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Reisen, das Reisen an fremde
Orte,
Wanderung, Wanderschafft, Peregrinatio,
Frantz.
Voyage. |
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Allgemeines |
Daß man fremde Länder besiehet, ist eine
Sache, welche schlechterdings weder zu tadeln
noch zu loben. Denn man hat aus der
Erfahrung,
daß solches manchem
nützlich, manchem
schädlich, wenigstens nicht ersprießlich gewesen,
welches alles von dem
Gebrauch desselben, ob
es
vernünfftig oder
unvernünfftig angestellet wird,
dependiret. |
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Wer vernünfftig und also
klüglich reisen
will,
muß hauptsächlich sein Absehen, so er dabey
hat, überlegen, und die zu demselben dienlichen
Mittel nicht nur aussinnen, sondern auch geschickt
appliciren; im Fall aber, daß es ihm an solcher
Geschicklichkeit fehlen solte, iemand bey sich
haben, der ihm an die Hand gehet. |
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Das gemeine Absehen bey Reisen soll
gemeiniglich darinnen bestehen, daß man die
Welt kennen lerne, das ist, die
Völcker in ihren
Sitten,
Gewohnheiten, Aufführung betrachtet, und
alles gehöriger massen zu seinen
Nutzen
anwendet. Doch wie die Profeßionen und
Wissenschafften unterschiedlich, daraus auch
verschiedene
Stände der
Menschen, die mit
demselben umgehen, entspringen; so können
auch noch besondere Absichten bey Reisen statt
haben. Ein Theologus bekümmert sich um das
Religions-Wesen, ein Rechts-Gelehrter um die
Verfassungen des äusserlichen
Staats, ein
Medicus um die Geheimnisse der
Natur, ein
Philosophus und Philologus um sol- |
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{Sp. 367|S. 197} |
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che Dinge, die in ihren Kram dienen. |
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Auch ein Kriegs-Mann hat das Reisen zu
seiner
Wissenschafft nöthig. Herr Folard in seinem
Polybe …
sagt: Die Reisen verschaffen einem
Kriegs-Manne die Gelegenheit, sich das
Augenmerck (Fr. le Camp. d'oeuil) zu formiren,
und als ein Kriegs-Mann zu sehen lernen; und p.
288 eben bemeldeten
Bandes: die Reisen sind
einem Kriegs-Manne sehr nöthig, um sich das
Augen-Merck zu formiren, daß einem Capitain so
nützlich ist. |
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Der
Kauffmann suchet auf Reisen durch
Handlung und Gewerbe Gewinn. |
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Die Mittel betreffend, so sind einige vor,
einige bey, und einige nach der Reise zu
beobachten. |
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Vor der Reise, hat derjenige, so reisen will, zu
sehen, theils auf die Beschaffenheit seiner
Seelen, was deren natürlichen Zustand, und die
durch Fleiß bereits erlangte Geschicklichkeit
betrifft, indem zur Gnüge bekannt, wie man auf
Reisen viele Gelegenheit findet, etwas zu lernen,
aber auch gar leicht in Irrthümer und allerhand
Laster zu fallen, wobey sonderlich dienlich, wenn
man der
Sprache derjenigen Völcker, die man zu
besuchen gedencket, einiger massen, mächtig ist;
theils auf die Beschaffenheit seines
Leibes, in
Ansehung dessen sich nicht ein ieglicher zu reisen
schicket, und denn auf die Beschaffenheit seines
Vermögens, indem man bey diesen Zustand mit
Geld muß versehen seyn. |
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Wird die Reise selbst angetreten, so
bekümmert man sich vor allen
Dingen um
bequeme Gelegenheit von einem
Ort zum andern
zu kommen, gebraucht gehörige Behutsamkeit mit
dem Logiment, mit der Kost,
Umgang mit den
Fremden, deren Sitten und Gewohnheiten
zuförderst einzusehen. |
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Befindet man sich an einem Ort, so siehet
man das Sehenswürdige, wie es eines jeden
Endzweck mit sich bringt, zeichnet auch das
vornehmste in sein Reise-Buch auf, worbey sehr
rathsam, wenn man mit nachdrücklichen
Recommendations-Schreiben versehen ist. |
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Nach der Reise muß man wissen, seine
