|
Text |
Quellenangaben |
Macht und Gewalt über Bediente |
Es kan keiner einem Hauswesen vorstehen,
wenn er nicht
Bediente unter sich hat, deren
Dienste er in der
Haushaltung
gebrauchen kan;
muß man also ansehen, was ein
Haus-Vater vor
Macht und
Gewalt über seine Bediente hat, und
was ihm die
Rechte erlauben. |
|
|
In was vor einem elenden
Zustande die
Knechte bey denen alten Römern gewesen, ist
aus denen Texten des
Römischen Rechts zur
Gnüge abzunehmen. Denn sie wurden fast gar
nicht vor Menschen gehalten |
l. 32.
ff. 3.
R.J. |
|
Diejenigen wurden nicht
bestrafft, die ihnen
einiges Leid anthaten. Bey der
Frage, von
Ersetzung des Schadens, den sie verursachet,
kamen sie in eine
Classe mit den vierfüßigen
Thieren. |
l. 12 . 2. ff. ad L.
Aquil. |
|
sie wurden denen Verstorbenen gleich gerechnet, konnten
nichts vor sich erwerben, sondern alles vor ihre
Herren, |
- J.
de stipul. Servor.
- Lib. 79. ff. de acquir. haered.
|
|
denen sie zu allen und jeden Diensten ohne
Unterscheid
verbunden waren, ja welches noch
das meiste war, so hatten ihre Herren über ihr
Leben und
Tod zu
disponiren. |
|
|
Dieses alles aber wurde in den folgenden
Zeiten immer nach und nach geändert, und zwar
erstlich durch
eigene hierzu aufgerichtete Asyla,
oder Freyheits-Örter, wohin diejenigen Knechte,
die von ihren Herren ohne
Raison
übel waren
tractiret worden, ihre Zuflucht nehmen konnten,
von denen Henning. Arnisaeus doctrin. polit. …
verschiedene
Exempel anführet, hernach aber
auch durch eigene
Verordnungen, die die
Kayser
dießfalls ergehen liessen, |
siehe Lib. I. §. 2. |
|
Heutiges
Tages haben wir in unserm
Teutschland keine solche Knechte mehr, nach
dem Römischen
Verstande, es müste denn einer
die gefangenen Türcken an deren Stat zum
Exempel anführen
wollen. Denn wenn in
Ansehung ihrer
Rechte und ihres
Zustandes
Fragen vorfallen, so können solche allerdings aus
denjenigen Texten, welche von den Römischen
Knechten handeln, decitiret werden, indem man
solche Türckische Sclaven
verkauffen,
vertauschen, wegschencken, und auch noch
andere Contracte in Ansehung ihrer,
schlüssen
kan, was sie erwerben, daß erwerben sie ihren
Herren, u.s.w. ein Herr kan sie nach sei- |
|
|
{Sp. 920} |
|
|
nem Gefallen züchtigen, jedoch mäßig, aber
ihnen das
Leben zu nehmen, ist er nicht
befugt. |
|
|
Da nun dergleichen Knechte, als bey den
Römern gewesen, bey den
Teutschen nicht
gefunden werden, so wird es nicht undienlich
seyn von den Rechten eines Haus-Vaters
heutiges Tages über seine Bedienten zu handeln.
Dieses ist keines weitläufftigen
Beweises, daß die
Knechte und Diener bey uns ebenso freye Leute
sind, als ihre Herren, und ihnen nicht auf
Lebenslang, sondern nur auf eine
gewisse Zeit,
wie sie sich dießfalls verglichen, dienstbar
sind. |
|
|
Daher hat dieses wohl seine Richtigkeit, daß
sie ihren Herren alle ihnen anbefohlene Dienste
verrichten
müssen, die zum
Nutzen des Haus-Wesens gereichen, nicht ungewöhnlich, oder der
Erbarkeit zuwider sind: Daß man aber dasjenige,
was die Römischen Knechte angehet, auf sie solte
adpliciren können, gehet nicht an. Denn alles
dasjenige, was unsere Bedienten durch
Geschencke, Erbschafften, u.s.w. erlangen,
behalten sie vor sich, sie können nach eigenen
Gefallen darüber disponiren, sie können auch
nicht verkaufft und vertauscht werden, u.s.w. |
|
|
Was man aber sonst
saget, daß der Vergleich
den Contracten
Gesetze vorschreibet, ist auch
bey den, zwischen dem Herrn und dem
Bedienten
aufgerichteten
Mieth-Contract in Acht zu nehmen.
