Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
|
3) Einige Folgen: ¶ |
|
|
Wir ziehen aus dieser Betrachtung des
menschlichen
Willens noch eine
zweyfache Folge: |
|
|
|
|
|
(a) |
Unser erster
Satz ist dieser: Der menschliche
Wille zeuget von der
Existentz GOttes. |
|
|
|
|
Wir mercken in dem menschlichen Willen fünfferley
an, welches uns hierauf führet: |
|
|
|
|
α) |
Eine Propension, einen GOtt zu haben, und
denselben zu verehren, welche sich bey allen
Völckern und Heyden
geäussert, und da sie von dem wahren Gottesdienste |
|
|
|
|
{Sp. 72} |
|
|
|
|
nichts gewust haben, dieselben angetrieben hat,
auf allerley falsche Arten des Gottesdienstes zu fallen. Sie haben
nemlich, wie Cicero
sagt, lieber einen falschen GOtt,
als keinen GOtt verehren wollen. |
|
|
|
|
|
β) |
Eine
Empfindung der eigenen Ohnmacht und des
eignen Unvermögens. |
|
|
|
|
|
|
Der
Mensch fühlet das wohl, er sey eine
ohnmächtige Creatur, er könne nicht alles thun, was er wolle; Welches
auch so gar die mächtigsten
Monarchen innen werden müssen, die sich
gegen den Anfall der Schmertzen, der Kranckheiten und des
Todes, nicht
schützen können. |
|
|
|
|
|
|
Daraus folgt offenbarlich: |
|
|
|
|
|
|
a. |
Daß der Mensch nicht von sich selbst sey, und
nicht durch eigene
Krafft bestehe. Denn wenn er sich selbst sein
Wesen
gegeben hätte, so würde er ja sich selbst nicht so sehr eingeschränckt,
sondern sich so viel Kräffte und
Gewalt gegeben haben, als er begehret.
Denn es ist ihm ein grosses Leiden, daß er nicht alles thun kan, was er
will. |
|
|
|
|
|
|
|
b. |
Folgt daraus, daß ein höheres Wesen sey, welches
dem Menschen sein
Wesen gegeben, und seine Kräffte so eingeschräncket
hat, daß er beständig von ihm dependiren, und seiner Hülffe bedürffen
müsse. |
|
|
|
|
|
|
γ) |
Einen eingepflantzten Trieb, in der Noth zu
diesem höchsten Wesen die Zuflucht zu nehmen. |
|
|
|
|
|
|
Daher ist, aus einer allgemeinen
Erfahrung, das
Sprüchwort entstanden: Noth lehret beten. Denn da lernt der
Mensch
erkennen, daß seine
Kräffte zu schwach sind, sich selbst zu helffen, und
nimmt daher seine Zuflucht zu einer höhern
Macht, die er in dem Gebete
um Hülffe anruffete. Und dieser Trieb äussert sich nicht nur bey den
Heyden; Wie wir solches Jonä I, 5. bey denen Leuten sehen, die
bey dem Jonas in dem Schiffe sassen, da bey
entstandener Todes-Gefahr ein jeder seinen
GOtt anrief. |
|
|
|
|
|
δ) |
Ein unendliches Verlangen, welches durch kein
irrdisches Gut, sondern allein durch ein schlechterdings unendliches
Gut, gesättiget werden kan. |
|
|
|
|
|
|
Da nun dieses Verlangen in allen Menschen
natürlich ist, dasjenige aber, was von
Natur in allen
Menschen ist,
nicht vergeblich seyn kan, sondern einen gewissen
Endzweck haben muß; so
muß nothwendig ein unendliches Gut existiren, dadurch diß unendliche
Verlangen gestillet werden kan, sonst wäre dieses Verlangen vergeblich
in der Natur. |
|
|
|
|
|
|
Dieses Argument vor die
Existentz GOttes hat, in
der
Form einer mathematischen Demonstration, D. Johann Jacob
Syrbius zu Jena, in seiner Logic, Th. I. Cap.
