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Rohrs Regeln (Forts.) |
51) |
Biß gegen den Wirth und
seine Leute allezeit höflich und complaisant. Denn
wo du grob bist, und schimpffest, steckt es wohl
mancher ein, du kanst aber sicher glauben, daß
du die Schimpff-Worte in der Rechnung mit
bezahlen must. Ist dir etwas nicht nach deinem
Sinne, erinnere solches lieber mit Glimpff, und
drohe, daß du von ihm zühen wilst, welches ihm
weher thun wird, als wenn du noch so sehr
schmähest. |
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52) |
Du thust besser, daferne
du eine Zeitlang in einer
Stadt zu bleiben
gedenckest, wenn du dir in einem Privat-Hause
ein Zimmer miethest, und bald hier bald da
speisest, als wenn du in dem Gasthofe dein
Quartier nimmst. |
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53) |
Oder logirest du dich ja in
ein Wirths-Haus ein, so speise an andern
Orten,
wo es wohlfeiler ist, daferne du
Ursache hast zu
menagiren. |
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54) |
Nimm dich in den Gast-Höfen in Acht, daß du nicht deinen Cofre,
vielweniger das Zimmer offen stehen lässest, und
wenn du nur gleich auf etliche Minuten aus einem
Gemach in das andere giengest: denn es finden
sich leicht böse Leute, welche sich dieser
Gelegenheit zu bedienen wissen. |
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55) |
Hab allezeit ein gut
Feuerzeug bey dir, und laß auch Baum-Öl
brennen die Nacht durch, es kan dir solches
offters an fremden Orten bey vielen Umständen
sehr dienlich seyn. |
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56) |
Des Nachts verriegele
deine Thüren inwendig, oder so du sie nicht
verriegeln kanst, kauf dir eine Invention, damit du
sie von innen verwahren und zumachen
mögest. |
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57) |
Gib nicht denen
Gastwirthen Commißion, dir
Sachen einzukauffen,
dafern du ihrer Treue und Redlichkeit nicht zuvor
versichert bist. Denn du must vor ihre
Willfährigkeit gemeiniglich mehr bezahlen, als die
Sachen sonst kosten. |
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58) |
Ingleichen laß dir auch
von ihnen nicht andere Sachen reichen, als
Medicamente, u.s.w. so nicht zur Kost gehören,
wie manche Leute zu thun pflegen. Denn sie
rechnen alle diese Dinge viel höher an, als sie
werth sind. |
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59) |
Prale nicht, dafern du
nicht wichtige Raisons dazu hast, mit deinem
Gelde, oder, so du von hohem
Stand bist, mit
deinem Character, denn das öfftere Herauszühen
der mit Golde starck an gefüllten Bourse, und der
Titel Excellenz und
Gnaden, kostet dir die
Mahlzeit gewiß mehr, als wenn du dieses
unterlassen, sonderlich wo du nicht zuvor mit dem
Wirth accordiret hast. |
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{Sp. 374} |
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Stelle dich in den Wirths-Häusern so viel als möglich, wenn du zum ersten
mahl wohin kommst, daß du an den Ort allbereits
bekannt seyst. Denn da sie sehen, daß du gantz
fremde bist, must du gemeiniglich in allen und
jeden mehr bezahlen, als wenn sie hören, daß du
der Art des Landes schon kundig. |
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61) |
Gegen das Haus-Gesinde,
Knechte, Auffwärter u.s.w. biß nicht allzu
karg, sondern verehre denselben bisweilen einige
Discretiones. Sie können dir allerhand gute
Nachrichten geben. |
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62) |
Dafern du in einem Lande
die
Sprache lernen wilst, so kehre nicht ein bey
einem Wirth, der von deiner Nation ist, denn du
wirst nicht allein selbst mit ihm deine Mutter
Sprache reden, sondern auch stets Landes-Leute
antreffen, und also die fremde Sprache nicht
leichtlich lernen. |