gesehene und erkannte Sachen klüglich an den
Mann zu bringen, so daß man sich dabey alles
Prahlens und Aufschneiderey enthält, und nicht
bey aller Gelegenheit zum
Verdruß anderer davon
zu
reden anfange. |
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Rohrs Regeln |
Was hier gantz kürtzlich von der
Klugheit, die
man beym Reisen zu beobachten hat, gesaget
worden, das hat der berühmte Herr Julius
Bernhard von Rohr in der Einleitung zu der
Klugheit zu leben, im XIII Capitel ausführlicher in
folgende höchst nützliche
Regeln gebracht: |
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1) |
Gehe, ehe du reisest, alle
Umstände von deiner Reise, und von deiner
Person durch, formiere dir heraus Regeln der
Klugheit entweder selbst, oder applicire
diejenigen, die du von andern gehöret, oder vor
sich selbst gefunden, auf deinen
Zustand. |
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2) |
Vornemlich untersuche
deine Absicht, weswegen du dich auf die Reise
begibst, ob um dich zu qualificiren, wenn du ein
galant homme seyn wilst, oder um deine
Gelehrsamkeit zu vermehren, dafern du von
denen
Studien Profeßion machest, oder Geld
durch Handlung zu erwerben, und zu negociiren,
so du ein
Kauffmann bist, und was mehr vor
verschiedene Absichten seyn können. Hernach
mache mit deinem Beutel einen Uber- |
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{Sp. 368} |
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schlag und siehe, wie
lange du ungefehr bleiben kanst, was du besehen,
und wie du dich auf deiner Reise aufführen wilst.
Betrachte deine Leibes-Constitution, ob du delicat
seyst, oder Fatiguen ausstehen könnest, alle
Nächte schlaffen must, oder ob dirs gleich gilt,
wenn du etliche Nächte wachen solst, alle
Speisen essen dürffest, oder dich in der Kost in
Acht nehmen must. Examinire dich, ob du in
deiner Religion fest und wohl gegründet, zum
Spielen, Sauffen, und andern Debauchen geneigt
seyst. Uberhaupt, aus deiner
Selbst-Erkänntniß
mache dir Regeln der Klugheit, was du auf deiner
Reise thun, oder unterlassen solst. |
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3) |
Mache dir, vornemlich,
ehe du in ein Land gehest, die
Müntzen derselben
Provintz bekannt, und laß sie dir von
Kauffleuten,
die deine gute Freunde sind, erklären. Denn sonst
lernest du dieselben gewiß in der Fremde mit
deinem Schaden kennen. |
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4) |
Erkundige dich zuvor
nicht allein nach allen merckwürdigen Sachen und
Personen, die zu deinem
Zweck dienen, sondern
auch nach den Gebräuchen der Völcker. |
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5) |
Kauff dir die neuesten
und specialesten Beschreibungen ein, desselben
Landes oder derjenigen
Städte, die du besehen
wilst. Denn du hast vielfältigen Nutzen hievon zu
erwarten. du darffst dir nicht selbst die Mühe
geben, aufzuschreiben, was andere schon bereits
gethan, sondern supplirest nur, was sie
ausgelassen, oder verbesserst, was sie unrecht
gesetzt. du bist gleichsam an demselben Orte
schon ein wenig bekannt, oder kannst doch durch
Discourse erweisen, daß du da selbst nicht gantz
und gar fremde seyst, welches auch, wie unten
wird gesaget werden, seinen Nutzen hat. Du
weist, welches das sehenswürdigste ist, und
wornach du zu fragen hast, da sonst mancher
lange Zeit an einem Orte gelegen, auch wieder
wegzühet, und doch wohl das merckwürdigste
nicht gesehen hat. |
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6) |
Hab accurate Special-Charten bey dir, damit du sehen kannst, wo du in
der Welt seyst, und corrigire dieselben, so etwas
nicht eintreffen will. Ingleichen auch allerhand
Maasse und Gewichte, damit du in der Fremde
allerhand Sachen ausmessen, und dir aufnotiren
könnest. |
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7) |
Sonderlich nimm von dem
Orte, da du her bist, gute Recommendations-Schreiben mit, sie seyn auch von wem sie wollen.