XIII. vorgetragen, der auch eine Dissertation de desiderio
animae humanae infinito geschrieben, darinnen er die Existentz
dieses Verlangens dargethan und erwiesen hat. |
|
|
|
|
|
ε) |
Eine Unruhe und
Furcht, wenn der
Mensch etwas
böses gethan hat; |
|
|
|
|
|
|
Welche aus der
Empfindung eines bevorstehenden
Gerichts herrühret, das weiter einen gerechten und allwissenden
Aufseher, Beurtheiler und
Richter der menschlichen
Dinge voraus setzet.
Denn obgleich nicht bey allen Missethätern diese heimliche Furcht und
Unruhe sich in gleichem Grade äussert, manche auch dieselbe zu
verbeissen und zu unterdrücken suchen; so wird doch kein Missethäter zu
aller Zeit von den
Erfindungen derselben frey bleiben, sondern er wird
bey sich selbst eine Überzeugung von der
Existentz des höchsten
Richters, der ihn um seiner Übelthat willen zu
Rede stellen wird,
wahrnehmen.¶ |
|
|
|
|
{Sp. 73|S. 50} |
|
|
(b) |
Unser anderer Satz war dieser: Der menschliche
Wille zeuget von dem geistigen
Wesen der
Seele. |
|
|
|
|
Wir
beweisen dieses so wohl aus dem
Vermögen, als
aus den
Würckungen des Willens. Das Vermögen des Willens ist eine
geistige
Krafft, weil der Wille nicht durch
cörperliche Dinge, sondern
allein durch die Vorstellungen, die sich der
Verstand davon machet,
beweget und determiniret wird. Ein
Cörper kan ordentlicher Weise in
keine
Bewegung gesetzet werden, ohne durch eine solche
würckende Ursach,
die schon würcklich vorhanden ist. Nun wird aber der Wille öffters durch
gewisse Absichten geneiget und beweget, die noch nicht würcklich da
sind, sondern die sich die
Seele erst noch zu erreichen bemühet. |
|
|
|
|
Z.E. Ein General wird durch die Vorstellungen der
Ehre, die auf dem Sieg folgen werde, zu der Tapfferkeit ermuntert. Die
Ehre ist noch nicht da, sondern soll noch erst erhalten werden; Und doch
läst sich der Wille durch die Vorstellung derselben, als eines noch
zukünfftigen Gutes, zu einer solchen Unternehmung und
That bewegen,
dabey
Leib und
Leben in Gefahr stehet. Ja, die
Heilige Schrifft sucht
unsern Willen, durch Vorstellung der unsichtbaren zukünfftigen
Güter,
die kein Auge gesehen, und kein Ohr gehöret hat, zu Verleugnung der
sichtbaren Güter zu bewegen. Das ist ein überzeugender
Beweiß, daß
unsere Seele ein
Geist sey. |
|
|
|
|
Eben dieses schliessen wir auch aus den
Würckungen der Seele. Der Wille kan den
Verstand, so offt er will, auf
etwas lencken, seine
Kräffte zu abstrahiren, zu urtheilen u.s.w. zu
dieser und jener Zeit, bey diesem und jenem Gegenstande, auf diesem oder
jenem
Endzweck wenden. Er ist fähig, uncörperliche Sachen, ja
GOtt
selbst, der auch ein Geist ist, zu
lieben, den Satan, der auch ein
Geist
ist, zu hassen, sich der Gottseligkeit, Gerechtigkeit,
Geduld etc. zu
befleissigen. Da nun aber ausgemacht ist, daß Würckung von ihrer
Ursache
zeuget; So folget, daß die
Seele ein geistliches und immaterielles Wesen
sey.¶ |
|
|
|
|
|
II. Historische Abhandlung.
¶ |
|
|
Bey der historischen Betrachtung dieser
Materie können wir so viel nicht
anführen, weil dasjenige, was von den
Meynungen der
Philosophen merckwürdig zu
berühren, meistens besondere Umstände betrifft, so wir schon unter den gehörigen
Artickeln erzehlet haben. Wir wollen nur eins und das andere, so zur Lehre und