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63) |
Lege dich in den Wirths-Häusern in kein Bette, wenn es nicht zuvor weiß
überzogen, und führe allezeit ein paar leinene
Unter-Kleider bey dir, die du anziehen must,
daferne du nicht öffters grosse Incommodität
haben wilst. |
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64) |
Hast du Gelegenheit in
den Post-Häusern zu logieren, so bleib lieber in
denselben: Denn du darffst deine Sachen nicht
weit schaffen, wenn du kommst, und wieder fort
wilst, und bist auch gemeiniglich in denselben
sicherer, als in einigen Herbergen. |
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65) |
Denen Wirthen darffst du
nicht allezeit trauen, wenn du dich bey ihnen nach
dem Abgang der Posten erkundigest. Denn sie
sagen nicht allezeit die ersten und nächsten
Posten, damit sie die Reisenden desto länger bey
sich behalten, sonderlich, wenn es an solchen
Orten ist, da nicht gar viele Passagiere
hinkommen, sondern frage lieber bey denen
Postmeistern nach, und informire dich diesfalls
aus denen Post-Charten. |
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66) |
Laß, wenn du in eine
grosse Stadt kommst, dein erstes seyn, daß du dir
derselben Beschreibung, Grundrisse, Prospecte,
auch die Risse der principalesten Gebäude
zulegest. Studire den Grundriß der Stadt, darinnen
die Gassen, auch vornehmsten Gebäude nebst
Kirchen und
Klöstern richtig abgezeichnet, fleißig
durch, und imprimire dir derselben Situation, so
wirst du in drey Tagen bekannter darinnen seyn,
und dich besser können zu rechte finden, als ein
anderer, der so viel Wochen, oder gar so viel
Monate sich darinnen aufgehalten, und keinen
solchen Riß gehabt. |
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67) |
Die Fortificationen
besiehe niemahls ohne dir darüber ausgebetene
Erlaubniß, denn du sonst bisweilen vor einen
Spion wirst gehalten werden, und leichtlich in
Unglücke gerathen kannst. |
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68) |
In grossen Städten gehe
in kein Haus, und sonderlich in engen Gäßgen,
oder zu Abend, wenn du nicht gewiß weist, wer
darinnen logiret, es sind viele in
Hamburg,
Amsterdam und andern Orten aus Unterlassung
dieser
Regel um
Leib und
Leben kommen. |
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69) |
Zu Abend, oder noch
weniger zu Nacht, gehe nicht leichtlich aus
deinem Quartiere, weil die bösen Buben
gemeiniglich in grossen Städten denen Leuten
nachstellen, und sie um das Ihrige bringen
wollen. |
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70) |
Wilst du die notablen
Sachen in einer Stadt besehen, so warte lieber,
bis eine Compagnie zusammen ist: denn du bist
sicherer, hast wegen des vielen
Raisonnirens
mehr Plaisir und
Nutzen davon, und |
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{Sp. 375|S. 201} |
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kanst auch in Ansehung
der Discretion wohlfeiler dazu kommen. |
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71) |
Daferne du ein Gebäude
mit Nutzen zu sehen verlangst, so kauff dir
desselben Grund- und Abriß und informire dich
aus solchem von des Gebäudes Beschaffenheit,
ehe du es selbst in Augenschein nimmst. Alsdenn
wirst du nicht allein in einem solchen Hause
bekannt seyn, und wissen, wie die Theile mit
einander verknüpfft, sondern auch von dessen
Vortrefflichkeit oder Fehlern besser urtheilen
können. Und wer dieses mit vielen Gebäuden
practiciret, macht sich
geschickt, Risse von
denselben zu verfertigen, und auch andere
Gebäude, ohne in der Bau-Kunst
unterrichtet zu
seyn, anzugeben. |
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72) |
Diß, was hier von
Gebäuden gesagt worden, kanst du auch auf
andere
Dinge appliciren, als auf Gärten, Wasser-Künste,
