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Zedler: Erde, oder Erdboden, Erd-Creiß [1] HIS-Data
5028-8-1532-2-01
Titel: Erde, oder Erdboden, Erd-Creiß [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 8 Sp. 1532 [richtig: 1534]
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 8 S. 798
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astronomisch

Stichworte Text Quellenangaben  und Anmerkungen
  Erde, oder  
 
  • Erdboden,
  • Erd-Creiß,
  • Erden-Creyß,
  • Erd-Kugel.
  • Globus terraqueus,
  • Terra,
  • Tellus
 
  ist der Welt-Cörper, auf welchem wir wohnen.  
  Man kan dieselbe hauptsächlich auf dreyerley Art betrachten.  
 
  • Erstlich auf eine Astronomische Art, indem man die Erde als einen Welt-Cörper ansiehet, in so ferne sie ein Welt-Cörper ist, da man ihren Ort, Bewegung, Bahn, Grösse, und Ubereinstimmung mit denen andern Welt-Cörper an in Erwegung ziehet;
  • hernachmahls auf eine Geographische Art, wenn man die Figur derselben, wahre Grösse, und Mathematische Abtheilung untersuchet,
  • und endlich auf eine Physica-

    {Sp. 1535[1]|S. 799}

    lische Art, da man den Zusammenhang derer verschiedenen Theile des Erdbodens und deren verschiedene Structur in Erwegung ziehet.
[1] HIS-Data: Zählung Sp. 1531-1532 in der Vorlage doppelt vorhanden
  Wir wollen jede von diesen Betrachtungen durchgehen, und das merckwürdigste davon anführen.  
astronomisch Die alten Welt-Weisen nahmen als eine unstreitige Wahrheit an, es gehöre zu dem Wesen eines Sterns, daß er sein eigen Licht vor sich habe; und folglich eine Contradiction in adjecto involvire, ein Stern zu seyn, und mit keinem angebohrnen Lichte zu gläntzen; weswegen sie auch die Erde gäntzlich von der Zahl der Sterne ausgeschlossen, da dieselbe mit keinem angebohrnen Lichte versehen ist; wie denn diese Meynung auch noch jetzo in denen Ohren dererjenigen, welche der Astronomie unerfahren, gantz abgeschmackt klinget, wenn sie hören, daß die Erde ebenfalls ein Stern seyn soll. Wir verstehen hier durch einen Stern, einen jeden Welt-Cörper, der da leuchtet, er mag nun sein Licht vor sich, oder anderswo her haben.  
  Nachdem die Astronomie in bessern Stand gesetzet worden, ist man von der Wahrheit, daß die Erde ebenfalls ein Stern sey, gäntzlich überzeuget worden. Die gäntzliche Verduncklung des Monds in denen Mond-Finsternissen, dessen abwechselnde Phases bezeugen zur Gnüge, daß der Mond kein Licht vor sich habe. Die Selenographischen Observationes, vermöge deren man Berge, Thäler, Meere, Insuln, Klippen, Vorgebürge in dem Monde, auch eine Lufft um denselbigen wahrgenommen hat, erweisen die übereinstimmung des Monds mit unserer Erden zur Gnüge.  
  Venus und Mercurius, wenn sie unter der Sonnen weg gehen, praesentiren sich darinnen als ein schwartzer Flecken, und geben dadurch zu erkennen, daß sie kein Licht vor sich haben; ein gleiches erweiset Mars von sich, wenn er in der Quadratur Phasin gibbam zeuget. Der Schatten, welcher zuweilen von einem Jupiters Trabanten auf den Discum des Jovis geworffen wird, macht diesen gleichfalls zu einen an sich duncklen Cörper; und an dem Saturno läst sich dieses aus der Schwäche seines Lichts schlüssen.  
  Inzwischen nennet man alle diese Cörper Sterne, ungeachtet sie mit keinem angebohrnen Lichte gläntzen, sondern solches anders woher, nemlich von der Sonne, borgen. Mit was für Rechte können wir demnach der Erde den Namen eines Sterns absprechen, da so eine grosse Gleichheit sich unter ihnen befindet, welche durch die Ubereinstimmung der gemeldeten Beschaffenheit des Monds mit der Erde noch mehr bekräfftiget, auch mit gutem Rechte von denen übrigen Planeten kan gesagt werden, zumahl da die Flecken der Veneris, des Martis und Jovis hierzu gnugsam Anlaß geben, Hugenius in Cosmotheoro.
  Von der Sonnen wissen wir, daß sie ein würckliches Feuer sey, wie solches die Effecte derer Brenn-Spiegel u. Gläser darthun; von denen Fix-Sternen sind wir dißfalls auch überzeuget, da wir, wegen ihrer ungemeinen Weite von der Sonne, die sich weit über die Sphaeram Saturni erstrecket, zugeben müssen, daß sie solches von der Sonnen nicht haben können; zumahl da Saturnus, als der weiteste Planet von der Sonne, schon mit so schwachem Lichte gläntzet, hingegen die Fix-Sterne ein überaus lebhafftes Licht haben.  
