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Zedler: Freystadt HIS-Data
5028-9-1887-2
Titel: Freystadt
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp. 1887
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 967
Vorheriger Artikel: Freystadium
Folgender Artikel: Freystadt ... Preussen
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Römisches Recht

  Text Quellenangaben
  Freystadt, Freyhung, asylum, ist ein heiliger und inviolabler Ort, von welchem diejenigen, so sich dahin begeben, nicht gewaltsamer Weise weggeholet werden. vid. Hospinianus de Jure templor. lib. 1. cap. 15.
  der Name Asylum kommt her von sylao, spolio, daher soviel als tutum a spolio heisst.
  • Schreuelius ad Virgil. Aen. II. 161. p 363 ad Juuenal. VIII. 273. p. 313.
  • Speidelius voc. Freyheit.
  • Magerus de Aduoc. Arm. 15. §. 69. p. 651.
  Es sind aber solche Asyla dreyerley: Erstlich derer Heyden, hernach derer Juden, und denn drittens derer Christen.  
  Was die Heydnischen Asyla betrifft, so ist es gantz unnöthig, den Ursprung dererselben zu erzehlen, weil alles, was hiervon vorgebracht wird, lauter Fabeln und Kinder-Mährgen seyn. Es führen nemlich selbige einige von Cadmo, andere von Hercule oder dessen Nachkommen her. Moebius Asylol. Sacr. 1. §. 3. 4.
  Man flohe bey ihnen sonderlich zu denen Tempeln und Altären. In der Stadt Phlius war ein Tempel, der Hebe, vor welchem einige Bäume stunden, woran die Geflohene ihre Ketten hiengen. In Ägypten war ein Tempel des Herculis, in welchem die Dahingeflohene derer Priester Kleidung annahmen, da ihnen dann niemand weiter etwas thun durffte. Cadmus richtete, als er Theben baute, ebenfalls ein Asylum auf.
  • Coelius Rhodiginus Lect. Ant. VI. 10.
  • Osiander de Asylis Vet.
  • Laurentius Var. Sacr. Gentil. 21.
  • Petitus ad LL. Attic. p. 10.
  • Danet p. 150. seq.
  Romulus suchte durch ein Asylum seine neue Stadt zu bevölckern.
  • Liuuius l. 8.
  {Sp. 1888}  
 
  • Florus l. 1.
  • Vellejus Paterculus l. 8.
  Die Freystädte waren bey denen alten Ebräern 6. gewisse Leviten-Städte, deren 3. disseit des Jordans lagen, nemlich Kades im Stamm Naphthali, Jabes im Stamm Ephraim, und Hebron im Stamm Juda: Drey aber jenseit des Jordans, als Bosor im Stamm Ruben, Ramoth in Gilead, und Golan im halben Stamm Manasse. Sie dienten aber darzu, daß, wann jemand unversehens einen Todtschlag begangen hatte, er sogleich dahin fliehen, und vor dem Blut- Rächer frey seyn konnte.
  • Deuter. 19, 3. seq Joh. 20. 7.
  Sie lagen in gleicher Weite voneinander auf Bergen, damit sie einem jeden gleich von weiten in die Augen fallen sollten. Die Weege musten wohl gehalten werden, daß ein solcher nicht umsonst aufgehalten ward. Die Rabbinen geben auch vor, es wären an der Strasse Säulen gesetzt gewesen, daran gestanden [ein Wort Hebräisch], miklat, refugium, und hätten in Scheide-Weegen auf die nach der Freystadt zu gehende Strasse gewiesen; welches aber noch nicht gewiß bewiesen ist.  
  In einer solchen Stadt nun musten die Einwohner jeden Flüchtling aufnehmen, wann er aber den Todtschlag aus Frevel begangen, war er nicht sicher, sondern ward dem Blut-Rächer ausgeantwortet. Der andere aber muste so lange da bleiben, und sich aus der Gräntze einer solchen Stadt nicht wegmachen, bis der Hohepriester gestorben war, alsdann durffte er frey und sicher in sein Vaterland kehren. Was die Rabbinen sonst davon vorgeben, kan man beym Fagio ad Numer. 35, 16. nachlesen.
  • Goodwin. Mos. et Aaron. 2. 5. 3. seqq. ibi Hottingerus,
  • Moebius Asylologia sacra disp. 1.
  • Leydekker. de Prep. Hebr. 7. 12. 7.
