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II. Im
politischen Verstande.¶ |
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Die Wahl betrachtet, so ist selbige die Aussonderung einer
gewissen
Person, durch freye
Stimmen dererjenigen, so dazu befugt sind, zu
einem geistlichen oder
weltlichen Amte oder
Würde. Was¶ |
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1) die Wahl der
geistlichen Personen,
oder der
Kirchen-Diener anbetrifft, so ist dieselbe nicht in
allen
Jahrhunderten einerley geblieben.¶ |
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Die Apostel wurden, bis auf den Matthias,
ausserordentlicher Weise von Christo selbst
beruffen: ordentlicher Weise aber geschahe es
durch die Wahl und Stimmen der gantzen
Gemeine. Denn ob es wohl von der Wahl des
Apostels Matthias in dem Deutschen heisset, daß
sie durch das Looß geschehen sey, |
Apost. Gesch. II, 26; |
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so kan doch das
Griechische
Wort gar
beqvemlich auf die Stimmen gedeutet werden:
Wäre es aber ja würcklich durch das Loos
geschehen, so hätte man es auch als etwas
ausserordentliches anzusehen.¶ |
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Als die Diaconi erwehlet wurden, gieng es
folgendergestalt zu: Die Apostel berieffen die
gantze
Gemeine zusammen, und hielten eine
Rede an dieselbe, worauf die Wahl geschahe.
Folgends stellte man die erwehlten
Personen den
Aposteln dar, betete und legete die Hände auf sie,
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Apost. Gesch. XI. |
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Solchergestalt waren sie ordiniret, und zu dem
Amte ausgesondert, darzu man sie beruffen hatte,,
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Apost. Gesch. XIII,
3. |
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Eben dieses ist aus Apost. Gesch. XIV, 23.
erweislich, da das
Wort
verordnen nach dem
Griechischen soviel heisset, als die Hand
ausstrecken, oder erwehlen. Denn die Griechen
hatten (wie wir hernach zeigen werden) bey der
Wahl
obrigkeitlicher Personen den Gebrauch, daß
sie ihren Beyfall durch das Hand-Ausstrecken
bezeigten. Bey solcher Erwehlung sahe man nicht
auf einen besondern
Stand, oder grosse
Welt-Weisheit und
Gelehrsamkeit. Man wehlete
gar offt gemeine, unstudierte
Handwercks- oder
Kaufleute, welche noch bey dem Lehr-Amte ihre
Handthierung fortsetzten, |
wie Paulus, Apost. |
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{Sp. 704} |
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Gesch. XVIII, 3. XX,
34. 2. Corinth. IV, 12. 1. Thessal. II,
9. |
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Wer eine lebendige
Erkänntniß des göttlichen
Wortes, Reinigkeit des Glaubens, Unschuld in
seinem
Leben, und göttliche Heiligkeit bezeigte,
war für tüchtig zu dem
Amte gehalten; worbey man
dann zufürderst mit dem
Heiligen
Geiste, durch
ernstliches Gebet, zu Rathe gieng, und es auch an
genauester Prüfung der
Personen nicht ermangeln
ließ. |
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Im übrigen war diesen Kirchen-Dienern
keinesweges verboten, in dem
Ehestande zu
leben; obgleich einige freywillig
unverheyrathet
blieben. Um die Zeit des dritten Jahrhunderts gieng
es bey Bestellung der Kirchen-Diener noch gantz
einfältig, nach Art der vorhergehenden
Jahrhunderte zu, und ward weder an Salbungen,
noch andere Ceremonien, dabey gedacht;
ohngeachtet uns die Päbstlichen
Decretal-Schreiben, und andere Papistische
Scribenten, dergleichen gerne bereden
möchten.¶ |
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Bey Erwehlung eines
Bischoffs, oder Ältesten,
pflegten viel Bischöffe und Ältesten aus der
Nachbarschafft zusammen zu kommen; wie man
denn zu dem Ende Briefe ausschickte, welche die
vorhabende Wahl bekannt machten, und die
Fremden invitireten. Gesetzt, daß einige von denen
Auswärtigen nicht erscheinen konnten, so zeigten
sie ihre
Meynung und
Urtheil von der
Person durch
Schreiben an. |
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Bey der Wahl selbst war die gantze
Gemeine
zugegen, welche ihre Zustimmung durch die
Worte: Er ist
würdig, (Dignus est) zu
erkennen gab.