Willen überhaupt gehöret, kürtzlich anführen.¶ |
|
|
Die Scholastici machten einen gar grossen Unterscheid unter der sinnlichen
und
vernünfftigen Seele, und unterscheideten die sinnliche
Begierde von dem
Willen, da es scheint, als hätten sie den Aristoteles zum
Vorgänger gehabt, welcher L. I. Ethicor. c. 14. fast gleiches lehret:
Doch, was des Aristoteles eigentliche Meynung von der
Seele
gewesen, haben wir anderswo gezeiget. Die Meynung selbst, als wenn die sinnliche
Begierde etwas von dem Willen unterschiedenes sey, ist falsch, und kommt der
Unterscheid nur von den unterschiedlichen Objectis her, welche der
Krafft der
Seelen, die man den |
|
|
{Sp. 74} |
|
|
Willen nennet, vorgestellt werden, und daher man sie bald bloß mit dem
Nahmen des Willens, bald mit der sinnlichen
Begierde beleget. Denn ist sie mit
einem geistlichen, und die äusserlichen
Sinnen übersteigenden Object
beschäfftiget, so kan man sie schlechterdings den Willen nennen; sind aber die
Objecta sinnliche
Sachen, so heist sie die sinnliche Begierde. |
|
|
Gleiche Bewandtniß hat es mit der Eintheilung, da man überhaupt die
Kräffte
der Seelen, folglich auch den Willen in reine und unreine, oder vermischte
abgetheilet hat. Wenn die Cartesianer alle
Leidenschafften der Seelen zum
Verstand, und alle Thätigkeit zum Willen gerechnet, so ist dieses eine
Meynung
von deren Ungrund man nicht nur durch die eigene
Empfindung; sondern auch durch
die ungereimte Folgerungen, die daher entstehen, kan überführet werden. Denn
daher musten die Cartesianer lehren, daß das Judicium nicht zum
Verstande;
sondern zum Willen, und die
Affecten nicht zum Willen; sondern zum Verstand
gehörten, wovon |
|
|
- Ludewig de la Forge de mente hum. ...
- Anton le Grand in institut. Philos. ...
- Malebranche de inquirenda veritate ...
- Audala in seinen Exercitationibus Acad. ...
|
|
|
zu lesen. |
|
|
Die
Sache selbst ist ungereimt, und wie wir schon gedacht, wider die eigene
Erfahrung. Denn wir nehmen wahr, daß die
Seele sich so wohl bey dem
Verstande;
als bey dem Willen bald leidend, bald thätig erweiset, welches wir auch schon
anderswo weiter ausgeführet haben. |
|
|
So offt Spinoza von dem Willen
redet, so nimmt er allemahl
dieses
Wort blos vor das würckliche
Wollen insgemein und ohne Absehen auf einige
Umstände, und will nicht zugeben, daß der Wille eine absonderliche
Gemüths-Krafft
sey, vermöge deren wir etwas würcklich wollen, und uns bald zu diesem, bald zu
jenem lencken können. Er
schreibt Epist. 2. ad
Oldenburgium ... ausdrücklich, daß der Wille, wenn man ihn vor eine
Krafft
nähme, nichts, als eine blosse Chimere, und durchaus nicht vor die
Ursache
dieses und jenes würcklichen Wollens anzugeben sey. Man hat sich aber darüber
nicht zu verwundern. Denn da er meynte, es geschehe in der
Welt alles nothwendig
auf eine Mechanische Art, so solte auch diese
Meynung dahin zielen, daß er den
Menschen aller
Freyheit berauben wolte. |
|
|
Rüdiger hat in seiner Dissertat. prooemial. bey
seinem sensu veri et falsi sich angelegen seyn lassen, zu erweisen, daß
man den menschlichen
Verstand und Willen als zwey unterschiedene
Substantzen
anzusehen habe, so daß jener seinen Sitz im Gehirne: dieser aber in dem Hertzen