  • Osiander de Asylis p. 40. seqq
  Die Freystädte unter denen Christen sind stracks im vierdten Seculo aufgekommen, welches nicht allein wegen des vor-angezogenen göttlichen Gesetzes, sondern auch zur Nachfolge derer Heyden mag geschehen seyn. Nachdem oder die heydnischen Asyla sich sehr musten mißbrauchen lassen, indem zum öfftern auch die allerleichtfertigsten Vögel und Bösewichter, zu Entkommung der verdienten Straffe, oder auch nur zu des andern Beschimpffung und Kränckung, sowol in dem Tempel, als auch ad Statuam Principis vel Imperatoris, ihr Refugium nahmen, welches Tacitus Annal. III. 36. § 2. also angedeutet hat:  
  Insidebat (Incedebat) deterrimo cuique licentia impune probra et invidiam in bonos excitandi, arrepta Caesaris imagine, libertique etiam ac serui patrono vel Domino cum voces, cum manus intentarent, ultro metuebantur etc  
  Daß nemlich ein jedweder frey seine Bosheit ausüben, und ehrliche Leuthe kräncken und beschimpffen könne, wann er nur das Bildniß oder die Statuam des Kaysers hätte ergriffen gehabt, so gar, daß auch der Patron seinem Freygelassenen, und der HErr seinem Knechte deßwegen nicht viel sagen oder drohen dörffen, wovon mehr Exempel ex Annalibus Taciti könnten angeführet werden; siehe auch
  • Plinium Epist. X. 79.
  • Petr. Muller Diss. de Pictura 3. §. 1.4.
  Gestalt dann Tiberius dieser so gar starck-einqerissenen Freyheit mit allem Ernst und Nachdruck steuern müssen, auch verschiedene SCta und Leges deßwegen musten gemachet werden, in  
  {Sp. 1889|S. 968]  
  welcher dieser Mißbrauch hart gestraffet wurde.
  • l. 28. §. 7. π. de poen.
  • l. 5. π. de extraord. cogn.
  • l. 38. π. de injur.
  • Suetonius in Tiber. 37.
  So hätte man zwar wohl dencken sollen, es würde hernach bey Annehmung des Christenthums sothaner Abusus gleichfalls nachgeblieben seyn; Allein obgleich etwann zu Anfang des Christianismi dieser Mißbrauch sich, wiewohl glaublich, mochte geleget haben, so begunten doch bald die Herren Geistlichen sub specie Asyli allerhand böse Leute in ihrer Protection aufzunehmen, weßwegen denn höchst nöthig war, diesem wiederum eingeschlichenen Ubel, mit scharffen Verbothe zu begegnen, welches denn auch die Christlichen Kaysere Valentinianus Theodosius. Arcadius, Honorius, und andere mehr, in ihren verschiedenen Constitutionibus intendiret, wie solches aus denen Titulis Codicis Justiniani et Theodosiani, de his qui ad stat. confug. et de his qui ad Eccles. confug. zu ersehen ist.
  Besonders hat Kayser Justinianus in Nou. 17. c. 7. diese Freyheit derer Asylorum zu beschneiden gesucht.  
  Es wird zwar wohl de Jure civili vor ein Laster der beleydigten Majestät aufgenommen, wenn jemand denselben, der sich in die Kirche retiriret hatte, wider seinen Willen, gewaltsamer Weise heraus zu reissen sich unterstande, l. 2. C. de his qui ad Eccles. conf. junct. l. 6. pr. c. ibid.
  Jedennoch aber wird durch diese Verordnung nicht stracks einem jeglichen Delinquenten, wie bund er es immer möge gemacht haben, die Brücke gehalten, sondern man liest auch zugleich, daß diese Leges allerdings einigen Unterscheid machen, und die groben Verbrechen mit nichten durch diese Asyla wollen unbestraffet bleiben lassen; denn es ist die gantze Sache unter nachfolgender Distinction also determiniret worden: daß, wenn ein Knecht, entweder aus Furcht vor der Straffe, die er nun von seinem Herrn, wegen eines begangenen kleinen Verbrechens würde auszustehen haben, oder sonst wegen des allzu scharffen und harten Tractements in die Kirche sich salviret hatte, er doch seinem Herrn, wenn dieser vorhero caviret hätte, den Knecht nicht harte zu tractiren, wiederum ausgeantwortet wurde, d. l. 6. 1. 5. C. de his qui ad Eccles. conf.
  welches aber alsdenn nur geschahe, wenn der Knecht ohne einige Wehre und Waffen zur Kirche geflohen war, nicht aber, wenn er sich mit solchen prospiciret hatte, als in welchem letztern Fall ihn sein Herr schon mit Gewalt aus der Kirchen reissen, und wenn er zur Gegenwehr griffe, über diesem Scharmützel wohl gar erlegen und hinrichten möchte, l. 4. C. d. t.