  Wie dort die Gleichheit der Erden mit denen Planeten, so ist hier die Gleichheit derer Fix-Sterne mit der Sonnen; und haben daher die neuern Astronomi mit Recht die Sonne aus der An-  
  {Sp. 1536}  
  zahl derer Planeten ausgeschlossen, und an deren Stelle die Erde darunter versetzet. Sie hat auch ihren Platz fast mitten unter denen Planeten, indem man Vermöge derer Astronomischen observationen gezwungen ist, ihr die Stelle zwischen der Sphaere des Martis und der Veneris anzuweisen.  
  Einige von denen Haupt-Planeten als Jupiter, Saturnus, haben Neben-Planeten um sich, die sich um sie bewegen. Unsere Erde ist gleichfalls mit einem Neben-Planeten, nemlich dem Monde, versehen, der seine Revolution um dieselbe hat, woraus abermahls erhellet, daß die Erde mit Recht als ein Haupt-Planete anzusehen sey. Es kommt ihr auch zu, als wodurch man vor andern die Planeten eine eigene Bewegung, wie denen andern Planeten von denen Fixis zu unterscheiden pfleget, als welche einerley Weite von einander zu behalten pflegen und nicht bald an diesem bald an jenem Orte des Himmels, wie die Planeten, erscheinen.  
  Alle Haupt-Planeten bewegen sich nemlich um die Sonne, und werden von einer vi centripeta, so man auch die Schwere derer Planeten gegen die Sonne zu nennen pfleget, gegen dieselbe zugetrieben, doch dergestallt, daß die aus dem motu progressivo juxta Tangentem suae orbitae entstehende vis centrifuga derselben Einhalt thue, daß der Planet nicht würcklich dadurch gegen den Cörper der Sonnen gäntzlich zugetrieben, sondern genöthiget werde, eine gewisse krumme Linie, durch ihre Bewegung um die Sonne, zu beschreiben, die nach des Kepleri Erfindung eine Ecliptische Figur hat. Diese Krafft oder Schwere gegen die Sonne exeriret sich in allen Planeten, weil sie sich um die Sonne bewegen, und da diese über dieses nicht einerley Weite von der Sonnen beständig behalten, so ist klar, daß dieselbe Krafft, durch das gantze Systema Planetarium vertheilet seyn müsse.  
  Unserer Erde befindet sich ermeldeter massen, mitten unter denen Planeten u. wird derowegen ebenfalls von der gedachten Schwere gegen die Sonne sollicitiret, von welcher die Planeten urgiret werden. Wäre nun dieselbe in Ruhe, so wäre nichts vorhanden, so dieser Krafft Einhalt täte, und müste sich demnach die Erde würcklich gegen die Sonne bewegen, und endl. auf selbige fallen. Hieraus erhellet, daß es Physice nothwendig sey, daß die Erde um die Sonne sich bewegen müsse, als wodurch aus dem Motu progressivo derselben in ihrer Bahn eine Vis centrifuga entstehet, die der Vi centripetae gegen die Sonne die Waage hält, und verursachet, daß die Erde ebenfalls wie andere Planeten in einer gewissen Bahn sich bewege; von welcher Bewegung der Erde um die Sonne, ein mehreres unter dem Titul: Bewegung der Erde um die Sonne. Tom. III. p. 1617. seqq. ist ausgeführet worden.  
  Wir wollen hier nur die Gleichheit zwischen denen Planeten u. unserer Erde darthun, u. erweisen, daß sie selbst ein Planete sey. Die eigne Bewegung derselben bekräfftiget dieses vor andern, u. die tägl. Bewegung der Erden um ihre Achse stimmet gleichfalls bey. Wir müsten wider die principia der Mechanic lauffende Dinge in der Astronomie zugeben, wenn wir das gantze himmlische Heer innerhalb 24. Stunden um die Erde wolten herum drehen lassen, um diesen kleinen Welt-Cörper eine Ruhe zu vergönnen; sondern es nöthigen uns vielmehr alle phaenomena, der Erden eine Bewegung um ihre Achse zuzuschreiben, vermöge welcher sie von Abend gegen Morgen,  
  {Sp. 1537|S. 800}  
  innerhalb 24. Stunden eine Revolution absolviret, und ihren Einwohnern dadurch die Phaenomena des primi mobilis zeiget. Ein mehreres hiervon siehe unter dem Titel Bewegung der Erden um ihre Axe Tom. III. p. 1613. Die andern Planeten haben gleichfalls dergleichen Bewegung: wie solches der Titel: Bewegung um die Axe Tom. III. p. 1629. seqq. zeiget, und auch in diesem Stück die Gleichheit der Erden mit denen Planeten zu erkennen giebet.  