Gleichwie ein Bedienter ohne
rechtmäßige
Ursache, ehe seine
Zeit um ist, dem Herrn nicht
aus den Dienst gehen kan; also ist auch der Herr
nicht befugt seinen Bedienten vor der Zeit ohne
eine wichtige
Raison den Dienst aufzusagen, und
ihn fortzuschaffen.
Thut er es aber nichts desto
weniger, so muß er ihm das
völlige
Lohn zahlen,
als wenn er ihn die
gantze Zeit hätte ausgedienet
gehabt; |
- L. 9. §. 9 et 10.
ff.
locat.
- Lib. 38. ff.
|
|
es wäre denn, daß der Bediente alsobald
wiederum einen andern Herrn angetroffen, der
ihm eben das Lohn geben wollte, als ihm der
vorige Herr hätte versprochen: Denn so kan er
kein Interesse anführen, |
L. 9. §. 9 et 10. ff.
locat. |
|
Aber ist denn wohl dafür zu halten, daß der
Herr intentionirt gewesen, den Diener aus den
Diensten zu jagen, und den Mieth-Contract
aufzuheben, wenn er im
Zorn wieder ihm saget, er
solle ihm nicht wieder vor seine Augen kommen,
sondern nur gehen, wo der Zimmermann das
Loch gelassen? Dieses kan man daraus wohl
nicht
schlüssen, weil eine Aufkündigung des
Dienstes mit gutem Bedacht und Überlegung
geschehen muß, die aber bey denjenigen
Handlungen, die im Zorn vorgenommen werden,
nicht anzutreffen ist. |
|
|
Es pflegen auch wohl bißweilen die
Eltern im
Zorn sich dergleichen
Redens-Arten gegen ihre
Kinder zu gebrauchen, wie sie aber hernach,
wenn sich der Zorn gelegt, wiederum revociren.
Also thun die Bedienten am besten, wenn sie zwar
zu der Zeit, da sie sehen, daß ihre Herren
zornig
auf sie sind, ihnen aus dem Gesichte gehen, aber
bald wiederkommen, und sich vor ihren Herren
zeigen; Sehen sie nun, daß der Herr auf seiner
vorigen
Meynung verharret, so haben sie alsdenn
eine
rechtmäßige Ursache aus denen Diensten zu
gehen. |
|
|
Wie nun jede Contracte, zu desto mehrerer
Verbindlichkeit, mit einem
Eyde
verknüpffet
werden können; also kan auch ein Herr, wenn er
mit seinem Bedienten
contrahiret, denselben mit
Recht ihnen abfordern, und von ihnen
praetendiren, daß sie ihm eydlich angeloben
müssen, sich in ihren |
|
|
{Sp. 921|S. 476} |
|
|
Verrichtungen treu und
gehorsam zu
bezeugen, |
siehe
Stryck. in Not. ad
Lauterb. |
|
welches das Juramentum domesticitatis, oder
der Bedienungs-Eyd
genennet wird. |
|
|
Denn was es bey Belehns-Sachen mit dem
Eyd der Treue vor eine Beschaffenheit hat, eben
so verhält es sich bey dieser Societät mit dem Eyd
der Bedienten. Denn da sie fast zu alle
demjenigen kommen können, was ihre Herren
besitzen, die
Gelegenheit aber öffters Schälcke zu
machen pfleget, so, daß offt die ehrlichsten
hierdurch verführet werden, und niemanden
leichtlich zu trauen ist; so kan ein Hauß-Vater zu
mehrerer Sicherheit sich dieses Juraments
bedienen, ob zwar auch dieses nicht allezeit
vermögend ist, die
Boßheit der Bedienten zurück
zu halten. |
|
|
Was das Recht eines Haus-Vaters in
Bestraffung und
Züchtigung seiner
