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Zedler: Wahrheit [4] HIS-Data
5028-52-896-4-04
Titel: Wahrheit [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 52 Sp. 910
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 52 S. 468
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Hinweise:
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  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
III. Die Logicalische Wahrheit
  Practische Betrachtung (Forts.)
 
  Vertheidigung der Wahrheit gegen die Widersacher
  Widerlegung der Irrthümer

  Text   Quellenangaben
  Bey dieser Practischen Abhandlung von der Wahrheit haben wir auch auf die  
  Vertheidigung der Wahrheit gegen die Widersacher  
  zu sehen. Solche ist den göttlichen und natürlichen Rechten gemäß. Der Heilige Geist befiehlet uns, daß wir bereit seyn sollen zur Verantwortung gegen jederman, der Grund fordert  
  {Sp. 911|S. 469}  
  der Hoffnung, die in uns ist, und die gesunde Vernunfft erheischet, daß wir unsere Sätze verfechten, damit wir und andere in der Wahrheit befestiget, und andere nicht dadurch auf irrige Gedancken gebracht werden. Jedoch ist man in folgenden Fällen, die Wahrheit wider die Widersacher zu vertheidigen, nicht verbunden:  
 
1) Wo man entweder gewiß versichert ist, oder doch mit gutem Grunde muthmassen kan, daß die Gegner nicht fähig sind, die Wahrheit anzunehmen, und sie, alle Remonstration ohngeachtet, dennoch auf ihrem Sinne bleiben, oder noch wohl gar halsstarriger und übelgesinneter werden. Denn ein vernünfftiger Mensch hütet sich für solchen Handlungen, von denen er keinen guten Effect wahrnimmt.
 
 
2) Wo man durch Vertheidigung einer Wahrheit sich ein groß Ungemach zuziehet, und seiner Glückseligkeit gewaltig präjudicirt, man auch in diesem Falle Gewissens wegen nicht darzu verbunden ist.
 
  Wenn andere unsere Sätze angreiffen, und also mit uns disputiren wollen, so müssen wir vor allen Dingen wohl Acht haben, daß uns der andere recht verstehen, und die Wörter in eben der Bedeutung annehmen möge, darinnen wir sie vorgebracht haben, und also einerley Begriffe mit uns verbinde. Es ist nicht lächerlicher, als wenn ein paar Leute mit einander streiten, die einander nicht verstehen. Wenn der andere hernach bey einem Worte, oder Satze, seine Erklärung gegeben hat, so ist denn der gantze Streit auf einmahl gehoben.  
  Wir müssen uns also, damit dieses vermieden werde, gehörig erklären, und den andern erinnern, daß er wohl Acht darauf habe, damit er nicht etwan die Wörter in einer solchen Bedeutung annehme, die mit unserer Intention gar nicht übereinkommt. Wir müssen Sorge tragen, daß die Frage, worauf der gantze Streit ankommt, recht gefasset werde, es sey ein mündlicher oder schrifftlicher Disput. Wir müssen uns nicht von der Klinge, das ist, von unserer Thesi, abbringen lassen. Manche Gegner verführen den andern, und bringen ihn, aus Leichtfertigkeit, durch ihre Weitläufftigkeit auf gantz andere Sätze und fremde Materien. Geschiehet dieses in mündlichen Disputen, so müssen wir unseren Gegner, wenn er sich so gar weit diffundiret, fragen, was er denn wohl mit alle diesem haben wolle? und ihm zeigen, daß dieses alles nichts zu der Sache diene, so wird er denn endlich genöthiget, mit kurtzen Worten seine Intention zu entdecken.  
  Bey Streit-Schrifften müssen wir seine weitläufftigen Sachen zusammen ziehen, da wir denn hernach, aus einem kurtzen Satze beurtheilen können, ob er zu der Sache diene, oder den unnützen und überflüßigen beyzuzählen sey. Wir müssen auch dahin sehen, wenn der andere unsere Sätze anpackt, daß er alles zusammen nehme, was dem gantzen Zusammenhange nach mit einander vereiniget seyn soll, inmassen einige so schlimm sind, daß sie aus unsern Thesibus etwas auslassen, und dieselben, wie der Satan die heilige Schrifft anführen, daher auch hernach einen unrichtigen Verstand herausbringen.  