habe, wovon er nachgehends in der physica div. sich weiter erkläret
hat. Er stellete sich den Verstand und Willen unter dem Bilde zweyer Kugeln auf
dem Billiard vor, weil der Mensch anders gedächte, und anders wolte. |
|
|
Allein Gundling
spricht, da er in seiner Historia
literaria ... auf ihn zu
reden
kommt: |
|
|
"Er hat nicht Acht gegeben, was im
gemeinen Leben paßiret. Da ich z.E. gedachte, ich wolte jetzt aufstehen, und
thue es doch nicht gleich; Denn ehe ich aufstehe, dazu |
|
|
{Sp. 75|S. 51} |
|
|
gehöret ein Spatium; Inzwischen nun kommt wieder ein neuer
Gedancke, so wird
mithin der Wille und
Verstand zugleich geändert. Nam, ubi est spatium, ibi
est mora; ubi est mora, da bedencke ich mich wohl noch zehenmal." |
|
|
Dieses hat der
Herr von Leibnitz vortrefflich gezeiget, und
unter unsern heutigen
Weltweisen ist es gantz was gemeines, und nunmehro auch
was ausgemachtes. So
schreibt auch Reinbeck, in der 15
Betrachtung über die Augspurgische Confeßion ...: |
|
|
"Der Wille neigt sich zu dem, was sich die Seele in ihrem
Verstande als gut vorstellet, und verwirfft, und verabscheuet das, was sie sich
als böse vorstellet. Es ist unmöglich, daß der Wille dasjenige verlangen und
begehren solte, was, und in so ferne, und so lange die Seele es sich als böse
vorstellt; Und im Gegentheil auch, daß der Wille dasjenige verwerffen und
verabscheuen solte, was, und in so ferne, und so lange es die Seele sich als gut
vorstellet. |
|
|
Es kan zwar wohl geschehen, daß die Seele sich in ihrer Vorstellung irret,
und daß sie sich etwas böses als gut vorstellet: Aber der Wille kan doch auch
selbst das Böse nicht begehren, ohne unter dem falschen Begriff, und der irrigen
Vorstellung des Guten. Z.E. Ein Soldate hat den Feind vor sich. Heute stellt er
sich vor, es sey rühmlicher zu sterben, als zu fliehen. So stehet er dann als
eine Mauer, und thut, was einem rechtschaffenen Soldaten zukommt. Morgen stellt
er sich vor, es sey ihm besser, sein Leben zu erhalten, als in Gefahr zu setzen,
so kehrt er denn dem Feinde den Rücken." |
|
|
Thomasius träget in seinen Fundamentis Juris naturae et
gentium unter andern folgende Lehrsätze vor:¶ |
|
|
1. |
„Der Wille ist ein
Verlangen des Hertzens, das allzeit mit dem Gedancken des Verstandes
verknüpffet ist: Wann man von diesem abstrahirt, heisset es der
Appetitus sensitivus.„ |
|
Siehe das jetztgedachte
Buch Thomasius Cap. I, §. 30. |
|
2. |
„Doch ist der Wille
kein Gedancke, kan aber den Gedancken jederzeit bewegen.„ |
|
|
|
3. |
„Die Kräffte ausser dem
Menschen bewegen die Kräffte des Menschen im Verstand und Willen; Darum
kan der Verstand gezwungen werden.„ |
|
Siehe §. 40. |
|
|
Das
Wort
Zwingen aber heißt ihm so viel, als den Willen reitzen,
erwecken, hindern, zurücke treiben. Es wird also das Wort
Zwingen nur in uneigentlichem Verstande genommen, welches
diejenigen nicht erwogen, die wider diesen Satz geeyffert haben. |
|
|
|
4. |
„Die Krafft, den Leib
zu bewegen, dependirt nicht von den Gedancken, sondern dem Beginnen des
Hertzens, und dessen Antrieb, wiewohl solches seine von GOtt gesetzte
Grentzen hat.„ |
|
|
|
5. |
„Der Wille kan nicht
allzeit die Bewegungen der Gedancken hindern, aber doch dieselbige zum