  Nahm aber ein freyer Menschen seine Zuflucht zur Kirche, so wurde dieser Unterscheid gehalten, ob er es Schulden halber, oder wegen begangener Missethat gethan hätte; war es Schulden halber geschehen, und die Schuld gienge die Republic an, so konnte man ihn nicht heraus nehmen, sondern er wurde citiret, und wenn er nicht erschiene, wurde ihm jemand wegen der Republique in die Possess seiner Güter gesetzet, war er aber nur ein privatus Creditor, so hatte der Schuldner gantzer 30. Tage zu seiner Verantwortung, und wenn er hernach zur Zahlung condemniret wurde, muste er auch hernach, wie billig, die Execution leiden, d. l. 6. §. 1. junct. Nov. 17. c. 6.
  hatte einer aber, wegen verübter Missethat den Kirchen-Schutz angenommen,  
  {Sp. 1890}  
  und es war ein Delictum leve, oder eben nicht so gar sonderliches Verbrechen, so war er sicher in der Kirche, d. l. 2.
  damit nicht irgend die Andacht und der Gottesdienst, so in der Stille und im Frieden zu verrichten, turbiret wurde. l. 5. C. D. t.
  Hatte er aber ein Delictum atrox, oder eine solche That, darauf eine Leibes- und Lebens-Straffe stund, begangen, z. E. einen Todtschlag, Ehebruch, u. s. w. so konnte er alsdenn allerdings mit Gewalt aus der Kirche geschleppet werden.
  • Nov. 17. cap. 7. l. 3. C. de Episc. aud.
  • Gaudentius de Justinianei Seculi Moribus P. I. c. 51.
  • Zimmermann. Analect. p. 285.
  Daß die Fürstlichen Palläste und Schlösser einem, der dahin seine Zuflucht nimmt, Sicherheit geben, erfordert der Burg-Friede.  
  Von der Zuflucht in derer Gesandten Wohnungen ist der Titel: Quartiers-Freyheit nachzulesen.  
  Von denen Reichs- Fürsten ist zu mercken, daß sie einem in ihrem Lande Sicherheit geben, und Örter privilegiren können, dahin einer seine Zuflucht nehmen kan; Denn da sie das Recht in Verbrechen zu dispensiren und aggratiiren haben, wie vielmehr die Freyheit, einem auf eine gewisse Zeit Sicherheit zu geben.
  • Rittershusius de Asyl. 2.
  • Leibfrid. de Jure Asyl. Concl 9.
  • Myler. de Jur. Asyl. 8.
  wiewohl Stammlerus de Reseru. Imper. §. 60. solches zu denen Reseruatis des Kaysers zehlt.  
  Nun ist zwar nicht zu läugnen, daß der Kayser sehr vielen Reichs-Städten, wie auch etlichen Reichs-Grafen das Jus Asyli durch besondere Priuilegia gegeben, es ist aber auch aus der Historie bekannt, daß Chur-Fürst Fridericus IV. in der Pfaltz, die Stadt Manheim, und Fridericus Herzog zu Würtemberg die neue Stadt Freudenstadt mit diesem Rechte begnadiget hat.
  • Rittershusius de Asyl. 5. §. 5.
  • Knipschild de Priuil. Ciuit. Imp. II. 28. §. 24.
  • Myler de Princip. et Stat. Imp. II. 51. §. 3. de Asyl. 6. §. 21.
  • Rhetius Instit. Jur. Publ II. 8. §. 5.
  Wiewohl auch nicht zu läugnen, daß unterschiedene Historici nichts davon erwehnen, die doch genaue Nachricht davon haben können, als
  • Freherus in Orig. Palat. P. II. c. 19.
  • Tolner Hist. Palat. 2. p. 79. seq.
  • Seyfrid Poliolog. voc. Mannheim p. 295. seq. voc. Freudenstatt p. 177.
  • Zeiller. Topogr. Sueu. Tit. Freudenstatt. p. 71.
  Doch ist aus der Historie bekannt, daß schon im 14. Seculo Carolus, König in Böhmen, in denen Laußnitzischen Städten derer Kirchen Asyl-Recht abgeschafft, welches die Bayerische Malefitz Process-Ordnung de An. 1616. bezeugt,
  anderer Exempel zu geschweigen, welche in Engelbrechts Diss. de injusta Asylorum Immunitatumque Ecclesiae ad Crimina Extensione 2. §. 23. 3. 3. angeführet,
  woraus erhellet, daß die Stände gleichfalls in ihren Territoriis dieses Recht exerciren können.  