  Ehe wir uns also hierauf einlassen, muß unsere Meynung in ihrem völligen Contexte vorgetragen seyn. Will der andere richtig verfahren, so muß er  
  {Sp. 912}  
  entweder förmliche Schlüsse machen, oder doch solche Gründe vorbringen, daß aus seinem Raisonement ein förmlicher Schluß gemachet werden kan. Am accuratesten ist, wenn er ordentliche Schlüsse macht: Alsdenn muß der Hintersatz seines Schlusses dem Lehrsatze, den wir vertheidigen, schnurstracks entgegen gesetzet seyn. Z.E. Wenn wir behaupten: Ein Christ muß bey seinen Handlungen die Ewigkeit stets für Augen haben, und der Gegner wolte diesen Satz läugnen, so muß der Hintertheil seines Schlusses heissen: Ein Christ muß bey seinen Handlungen die Ewigkeit nicht vor Augen haben.  
  Bisweilen kan auch der andre durch Exempel erweißlich machen, daß wir der Wahrheit gefehlet haben. Hat der andere einen Schluß gemacht, oder doch einen Grund seines Satzes angezeigt, so müssen wir beurtheilen, ob er auch wahr und richtig sey, das ist, ob dasjenige, welches er zu seinem Grunde anführet, der Wahrheit gemäß ist, ob auch dasjenige, so er beweisen will, daraus herfliesse: Wir müssen Acht haben, daß der Gegner uns nicht etwas als einen Beweiß obtrudire, welches doch keiner ist, sondern eine blosse Erläuterung seines Satzes, oder etwas, welches entweder gantz und gar nicht wahr, oder doch nicht unter diesen Umständen, sondern, wenn es wahr seyn soll, entweder noch eines Zusatzes, oder gewissen Einschränckung oder Erklärung bedarf.  
  Bisweilen werden Ursachen angeführet, die zwar wohl überhaupt und in der Thesi richtig und wahr sind, aber nicht in der Application, bey gegenwärtigem Falle, von dem die Rede ist. Hat der Gegner gar keinen Grund, so wird er mit dem Beweise schlecht fortkommen, und der Streit wird sodann gar bald seine Endschafft erreichen.  
  Bisweilen macht ein Gegner Streiche in die Luft, das ist, er bringt solche Argumente vor, die man ihm in dem Augenblicke einräumen kan, und bey denen unsere Lehr-Sätze dennoch fest und unbeweglich stehen bleiben.  
  Zuweilen häuffen sie einige Gründe zusammen, davon einige wahr, andere aber falsch sind, um den andern confus zu machen. Geschiehet solches bey Streit-Schrifften, so haben wir ohnedem Zeit dazu, einen Grund nach dem andern durchzugehen, und dessen Schwäche zu zeigen. Ist es aber in mündlichen Disputen, so muß es sich der andere gefallen lassen, damit das Gedächtniß nicht beschweret werde, und wie er desto mehr Kräffte des Verstandes zu dem Nachsinnen und Beurtheilen anwenden mögen, daß wir einen Grund nach dem andern durchgehen.  
  Wer auf Universitäten auf den Cathedern mit Ehren disputiren, und seine Sätze vertheidigen will, muß eine Presence d'Esprit haben, daß ihm dasjenige hurtig einfällt, was ihm zu dieser Zeit, und bey dieser Sache, einfallen soll, er muß eine Sache wohl penetriren können, um die Intention seiner Gegner wohl zu fassen, er muß der Lateinischen Sprache mächtig seyn, damit er sich nicht, wenn er dem Priscian einen Backen-Streich giebt, bey den Zuhörern verächtlich mache, und nicht nöthig habe, auf die Wörter  
  {Sp. 913|S. 470}  
  und Sachen zugleich zusinnen, er muß mit dem Kerne der logischen Distinctionen ausstaffiret seyn, und das distinguo, limito, inverto, retorqveo, und insto, wohl auszuüben wissen, er muß sich vorher in Collegiis Disputatoriis, fleißig geübet haben, damit er die Formalien verstehe, und ohngefehr wisse, was er bey dergleichen Fällen in Obacht zu nehmen hat, er muß den öffentlichen Disputationen öffters beygewohnet haben, damit er in den Curialien bey den Titulaturen seiner Gegner, und in dem Invitations- und Abschieds-Complimente, nicht verstosse, er muß sich vorhero, ehe er das Catheder betritt, von guten Freunden allerhand Argumente wider seine Theses haben formiren lassen, um zu prüfen, und zu versuchen, qvid humeri valeant, qvid ferre recusent, vornehmlich aber solche Sätze vertheidigen, die unumstößliche Wahrheiten, aus ihren richtigen Grund-Sätzen hergeleitet, und mit tüchtigen Beweiß-Gründen versehen sind. Wer eine mehrere Nachricht hievon verlanget, darff nur die Disputir-Methoden, die viele gelehrte Leute entweder besonders edirt, oder aber den meisten Logicken mit angehänget haben, nachschlagen.