  Hier müssen wir noch beyfügen, daß einige sich unterfangen haben, die Erde zu einen Neben-Planeten zu machen, dessen Haupt-Planet den Mond wäre, und daß dieselbe um den Mond und zugleich mit ihm um die Sonne sich bewege, wie wir uns dieses von der Bewegung des Monds um die Erde und zugleich mit ihr um die Sonne vorstellen.  
  Io. Baptista Balianus hat diese Meynung geheget, wie aus des Riccioli Almag. nouo ... zuersehen. Wallisius giebt in Oldenburgers Act. Philos. Anglic. de an. 1665-1669. p. 209. einige probale Ursachen an, warum diese Hypothesis nicht stattfinden könne. Vor wenig Jahren hat eben diese Meynung, ein Benedictiner, Jacob Alexander, wieder hervorgesuchet, da er die Ursache der Ebbe und Fluth hat ausfindig machen wollen. Journal des Scavans Mens. Octobr. 1727.
  allein den Irrthum desselbigen hat Christfried Kirch in Observationibus Astronom. Berlin. 1730. gewiesen.  
  Die Sache kan Astronomice nicht wahr seyn, weilen wir sonst alle Monathe eine Retrogadation von 25. Minuten an der Sonne wahrnehmen müsten; so aller Erfahrung zu wieder lauffet.  
  Wir nehmen inzwischen weder die jährliche noch tägliche Bewegung der Erden an sich selbst wahr, sondern müssen solche aus denen Phaenomenis schliessen, wie wir an denen Bewegungen derer Gestirne von der Erden als unsern Observatorio wahrnehmen. Und hieraus ist von denenjenigen welche keinen Unterscheid zwischen einer scheinbahren und wahren Bewegung zu machen wissen, der Schluß gefasset worden: Sonne, Mond und Sterne bewegen sich um die Erde, weil wir solches sehen; Die Erde hingegen ruhet, weil wir keine Bewegung an ihr empfinden. Solcher gestalt müste die Erde viele Secula durch den Mittel-Punct unseres Systematis Planetarii abgeben und die andern Planeten um sich herum lauffen lassen, biß endlich Copernicus von neuen, da schon einige alte Philosophi zuvor darauf gefallen waren, derselben diesen Vorzug vor andern Planeten nicht länger zugestehen wolte, sondern sie gleichfalls zu einen Planeten machte, und solcher gestallt, daß nach ihm so genannte Systema Copernicanum etablirte; welches hernachmahls von Keplero mehr excoliret, und endlich von Newton, zwar nicht geometrice oder absolute, doch Physicé nothwendig gemacht worden ist. In diesem Systemate erhält die Erde, gedachter massen, zwischen dem Marte und der Venere ihre Stelle; und wir pflegen darauff, als auf einen Ort, von dem wir abreisen müsten, wenn wir das Welt-Gebäude durch eine Tour betrachten wolten, die Weiten derer Planeten und Sterne darauff zu beziehen.  
  Wie weit der Mond von unserer Erden entfernet sey, lässet sich ziemlich genau determiniren, weil derselbe eine merckliche Parallaxin hat. de la Hire setzet in seinen Tabb. Astron. ... die gröste Weite des Monds von der Erden 63 ½. und die kleinste 56. halbe Diametros der Erden; und hiermit stimmen  
  {Sp. 1538}  
  die heutigen Astronomi überein. Ein gleiches gewisses Urtheil würden wir von denen Weiten derer übrigen Planeten von der Erden fällen können, wenn die Parallaxes derselben mercklich wären; allein da solche etwas sehr geringes betragen, das auch mit denen accuratesten Instrumenten nicht genau genug zu observiren ist; so ist kein Wunder, daß die Astronomi bey der Determination derer Weiten derer Planeten von der Erden nicht mit einander übereinkommen. Wir wissen zwar die Verhältnisse derer Weiten derer Planeten und der Erde von der Sonne aus ihrer Periodischen Zeit, folglich auch die Verhältnisse von denen Weiten derer Planeten von der Erde; Allein die Sache bleibet doch noch indeterminiret, weil man solcher gestalt die wahren Weiten durch ein bekanntes Maß. z.E. derer Semidiametrorum der Erden, als durch eine bekannte Einheit, noch nicht bestimmen kan.  
  Wisten wird die Weite der Sonnen von der Erden genau, so könten wir Vermöge der bewusten Verhältnissen die wahren Weiten derer Planeten von der Erden gleichfalls genau bestimmen. Allein eben diese ist es, deren wahre Grösse man wegen Mangel der Parallaxis unmöglich auf das genaueste determiniren kan. Unstreitig ist es, daß die Sonne weit mehr von uns entfernet sey als die alten Astronomi angegeben. Den Unterscheid hiervon nach denen Observationibus verschiedener alter und neuen Astronomorum kan man aus beygefügter Tabelle ersehen:  
  Weite der Sonnen von der Erden in halbem Diametris der Erden  
 