Es ward also die Stimme des
Volckes nicht davon
ausgeschlossen. Der heilige Ambrosius ward
anfänglich nur von einem Knaben, hernach von
dem gantzen Volcke, zu seinem Hirten und
Bischoff beruffen. Cornelius a Lapide ist selbst
über den Spruch Pauli 1. Timoth. I, 18. nicht in
Abrede, daß bey der Wahl die Stimme des
Volckes,
GOttes Stimme sey. Zuweilen ließ sich
eine ausserordentliche Fürsehung GOttes, bey
Bestellung der Bischöffe, wahrnehmen,
dergleichen bey Alexandern zu Jerusalem und
Fabianen zu Rom geschahe. |
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Nach der Wahl ward denen Abwesenden ein
Bericht davon erstattet, damit Niemand
Gelegenheit zu lästern und verläumden nehmen
möchte. Mannigmahl gieng es mit Erwehlung der
Bischöffe nicht gar zu richtig zu, wie an dem Paul
Samosatenus zu ersehen ist. Origines schreibt
daher, daß solche Leute mit denen
Tauben-Krämern in dem Tempel zu vergleichen
wären, welche die Kirchen den geitzigen,
tyrannischen, ungelehrten, und unbekehrten
Bischöffen, Ältesten und Diaconis anvertraueten.
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Ordentlicher Weise sahe man doch auf
Tugend und
Gelehrsamkeit, auch gar sehr auf das
gute Bekänntniß, so einer etwan in seiner Marter
abgeleget hatte, davon ein merckwürdiges
Exempel von einem Numidicus zu Carthago
erzehlet wird. Dieser hatte nicht nur mit Freuden
zugesehen, wie ihm seine
Frau, wegen des
Bekänntnis- |
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{Sp. 705|S. 366} |
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ses, an der Seite verbrannt worden war;
Sondern er ward auch selbst halb gebraten,
gesteiniget und für
Tod liegen gelassen. Indem
aber seine
Tochter den Leichnam unter den
Steinen hervorsuchte, kam der Märtyrer wieder zu
sich selbst, und diese seine Marter gab
Gelegenheit, daß ihn Cyprianus zu dem Ältesten
bestellete. |
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Daß vornehmer
Stand wenig in Betrachtung
gezogen worden sey, erhellet aus der Wahl eines
Bischoffs zu Comana. Gregorius Thavmaturgus ward von der
Stadt ersuchet, ihr einen tüchtigen
Bischoff zu setzen. Die Comanenser schlugen ihm
verschiedene vornehme Leute vor, unter welchen
er einen zu dem Bischoffs-Amte heraus suchen
mögte; Worbey aber Gregorius zu erinnern anhub,
man mögte die geringen Leute, welche zuweilen an
Vortrefflichkeit der Tugend groß wären, auch mit in
Betrachtung ziehen. Hierüber mocquirten sich
einige, und gaben zu
verstehen: So würde man
wohl den Kohlenbrenner, Alexandern, darzu
nehmen müssen. Gregorius nahm den Vorschlag
vor bekannt an, und ließ den Kohlenbrenner holen,
welcher in seiner schmutzigen
Gestalt erschien.