  Wir haben uns bey unsern Antworten, so viel es sich thun lassen will, wir mögen nun mündlich disputiren, oder schrifftlich controvertiren, der Kürtze zu befleißigen denn es können hernach so wohl unsre Gegner, als auch die Zuhörer, oder die Leser, die Krafft und den Nachdruck unserer Beweißthümer und unserer Beantwortung besser einsehen, und desto eher zu der Überzeugung gelangen, als bey weitläufftigen Discoursen, in welchen offt viel Worte, aber wenig Realien, zu finden sind. Jedoch müssen wir uns auch hierbey nach der Materie richten, und derselben ihr völliges Recht thun.  
  Durch das viele dupliciren, tripliciren und qvadrupliciren, die in den Streit-Schrifften der Gelehrten ziemlich mode sind, wird die Wahrheit so wenig vertheidiget, als in den vielen Wechsel-Sätzen der Herren Advocaten. In den folgenden Sätzen aber sind mehrentheils unnütze und verdrießliche Wiederhohlungen der erstern Sachen anzutreffen. Wenn ein Gegner unsre Sätze angreifft, und man hat Grund, ihm zu antworten, so ist es genug, wenn man in einer Replic seine Sätze defendiret, und den Ungrund und die schlechten Beweißthümer von der gegenseitigen Meynung anführet. Es kan hernach der Leser schon erkennen, welcher von beyden Recht, oder Unrecht habe.  
  Es ist gewiß eine rechte Schande, daß einige Gelehrte so zancksüchtig seyn, und, wie die alten Weiber, das letzte Wort haben wollen, da doch endlich einmahl einer von ihnen schweigen muß. Wenn sie auch hierbey die Wahrheit des gemeinen Sprüchworts: Der Klügste giebet nach, sich vorstellten, so würde mancher eher zu dem Stilleschweigen gebracht werden.  
  Ob und welchen Gegnern, die in Schrifften unsre Lehr-Sätze angreiffen, man antworten soll, kan in Thesi nicht so leicht gesagt werden, sondern die Umstände der Zeiten, der Personen, der Örter, u.s.w. müssen einem in der Application den Entschluß an die Hand geben. So viel ist gewiß, daß es nicht rathsam ist, allen Gegnern, die unsere Lehr-Sätze angreiffen, zu antworten. Zuletzt hätte mancher  
  {Sp. 914}  
  Autor, der etwan mit seinen Wahrheiten, die er in seinen Schrifften vorträgt, viel Leute irritirt, in der Welt nichts zu thun, als lauter Streit-Schrifften zu wechseln.  
  Es ist der Nutzen der Streit-Schrifften überaus schlecht. Wenn ein Paar Gegner lange genug duplicirt, triplicirt und quadruplicirt haben, so hören sie denn beyde auf, und ein Jedweder bleibet bey seiner vorigen Meynung. Die Wahrheit ist offt geschickt, sich vor sich selbst zu vertheidigen. Wenn gescheide Leser die Sätze der Wahrheit durchgehen, und die Attaquen der Gegner darnach ansehen, so können sie schon wissen, welchem sie beypflichten sollen.  