Die Recommendationen von vornehmen Kauff-
Herren an berühmte Banquiers und renommirte
Kaufleute sind wohl die besten; denn die helffen
dir auf Reisen aus der Noth, ingleichen auch die
Schreiben von Ministern an Abgesandte, oder
Ministres desselben Hofes, da du hingehest. |
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8) |
Ob du dein Geld baar,
oder an Wechsel-Briefen mitnehmen solst, kan
man nicht determiniren, indem bisweilen bey
beyden einige Incommodität ist, sondern dieses
kommt in der Application auf die Untersuchung
der Umstände an. Am besten ist es, wenn du
etwas Geld baar bey dir hast, etwas aber an
Wechsel-Briefen. Nimmst du aber welche mit, so
habe gedoppelte bey dir, damit, wenn der eine
verlohren gegangen, du den andern zur Reserve
haben mögest. |
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9) |
Erkundige dich, daferne
du
Ursache zu sparen hast, bey Leuten, die nicht
von grossem Vermögen sind, und auch an dem
Orte gewesen. Diese |
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{Sp. 369|S. 198} |
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werden dir allerhand
Regeln und Cautelen sagen, wie du auf eine
anständige Art auf deiner Reise sparen kanst, die
öffters
reiche Passagirer nicht wissen. Bisweilen
verthut einer in einem Lande etliche hundert
Thaler, und hat von seiner Reise eben den
Vortheil, als ein anderer, der wohl etliche tausend
depensiret. |
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10) |
Laß dir die Örter, wo du
auf deiner Reise einkehren wilst, von bekannten
Kauffleuten oder andern guten Freunden deines
Orts, die in der Fremde gewesen, recommendiren,
denn so kannst du sicher trauen, und wissen sie
am besten aus eigner Erfahrung, an welchem Orte
gut oder schlimm zu logiren sey. |
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11) |
Jedoch must du dir doch
allezeit ihre Raisons sagen lassen, wenn sie
urtheilen: In dieser Herberge ist gut zu logiren, in
jener nicht. Denn die Leute schlüssen nicht
allezeit accurat, und die Beurtheilung des Guten
und
Bösen ist nach dem Unterscheid der
Gemüther zu unterscheiden. Mancher hält eine
Herberge, aus einer wegen seiner Absicht und
seines Humeurs im besondern Raison vor gut, die
ein anderer vor schlimm hält. |
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12) |
Besiehe, ehe du in fremde
Länder reisest, erst die vornehmsten Örter deines
Vaterlandes, und zühe von derselben Zustand
genaue Kundschafft ein, denn wenn du denen
Fremden, so darnach fragen, von der
Beschaffenheit deines Vaterlandes Nachricht
geben kanst, so darffst du sie mit grösserer
Assurance fragen, und wirst desto mehr von dem
Staat ihres Landes erfahren können. Zu dem ist
es ja lächerlich, daß man in fremde Länder reiset,
und in seinem Vaterlande sich nicht einmahl recht
umgesehen, welches doch von den meisten
Deutschen geschicht. |
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13) |
Viel
Bücher bey dir zu
führen, ist eine unnöthige Sache, denn sie
beschweren nur, und hast du an allen Orten, wo
du hinkommst, Gelegenheit, dir Bücher zu borgen.
du musst auch auf Reisen mehr observiren,
sehen, hören, und aufschreiben, als lesen und
meditieren. |
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14) |
Auf der Reise habe
überhaupt nicht mehr Bagage bey dir, als nöthig:
Denn es ist kostbar und beschwehrlich, viel mit
sich zu schleppen. Führe lieber einen grossen
Cofre bey dir, darinnen du deine Sachen
beysammen hast, als viele kleine Packetgen und
Küstgen, die du leicht
verliehren kanst, oder dir
gestohlen werden können. |
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15) |
Distingvire deinen Cofre
oder Schachtel durch ein gewisses
Zeichen, so
vor andern kenntlich ist: Denn weil viele Cofres
und Schachteln einander dem äusserlichen nach,
in allen Stücken ähnlich sind, so kan bey
Changirung der Posten leichtlich eine
Verwechselung damit geschehen, die vielleicht
nicht zu seinem Vortheil ist. |
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16) |
Verwahre dein Geld, so
du auf der Reise bey dir führest, nicht alle an
einem Orte, sondern einiges habe im Cofre, und
auch nicht alle beysammen, einiges in
verborgenen Schubsäcken u.s.w. Denn bist du
gleich an einem Orte unglücklich, so conservirest
du doch das übrige. |
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17) |
Gehe an fremden Orten in
einem schwartzen Kleide, wenn du Ursache zu
menagiren hast, und wende eine Trauer vor. Denn
so brauchst du nicht viel Kleider, da du sonst das
Wechsel haben müssest, und kanst doch in
alle |
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{Sp. 370} |
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Compagnien gehen, dich
auch in einem schwartzen Kleide ausgeben vor
wem du wilst. |
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18) |
Doch must du neben dem
schwartzen auch ein verchamerirt Kleid bey dir
haben, damit du, wenn Galla ist, Gelegenheit
habest, nach Hofe zu gehen, da dich denn deine
vorgewendete Trauer nicht entschuldigen
wird. |
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19) |
Gehe in kein Land, wenn
du nicht zuvor die Sprache des Landes ein wenig
verstehest, und reden kanst. Denn du hast nicht
den halben Nutzen und das halbe Plaisir von
deinem Reisen, und wirst auch überall eher
berückt, als wenn dir die Sprache bekannt ist.
