|
Text |
Quellenangaben |
|
Noth-Zucht,
Stuprum violentum, ist diejenige
That, da eine
Weibs-Person, sie sey eine
Jungfrau
oder eine
Ehefrau, oder eine
Wittwe, und überhaupt
eine jedwede Weibs-Person sie sey, wes
Standes,
oder
Alters sie
wolle, mit
Gewalt wider ihren
Willen
geschändet wird. |
|
|
Der Weibs-Person kan dieses nicht
zugerechnet werden, weil sie nicht darein gewilliget,
und also leidet sie an ih- |
|
|
{Sp. 1456} |
|
|
ren
Rechten keinen Abgang; ob sie aber wider
den, der sie anfället, mit dessen Entleibung ihre
Ehre retten könne? solches ist in dem
Artickel von
der Nothwehr
untersuchet worden. |
|
|
Der Thäter aber ist, wenn er auch entkommet,
und man seiner habhaft werden kan, nach
Maßgebung derer Rechte mit dem Schwerde vom
Leben zum
Tode zu
straffen. |
|
|
Diese
Straffe wird ebenfalls auf die
Unterhändler, Gelegenheitsmacher und andere
Rathgeber erstrecket. |
- l. raptores. 54.
C.
de
Episc.
- Damhouder in Prax. Crim. …
- Berlich in
Concl. …
|
|
Und da jemand auch eine Jungfrau schändete,
und dieselbe wäre unter 12
Jahren, jedoch ohne
sonderliche gebrauchte Gewalt; so wird er mit
Staupenschlägen des
Landes ewig verwiesen,
sonst aber, und nach zugefügter Gewalt so wohl,
als wenn es ein noch zwar zartes
Kind ist, an dem
er
Schaden übete, ebenfalls mit dem Schwerdte
vom Leben zum Tode bestraffet. |
- Carpzov
l.c. …
- Berlich l.c. …
- Haunold …
|
|
Wobey aber sonderlich nach Carpzovs
l.c. …
Meynung
nöthig ist, daß vor
Erkennung der ordentlichen Straffe, die Hebammen
oder Wehemütter erst das genothzüchtigte
Mägdlein besichtigen u. wenigstens ihre
eydliche
Aussage von sich geben
müssen, daß wegen
geschwollener oder aufgelauffener heimlicher Stäte
glaubwürdig sey, daß die
Unzucht vollbracht
worden. |
|
|
Jedoch befreyen auch die Criminalisten
denjenigen von der ordentlichen Lebens- und
Leibes-Straffe, der seine unmanbare, ihm aber
bereits versprochene
Braut gewaltthätiger Weise
erkennet. |
- Menoch …
- Berlich
Concl. …
|
|
Desgleichen da ein unvogtbarer Knabe ein
unmannbares Mägdlein genothzüchtiget hätte. In
welchem Falle ebenfalls die Schwerdt-Straffe nur in
eine ausserordentliche, als
z.E. einen guten Product
in der Küchen auszustehen, zu
verändern ist. |
Berlich l.c.
|
|
Einen besondern Fall der Gewaltthat erwehnen
sonst noch die Criminalisten, da nemlich einer
ehrlichen Jungfrau oder andern Weibs-Person mit
starckem Geträncke dermassen zugesetzet worden,
daß selbige davon
gantz eingeschläffert und der
Macht sich zu widersetzen beraubet wird. Denn
obgleich eine dergleichen That dem strengen
Rechte nach allerdings für eine rechte Nothzucht zu
halten wäre; dafern aber die Trunckenheit derselben
nur nicht alle
Krafft und Gewalt sich zu widersetzen,
gäntzlich benommen, sondern nur zu Unzucht
Anlaß und Beförderung gegeben hätte, so ist
solches gestalten
Sachen nach dennoch nicht für
einen
vollkommenen Nothzwang anzusehen. |
Haunold l.c.