Indem Gregorius die Qualitäten dieses
Mannes
untersuchte,
erkannte er seine gute
Gelehrsamkeit
und Tugend, wie ihn denn bloß die
Armuth zu
dieser unsaubern Profeßion getrieben hatte. Daher
zog ihm Gregorius seinen Rock an, und ordinirte
ihn solenn zu dem Bischöfflichen Amte; Nachdem
auch dieser neue Hirte eine vortreffliche
Rede an
die
Gemeine gethan hatte, war sie mit solcher
Wahl vollkommen zufrieden. |
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In den nachfolgenden
Zeiten unter dem
Pabstthume gieng man von der alten Art der
Kirche, ihre
Bischöffe und Prediger zu bestellen,
mehr und mehr ab. Zu
Kayser Friedrichs des
II
Zeiten soll es zuerst in
Deutschland aufgekommen
seyn, das
Volck und die Meß-Priester von der Wahl
der Bischöffe auszuschliessen. Die Wahl der
Bischöffe durch das Scrutinium, oder
Compromissum, ward auf dem IV Concilio in dem
Lateran verordnet. Nach der ersten Art wurden die
Stimmen, durch drey glaubwürdige
Personen aus
dem
Collegio der Wehlenden, in Geheim
gesammlet, aufgeschrieben, und ohne Zeit-Verlust
publiciret, damit, bey Gegeneinanderhaltung der
Stimmen, derjenige erwehlet werden mögte, dem
die meisten beygefallen wären. Nach der andern
Art ward die Wahl von dem Collegio nur etlichen
wenigen Personen anvertrauet, damit sie desto
eher über einem Subjecte eins werden
könnten. |
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Oft appellirte man wegen der Wahl an den
Pabst, der denn einen setzte, welche man nicht
kannte, oder sich nicht eingebildet hatte: Wie er
sich denn alle Confirmationen der
Bischöffe, auch
in Deutschland, mit Ausschliessung der
Kayser, die
sonst bisher immer noch das ihrige dabey zu
sprechen gehabt hatten, anmassete, und
Heinrichen, einen
Graf von
Veringen, der als
Bischoff zu Straßburg erwehlet worden war, weil er
die Philippische Parthey hielt, bis in das vierdte
Jahr nicht confirmiren wolte, siehe auch den
Artickel:
Wahl der Bischöffe.¶ |
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Was die Wahl der Römischen Bischöffe, oder
Päbste, selber anlanget, so stund selbige un- |
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{Sp. 706} |
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ter der heydnischen
Kayser
Regierung, bey
dem
Volcke und der Geistlichkeit. Unter den
nachfolgenden Christlichen Kaysern aber, konnte
sie ohne derselben Vorwissen und Einwilligung
nicht geschehen. Als Felix dieses
Nahmens der
III,
den Römischen Stuhl besaß, gab sogar Odoacer,
der Heruler
König, um das Ende des 5
Jahrhunderts, ein
Gesetz, das ohne sein
Vorwissen von dem Volcke und der Geistlichkeit
kein
Bischoff zu Rom gewehlet werden solte. Mit
der
Zeit ward aber die
Macht, den Römischen
Bischoff zu wehlen, an die Vornehmsten der
Stadt
Rom gebracht. Hernach hat die Kirche zu
Ravenna, welche den Römischen Pabst nicht vor
ihren Ober-Herrn
erkennen wolte, so viel bey dem
Kayser Constantin dem IV ausgewürcket, daß
selbiger Ertz-Bischoff sich hatte nach Rom
begeben, und von dem Pabste die Ordination
empfangen müssen. |
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Bald darauf entzogen sie dem
Kayser die
Election. Johann der V war der erste, der sich,
ohne Kayserl. Confirmation, zu dem Pabste
consecriren ließ. Die andern entzogen sich gar
dem Kayser, bis solche Wahl den Cardinälen
zugeeignet ward, welche sie noch heutiges Tages
haben. Zu Erwählung eines Pabstes gehören zwey
Drittel der Stimmen der anwesenden Cardinäle;
Welches der
Artickel:
Conclave, im VI
Bande,
p.
903 u.ff. mit mehrerem zeiget, siehe auch den
Artickel: Pabst, im XXVII Bande, p. 10. u.ff.¶ |
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Die Wahl eines Groß-Meisters des geistlichen
Ordens der Johanniter- oder Maltheser-Ritter, ist,
ihrer besondern Einrichtung wegen, hier nicht mit
Stillschweigen zu übergehen. So bald der
Groß-Meister todt ist, werden noch an demselbigen
Tage, 3
Ritter von unterschiedenen Nationen
ernennet, um einzucaßiren, was ein, oder der
andere
Geistliche,
die ihre Stimme mit bey der Wahl zu geben
prätendiren, der Cammer schuldig sind.