Bringst du sie nicht mit in ein Land hinein, so
bringst du sie gewiß auch nicht mit heraus. Hast
du aber einen Cameraden oder Diener bey dir, der
derselben kundig ist, so kanst du eher zu rechte
kommen. |
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20) |
Mache dir, ehe du dich
auf die Reise begiebst, mit einem berühmten
Kauffmann in einer Handels-Stadt, die deiner
Heimath am nächsten ist, die Correspondence aus.
Denn die Herren Kauffleute haben ziemlich
richtige Correspondencen, und weist du hernach
in der Fremde, an wen du dich zu adressiren hast,
und der dir deine Sachen an deine guten Freunde
bestellen kan. |
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21) |
Curire dich vor der Reise
recht aus, brauche Blutreinigungen u.s.w. und
führe diejenigen Medicamente, so deiner
Constitution am meisten zuträglich sind, bey
dir. |
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22) |
Tritt deine Reise lieber an
gegen der Frühlings-Zeit, als gegen dem Winter
zu, weil die Wege nicht allein zu der Zeit
schlimmer, sondern auch sonst ungesünder und
unangenehmer zu reisen ist. |
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23) |
Siehe zu, daß du auf den
Posten oder sonst der erste seyst. Denn diese
Incommodität, daß du ein wenig warten must, ist
bey weitem nicht so groß, als wenn alles schon
besetzt ist, und du hernach diejenige Stelle
einnehmen must, die andere nicht wollen, und da
du alsdenn nicht weist, wo du mit deiner Bagage
zu solt. |
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24) |
Hast du nicht einen
geschickten und getreuen Diener bey dir, auf den
du dich verlassen kanst, so gieb selbst Acht auf
deine Sachen, wenn die Posten gewechselt
werden, und traue nicht allezeit der Sorgfalt des
Postillions. Setze dich auch nicht eher auf den
Postwagen, biß du gesehen, wo und wie deine
Sachen placiret sind. |
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25) |
Laß dir, wenn du vom
Wagen steigest, und deine Sachen ins Quartier
schaffen willst, den Postmeister einen Träger
recommendiren, der dir deine Sachen wegtrage,
accordire zuvor mit ihm, was er haben will, und
gehe ihm auf dem Fusse nach, daß du ihn nicht
aus dem Gesichte verliehrest, sonst kannst du
leichtlich um deine Sachen kommen. Diese
Maxime ist sonderlich nöthig in Holland. |
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26) |
Urtheile auf Posten
niemahls von den vornehmen grossen Herrn
etwas böses, denn du weist nicht, in was vor
Gesellschafft du seyst, da dir solches Gefahr
bringen könnte. |
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27) |
Auf der Reise laß dir bey
der Compagnie nicht mercken, daß du in der
Stadt, da du hinwilst, gantz fremde seyst. Denn es
finden sich Leute, die dir eine Herberge
vorschlagen, dich auch wohl in ihr Quartier
mitnehmen wollen, da du von dieser Höflichkeit
schlechten Vortheil bisweilen möch- |
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{Sp. 371|S. 199} |
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test zu erwarten haben.