  Demnach auch heut zu Tage keine Asyla mehr in der Republic nöthig sind, sintemahl die Ursachen, warum sie in der Jüdischen Republic angelegt worden, bey uns wegfallen, so ist auch das Exercitium dieses Juris adfirmatiue bey denen Reichs-Ständen schlecht. Weil aber die Clöster insgesamt sich dieses Rechts anmassen, so kan ein jeglicher Landes-Herr negatiue dieses Recht exerciren, und ist nicht befugt, solches denen Clöstern einzuräumen. Engelbrecht l. c.
  Ob ein Asylum sich auf alle Delinquenten, die aus dem Römischen Reiche sich dahin begeben, erstrecke, sind die Gelehrten nicht einerley  
  {Sp. 1891|S. 969}  
  Meynung Einige behaupten es, weil ein Landes-Herr nicht verbunden, dem andern die Delinquenten auszulieffern.
  • Gailius de Pac. Publ. I. 16. §.30.
  • Mylerus de Asyl. 8. §. 10. de Princip. et Stat. Imp. II. 51. §. 4.
  • Multzius Corp. Jur. Pubi. II. 27. §. 4.
  Ander läugnen solches, weil doch ein Landes-Herr schuldig wäre, sie zu bestraffen, wenn er sie nicht auslieffern wollte, und wenn er ihnen sichern Auffenthalt gäbe, geschähe solches nicht so wohl ex Jure Asyli, als ex Jure communi. Zu dem hätten die Reichs-Stände das Jus Asyli damit sie an einem Missethäter die wider ihre Gesetze begangene Ubelthat nach ihrem Willen entweder bestraffen, oder erlassen könnten, wenn aber einer wider des andern Landes-Herrn Gesetze gehandelt, könnte ein Reichs-Stand nicht zum Praejudicio des andern ihm ein Asylum geben, oder die Ubelthat erlassen, und dadurch die Handhabung der Gerechtigkeit im Römischen Reiche verhindern.
  • Fachin. IX. 23.
  • Vitriarius Instit. jur. Publ. III. 17 § 79. p. 1272.
  Die Asyla geben denen muthwilligen und vorsetzlichen Ubelthätern keine Sicherheit, sondern nur denen, so sich aus Hitze des Zorns übereilet, damit sie von dem Gefängniß befreyet seyn, und ihre Sache aus dem priuilegirten Orte desto besser ausführen können.
  • Sarpi de jur. Asyl.
  • Klockius de Contribut. 18. §. 208.
  • Carpzouius Praxis Crimin. II. 150 §. 41.
  • Otto. Jus Publ 8. p. 199.
  • Struuii Synt. Jur. Ciuil. V. 1. §. 48.
  • Dietherr ad Besold. Thes. Pract. voc. Todtschlag p. 936.
  • Compend. Hist. Eccl. Goth. l. 2. Sect. 2. §. 29.
  • Knipschild. de Jur. et Priuil. Ciuit. Imp. II. 28. §. 28.
  Es gehören auch die Asyla nicht vor diejenigen, welche gefangen an einem solchen Orte durchgeführet werden, und sich der Obrigkeit unterwerffen, weil es nur diejenigen angehet, welche noch nicht wegen ihres Verbrechens gefangen genommen worden.
  • Alex. Ambrosius de Immunit. Eccl. 10. §. 10.
  • Rittershusius de Asyl. 7. §. 2.
  • Myler de Princip. et Stat. Imp l. c. §. 6.
  Welches auch unterschiedene auf denjenigen extendiren, welcher sich aus dem Gefängniß gebrochen, und an einem solchen Ort seine Zuflucht genommen, weil das Gefängniß ein locus sanctus ist, und niemand ungestrafft daraus entfliehen kan.
  • Gambsius Thes. Jurispr. III. 7. Axiom. 2.
  • Vitriarius l. c. §. 80. p. 1273.
  Andere meynen, ein solcher Flüchtling könne sicher seyn, und nicht wieder in das Gefängniß gebracht werden.
  • Couarrauias Var. Resolut. II. 20. §. 10.
  • Farinacius de Carcer Quaest. 28. § 42.
  • Knipschild l. c. §. 4 p. 512.
  • Harprecht ad Instit. Tit. de his, qui sui vel al. jur. ad §. in potest. n. 84.
  • Myler de Asyl. 10. §. 21. de Princip. et Stat. Imp. l. c. §. 7. p. 482.
  • Bechmann de Jur. Asyl.
  • Grotius de J. B. et P. II. 21. §. 5.
  • Docum. Wurtemb. Tom. I. in not ad Dipl. 23. Monast. Adelb. p. 113
  • Wehner Obseru. Pract. voc. Freyheit, p. 134.
  • Pfeffinger ad Vitriar. Instit. Jur. Publ. III. 17. §. 77. seqq. p. 1254.-- 1274.

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Stand: 26. Oktober 2016 © Hans-Walter Pries