Astronomi gröste mittlere kleineste
Hipparchus 1586 1472 1357
Ptolemaeus 1210 1168 1126
Albategnius 1146 1107 1068
Copernicus 1179 1142 1105
Tycho 1182 1150 1120
Keplerus 3430 3381 3327
Wendelinus 14905 14656 14407
Ricciolus 7427 7300 7173
Cassini 22347 22000 21626
de la Hire 34996 34377 33759
 
  Die neuesten observationes des Cassini und de la Hire treffen der Sache am nächsten, in dem Theils die Instrumente, womit sie observiret haben, weit accurater, Theils auch die Methoden, die sie angewendet, weit gewisser als dero alten ihre gewesen sind; womit auch die observationes derer andern neuern Astronomorum übereinstimmen. Nimmt man nun die Weite der Sonnen von der Erden an, wie sie Cassini angegeben, so werden die Weiten derer Planeten von der Erden in Semidiametris der Erden folgender massen heraus kommen:  
 
    gröste mittlere kleineste
des Saturni 244000 210000 176000
  Jovis 143000 115000 87000
  Martis 59000 33500 8000
  Veneris 38000 22000 6000
  Mercurii 33000 22000 11000
  Lunae 61 57 53
 
  Nach dem de la Hire würden diese Entfernungen noch grösser heraus kommen, woraus man abnehmen kan, was vor eine erstaunende Grösse nur unser Systema Planetarium hat, und wie klein unsre Erde in Ansehung dieser Weiten sey; dahero mit Recht die heutigen Astronomi sagen unsere Erde sey schon in An-  
  {Sp. 1539|S. 801}  
  sehung der Weite der Sonnen von derselben nur wie ein Punct (nemlich Physicalisch und relativé) zu achten; indem sich nach dem Cassini der Diameter der Erden gegen die mittlere Weite der Sonnen, wie 2. zu 22000. oder wie 1 : 11000. verhalten wird, welches allerdings eine unmerckliche Verhältniß. Allein eine noch weit geringere Grösse werden wir uns von der Erden einbilden müssen, wenn wir dieselbe mit der Entfernung derer Fix-Sterne von der Erde vergleichen.  
  Flamsteed setzet die Weite des Polar-Sterns von der Erde 126023944. halbe Diameter der Erde, oder derselbe ist 6173. mahl weiter von der Erde als die Sonne von ihr entfernet. Whiston Praelect. Astronom. p. 39. et 81.
  Hugenius urtheilet, die Sirius stehe 27664 mahl weiter von der Erden als die Sonne von ihr ab, Histoire de l'Academie Royale des sciences an. 1717. p. 83.
  und Cassini behauptet, daß die Weite des Sirii von der Erden um 43780 mahl grösser sey, als die Weite der Sonnen von der Erden.  
  Ist nun in Ansehung dieser der Diameter der Erden als ein Punct zu achten; wie vielmehr wird man solches bejahen müssen, wenn man sie mit der Weite der Sterne von ihr vergleichet. Wir, die wir auf der Erden wohnen, bilden uns dieselbe überaus groß ein; Wir müssen aber hier erstaunen, wenn wir sehen, daß dieselbe so was geringes ausmache. Es wird Örter in dem Welt-Gebäude geben, da die vielleicht daselbst befindlichen Creaturen Theils unsere Erde nur als ein kleines Sterngen, Theils gar nicht erblicken werden; und es wird ihnen, so wenig von unserer Erden bewust seyn, wie wenig uns etwas von denjenigen Sternen bekannt ist, die wir nicht einmahl durch die Fern-Gläser erkennen können, von denen doch zu verläßig zu schlüssen, daß deren welche vorhanden.  
  Ein Einwohner im Monde wird den Diameter unserer Erden ungefehr unter einem Winckel von 2. Graden sehen, und folglich derselbe bey nahe viermahl grösser erscheinen als uns der Diameter des Mondens auf der Erden vorkommt. Unsere von der Sonnen erleuchtete Erde wird bey nahe 16. mahl mehr Licht in den Mond werffen und denselben dadurch erleuchten, als wir von den Monde zu genüssen haben; ja wir sehen dieses reflectirte Licht der Erden augenscheinlich in dem Mond, wenn derselbe kurtz nach dem Neu-Monde uns wieder sichtbar wird, da wir ihn gantz sehen können, ungeachtet nur ein geringer von der Sonnen erleuchteter Theil an ihm uns zugekehret ist. Ein solcher Einwohner im Monde wird ferner unsere Erde als einen runden Cörper an Himmel sehen, der bald wenig, bald halb, bald gantz erleuchtet erscheinet, eben wie wir die Phases des Monds wahr nehmen; er wird auch auf dem Disco der Erden Berge, Thäler, Meere Insuln Vorgebürge etc. als Flecken erblicken, nicht anders, als wie uns diese Dinge in dem Disco des Mondens erscheinen.  
  Eine solche Gestalt wird die Erde haben, wenn sie in einer solchen Weite, in welcher der Mond von uns abstehet betrachtet würde. Es wird aber noch weniger einem Observatori etwas davon bekannt werden, der viel weiter davon entfernet ist. So iemand aus der Sonne die Erde betrachten sollte, so würde derselbe ihren Diametrum unter einem Winckel von 12. Secunden wahrnehmen, und folglich ihme die Erde so groß als uns der Mercurius erscheinen. Ein Einwohner in dem Saturno wird wenig oder gar nichts davon zu sehen be-  
  {Sp. 1540}  
  kommen; und noch weniger derjenige so weiter, als der Saturnus von ihr entfernet wäre.  
  Ob nun zwar in dieser Betrachtung die Erde was sehr geringes, so kommt sie doch wieder in einige Hochachtung und wird mercklicher wenn man selbige mit den Cörpern derer übrigen Planeten unseres Systematis Planetarii vergleichet. Nach des Hugenii Rechnung verhält sich der Diameter der Erden zu dem Diametrum  
 