Darnach macht man eine Liste von allen denen, welche bey der Wahl zugelassen
werden, und stimmen können, und schläget solche öffentlich an die Thüre der
Kirchen von St. Jean an; Wie nicht weniger die
Nahmen derjenigen, so da
gegenwärtig, weil sie der Cammer schuldig sind,
von der Wahl ausgeschlossen werden
müssen. |
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Um bey der Wahl des Groß-Meisters nun
Stimme zu haben, wird erfordert, daß einer vor
Chevalier de Justice angenommen, wenigstens 18
Jahr alt, und 3 Jahr in dem
Kloster gewesen sey,
drey Caravanen gethan habe, und endlich dem
Schatze nicht mehr, als auf das höchste 10 Rthlr,
schuldig sey. Ob nun wohl gleich die Freres
Chapelains, wann sie Priester dabey sind,
zugelassen werden, ihre Stimmen zu geben,
jedweder in der Zungen, in der er recipiret worden
ist, so haben sie doch indessen darum nachhero
keinen Theil an dem
Regimente mehr. |
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Diejenigen Maltheser, welche durch
besondere päpstliche Dispensation in dieser, oder
jener Zunge, aufgenommen sind, werden nicht
zugelassen, ihre Stimmen bey der Wahl zu geben,
viel weniger darzu zu concurriren: Vermuthlich hat
man sie auf sothane Weise darum gäntzlich
ausgeschlossen, um allen Versuchungen
vorzukommen, so etwan ein Groß-Meister von
dieser Nation vornehmen mögte, um die
Souverainität der Insul Malta bey selbiger |
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{Sp. 707|S. 367} |
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beständig zu behalten. |
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Der dritte Tag, nach Absterben des
Groß-Meisters, ist immer zu der Wahl eines
Nachfolgers fest gesetzet; Und pfleget man eine so
hochwichtige Wahl nie länger auszustellen, so
wohl, allerley Factionen und Partheyen zu
verhüten, als auch gewissen Prätensionen des
Römischen Hofes vorzukommen, welcher die
Maxime heget, daß, solange die Vacantz währet,
der Pabst das
Recht (oder Vorrecht) zu Ernennung
der Groß-Meister habe. |
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Es kommt demnach an den dritten Tage,
nachdem man eine
solenne Messe in der Kirche zu
St. Jean gehalten hat, die gantze Menge allda
zusammen. Jedwede Zunge von denen sieben, so
das
Corpus der Religion ausmachen, begiebt sich
darauf in seine Capelle, ausgenommen die, aus
welcher der Lieutenant des Groß-Meisterthums
genommen ist, welche ihren Platz in dem
Vor-Tempel nimmt. Von diesen sieben Zungen
nun, muß jedweder aus denen
Rittern drey
erwehlen, denen sie das
Recht zu der Wahl eines
Groß-Meisters übergeben: Und dieses macht also
gleich die Zahl von ein und zwantzig Wahl-Herren
aus. |
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Wann nun solchergestalt die
Geistlichen in
ihrer Capelle eingeschlossen sind, so
schreiben
sie, einer nach dem andern, nach dem
Range ihrer
Anciennete, den
Nahmen desjenigen
Ritters aus
ihrer Zunge, den sie zu dem ersten von denen drey
Wahl-Herren, so sie stellen müssen, ernennen
wollen; Und, um ihre Wahl gewiß anzuzeigen,
müssen sie ihren
Stamm-Nahmen, jeder unten an
seinem Zettel, aufschreiben, und solche hernach
mit dem Siegel der Zunge versiegeln. |
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Wan nun solchergestalt alle diejenigen von
einer Zunge, welche Stimme haben, ihre Vota
gegeben, so nehmen die Procuratores der Zunge
die Billets zusammen, zehlen solche in
Gegenwart
der gantzen Zunge, und sehen nach, ob die Zahl
davon mit denen übereinkommt, so Stimme haben.
