allein ihre Bauern, sondern auch ihres gleichen, zu Mahl, wenn sie ziemlich Vermögen und Reichthum bei sich gemercket hätten, mit etwas belehnen können, da sie es auch vor einen besondern Ruhm gehalten, sich gegen ihres gleichen gutthätig zu erzeigen, und es hierunter ihren Lehn-Herren, denen Reichs-Ständen gleich zu thun.  
  Doch mögte auch wohl seyn, daß bis Weilen ein anderer einem Vasallen, so in der Noth gesteckt, vermittelst eines Darlehns unter die Arme gegrieffen, worauf denn dieser, so sich nicht im Stande befunden, dem andern die Zahlung wieder zu entrichten, ihm ein ansehnliches Gut davor anzuweisen bewogen worden.  
  Da nun dieses, daß die adelichen bis Weilen Nachahmungs-Weise Lehen vergeben haben, und wie sie an die Bauern gereicht, seine Richtigkeit zu haben, und einen einigen Orten, als in Kuchenbeckers Analect. ... und Estors kl. Schrifft. Th. I. St. 2. ... dargethan zu seyn scheinet, so ist wohl auch kein Zweifel, daß sie auch an die von Adel aus gleichmäßiger Nachahmung dergleichen ertheilet haben sollten.  
  Die adelichen aber waren ehe dem, wie noch ietzo, nicht alle gleich begütert. Einige ihres gleichen musten sich so gar bey Heer-Zügen als Waffen- Schild- und Wehr-Träger gebrauchen lassen, des Wegen aber gab man ihnen doch keine Lehen, wenn sie sich zu solchen Dienst-Leistungen nur in der Jugend verstunden und, und Niemand leichte vermuthen wird, daß man einem um etlicher Jahre Dienste willen gleich ein Gut verleihen werde. Estor kl. Schrifft. Th. I. St. 3. ...
  Es bleibt also, wie gedachter Estor l.c. ... meldet, feste dabey, daß das Wort Lehen, wenn es von denen Gattungen, welche die adeliche an ihres gleichen oder an ihre Bauern abgegeben haben, gebrauchet wird, anders zu verstehen sey, als von denen Gütern und Gefällen, welche die Reichs-Stände dem niedern Adel verabfolget haben.  
Lehen von einem Reichsstand Er beschreibt aber ein von einem Reichs-Stande gehendes Lehn folgender Gestallt: daß es ein gewisser Gehalt gewesen, welchen der Vasall Statt des Soldes vor sich und seine Nachkommenschafft der Gestallt erhalten, daß gedachter Gehalt oder Lehn-Gut dem Vasallen gegen Leistung ausbedungener Kriegs- Burg- oder Hof-Dienste gäntzlich und mit allem Eigenthume so lange zugeschlagen und anheim gegeben seyn solle, als von des Vasallen Manns- oder nach Befinden  
  {Sp. 1435|S. 729}  
  weiblichen Nachkommen einige am Leben seyn würden, mit dem ausdrücklichem Anhange, daß nach gäntzlichem Abgange derer Nachkommen dem Lehn-Herrn das Lehn gleichsam als eine anvertraute Beylage oder Fidei-Commiss ohne die geringste Verminderung wieder zufallen, auch dieser bedürffenden Falls vor diesen Gehalt sich einen andern Mann ins Feld stellen könne; nach welcher Erklärung eines Lehns, wie er in der Anmerckung **. p. 717. erinnert, der Unterschied zwischen dem Dominio directo und vtuli unnöthig wäre.  
  Gleicher Meynung von der Ursache dieser Lehen ist. Pfeffinger ad Vitriarii Ius publ. ... und Spener in der Teutschen Staats-Rechts-Lehre ... Nur darinnen ist er anderer Meynung, daß die von denen Reichs-Ständen verliehene Lehen vermuthlich Anfangs nur Hof-Dienst-Lehen gewesen. Dieses wird daher wahrscheinlicher, weil ieder freyer seyn freyes Gut besaß, und so schon sein Vater-Land zu vertheidigen verbunden war, des Wegen es keines besondern Lehns vor die Kriegs-Dienste bedürfft hätte. Doch würde einem Fürsten, der einige als Trabanten auf seinen Leib halten und mit etwas belehnen wollen, nicht seyn verwehrt worden.  
  Hingegen, schreibet er, §. 15. p. 717. sey das von einem adelichen an einen andern abgegebene Lehn nichts anders als eine Gattung einer besondern Teutschen Verpachtung, wodurch ein Gut etc. in Nachahmung derer wahren Lehen Theils mit Theils ohne Pacht gediehen wäre. Oder es könnte auch dergleichen Lehn als ein wahrhafftiges Darlehn angesehen werden, da iemand einem adelichen etwas Geld vorgeschossen, und sich dagegen mit einem Gute bis zur Ablage belehnen lassen, wodurch es leichtlich geschehen mögen, daß die Ablage durch die Länge der Zeit in Vergessenheit gerathen.  
  Weil aber bey dem allen noch verschiedenes eingewendet werden kann: als  
 
