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Quellenangaben
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Buchdruckerey. |
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Diese herrliche
Kunst ist gegen des Mittel
des 15. Seculi in
Teutschland erfunden worden.
Stephanus Zamoscius schreibt die
Erfindung
denen Scithen, andere aber denen Chinesern mit
grösserer
Wahrscheinlichkeit zu, und
sagen, daß
diese Kunst schon vor Christi Geburt bey ihnen
bekannt gewesen. Doch diesem ungeachtet
bleibet denen
Teutschen der
Ruhm, sintemahl sie
selbige weder von den Chinesern erlernet, noch
gleiche
Art zu
drucken mit ihnen haben; immassen
der Chinesische Druck mehr denen Holtz-Schnitten und Kupffer-Stichen gleichet. |
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Immittelst will sich so wohl Straßburg als
Mayntz desselbigen anmassen. Welche es mit
Straßburg halten, und Joann Mentelin, einen
Innwohner daselbst, vor den ersten
Erfinder
angeben, beruffen sich auf zweyerley, in ihrem
Stadt-Archiv befindliche geschriebene Chronicken.
Die erste, so ohne
Namen des
Autoris von ihnen
angeführet wird, meldet, daß
A. 1440 diese so
nützliche Buchdrucker-Kunst zu Straßburg durch
Joann Mentelin zuerst an
Tag
gebracht worden: Dieser hätte durch seinen Diener, Hannß Gänsfleisch, welchen er
sehr scharffsinnig befunden, weiter zu kommen verhoffet, und ihm also die
gantze
Sache vertrauet. Allein dieser
habe ihn schändlich betrogen, indem er mit Joann
Guttenberg, der aus den nunmehro
freyherrlichen
Geschlechte Zumjungen entsprossen war, und
sich von seiner
Wohnung zu Mayntz, Guttenberg
nennete, auch etwas Wissenschafft um des
Mentelins Erfindung hatte; Kundschafft gemacht,
und sey zu ihm nach Mayntz gezogen, allda alles
ins
Werck zu richten, wiewohl
GOtt endlich des
Gänsfleischens Untreu also gestrafet, daß |
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{Sp. 1756} |
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er
völlig sein Gesicht verlohren. |
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Die andere Chronic hat Daniel Speckling, ein
Baumeister zu Straßburg, verfertiget. Dieser
berichtet, ausser einigen erst angeführten
Umständen, daß Mentelins Schwager, Peter
Schefer, und Martin Flach dieses kostbare Werck
verleget; Mentelin selbst, nachdem er von seinem
Diener Joann Gänsfleisch, so arglistig wäre
hintergangen worden, habe sich deßwegen zu
tode gekümmert, da er denn zu
Ehren der Kunst,
ins Münster begraben, und eine
Drucker-Presse
auf seinen Grab-Stein gehauen worden.
Gedachter Speckling will die erste Presse, auch
die
Buchstaben selbst gesehen haben, die, wie
auch
gantze
Wörter und Sylben in Holtz
geschnitten, kleine Löcher gehabt, und durch
einen Faden an einander gehänget worden. |
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Die aber, so vor die
Stadt Mayntz den
Ruhm
zu behaupten suchen, antworten hierauf, daß die angeführten Chronicken, weder
auf
öffentlichem
Befehl, noch aus öffentlichen Monumenten wären
verzeichnet worden; desgleichen, daß sie
verschiedene Unordnung begiengen, mit andern
Scribenten, so zu Anfang des 16.
Seculi
gelebet,
nicht überein stimmten, auch endlich viel zu neue
wären, als daß sie dieses, was sie
sollten,
beweisen könten. Nur sind sie selbst nicht einig,
ob sie die Ehre der Erfindung erwehnten
Guttenberger, oder Johann Fausten und seinem
Tochtermann, Peter Schefern zuschreiben sollen.
Zwar was Guttenbergern antrifft, so bezeuget
Trithemius, daß er aus Petri Schefers Munde
vernommen, wie diese Kunst von Guttenbergern,
Bürgern zu Mayntz, erfunden worden, welcher,
nachdem er fast alle sein
Vermögen aufgewendet,
und bey nahe aus Desperation das Werck gar
hätte liegen lassen, sich mit Joann Fausten, auch
einem Mayntzischen Bürger, eingelassen, da sie
denn mit gesammter Hand zu dem Werck
geschritten. |
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Erstlich hätten sie die
Buchstaben auf
höltzerne Formen
ordentlich eingeschnitten, und
ein Vocabel-Buch, Catholicon
genannt,
gedruckt.