Schlügest du aber ihre Offerte aus, so machst du
sie dir zu Feinden. Sprich also lieber, du wärest an
dem Orte schon bekannt, und wüsstest allbereits
eine Herberge, wo du bleiben würdest. |
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28) |
Doch sage deinen Reise-Cameraden, ehe du sie kennen lernest, nicht
eben, wo du logiren wilst, denn es giebt manchmal
Spitzbuben und andere böse Leute, die dich
besuchen, und in der Stadt bekannt machen, aber
ihrer wahren Intention nach betrügen wollen. |
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29) |
Wo gefährliche Örter sind,
als Berge, Fähren, böse Brücken, u.s.w. laß den
Postillion aufhalten, steig lieber herunter, und geh
zu Fuß, als daß du dich in Leib- und Lebens-Gefahr begeben soltest, sonderlich auf Fähren, da
die Pferde bisweilen scheu geworden, und die
Personen in das gröste Unglück kommen
sind. |
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30) |
Bey denen Postillionen
oder Schipper-Knechten spare das Trinkgeld
nicht, denn die können dir in einem und andern
gute Nachricht geben, so du von andern nicht
erfährest, hingegen können sie dir auch in einigen
Dingen schaden, wenn du allzu karg gegen sie
bist. |
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31) |
Willst du, daß die
Postillionen starck fahren sollen, so glaube
sicherlich, daß die Versprechung eines guten
Trinckgeldes hierbey mehr ausrichte, als die
Drohung der Schläge, wie einige Passagiers zu
thun pflegen. |
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32) |
Trage auf der Reise zwar
reinliche und propre, aber nicht verchamerirte
Kleider, denn in einem bordirten Kleide wirst du
nicht allein bisweilen vor einen Spitzbuben
angesehen werden, sondern must auch überall
mehr bezahlen, andere halten dich vor reich, und
stellen dir daher desto eher nach. |
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33) |
Schweig eine Zeitlang,
ehe du deine Compagnie auf der Reise kennen
lernest, unterdessen gieb auf ihre Discurse
Achtung, und beurtheile dieselben bey dir nach
den Regeln, die der Herr von Rohr in seinem
Tractat von Erforschung der menschlichen
Gemüther gegeben, bis du hernach ungefehr
weist, wer nach deinem Sinne ist, und an wen du
dich addreßiren kanst. |
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34) |
Laß dir weder auf den
Posten noch auf den Holländischen Treckschyten
oder Schiffen etwas von deinem Gelde oder
Kostbarkeiten mercken, die du bey dir hast, denn
du sonst leichtlich, und vornemlich zur Nachtzeit
darum gebracht werden kanst. |
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35) |
Wenn du durch
Wälder
paßirest, so schlaff nicht, und sonderlich bey
Nacht, weil du nicht allein von den Ästen der
Bäume leichtlich ein Unglück bekommen kanst,
wenn du schläffst, sondern es finden sich auch
wohl in den Wäldern böse Buben, die den
Passagierern auflauern. Daher wache und halte
dein Gewehr in guter Bereitschafft, schüß auch
wohl loß, wo es erlaubet, und du unterschieden
geladen Gewehr bey dir hast, damit sie sehen,
daß du munter, und in dem Stande seyst dich zu
wehren. |
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36) |
Auf den Holländischen
Treckschyten nimm dich in Acht, daß du nicht mit
jemand in Spielen einlassest, oder denen, die aus
der Gauckel-Tasche spielen, und allerhand
Waaren verkauffen wollen, genau zusehest, weil
solches öffters Spitzbuben sind, die die Leute
betrügen, und um das Ihrige bringen wollen. |
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37) |
Im Absteigen laß den
Mantel nicht leichtlich vom Halse, weil man |
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{Sp. 372} |
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öffters drum kommt, wenn die Posten umgewechselt werden,
und man sie auf den Postwagen hat liegen lassen.