1) Man finde, daß Fürsten andern Fürsten, Grafen andern Grafen, Reichs-Herren andern Herren Lehen, wo nicht auf, doch einer von dem andern getragen hätten; so könnte ja auch dieses leichte bey denen adelichen eben also über Hand genommen haben, zu Mahl, da sich in denen betrübten Fehde-Zeiten auch die adelichen um Hülffe und Gesellen beworben, mithin diese zu erhalten Lehn ausgeben müssen.
  Oder es könne sich ja bey so kümmerlichen Zeiten leichte der Fall ereignet haben, daß ein schwacher von Adel, der keine Gan-Erbschafft wohl erreichen können, den Schutz und Beystand eines mächtigen und zahlreichen adelichen Geschlechts gesuchet habe, und um diesen zu erhalten, wo nicht alle seine Güter doch ein gutes Theil jenem zu Lehen auf und ferner in die Weise angetragen habe.
2) Schiene es nicht ungereimt zu seyn, daß ein adelicher einen andern zu seinem Diener angenommen, und ihm Statt der Besoldung ein Lehn gegeben habe.
3) Wäre füglich zu begreiffen, wie ein Vasall, der von unterschiedenen Herren Lehn-Stücke gehabt, hätte einem andern von Adel etwas abgeben und dagegen diesem auch Dienste vor sich thun lassen können.
4) Wäre nicht zu läugnen, daß ein Vasall einem andern ein Affter-Lehn geben dürffen.
 