Aufmercken an sich halten, und so dann weiter dirigiren.„ |
|
|
|
6. |
„Der Wille verlangt
nicht, weil es dem Verstand gut vorkommt, sondern der Verstand siehet
etwas für gut an, weil es der Wille also haben will, und den Verstand
antreibt, eine Sache zu betrachten, wie es ihm anständig ist.„
|
|
Sie- |
|
{Sp. 76} |
|
|
|
he §. 46. |
|
|
Auch dieser Satz hat vielen nicht
gefallen wollen. Hingegen haben andere die
Sache so zu erläutern
gesucht, daß sie unter dem vorhergehenden und nachfolgenden Willen einen
Unterschied gemachet, weil zwar vorher einige
Erkänntniß eines Objecti
vorgehen muß, (denn nach einer unbekannten Sache kan man keine
Begierde
haben) auf welche aber die
Bewegung des Willens also folget, daß durch
denselbigen der
Verstand determiniret wird, es also zu betrachten, wie
es dem Willen anständig ist. |
|
|
|
7. |
„Verstand und Wille
haben ihre Actiones et passiones.„ |
|
|
|
8. |
„Der Wille ist das
Primum agens der menschlichen Seele, weil er den Verstand
bewegt.„ |
|
|
|
9. |
„Was auf Verlangen
des Willens geschiehet, heisset eine freywillige Verrichtung, oder auch
eine
Actio moralis.„ |
|
|
|
10. |
„Die sittliche Natur
des Menschen ist ein Begriff (Complexus) der Krafft des
Willens, sammt den übrigen dem Willen unterworffenen Kräfften.„ |
|
|
|
11. |
„Die menschliche
Vernunfft gehöret nicht zum Willen sondern zum Verstand.„ |
|
|
|
12. |
„Der Wille ist frey
in Ansehung des Verstandes, inwendig aber nicht, weil er keine
gleichgültige Freyheit hat.„ |
|
|
|
13. |
„Der Wille ist
dienstbar, so wohl andern Kräfften, als auch den Kräfften des Menschen,
so ferne sie ihm angenehm sind, ihn reitzen und neigen.„ |
|
|
|
14. |
„Eine freywillige
Handlung (Spontanea actio) die man auch sittlich nennet,
heisset diejenige, welche von dem Willen, als der
Haupt-Ursache
herkommt; Deswegen wird sie ihm auch zugerechnet. Weil nun der Wille
selbst nicht freywillig ist, kan man dem Menschen auch dessen erste
Bewegungen nicht zurechnen.„ |
|
|
|
15. |
„Der Wille verlangt
nichts, das seine Krafft nicht vermehret, und in so weit gut ist.„ |
|
|
|
16. |
„Der Mensch hat
dieses besonders, daß die vornehmste Krafft des Willens ein solches Gut
sucht, das dem Bono totius zuwider ist.„
|
|
Siehe §. 85. p. 50. |
|
17. |
„Wann der Verstand
frey ist, so siehet er den Unterschied unter dem wahren und Schein-Gut;
Wann er aber von dem Willen angetrieben wird, hält er das Schein-Gut für
ein wahres Gut, und das heißt die verderbte Vernunfft.„ |
|
|
|
18. |
„Alle Menschen kommen
darinnen überein mit einander, daß sie verlangen, sehr lange in der
höchsten Glückseligkeit zu leben und ein unangenehmes schmertzhafftes
Leben fliehen: Aber darinnen sind sie von einander unterschieden, daß
nicht ein jeder für angenehm und
verdrießlich hält, was der andere dafür
hält. Deswegen suchen Sie auch die Glückseligkeit in verschiedenen
Dingen, einer im Ehrgeitz, der andere im Geldgeitz, der dritte in
Wollust u.s.w.„ |
|
Siehe §. 120. p. 60
u.ff. |
|
19. |
„Es ist kein Mensch,
in welchem nicht eine Mixtur dieser drey Haupt-Willens-Neigungen seye.„ |
|
|
|
{Sp. 77|S. 52} |
|
|
20. |
„Demnach hat ein
Mensch verschiedene einander zuwidere Willen in sich.„
Dieser Satz ist des Buddeus Ethicae ...