… |
|
Also auch der eine
ledige
Manns-Person ein
sinnloses oder wahnwitziges Weib beschlaffen
würde; so muß der Verbrecher nicht allein der
Beschlaffenen, nach
billiger Ermässigung einen
Unterhalt machen, sondern er wird auch hierüber
noch mit Staupenschlägen des Landes
verwiesen. |
Const. El. Sax. … |
|
Nachdem aber auch bißweilen die zu Falle
gerathenen Dirnen, wenn ihre
Schande kund und
offenbahr wird, sich darauf be- |
|
|
{Sp. 1457|S. 748} |
|
|
ziehen, ob wären sie an einsamen
Orten durch
unbekannte und solche Personen, deren man zur
Erforschung der
Wahrheit nicht mächtig seyn kan,
genothzüchtiget worden, auch wohl bereit seyn,
einen Eyd darauf abzulegen, wobey doch sehr zu
befahren, daß dißfalls gar leicht ein Meineyd
begangen werden
möchte; so ist an etlichen Orten
von der hohen Obrigkeit heilsamlich
verordnet, daß
eine jede Weibs-Person, so durch Nothzucht,
zumahl aber von Unbekannten, zu Falle gebracht
seyn will, und den Schänder nicht alsbald
dergestalt, daß andere Leute, so dißfalls für sie
zeugen möchten, darzu kämen, beschreyen
können, ungesäumt darauf, und ehe ihr
Zustand
oder die vielleicht geschehene Schwängerung
offenbahr wird, den ihr begegneten Unfall entweder
zum wenigsten zweyen Bluts-Freunden, oder
Herren und Frauen, oder sonst zween ehrlichen
Leuten, zwar nur im Vertrauen, jedoch
beweißlich
angezeiget, und von ihnen, dieser geschehenen
Anzeige halber, einen vermittelst Meldung
vorgegangener
Umstände, so hernachmahls, auch
wohl mit Vorforderung derer zeugenden Personen,
gerichtlich zu erforschen wären, glaubwürdigen
Schein, sich dessen ins künfftige, bey Entdeckung
der Sache, zu bedienen, nehmen, oder in dessen
Verbleibung, daß man weder ihr Nein sagen, noch
anerbotenes Schwören achten, sondern sie
vielmehr nach Beschaffenheit ernstlich bestraffen
werde, gewärtig seyn solle. |
|
|
Wenn nun aber die geschwängerte Person sich
der erstgedachten Denunciation gebrauchet, und
doch aus denen angegebenen Umständen die
vorgeschützte Gewalt nicht allerdings
gewiß
erscheinet; so ist dieselbe gleichwohl, allem Betruge
vorzukommen, mit einem Eyde, auf vorhergehende
ernste Verwarnung für der schweren Straffe des
Meineydes, ihrer
Unschuld halber sich zu reinigen,
anzuhalten. |
|
|
Dafern aber solche gebührende Denunciation
unterlassen, und der vorgewendete Nothzwang
verschwiegen worden; so ist, beschaffenen
Umständen nach, mit der Dirnen zu verfahren, und
dieselbe, da sie nichts sonderliches vor sich
anzuführen hat, wie eine andere Geschwächte zu
bestraffen. |
|
|
Ob aber eine solche genothzüchtigte Person
annoch im Krantze gehen möge, wollen einige
bejahen, weil sie an ihrem Gebrechen nicht
Schuld
sey. Welches aber gleichwohl von andern billiger
verneinet wird, weil der Krantz ein Kennzeichen der
noch unverletzten
cörperlichen
Jungfrauschafft seyn
soll. |
- c. 11. C. 32. qu. 5.
- Carpzov l.c. …
- Meyer de Serto,
Virginali, vom Jungfer-Krantze, Erffurt
1693.