Weil sie aber mit diesen Formen nichts mehr drucken können, hätten sie
eine
Art Formen von
allen Buchstaben des Lateinischen Alphabets zu
güssen erdacht, vermittelst welcher sie die
Buchstaben von Ertz oder Zinn nachmahls
gegossen, und darauf mit dem Messer zurechte
gemacht. Immittelst wäre grosse Beschwerlichkeit
dabey gewesen, denn es sie schon 4000. Gülden
gekostet, ehe sie noch den 12.
Bogen
der Lateinischen Bibel zu Ende gebracht. Wiewohl nachgehends Peter Schefer, der
auch auf
Lateinisch Opilio, oder nach seinem
Vaterlande,
von Gernsheim genennet wird, durch eine
leichtere Art
Schrifft zu güssen, diese
Schwierigkeiten wiederum gehoben. |
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Mit diesem stimmet überein die Dedication an
Käyser Maximilianum,
so dem
Teutschen Livio,
welcher
A. 1505. zu Mayntz gedruckt, vorgesetzt
worden. Solches bekräfftiget noch mehr eine
alte,
in Nieder-Teutscher Sprache zu Cölln von Joan
Kölhof A. 1499. gedruckte Chronic, welche
berichtet, |
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{Sp. 1757|S. 894} |
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daß diese Kunst A. 1440 erfunden, und in
folgenden
Jahren mehr und mehr ausgearbeitet
worden, biß man endlich A. 1450 die Lateinische
Bibel zu drucken angefangen. Der erste Urheber
aber davon sey gewesen Juncker Joann.
Gudenburch, ein
Bürger zu Mayntz, und bürtig von
Straßburg. Nicht weniger bezeugen dieses
Wimphelingius, und Joann Arnold Bergellanus,
wie auch das Monument zu Mayntz im
Juristen
Collegio unter der innern Dach-rinne. Ja es können
solches auch diejenigen
beweisen, welche aus
der ersten Mayntzischen Buchdruckerey diese
Kunst in andere
Europaeische
Länder
ausgebreitet, und durchgängig Guttenbergern für
den ersten Erfinder ausgegeben. Allein in dem 16
Seculo unterstunden sich einige, diß herrliche
Werck dem Fausten zuzuschreiben, ja gar
Guttenbergern zu Faustens Diener zu machen.
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Inzwischen ist doch auch nicht des
Harlemischen Bürgers, Laurentii Joannis, mit dem
Zu-Namen Küster, zu vergessen, dessen vorhero
in Holtz-Formen verfertigte Donate und andere
Wercke dem Guttenberger zu seiner Erfindung
mögen Anleitung gegeben haben, und der
dannenhero von denen Holländern insgemein vor
den Urheber angegeben wird. |
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Im übrigen ist zumercken, daß als Anfangs
Guttenberger, Faust und Schefer in einem
Hause
beysammen gewesen, selbige sich nachgehends,
weil sie sich wegen des Gewinns nicht vertragen
können, zertrennet, und Joann Faust nebst Petro
Schefern eine eigene Officin gehabt. Eben dieser
Johann Faust, gieng mit seinen gedruckten
Lateinischen Bibeln nach Paris, und davorhero ein
geschriebenes
Exemplar vor 4 biß 500 Gülden zu
stehen kam, verkauffte er eines vor 60 Gülden,
und nachmahls vor noch geringern Preiß, biß er
endlich auf 30 Gülden kam, da er denn mit denen
so ihre Bibeln vor 60 Gülden gekauffet, in grosse
Weitläufftigkeit gerieth, daß er darüber entfliehen
muste. |
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Was nun die
Wercke betrifft, von denen man
gewiß versichert seyn kan, daß sie zuerst
gedruckt worden, sind solches folgende: |
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- der Psalter Lateinisch Mayntz A. 1457 durch
Joann Faust und Peter Schefer von Gernsheim;
- Durandi rationale divinorum officiorum durch eben
dieselben
A. 1459.
- Catholicon Januensis durch
dieselben A. 1460
- die Bibel Lateinisch A. 1462.
- Officia Ciceronis A. 1465 da Schefer als Faustens
Diener angegeben wird;
- Institutiones Justiniani
cum glossis A. 1468 bey Schefer allein.