Bedienten
betrifft, so stehet ihm zwar nicht zu, über ihr Leben
und Todt zu disponiren, weil dieses schon
vorlängst aufgehoben ist; indessen sind sie doch
wohl befugt, dieselben, so wohl in
Worten als in
der
That zu züchtigen, indem das Hauswesen
ohne solche
Erinnerungen
und Bestraffungen nicht wohl fort gesetzet werden kan. Dafern aber ein Herr
seinen Diener entweder tödtlich verwundet, oder gar ums Leben gebracht, so ist
er allerdings zu bestraffen. Jedoch ist er von der ordentlichen und gesetzten
Straffe zu befreyen, weil er in einer zugelaßnen
Handlung versiret,
und nur nicht diejenige Vorsichtigkeit darbey
angewendet, die
Christliche und
vernünfftige
Leute in Acht zunehmen pflegen. Daher auch
vermuthet wird, daß er den Todtschlag mehr aus
Versehen, denn vorsetzlicher und boßhafftiger
Weise begangen. |
Carpz. Prax. Crim. … |
|
In dem Mosaischen Gesetze, |
siehe Exod. 21. v. 20.
21. |
|
war hiervon folgende
Verordnung; Wer seinen
Knecht oder Magd schläget mit einem Stabe, daß
er stirbet unter seinen Händen, der soll darum
gestrafft werden; bleibet er aber einen oder zwey
Tage leben, so soll er nicht darum gestrafft
werden, denn es ist sein Geld. |
|
|
Aber es ist dieses
Gesetz, bey uns nicht angenommen. Heutiges
Tages kommt es bey dergleichen Fällen, wie man
denn bey einem jeden Todtschlag zuerst darnach
fragt, eintzig und allein darauf an, ob die Wunde
tödtlich gewesen, oder nicht. |
Brunnemann. Com. Cod. … |
|
Hat aber der Bediente dem Herrn gar keine
Gelegenheit zur Bestraffung gegeben, sondern
der Herr hat es nur aus Feindschafft und Haß
gegen ihn gethan, so ist kein
Zweifel, daß der Herr
nicht auch mit der gewöhnlichen Strafe, die auf
den Todtschlag gesetzt ist, sollte geleget werden
können. Wenn aber ein Haus-Wirth seinen Knecht
oder Diener, der ein boshafftiger rachieriger
Mensch ist, excessiv geschlagen, und der Diener
hat sich gewehret, und den Herrn um das Leben
gebracht, so halt ich nicht davor, daß der
Bediente, wenn er durch Zeugen erweißlich
machen kan, daß er aus
Furcht, entweder um
seine Gesundheit, oder um das Leben gar zu
kommen, zu einer Defension bewogen worden,
am
Leben gestrafft werden könne, jedoch sind
hierbey alle und jede
Umstände in genaue
Consideration zu ziehen. Es muß ihm an
Gelegenheit gefehlet haben, dem Herrn zu
entgehen, der Herr muß ein solch
Instrument
gehabt haben, damit er ihm leichtlich habe tödten
können, der Bediente muß es zur Defension |
|
|
{Sp. 922} |
|
|
gethan haben. u.s.w. |
|
|
Ferner ist ein Hauß-Wirth, wenn er
Vermuthung hat, daß einer von seinen Bedienten
ihm etwas dieblich entwendet, und zu sich genommen, gar
wohl befugt, desselben Bedienten, Kisten und
Schräncke aufmachen zu lassen, und in seinen
Sachen überall nachzusuchen, ohne daß sich der
Bediente wegen eines ihm hierdurch zugefügten
Unrechts zu beschweren hat. |
|
|
|
|