Maschinen, u.s.w. von welchen Risse zu
bekommen sind. Du hast bey dieser
Materie
nöthig, das VII Capitel des Hrn. von Rohrs
Tractätgens von der Mathematischen
Wissenschafften Beschaffenheit durchzulesen,
und die darinnen vorkommende Erinnerungen in
Acht zu nehmen. |
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73) |
Was du auf Reisen
eigentlich besehen, oder vor Leute suchen und
sprechen solst, kan man bey diesen allgemeinen
Regeln nicht bestimmen, sondern dieses kommt
auf die Beschaffenheit deines Beutels, deines
Standes, und deiner Absicht an. Hast du Geld und
Zeit genung, so besiehe alles, was an einem Ort
vor denckwürdig gehalten wird; sonst aber nur
dasjenige, welches dir zu deinem
Zweck am
dienlichsten ist. |
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74) |
Im Ausgehen trage
allerhand kleine Müntz-Sorten bey dir, sonderlich
wo du dich in Armen- Waysen- Gefangen-Häusern
u.s.w. wilst herum führen lassen. Denn da wirst du
gemeiniglich mit grosser Hefftigkeit von solchen
Leuten um eine Gabe angeschrien. Hast du nun
kein kleines Geld bey dir, so must du, um der
Incommodität des vielen Anschreyens überhoben
zu seyn, hergeben, was du hast. |
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75) |
Auf der Reise habe die
Schreib-Taffel stets in Händen, darein du alle
Tage aufnotirest, was du denckwürdiges siehest
und hörest, mit wem du bekannt wirst u.s.w. auch
alle Abende, ehe du zu Bette gehest, must du
solches abschreiben. Du hast vielfältigen Nutzen
von dieser
Arbeit zu erwarten. Du kanst bey
deiner Zurückkunfft andern guten Freunden mit
den Nachrichten dienen, dich dessen nach langer
verflossener Zeit mit Plaisir erinnern, wo du
gewesen, wie es dir ergangen u.s.w. und
erweisest auch, daß du mit Nutzen gereiset
bist. |
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76) |
Melde dich, wenn du Höfe
besehen wilst, erst bey dem Hof-Marschall, und
laß dich, so du ein Cavalier bist, entweder durch
ihn, oder durch einen andern Hof-Cavalier der
Herrschafft
präsentiren. Siehe zu, daß du von dem
Fourier die Hof-Ordnung bekommst, und notire dir
der vornehmsten
Bedienten Gemahlinnen,
Kinder,
Güter,
Vermögen, auch Besoldungen, u.s.w.
darzu, mercke dir eines jeden
Geschicklichkeit,
Gelehrsamkeit, Characteres, nach der Anweisung
des Herrn von Rohrs Tractats von Erforschung der
menschlichen Gemüther. Untersuche die
Neigungen der Herrschafft, wer der Mignon sey,
ob es Factiones bey Hofe gebe, welche die
stärckste |
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{Sp. 376} |
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sey, wie sie einander
contrecariren. Erkundige dich nach denen
Geburts- Vermählungs- und Sterbe-Tägen der
Fürstlichen Herrschafften, und corrigire nach
solchen deine Genealogische Tabellen, daß du
sie accurat habest. Erforsche, ob der Fürst in der
Religion, so er bekennet, eifrig sey, und etwas im
Lande ändere, wenn die
Unterthanen anderer
Religion zugethan; ob er bey seinen Bedienten auf
Meriten und Geschicklichkeit siehet, oder auf
Reichthum, und nur diejenigen befördert, so
galant Hommes sind, und einen ansehnlichen
Staat machen können. |
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Frage nach, wie er gegen
seine Nachbarn gesinnet, ob er dieselben suche
zu drücken, und die kleinern Staaten über den
Hauffen zu werffen, oder sie gegen andere
beschütze; wie er sich aufführe gegen seine
Vettern und apanagirte Printzen, wie starck eines
jeden Apanage, ob ihnen dieselbe richtig gegeben
werde, wie er sich bezeige gegen die Fürsten, von
denen er einiger massen, wegen
politischer
Raisons,
dependiret. |
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Informire dich, ob der
Fürst Maitressen und natürliche Kinder habe, und
wie er sich gegen dieselben erweise; ob er bey