Denn wenn es nicht zutreffen würde, so würde man
sie den Augenblick verbrennen, und von neuem
wieder zu votiren anfangen, bis das endlich die
Anzahl der Zettel mit der Zahl der
Geistlichen,
welche
Recht zu stimmen haben, überein
käme. |
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Wenn nun aber alles ordentlich befunden wird,
so öffnen die Procuratores von der Zunge, mit
denen Ältesten, die Billetts an der Seite, wo der
Nahme desjenigen
Ritters
geschrieben ist, welcher
zu dem ersten Wahl-Herrn ernannt wird. Darauf
zehlet man die Stimmen vor die übrigen Ritter, so
mit bey dieser Wahl vorkommen, und wenn keiner
von ihnen das vierdte Theil der Stimmen seiner
Zunge hat, so muß man wieder von neuem zu
votiren anfangen, bis daß endlich ein Ritter
komme, der da eine über das vierdte Theil der
Stimmen habe, welcher denn, so bald er den in den
Gesetzen enthaltenen Eyd in die Hände des
Lieutenants des Groß-Meisterthums geschwohren
hat, in das Conclave tritt. Darauf fangen sie
sämmtlich wieder zu stimmen an, um die zwey
andern Wahl-Herren zu ernennen, welche
gleichfals, wie der erste, durch die mehrern
Stimmen erwehlt werden: Wiewohl es
gemeiniglich zu geschehen pfleget, daß die 3
Wahl-Herren gleich bey erster Ballatation ernannt
werden. |
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Was wir oben von dem Quart Franc, oder
vierdten Theil der Stimmen aus ei- |
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{Sp. 708} |
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ner Zunge, erwehnet haben, ist von einer
gewissen Anzahl zu
verstehen, die nicht viermahl
in der Zahl derer, aus welchem diese Zunge
bestehet, herauskommen kan. So ist z.E. le Quart
Franc von neune, drey; Von dreyzehn, viere; Von
siebenzehn, fünffe, etc. wenn es nun kommt, daß
die Stimmen mit dem Quart Franc gleich sind, so
gehet der Älteste vor, und die drey Erwehlten,
welche nachhero Wahl-Herren seyn sollen, treten
darauf in das Conclave. |
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Hernach erwehlet sich eine jedwede Zunge,
nach deren mehrern Stimmen, einen andern
Ritter,
um in dem Conclave die Englische zu
repräsentiren; Und von diesen 7 Rittern lässet man
gleichfals, nach den mehrern Stimmen, drey
eintreten, um solche Zunge vorzustellen. Diese
drey neue Wahl-Herren aber müssen aus dreyen
unterschiedlichen Nationen genommen werden.
Hierbey muß man mercken, daß, wenn etwan der
Lieutenant des Groß-Meisterthums in seiner Zunge
mit unter denen drey Wahl-Herren, so selbige
stellen muß, ernennet wäre, der Staats-Rath ihm
alsbald einen andern an seine Stelle setzen würde,
damit die
Regierung nicht ohne Haupt und
Vorsteher bleibe. |
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Wenn nun die drey Wahl
Herren von jedweder
Zunge, zusammen 21, in dem Conclave
versammlet sind, und mit ihnen noch die drey
Wahl-Herren, vor die Englische, hineingeruffen, so
sind ihrer in allen 24 Chevaliers de Justice, oder
Grands Croix, unter welchen doch noch der
Bischoff von Malta und der Prior der Kirche, denen
die
Würde, so sie führen, ihren Geburts-Fehler
ersetzet, sich mit einfinden können. Diese 24 nun,
nachdem sie alle einen Eyd in die Hände des
Lieutenants des Großmeisterthums geschwohren
haben, wehlen einen Präsidenten von der Wahl,
dessen Ernennung die Stelle des Lieutenants
aufhebet, und darauf schreiten sie zu der
Nomination des Triumvirats, das ist, eines Ritters,
eines Chapelains, und eines Frere Servant, denen
die 24 erste Wahl-Herren die Wahl völlig