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Am Ende dieses letzten
Buches wird die
Historie solcher Erfindung in folgenden
Lateinischen Versen kürtzlich erzehlt. |
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[6 Zeilen lateinische Verse] |
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Es haben zwar einige den
Ruhm dieser
Erfindung der Stadt Basel zueignen
wollen, weil
man einen Reformatorium vitae morumqae et
honestatis clericorum findet, so der Anzeige nach,
die am Ende des Buchs stehet, in bemelter Stadt
bey Michael Furtern A. 1444 gedruckt seyn soll.
Es lässet sich aber leicht erweisen, daß in der
Jahr-Zahl ein Druckfehler begangen worden. |
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Von denen |
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{Sp. 1758} |
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Teutschen ist diese
Kunst nach Italien
gekommen, allwo Ulrich Huhn oder Gallus und
Sixtus Rießinger beyde von Straßburg gebürtig,
und zwar jener zu Rom, und dieser zu Naples die
ersten Drucker gewesen. Zu Ludovici XI.
Zeiten ist
diese Kunst nach Franckreich, folglich nach und
nach in die übrigen benachbarten
Königreiche
gelanget. Von Schweden handelt Jo. Alnandri
Historiola Artis Typographicae in Suecia. Rostock
1725. 8. |
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Die andern
Theile der Welt haben nicht
nachfolgen können, oder wollen, denn im
gantzen
Ottomannischen
Reich, war, um den gemeinen
Mann durch Lesung
guter
Bücher nicht
klug zu
machen, bey schwerer
Straffe verbothen,
Buchdruckereyen einzuführen, und als es die
Griechen zu Constantinopel nach langer Zeit
gewagt, und eine Druckerey angeschafft, ist
dieselbe samt allen dazugehörigen Leuten, auf
Befehl des Sultans ins Meer geworffen worden.
Doch endlich ist vor etlichen
Jahren, so sehr sich
auch der Muffti und diejenigen, so durch
Schreiben ihr
Geld
verdienet, wiedersetzet, eine
Druckerey zu Constantinopel aufgerichtet worden,
und man hat schon
verschiedene gedruckte
Bücher aus derselben gekommen. Africa und
America haben diese Kunst wegen ihrer wilden
Lebens-Art nicht nutzen können. |
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Solchemnach ist diese vortreffliche
Nutzbarkeit in Europa meistentheils allein
verblieben, und man hat alle Mißbräuche zu
verhindern, an denen meisten
Orten, heilsamlich
versehen, daß die Buchdrucker einen
Eyd
ablegen
müssen, nach welchen sie nicht, was
nicht vorher censirt worden, drucken dürffen. |
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- Neuhofs Gesandtschaft an Käyser von China.
- Ricaut etat de l'sempire Ottoman.
- Beold.
- Trithemius in Anal. Hirsang. …
- Auentin. Annal. ad
A. 1450.
- Wimpheling. Epit. Rer. Germ. …
- Bergellanus in carmine de chalcograph. inuent.
- Petri Scriuerii Laurecrans vooz Laurens Koester.
- Serrarius de Rebus Mogunt.
- Draudius in Typog.
discursu.
- Junius et Scriverius Descr. Batav.
- Boxhorn. de Typogr. Jnuent.
- Schreuelius in
Harlemo.
- Majerus in veris inuent.
- Schragius von
Erfindung der Buchdruckerey.
- Schmidius Danck
Predigten wegen Erfindung der Buchdrucker-
Kunst.
- Boeclerus Orat. de Typogr.
- Spizelius de Re
litt. Sinens.
- Zamoscius Analect. Daciae Antiquit.
- Mentelius de Vera typogr. Orig.
- Vitre de typogr.
- Adam. in vit. Guttenb. et Faustii.
- a Mallinckrot de
Ortu Typogr.
- Morhof. Polyhist. …
- Reimmans
Einleit. in die Hist. Litt. …
- Fabricius Bibl. Lat. …
- Chevilier histoire. de l'imprimerie.
- Bullart Academie
des Sciences …
- Tenzelius von Erfindung der
Buchdrucker-Kunst. Hanov. Auszug ad A. 1700 …
- Struuius in Introduct. ad Notit. Rei
Litt. …
- Amoenitates Litt. T. I.
- Memoires de litterature T. I.
- Maittaire Annal.
Typograph.
- Werthers wahrhaffte Nachricht der so
alt als berühmten Buchdrucker-Kunst. Frf. 1721. in
4.
- Müller Leipziger Buchdruckerey. Leipzig 1720.
in 4.
- Schroedter Dispt. De Typographia Wittenberg
1697.
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von denen
Zeichen der Buchdrucker hat
Spoerl Introductionem in Noth. Insign. Typograph.
Nürnberg 1730. in 4. herausgegeben. |
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