seiner Regierung mehr auf seine Caprice und
eigenen Gefallen, als auf die Regeln des Rechten
und Erbahren siehet; wie es mit der Succeßion
beschaffen, und wie dieselbe reguliret, u.s.w. |
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77) |
Bey den Ministern
erforsche, was ein jeder vor
Principia hege,
welcher von ihnen
Studia oder guten natürlichen
Verstand, beydes zusammen, oder aber keines
von beyden habe. Auf was vor Art ein jeder zu der
Charge gekommen, ob durch Meriten, welches
gar zu selten zu geschehen pflegt, durch
Heyrathen, daß er eines grossen Ministers
Tochter geheyrathet, welche sonst vielleicht sitzen
geblieben wäre, und da die Charge des
Schwieger-Sohnes der Tochter zur Ausstattung
dienen müssen? Ob sie einem Minister, der
damals viel gegolten, Geschencke geben müssen,
des Fürstens gewesene Maitresse geheyrathet,
dem Fürsten Geld vorgeschossen, und an statt
der Interesse oder wohl gar des
Capitals eine
ansehnliche Charge erhalten, mit einem
Vornehmen des Hofs oder des Fürstens Maitresse
befreundet, durch Expectantz darzu gelanget,
u.s.w. |
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Ob sie in ihren Consiliis
gute und unumstößliche Rationes geben können,
oder nur was sagen, und wissen selbst nicht
warum; ob sie auf das Interesse des Fürstens, des
Landes, oder nur auf ihr eigenes sehen; ob sie
geschickt sind, die Vota, die sie geben, selbst
auszusinnen, oder ob gewisse Doctores, ihre
Secretarii und andere ehrliche Leute die Boltzen
darzu drehen müssen, die sie hernach
verschüssen; in ihren Ämtern durch Länge der
Zeit und Menge der Affairen erst lernen müssen,
oder bey ihren Chargen die nöthige Capacität
schon besitzen; Geschencke nehmen, oder ihrer
Herrschafft treu und redlich dienen. |
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78) |
Du hast, wenn du dieses
thust, und dir die Characteres des gantzen Hofes
bekannt machst, vielfältigen Nutzen zu erwarten.
Denn du kanst fundamentalement von dem
gantzen Staat eines Hofes urtheilen, auch einem
jeden, der darnach fraget, Nachricht geben, und
wenn du solche Kundschafft eingezogen, bist du
von der Beschaffenheit eines Hofes |
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{Sp. 377|S. 202} |
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bisweilen besser
informiret, als ein anderer, der lange Zeit sich
daselbst aufgehalten, und wohl selbst in Diensten
stehet, sich aber nicht so genau hierum
bekümmert. |
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Wilst du einst an so einem
Hofe dein Glück machen, so weist du alle die
Ressorts und Cänäle, an wen du dich zu
adressiren habest oder nicht, auch wie du dich
bey einem und dem andern aufführen solst, und
recommendiren könnest. Es dienet dir auch zur
Vorschrifft, daß du das Gute, so du bey etlichen
gefunden, nachahmen, vor dem unanständigen
aber dich hüten mögest. Ingleichen kanst du,
wenn du einst von deinem Principal an diesen Hof
geschickt wirst, und eines jeden Bedienten
Stärcke und Schwäche weißt, in kurtzer Zeit deine
Intriguen viel besser machen, als so du hierinnen
unwissend wärest. |
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79) |
Notire die
Gesetze,
welche im Lande gelten, erkundige dich, ob einige
ausländische im Werth sind, und in wie weit sie
recipiret, ob sie von allen nöthigen Fällen
Decisiones haben, oder nicht. Frage nach den
Gewohnheiten und Observantzen eines jeden
Orts, wie der modus procedendi beschaffen, ob
sie die Sachen summarisch tractiren, oder lange
Zeit naus spielen; Was ein jedes von den Justitz-Collegien zu thun habe, ob, und in welchen Fällen,
sie einander contrair sprechen; was ein jedes
sonderlich vor Principia und Hypotheses hat. Kauff
alle Jagd- Kirchen-
Schulen- Proceß- Gerichts-
u.s.w.