überlassen, und sich darnach aus dem Conclave
retiriren. |
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Wenn nun diese Triumviri einen Eyd gethan,
und sich in das Conclave begeben haben, so
erwehlen sie unter sich einen vierdten Wahl-Herrn;
Und wenn dieser mit ihnen vereinbaret ist, diese
vier noch einen fünfften, und so fort an, bis auf
dreyzehn, welche denn, mit denen 3 ersten, so
noch von denen alten 24 sind, 16 Wahl-Herren
ausmachen, vor jedwede Zunge zwey, die
Englische mit zugerechnet, doch ohne
Beobachtung eines Vorranges unter denen
Zungen, bey der Nomination der 8 erstern, unter
welchen die Triumviri mit begriffen sind. |
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Aber bey der Nomination der andern Helffte,
wird allerdings daran, den die Zungen unter
einander hatten, in Acht genommen; Also wird der
6 von der andern Helffte, welcher der 14 von allen
16 ist, genommen, aus welcher Zunge man will, um
Engeland zu repräsentiren. Wenn die Triumviri bey
Erwehlung des vierdten Wahl-Herrns, dessen wir
erwehnet haben, nicht einig sind, so müssen sie
gleich nach einer Stunde, jedweder einen
ernennen über welchen denn die 24 ersten
Wahl-Herren wieder votiren, so in dem Falle in
der |
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{Sp. 709|S. 368} |
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Sacristey geschiehet. Wer nun unter denen
von dem Triumvirat ernannten die meisten
Stimmen hat, derselbe dringt durch: Und wenn ja
ein jedweder gleich viel haben solte, so gehet der
Älteste von denen dreyen vor. |
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So, wie nun diese 13. nach einander ernannt
sind, so legen sie auch den gewöhnlichen Eyd vor
dem Präsidenten von der Wahl ab, ehe sie sich mit
dem Triumvirat zusammen thun; Nachdem aber
darauf solches geschehen ist, ballatiren sie unter
sich auf ein oder mehr Subjecte, und welcher denn
die meisten Stimmen hat, derselbe ist
Groß-Meister. Solte es sich aber zutragen, daß die
16 Wahl-Herren unter sich getheilet wären, so hat
der Chevalier de l'Election das decisive Votum, und
giebt den Ausschlag. |
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Es ist von den
Ritter nicht umsonst eine so
wunderliche Art einer Wahl eingeführet worden:
Denn durch sothane unterschiedliche
Veränderung
der Wahl-Herren werden alle Anschläge, so dieser
oder jener machen möchte, zu Wasser: massen
alles von der Wahl dererjenigen, welche das Looß
ernennet, dependiret. Vermittelst solcher werden
alle Intriguen und Factionen zu nichte, und sonst
alle und jede von dieser edlen Republick
befriediget, die auf solche Weise das Vergnügen
haben, an der Wahl des Groß-Meisters mit Theil
gehabt zu haben. |
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Nach geschehener solchen Erwehlung,
sondern sich die Triumviri von denen 13. ab, mit
welchen sie die Wahl beschlossen haben, und
gehen bis an das Gegitter des hohen Stuhls über
der grossen Thüre, allwo der Präsident von der
Wahl, der zu der Rechten von dem Chapelain, und
zu der Lincken von dem Frere Servant, begleitet
wird, die in der Kirche versammleten
Geistlichen
dreymahl fraget, ob sie die neu geschehene Wahl
des Groß-Meisters gut zu heissen willig sind?
Wenn nun die gantze Versammlung geantwortet
hat, daß sie ihre Wahl approbire, so fänget der
Präsident an, sie mit lauter Stimme zu proclamiren,
und der neu erwehlte Groß-Meister nimmt, wenn er
gegenwärtig ist, seinen Platz unter einem Himmel.