  • des Saturni wie 1 zu 15;
  • des Jovis wie 1. zu 20;
  • des Martis, wie 3. zu 2;
  • der Sonne wie 1. zu 111;
  • der Veneris wie 3. zu 4;
  • des Mercurii wie 23. zu 5;
 
  hingegen der Cörperliche Innhalt der Erden verhält sich gegen dem Cörperlichen  
 
  • des Saturni, wie 1. zu 3375;
  • des Jovis, wie 1. zu 8000;
  • des Martis wie 27. zu 8;
  • der Sonne, wie 1. zu 1397631;
  • der Veneris, wie 27. zu 64;
  • des Mercurii, wie 2197. zu 125.
 
  und ist folglich dem Cörperlichen Innhalt nach  
 
  • Saturnus 3375,
  • Jupiter 8000,
  • die Sonne 1367631,
  • die Venus 2 1027  oder bey nahe 2 ,
 
  mahl grösser als die Erde; hingegen  
 
  • der Mars 3 ,
  • der Mercurius 17 710
 
  mahl kleiner als dieselbe.  
  Wenn wir aber unsere Erde wiederum mit der Grösse derer Fix-Sterne vergleichen, wird sie wieder unmercklich und fast zu nichts. Cassini schätzet den Diametrum Sirii 100. mahl grösser, als den Diametrum der Sonne, und ist folglich derselbe den cörperlichen Innhalt nach, 1000000. mahl grösser als die Sonne; so wir derowegen die Sonne nur 1000000. mahl grösser als unsere Erde annehmen (wie sie denn nach angeführter Rechnung des Hugenii noch grösser ist); so wird der Sirius dem cörperlichen Innhalte nach 1000000000000. mahl grösser als unsere Erde seyn. Memoires de l'Acad. Royale des Sciences an. 1717. p. 345.
  Es siehet aber dieser ungeheure Cörper des Sirii, uns, wenn wir ihn durch die besten Fern-Gläser betrachten, nur wie ein Punct aus; dahero kan man leicht schlüssen, daß wenn ein Einwohner in dem Sirio wäre, derselbe von unserer Erden gar nichts würde zu sehen bekommen.  
     

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Stand: 4. Januar 2023 © Hans-Walter Pries