  Es finden sich auch bisweilen andere ehrliche Leute, die manche Schrifftsteller wider das Bellen einiger unnützen Kläffer vertheidigen. Vernünfftige Leute wissen doch wohl, daß ein Schrifftsteller der geschickt gewesen, eine Schrifft zu verfertigen, auch gar leicht die Geschicklichkeit haben könne, sich mit seinem Gegner in einigen Bogen herum zu zancken. Wollen etwan andre urtheilen, daß es durch das Stillschweigen das Ansehen gewönne, als ob man dem andern Recht gäbe, so werden andere hingegen erkennen, daß dieses ein ungegründetes Urtheil sey, indem einen Schrifftsteller andere Ursachen abhalten können.  
  Vielmahls ist unter den Schrifftstellern und ihren Gegnern eine grosse Ungleichheit. Wir reden hier nicht von der Ungleichheit des Standes, und ihren Characteren; Denn in dem Reiche der Gelehrten muß in Ansehung der Erkänntniß der Wahrheit, der Studiosus, der Magister der Philosophie, ja ein Jedweder, er sey, wer er wolle, so viel gelten, als der Edelmann, der Graf, und der Geheimde-Rath. Es wird sich auch kein vernünfftiger Schrifftsteller entgegen seyn lassen, wenn ihm ein anderer, er sey so gering, als er wolle, einige Fehler zeiget, sondern wir reden hier von andern Unterschieden.  
  Einige Schrifftsteller setzen ihre Nahmen vor ihre Schrifften, und andere Leute wissen, wer sie sind, und wo sie sich aufhalten; Hingegen manche Gegner, zumahl einige von denen, die in gewissen monatlichen Schrifften Bücher recensiren, sind gewißlich den Pasqvillanten nicht so gar unähnlich, sie werffen den Schrifftstellern Fehler des Leibes vor, erzehlen Histörgen von ihnen, mischen sehr unglimpffliche Redens-Arten mit unter, da sie nehmlich Pferde-mässig raisonniren, die Schrifftsteller solten mit der Nase darauf gestossen werden, da doch vielmehr mancher von solchen unbesonnenen Gegnern, wegen seiner thörichten Aufführung, dasjenige Nasen-Tractament verdiente, welches den Arleqvins bey Hofe zu dem täglichen Appointement gewiedmet ist. Solte nun wohl ein Schrifftsteller nicht erheblich Bedencken tragen, mit solchen zu controvertiren?
  Zudem, so finden dieselben Gegner Gelegenheit, ihre Streit-Schrifften so lange zu continuiren, als es ihnen gefällig, weil sie dieselben ihren Bücher-Recensionen stets einverleiben können, und ihnen dieselben von den Verlegern so wohl, als ihre andern Meditationen, bezahlet werden. Hingegen würde sich ein anderer Schrifftsteller präjudiciren, wenn er solche Controversien vor sein eigen Geld drucken lassen wolte, weil die Verleger insgemein an dergleichen Sachen nicht gerne wollen. Ob  
  {Sp. 915|S. 471}  
  man nun gleich allen Gegnern nicht antworten kan, und auch manchen Gegnern nicht antworten darff, so ist doch gewiß, daß man verbunden ist, zu Vertheidigung der Wahrheit, einigen Gegnern zu antworten, wo es die Gelegenheit und die Umstände verstatten wollen. Man kan solches entweder in einer eignen Schrifft, oder in der Vorrede auf eine andre Schrifft, oder in einer Schrifft, die einem Journal einverleibet wird, bewerckstelligen.  
  Je mehr Wahrheits-Liebe, Glimpff und Bescheidenheit, aus der Schrifft unsers Gegners hervorleuchtet, desto mehr verdient er eine Beantwortung. Hat uns der andre einiger Fehler überwiesen, so ist man sehr vernünfftig, wenn man dieselbe erkennet. Es ist keine Schande, einen Fehler zu begehen, als welches mit unserer Unvollkommenheit sehr übereinkommt; Aber das ist eine Schande, den begangenen Fehler nicht erkennen und nicht ablegen wollen. Will der andere sich deswegen über uns erheben, und sich vor weiser und gelehrter achten, so müssen wir geschehen lassen, daß er sich in diesen falschen Schlüssen und übereilten Urtheilen vergehet. Andre vernünfftige Leute werden dennoch unsern Fehler, wenn wir sonst in den meisten Stücken der Wahrheit gefolget haben, entschuldigen, und unserm Gegner eine solche Einbildung als einen grossen Fehler beymessen.  