|
|
Die
Weibsbilder hingegen, die sich unterstehen,
die Mannsbilder und Jünglinge zur Unzucht mit
Gewalt anzuhalten, werden bloß willkührlich und
nach richterlichem Ermessen abgestrafft, massen
auf die
Weiber deßfalls keine ausdrückliche Straffe
gesetzt ist, auch selbige in denen Pönal-Gesetzen
unter dem männlichen
Geschlechte nicht begriffen
werden. |
- Boer in Decis. …
- Menoch de arbitr. …
|
|
Im übrigen aber ist die sonst darauf gesetzte
Straffe des Schwerdes nach Beschaffenheit derer
dabey vorkommenden beschwerenden und
mildernden Umstände, so wohl zu erhöhen, als zu
mindern. |
|
|
Wenn bey denen
Jüden ein |
|
|
{Sp. 1458} |
|
|
Mann eine verlobte Jungfrau auf dem Felde
nothzüchtigte, so muste derselbe nach dem
Befehl
des HErrn im 5. B. Mose XXII, 25. 26. 27. des
Todes sterben, und zwar durch die Steinigung, wie
daselbst aus dem vorhergehenden 24 Vers zu
schlüssen; die Dirne aber wurde gestrafft, weil, wie
allda gesagt wird, sie keine
Sünde des Todes werth
gethan. Denn der Mann habe sie mit Gewalt
ergriffen, und sie habe sich seiner allein nicht
erwehren, und auf dem Felde habe ihr auch
niemand zu Hülffe kommen können: Da sie nun also
keinen Gefallen an der That gehabt, sondern darzu
gezwungen, und wider ihren Willen genothzüchtiget
worden, so hat sie keine Sünde des Todes werth
gethan. |
|
|
Welches daselbst mit einem Gleichniß erläutert
wird: Denn gleichwie, wenn jemand auf dem Felde
mit Gewalt todt geschlagen würde, der Erschlagene
nicht Schuld daran wäre; also sey diß auch, indem
sie der Mann auf dem Felde gefunden, sie ergriffen,
und mit Gewalt bey ihr geschlaffen, ohngeacht sie
nun geschrien, sey doch niemand gewesen, der ihr
geholffen. |
|
|
Abulensis bemercket hierbey dieses: Man
praesumirte, daß die Dirne geschryn, ob man gleich
nicht
wuste, obs geschehen sey oder nicht? Denn
was gleich
gut oder
böse seyn könne, das müsse
man doch allemahl zum besten auslegen. Und also
glaubte mans aus Liebe, daß sie genothzüchtiget
worden, und daß ihr niemand auf dem Felde zu
Hülffe kommen können; der Mann hingegen, so es
gethan, war nicht zu entschuldigen, und muste
daher billig sterben. |
Bes. Burmanns Auslegung
und Betrachtung des 5 B. Mose ad h. l. … |
|
Wer aber eine ledige und unverlobte Jungfrau
genothzüchtiget, wurde auf zweyerley Art gestraffet:
Einmahl am
Gelde, denn er muste ihrem
Vater
funffzig Seckels Silber geben; so dann an der
Freyheit, denn er muste sie zum Weibe nehmen,
und durffte sie sein Lebenlang nicht lassen, |
v. 28. 29. |
|
wenn anders der Vater seinen Willen zur
Heyrath geben, und ihm seine
Tochter zum Weibe
überlassen wolte. |
|
|
Wegerte er sich aber, aus gewissen
Ursachen,
sie ihm zu geben, so muste ein solcher
Jungfrauschänder, ausser den funffzig Seckeln, der
geschändeten Jungfrau noch eine Morgengabe,
nach ihrem Stande, geben. |
Bes. 2 B. Mose XXII, 16.
17. |
|
Dieses aber ist von einer ledigen Manns-Person zu
verstehen: Denn wäre er ein
Ehemann, und hätte schon ein Weib, so könnte er
ja nicht die Geschwächete zum Weibe nehmen,
sonst müste er zwey Weiber haben, und würde von
dem
Gesetze selbst zur Vielweiberey genöthiget
und gezwungen. |
|
|
Ubrigens finden sich in der
heiligen Schrifft
Exempel, daß die Nothzüchtigung scharff gerächet
worden. Als Dina, Jakobs Tochter, geschändet
war, wurden deswegen von Simeon und Levi die
Sichemiter erwürget, und ihre
Stadt
ausgeplündert, |
1 B. Mose XXXIV. |
|
Wegen des geschändeten Kebsweibes des Leviten muste der gantze
Stamm Benjamin leiden,
daß 25000 Mann hinfielen, |
B. der Richt. XIX, und XX.
etc. |
|
|
|