Ordnungen, Patente,
Statuten u.d.g. ein,
und untersuche dieselben nach den Regeln der
Gerechtigkeit und der
Klugheit. Erforsche die
Pacta und Verträge, Leges Fundamentales,
Capitulationes,
Reversalien des
Landes-Herrn
gegen seine Unterthanen und Stände, wie auch
die
Rechten und
Freyheiten derer Unterthanen, ob
die
Verordnungen wohl gehalten und exequirt
werden, u.s.w. |
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80) |
Bey dem Öconomischen
und Cammer-Wesen informire dich, wie hoch sich
die Einkünffte des
Fürstens, das Jahr über
belauffen; ob die Einnahmen die Ausgaben
übersteigen, dieselben zusammen gleich
aufgehen, oder aber die Depensen noch stärcker
als die Einnahmen, so, daß Schulden gemacht,
und Ämter versetzt werden; ob
Hoffnung sey,
solche wieder einzulösen, oder nicht; ob der Fürst
auf
Manufacturen und Cultivirung des Landes
siehet, Geld in das Land geschafft, und darauf
gedacht wird, wie die Einkünffte der Unterthanen
vermehret werden; wie die
Steuern und
Gaben
angeleget; ob sie nach Proportion der Einkünffte
eingetheilet, denen Unterthanen erträglich oder
nicht; ob die Bedienten, so zur Eintreibung der
Collecten gehalten werden, viel davon wieder
wegnehmen; wozu das Geld angewendet wird, ob
auf den Krieg, zur Bezahlung der Schulden, oder
zu unnöthigen Dingen, u.s.w. |
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81) |
Dencke nicht, daß du von
Ministern oder vornehmen Leuten die Sachen
erfahren wilst, denn solche verheelen insgemein
solche Nachrichten: einige aus Klugheit, und weil
sie Raison haben, viele Dinge, sonderlich so nicht
zu des Fürsten Ehre gereichen einem andern
Fürsten helffen, ihrem Landes-Herrn aber
schaden könnten, zu verbergen, auch wider ihre
Pflicht ist, solche zu propaliren: einige aber |
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{Sp. 378} |
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aus Ehrgeitz, daß sie sich
viel darauf einbilden, daß sie mehr wissen als
andere Leute, und verschweigen manchmahl
Sachen, die sie doch wohl mit gutem Gewissen
entdecken könnten. |
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Du kanst bisweilen durch
geringer und gemeiner Leute Discurse hinter
allerhand Nachrichten kommen. Denn solche
Leute sind insgemein nicht so verständig, daß sie
wüsten zu beurtheilen, was verborgen müste
gehalten werden, oder nicht; einige aber aus
ihnen machen sich eine Gloire daraus, Leuten, die
höher sind als sie, etwas sagen zu können, so sie
nicht wissen. Was vornehme Leute aus Ehrgeitz
cachiren, entdecken die gemeinen öffters aus
Ambition. Doch hast du dich auch vorzusehen,
daß du nicht alles gleich glaubest, was sie dir
sagen, sondern du must nach den Regeln, die in
des Herrn von Rohrs Buch von Erforschung der
menschlichen Gemüther gegeben worden, die
Glaubwürdigkeit ihrer Erzählung beurtheilen. |
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82) |
Bey den Städten
erkundige man sich nach der Lage der Stadt, was
nach den Plagis mundi vor Gegenden um sie
herum, man notire die Anzahl der Gassen, Thore,
Kirchen,
Klöster und Feuer-Städte, die
Beschaffenheit des Schlosses, die propresten und
besten Public- und Privat-Gebäude, die
vornehmsten Gärten, das Gewerbe und die
vornehmste Nahrung der Einwohner, Bestellung
des Stadt-Regiments, des Gottesdienstes und der
Schulen, die Gelegenheit der Hospitäle, Lazarete,
Waysenhäuser, Zucht-Häuser u.s.w. die
vornehmsten Gebräuche und Observantien bey
den Begräbnissen,
Hochzeiten, Kindtauffen, und
sonst die geschicktesten und renommirtesten
Künstler und
Handwercks-Leute, die Antiquitäten,
Monumenten,
Bibliothequen, Raritäten, Müntz-Cabinette, die
Privilegien und
Statuten der Stadt,
ihr Wappen, die vornehmsten Passagen, das
Erdreich da herum, die Fortification, das Arsenal,
den Hafen, besondere Kleider-Trachten, Wochen-
Märckte, Jahr-Märckte, den Preiß des Holtzes, der
Victualien und der Miethen; man untersuche, ob
sie etwan in der Historie berühmet wegen eines
gewissen
Frieden-Schlusses oder da herum
gehaltenen Schlacht, ob gewisse renommirte
Leute daselbst begraben liegen, ob sonst etwas
notables da herum zu sehen, ob wegen eines
besondern Dialecti der
Sprache etwas zu
mercken, ob die
Dörffer um sie herum etwan
wegen einer gewissen Manufactur oder sonst
merckwürdig u.s.w. |
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83) |
Bey den
Wäldern, wie der