  Will uns ein Gegner mit Unglimpff und Unbescheidenheit unsre Fehler aufdecken, so müssen wir uns dennoch auch von demselben auf den rechten Weg leiten lassen. Es handelt ein solcher unhöflicher Censor nicht anders, als ein grober Wegweiser, der einen andern auf der Strasse anträffe, der bey einer gewissen Passage des rechten Weges verfehlet, und dem Verirrten zwar den rechten Weg anwiese, ihn aber dabey mit vielen höhnischen und groben Expressionen anpackte, daß er von der rechten Strasse abgekommen sey. Dieser Wandersmann, dafern er anders ein vernünfftiger und tugendhaffter Mensch wäre, würde sich zwar über seinen ungestümen und groben Wegweiser, gewaltig verwundern, daß er ihm denjenigen Fehler, der ihm doch auch begegnen könnte, und zu einer andern Zeit ebenfalls begegnet wäre, mit solchem Unglimpff aufmutzte, inzwischen würde er ihm doch folgen, und sich von ihm, wenn er erst erkennte, daß er von dem rechten Weg abgekommen wäre, auf die rechte Strasse leiten lassen. Also thut auch ein vernünfftiger Schrifftsteller wohl, daß er die Fehler, die ihm ein grober Censor aufdeckt, erkennt und verbessert; Unterdessen ist es eine grobe Schulfüchserey, daß einige Gelehrten einander, gewisser Meynungen wegen, so herunter machen.  
  Haben uns einige Gegner mit Ungestüm angepackt, so muß man sich niemahls ihrer Wahrheit conformiren, daß man ihnen auf eine solche Art wieder antworten solte. Die Sprüchwörter, daß auf einen groben Klotz ein grober Keul gehöre, sind wohl den Sentimens des Pöbels, keinesweges aber den Regeln der Göttlichen und natürlichen Rechte gemäß. Dergleichen Censores sind fast aller Antwort unwürdig. Hat man aber seine Raisons, warum man ihnen auch antwortet, so entschlage man sich der Schmähungen, und sehe nur auf die Realien, Sie verdienen mehr Mitleiden und Erbarmung, daß sie sich vor der Welt so beschimpffen, und so schlechte Meister ihrer Affecten sind, als jene.  
  {Sp. 916}  
  Hat es aber ein Gegner so arg gemacht, daß wir besorgen müssen, es könnte uns an unserer Ehre und Reputation ein Schand-Fleck hierdurch zugezogen werden, so muß man es der Obrigkeit denunciren, damit ein solcher Injuriante seinen verdienten Lohn empfange, und andere Censores hinfort einer glimpfflichen Schreib-Art sich befleißigen mögten.  
  Es wäre hiernächst zu wünschen, daß die Herren Gelehrten, die in allerhand Collegien, und in den so genannten Facultäten, mit sitzen, forthin bey Vertheidigung ihrer Lehr-Sätze nicht so wohl auf die Observantzen und die Meynungen ihrer Vorfahren, als vielmehr auf die Wahrheit, ihr Absehen richteten; Ingleichen, daß in dem gantzen menschlichen Leben, unter Hohen und Niedrigen, unter Gelehrten und Ungelehrten, die Wahrheit mehr empor käme, und die Irrthümer, die jetztund fast allgemein gelobet und hochgeschätzet werden, unterdrücket würden.  
  Wie insbesondere die Vertheidigung der theologischen Wahrheiten geschehen soll, da man die wahre Lehre deutlich vorzutragen, dieselbe mit gründlichen und erlesenen Beweiß-Gründen, die besonders aus der Heil. Schrifft hergenommen sind, bestätige, und die Einwürffe wider solche Beweiß-Gründe diluire, solches ist unter dem Artickel: Theologische Streitigkeiten, im XLIII Bande, p. 1003. u.f., insonderheit p. 1031, ausführlich gezeiget worden.  
  Mit der Vertheidigung der Wahrheit ist die  
  Widerlegung der Irrthümer  
  genau verbunden; doch hiervon wollen wir unsern Lesern in einem besondern Artickel unter dem Worte: Wiederlegung, weitere Nachricht geben.
  • Rambachs Dogmat. Theol. Th. I
  • v. Rohrs Vernunfft-Lehren …
     

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Stand: 4. April 2013 © Hans-Walter Pries