Distinguire deinen Mantel durch ein notables
Zeichen, weil viel Mäntel, die der Güte des Tuchs
nach gar sehr unterschieden, dem äusserlichen
Ansehen nach einander gleich sind. |
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38) |
Du thust besser, wenn du
zu Wasser gehest, daß du bey dem Schiffer oder
Schiffs-Capitain dich in die Kost verdingest, als
selbst Victualien einkauffst; denn wenn du an Ort
und Stelle angelangt, sind dir dieselben nichts
nütze, und must sie hernach wegschencken. |
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39) |
Das Geld, so du auf einer
jeden Station vor die Posten zahlest, schreibe
genau auf, wie auch die Distantz der Örter,
Beschaffenheit der Wege, der Herbergen, u.s.w.
weil es dir so wohl selbst, als auch andern
Freunden einst zur guten Nachricht dienen
kan. |
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40) |
Familiarisire dich nicht mit
dem Frauenzimmer, auf den Posten, sonderlich
wenn es hübsch und jung ist, denn solche
hernach öffters prätendiren, daß man sie frey
halten sollen. |
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41) |
In den Gast-Höfen
accordire allezeit erstlich mit dem Wirth, was er
vor Zimmer, Essen, Trincken, u.s.w. haben will.
Denn wo du dis unterlässest, dependirest du von
der Discretion der Gastwirthe. |
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42) |
Gieb dem Wirthe oder
Wirthin den Schlüssel von deinem Zimmer, wenn
du ausgehest, hingegen müssen sie dir auch
hernach vor alle deine Sachen stehen, die du in
dem Zimmer hast. |
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43) |
Kehre allezeit in den
vornehmsten Wirths-Häusern ein, denn da bist du
insgemein nicht allein sicherer, sondern hast auch
mehr Ehre und Commodität, und wirst doch nicht
viel mehr geben, als wenn du in einer schlechten
Herberge geblieben wärest. Ist es deine
Gelegenheit nicht, dich lange an dergleichen Ort
aufzuhalten, so kanst du doch unterdessen in der
Stadt bekannt werden, und dir hernach ein anders
aussuchen. |
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44) |
Bezahle gleich alle Tage,
was du verzehret, denn so können dich die Wirthe
nicht so sehr betrügen, und du kanst auch besser
mit deinem Beutel den Uberschlag machen, daß
du weist, was du verthan, und wie lange du
bleiben wilst, als wenn dir die Rechnung des
Wirths unbekannt ist, und du auf das Conto loß
speisest. |
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45) |
Wo du nicht gewiß
versichert, daß du wohl ankommst, so nimm nicht
dein Quartier an fremden Orten, und sonderlich in
sehr grossen Städten, in Gast-Höfen, die in engen
kleinen Gäßgen gelegen sind, weil man öffters in
dergleichen Häusern in Leib- und Lebens-Gefahr
kommen kan, sondern logire lieber in solchen, die
auf öffentlichen Plätzen, und in den vornehmsten
Strassen sind. |
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46) |
Ingleichen fordere an
unbekannten Örtern, wo du nicht recht
vollkommen sicher zu seyn vermeynest, lieber das
Zimmer vorne raus auf die Gasse zu, als hinten
raus. |
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47) |
Laß dir, daferne du nicht
weist, wo du einkehren solst, von dem
Postmeister desselben Orts ein Wirths-Haus
vorschlagen, und erkundige dich disfalls bey
einem renommirten
Kauffmann,
Gelehrten,
Priester, oder sonst einem vornehmen
Manne. |
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48) |
Verläugne niemals, weder
in den Gasthöfen, noch sonst auf der Reise,
deinen
Namen, ob du gleich bisweilen |
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{Sp. 373|S. 200} |
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Raison hast, deinen
Stand, Profeßion und andere Umstände zu
verstellen. Denn du wirst sonst, wenn es heraus
kommt, daß du deinen Namen verändert, vor
einen Spion gehalten, und kanst in groß Unglück
kommen. |
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49) |
Wilst du einen Lehn-Laquay haben, so laß dir einen von dem Wirth
recommendiren, und ihn davor gut sagen. So du
diese Regel unterlässest, kanst du von dem
Diener sehr berückt werden. |
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50) |
Dem Lehn-Laquay traue
nicht leichtlich kostbare Dinge an, und schicke ihn
nicht über deinen Cofre oder Gold-Börse, obgleich
der Wirth vor ihm Bürge worden. Denn solche
Pursche entwenden einem öffters, wenn sie
Gelegenheit dazu haben, obgleich nicht pretiöse
Dinge, doch andere Sachen, die man auch nicht
gerne verliehret, und um welcher Willen man nicht
leichtlich Weitläufftigkeiten anzufangen
pflegt. |
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