Wald heisse, was vor Holtz sonderlich darinnen
wachse, wie der Boden des
Waldes beschaffen
sey, ob man eine gedruckte oder geschriebene
Wald-Ordnung davon habe, wie groß derselbige
wohl im Umfang, ob und was vor Wildpret
ohngefehr sich darinnen aufhalte, wem er
zuständig sey, wie das Holtz genutzt werde, ob
durch Verkauffen oder Pechmachen,
Kohlenbrennen, Äschern u.s.f. was vor Pech-
Öfen, Glaß-Hütten u.s.w. darinnen anzutreffen, ob
er in guten
Stande, ob das Holtz geheeget,
geschonet und gespahret werde, was und wie viel
Forst-Bedienten die Aufsicht darüber haben, ob
das Holtz gepflantzet und gesäet werde, oder
nach einigen Jahren ein Ausgang des Hol- |
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{Sp. 379|S. 203} |
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tzes zu
befürchten, ob
Wasser, Teiche, Seen, Dörffer, eintzele Häuser,
Mühlen, Schencken, oder andere Gebäude
darinnen befindlich; Wie viel Deputat-Klafftern des
Jahres weggegeben werden; was der Preiß der
Klafftern, der Bret-Bäume ist; ob Eichel-Mast
darinnen vorhanden, ob sehr irrsam zu paßiren,
ob manchmahl Unglück darinnen geschehen, ob
die Anwohner da herum von einigen Gespenstern
oder andern Portentis, die sie darinnen wollen
gesehen haben, Fabeln oder glaubwürdige
Historien erzählen; ob er in der Historie notabel,
wie die Jagden darinnen beschaffen, und wem sie
zu gehören, was vor Gevögel sich darinnen
aufhalte, und wenn, wie und von wem es
weggefangen werde, ob man bisweilen rare
Thiere darinnen gesehen, ob fleißig dahin gejagt
werde, und von wem; ob die
Gräntzen darinnen
streitig, ob richtige Gräntz-Bezühungen
geschehen, was wegen des Waldes den
Anwohnern da herum vor Bequemlichkeit oder
Zugang an ihrer Nahrung zuwachse, ob viel wildes
oder ander gut Obst darinnen anzutreffen, ob
gewisse
Arten des Holtzes vor andern bey dem
Kochen, Brauen, u.s.w. gewisse
Eigenschafften
haben. |
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84) |
Bey den Flüssen,
derselben
Ursprung, was sie vor Ströhme und
Bäche zu sich nehmen, ihr Ausfluß in einen
andern, Breite der ordinairen Zeit, ohngefehre
Tieffe, Brücken, Schleussen, Fähren, Mühlen,
Weer, Zölle, die Arten Fische, die er bey sich
führt, und an welchen Orten ein jeder zu fischen
berechtiget, ob er navigabel oder nicht, geräumt
oder nicht, ob er Überschwemmungen
verursache, und an welchem Ort er am
gefährlichsten; was sie vor Schiffe tragen, was vor
Inseln darauf seyn, wo etwan ein Strohm in den
andern bequem zu leiten wäre, was die Anwohner
vor Fabeln oder Historien von allerhand Wasser-Gespenstern oder Nixen davon zu erzählen
wissen; man explorire die Eigenschafften des
Wassers, so sie bey sich führen, in Ansehung der
Farben, des Geschmacks, des Geruchs, des
Kochens, Waschens und Brauens, der Medicin,
der Auflösung der Saltze, Befeucht- und
Begüssung der Früchte und Gewächse,
Einmachung des Kalches und Gipses. |
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85) |
Bey dem Gesundbrunnen,
wenn und bey was vor Gelegenheit sie
entstanden, ob sie starcken Quell und Zufluß
haben, ob keine wilde Wasser zuflüssen, ob die
Passagiers an dem Orte mit allem nöthigen wohl
versehen sind, ob angenehme Gegenden und
lustige Spatzier-Gänge da herum, ob sie von
vielen Fremden besucht werden, von welchen
Orten die Fremden sonderlich kommen, ob das
Wasser verführet werde, und zwar ohne Abgang
der Krafft, ob eigne Leute über den Brunnen
bestellt, welche Mineralien sonderlich prävaliren,
was sie vor
Effecte thun, in Ansehung der
Kranckheiten und Beschwehrungen, wie der
Brunnen angeleget, ob er überbauet oder nicht,
wo sich die Quelle des Sauerbrunnens eigentlich
anfange. Und fast eben dieses ist auch bey den
warmen Bädern in Obacht zu nehmen. |
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86) |
Bey den Bergen, wie sie
heissen, ob sie fruchtbar, und was darauf wachse,
ob Bäume, Getreyde, medicinalische
Kräuter, |
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{Sp. 380} |
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und was vor welche,
woher sie ihren Namen bekommen, ob, und auf
was vor Art sie die Witterungen andeuten, ob sie
etwan in der Historie wegen eines gewissen
Umstandes berühmt, ob der Prospect darauf
lustig, und wie weit man sich darauf wohl
umsehen könne, was man etwan vor Historien
und Fabeln davon zu erzählen pflege, ob sie nicht
zu nutzen wären, wie die Lufft, das Wasser u.d.g.