  Als dienet hierauf zur Antwort,  
 
1) wäre die Frage nicht,
 
  {Sp. 1436}  
 
  ob Fürsten, Grafen und Herren Lehne von einander getragen hätten, Massen dieses Niemand in Abrede wäre, auch in des von Ludewig Abhandlung de feudo subfeudorum 2. in gleichen bey Pfeffinger ad Vitriarii Ius publ. ... zu ersehen, sondern die Sache lediglich darauf ankomme, ob dem gemeinen Adel eben Falls die Befugnisse derer Fürsten, Grafen und Herren zukommen, und iener hieran gleichen Theil nehmen möge, da ausfündigen Rechtens sey, daß der gemeine Adel durchgehends von dem Fürsten- Grafen- und Herren-Stande unterschieden gewesen, wie dieses aus Koppen de insigni ... des von Eckard Franc. ... und Estorn de Ministerialibus zu ersehen, daher dieser Zweifel von selbst hinfällt.
  Ob sich ein adelicher dem andern durch Auftragung seines Guts zum Lehn-Manne gemachet oder dargestellet habe, ist unter Affter-Lehn oder vielmehr Subfeudum, als wohin dieses verwiesen worden, nachzusuchen.
  So viel scheinet in dessen gewiß, daß die gemeine Lehre, als ob die Lehen des gemeinen Adels guten Theils aufgetragen wären, unrichtig sey. Denn es stehet nicht zu läugnen, wie keiner von Adel weder Eigenthum noch Lehen ohne Bewilligung des Landes-Herrn an andere veräussern können, welcher Meynung auch Spener Teutsch. St. R. L. I. ... beytrit. Diesen Satz erhärten die Urkunde bey Lünigen im Reichs-Archiue Spicil. ... und die Beweisthümer bey Koppen l.c. ...
  Wenn auch noch jemand einigen Zweifel dabey behalten sollte, so darff man nur betrachten, wie der gemeine Adel bereits zu denen Carolingischen Zeiten von einem Teutsche Könige der Gestallt zu Leistung derer Kriegs-Dienste verbunden gewesen, daß er im Falle der Weigerung dazu gezwungen worden, wie aus dem, so von Eckard Franc. ... meldet, abzunehmen.
  Es durffte des Wegen, wie bey eben demselben l.c. p. 105. zu ersehen, so gar keiner ohne Königliche Erlaubniß in den geistlichen Stand treten. Da sie nun in Ansehung ihrer eigenen Person so eingeschränckt waren, so ist in Absicht auf ihre Güter nicht leicht etwas anders zu vermuthen. Sondern es würde vielmehr ein Landes-Herr, ehe er zugegeben, daß jemand seiner adelichen einem andern ein Lehn-Gut aufgetragen, sich selbst diese Auftragung haben angedeien lassen.
  Da aber dieses so wenig von der mittel- als unmittelbaren Riterschafft zu vermuthen, so ist es desto gewisser, daß die meisten adelichen Stamm-Häuser nicht allodial, sondern lehnbar gewesen, wie Kopp l.c. ... zeiget, und sich über dieses dasselbe ohne besondere Mühe aus dem von Eckard l.c. ... erhärten lässet.
  Doch leidet auch dieses seine Ausnahme, und bleibet dem ungeachtet der Satz, daß die adelichen Güter lehnbar zu vermuthen, feste stehen. Denn wenn man auch gleich zugestehet, daß Exempel von aufgetragenen riterlichen Lehen vor Handen wären, so bleibt doch der Grund-Satz, daß die gemeinen Lehen nicht aufgetragene, sondern gegebene seyen. Dieses zeiget Kopp l.c. .... und es liegt daher am Tage, daß dasjenige, so Besoldus Thesaur. pract. v.
 
  {Sp. 1437|S. 730}  
 
  Reichs-Stand. Stryck Exam. ... und Titius im Teutschen Lehen-Rechte Haupt-St. I ... lehret, nicht richtig seyn.
2) Kann zwar nicht geläugnet werden, daß die adelichen zu ihrem Behuf und Diensten auch adeliche ihres Standes zu Diensten angenommen, doch währte solcher Dienst nicht länger, als bis sie in den Harnisch kamen, welches ungefähr um das zwantzigste Jahr herum war, und man findet nirgends, daß einer vor so kurtze Dienste gleich ein Lehn angewiesen bekommen habe, sondern man ersieht vielmehr aus alten Briefen nur so viel, daß sie gleich andern mit Kost und Kleidung versehen worden; des Wegen denn dieser Zweifel gleich Falls wie der vorige von freyen Stücken wegfället.
  Ob nun wohl der
3)  und 4) Zweifel: Ob ein Vasall dem andern ein Affter-Lehn verleihen oder seine Kriegs- und Hof-Dienste durch einen andern verrichten lassen könne, von einiger mehrern Wichtigkeit zu seyn scheinet, so ist doch hier der Ort nicht, weitläufftig davon zu handeln, und wird, wie billig, unter Subfeudum verspart.
Estor kl. Schrifft. l.c. ...
     

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Stand: 7. Juni 2023 © Hans-Walter Pries