Darauf legt er sogleich einen Eyd in die Hände des
Priors der Kirche ab, und wird ihm, nach
gesungenem Te Deum, der
Gehorsam von allen
Geistlichen zugesaget: Worauf er, gleichsam in
dem Triumph, auf das Schloß geführet wird. Ist er
abwesend, so wird ein Stadthalter gewehlt, der
sein Amt
verwaltet. Unter der Wahl darf keiner
einen Degen tragen.¶ |
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Die Capitel bey andern Ordens-Gemeinen und
Stifftern, haben ebenfals, nach dem Römischen
Kirchen-Rechte, (wo nicht ein anders hergebracht
ist) das
Recht, ihre Obern zu erwehlen; und wird
eine solche Wahl canonisch, d.i. regel- oder
rechtmäßig genennet, wenn sie zu gehöriger
Zeit,
an gehörigem
Orte, mit Zuziehung aller, so dazu
gehören, auf gehörige Weise, frey und
ungezwungen, vorgenommen, und, durch Beyfall
der meisten Stimmen, bekräfftiget wird. Wie aber
eine solche Wahl von der Postulation
unterschieden sey, davon siehe dieses
Wort im
XXVIII
Bande,
p. 1829 u.ff. |
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In dem Jahr 1592. starb der Straßburgische
Bischoff,
Johann von Manderscheid. Weil nun die
Canonici ein Theil der Reformirten, ein Theil aber
der Römischen Religion, zugethan waren, so
wehlten jene Johann Georgen, einen
Sohn des
damahligen
Admini- |
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{Sp.710} |
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strators
zu Magdeburg, und nachmaligen
Churfürstens zu
Brandenburg; diese aber
Carln,
den Cardinal von Lothringen. Ein jeder suchte sein
Recht mit den Waffen zu behaupten; bis 1604. ein
Reichs-Tags-Schluß zu Speyer den Cardinal das
Bißthum, dem
Marggrafen aber 130000 Thlr. zu
seiner Befriedigung, zuerkannte. |
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In unsern
Protestantisch-Lutherischen
Gemeinen sind zwar die Neben-Umstände der
Priester-Wahl, nach der Beschaffenheit der
Kirchen-Ordnungen eines jeden
Landes, und der
hergebrachten
Gewohnheiten verschiedener
Orte,
vielfältig unterschieden; Doch ist es fast
allenthalben also eingeführet, daß diejenigen,
welche das Jus Patronatus haben, erwehlen und
beruffen, die Consistoria examiniren und ihr
Gutachten ertheilen, die Gemeinden aber die Wahl
billigen, oder wenn sie was darwider zu erinnern
haben, selbiges eröffnen. |
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Wir könnten die
Gedancken, welche der
Herr
Geheimde Rath Christian Thomasius, in dem VI
Cap. des II Theils seiner
Kirchen-Rechts-Gelahrheit … über die Wahl der
Geistlichen hat, unsern Lesern hier mittheilen,
wenn wir nicht voraus sähen, daß die
Anmerckungen, welche wir nothwendig dawider
beyfügen müsten, die
Sache nur allzuweitläufftig
machen würden. |
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Wir gedencken nur noch der sehr
merckwürdigen Wahl eines berühmten Predigers in
Stockholm, welche den 12 Nov. 1734 gehalten
worden ist. Als daselbst an besagtem Tage in der
Deutschen Kirche die Prediger-Wahl angestellet
ward, fieng zuerst der
Herr D. Golitz vor dem Altare
eine zierliche Oration zu halten an, welche mit
einem Gebete und dem Gesange: Es woll uns GOtt
gnädig seyn, beschlossen ward. Darauf trat ein
Knabe vor den Altar hin, kniete nieder, betete ein
Gebet und das Vater Unser, gieng hierauf vor den
Tisch, woran die Herren Kirchen-Räthe, Ältesten
und Vorsteher, nebst einem Notario, vor dem Altar
sassen, und zog mit diesen
Worten:
HErr GOtt,
zeige uns, den du erwehlet hast, eines von denen
in eine silberne vergüldete Büchse gelegten
Loosen heraus, welches denn auf den Herrn
Pastor, Andreas Murray, damahligen Predigern an
der Kloster-Kirche zu St. Johannis zu Schleswig
in Holstein, fiel; Worauf, unter Miteinstimmung der
Orgel, das Lied: Nun lob, meine Seel, den HErren,
abgesungen, und damit diese Priester-Wahl
geendiget ward, siehe übrigens auch den
Artickel:
Wahl-Recht. |
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