darauf beschaffen. |
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87) |
Bey den Bergwercken,
wie es heisse, wer es baue, was ein Kux wohl
gelte, ob es ergiebig sey, was die Gewercken dem
Landes-Herrn wohl davon zu entrichten pflegen,
wenn das Bergwerck angefangen worden zu
bauen, bey was vor Gelegenheit es entdecket
worden, ob durch die Wünschel-Ruthe oder auf
andere Art, ob es der Vermuthung nach noch
lange continuiren werde, was eine gewisse
Mensur von dem Minerali wohl koste, wo sie es
hin verführen, und es zu nutzen pflegen; ob die
Berg-Leute wegen der gifftigen Schwaden und
Ausdünstungen, oder etwan der Berg-Kobolde in
ihrer Arbeit nicht gehindert werden; ob die
Unkosten dem Vortheil gleich seyn, wie starck die
Gewerckschaft wohl sey, die dabey intereßiret,
u.s.w. |
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88) |
Bey den Manufacturen,
wenn sich dieselben angefangen, bey was vor
Gelegenheit, wie starck sie an Meistern und
Gesellen sind, ob sie genung Verlag haben, wohin
sie ihre Waaren distrahiren, ob der
Profit groß, ob
und durch was sie in bessern Stand zu bringen
wären, und was ihnen wohl hinderlich sey, an
welchen Orten dergleichen mehr anzutreffen, und
worinnen der Vorzug dieser vor jener, oder jener
vor dieser bestehe. |
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89) |
Uberhaupt mercke, daß
du nicht allzu grosse
Begierde bezeigest, etwas
zu erfahren, sondern erkundige dich dessen bey
Gelegenheit, denn sonst möchtest du
Verdruß
davon haben, vor einen Spion gehalten werden,
auch desto weniger dahinter kommen. In des Hrn.
von Rohrs gründlichen und vollständigen
Anweisung, wie man zu einer wahren, genauen
und speciellen Erkänntniß eines Landes kommen
kan, werden gar viel dergleichen Regeln gegeben
werden. |
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90) |
Nach deiner Zurückkunfft
ins Vaterland erzähle nicht bey aller Gelegenheit,
wie einige Reisende zu thun pflegen, wie es in
diesem oder jenem Lande, daraus du kommst,
beschaffen sey. |
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91) |
Ingleichen nimm auch
nicht ausländische Gebräuche an, welche in
deinem Vaterlande unbekannt sind, und affectire
in keiner Sache etwas fremdes, sondern richte
dich nach dem einheimischen, sonst wirst du
gehaßt und ausgelacht werden. |
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Dieses sind also die
Regeln, welche mehr
gelobter Herr von Rohr denen Reisenden
vorgeschrieben, und welche
gewiß dem, der sich
auf seinen Reisen darnach achtet, versprechen
können, daß er seine Reisen mit wenigerer Gefahr
und mit grösserem
Nutzen zurück legen werde,
als sonst geschehen würde. |
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