entgegen gesetzet, und in einer weitläuftigen Anmerckung mit ziemlich
spitzigen
Worten vertheidiget.¶ |
|
|
|
In Johann Hübners Einleitung zur Sitten-Lehre, die zu
Leipzig 1741. ediret worden ist, wird in dem VII Capitel von dem Willen
gehandelt, den der Verfasser als einen Vorsatz, Gutes zu geniessen, und
Böses zu
vermeiden, ungemein dunckel und unzulänglich p. 16 beschreibet, und
sich hierauf die Eintheilung in den begierlichen und
erzürnlichen (irascibilen) Willen, wie auch die alten scholastischen
Gedancken von der
Freyheit desselben, die doch sehr schlecht bestimmet ist,
gefallen lässet. |
Philosophischer Bücher-Saal, Th. V. p.
449.
|
|
|
|
|
III. Verschiedene Fragen von dem Willen. |
|
|
Man findet hin und wieder noch verschiedene Fragen, die von dem Willen und
dessen Gemeinschafft mit dem
Verstande pflegen erörtert zu werden. |
|
|
Als: Ob der menschliche Verstand in den Verrichtungen, da er mit dem
Willen genau
verbunden sey, vor demselben hergehe, oder seiner
Bewegung
nachfolge? Man sehe hiervon Herrn Professor Gottscheds
den 10 April 1737 zu Leipzig vertheidigte
Disputation: de voluntatis ab
intellectu dependentia. |
Gründl. Ausz. aus Disputat. B. VI.
...
|
|
Ferner: Ob der menschliche Verstand den Willen, oder dieser jenen zu
regieren fähig sey? Ob das Verderbniß bey den Menschen mehr dem Willen, als dem
Verstande, zugeschrieben werden müsse? Bey welcher Frage wir anmercken,
daß auch der Verstand vielmahls von dem Willen verderbet werde; wie solches
Herr
Professor Christian August Crusius, in einer den 20 Julius 1740
zu Leipzig gehaltenen Disputation, de corruptelis intellectus a voluntate
pendentibus, gezeiget hat. |
Kriegels Nachrichten von den Bemühungen der
Leipzig. Gel. von 1740...
|
|
Ingleichen: Ob die Ausbesserung von dem Willen, oder von dem
Verstande anzufangen sey ? Und ob man mehr auf den Willen, oder auf den
Verstand, in seiner Bekehrung zu sehen habe? Michael Friedrich Leistikov,
welcher zu Jena den 12 May 1717 eine Dissertation de emendatione intellectus
gehalten, hatte darauf zu derselben noch einen zweyten Theil, de emendatione
voluntatis, ausgearbeitet, und an selbigem seine meiste Stärcke angewendet.
Weil er aber darinnen behauptet hatte, daß der
Grund des
Wollens in den
Vorstellungen des
Verstandes anzutreffen sey, und dahero die Verbesserung des
Willens von den Verbesserungen des Verstandes dependire: wolte solches der
damahlige Decanus E. löblichen Philosophischen Facultät, Johann Jacob
Syrbius, aller geschehenen Vorstellungen ohngeachtet, nicht gelten
lassen. Leistikov ward dahero genöthiget, diesen Theil gar
zurück zu lassen. |
|
|
Dagegen hielt
Herr Professor Johann August Ernesti zu
Leipzig, den 22. Julius 1730, eine Disputation: de emendatione voluntatis
per saltum. Desgleichen ward in den wöchentlichen Göttingischen
Nachrichten, nebst allerhand voran- |
|
|
{Sp. 78} |
|
|
gesetzten Philosophischen Betrachtungen, auf das 1735. Jahr, (wovon
Samuel Christian Hollmann Verfasser seyn soll) Num. 41. von der
Besserung des menschlichen Willens gehandelt. |
|
|
Wir haben auch bereits oben in den
Artickeln: Verbesserung der
Seelen,
Band XLVII, p. 153. und ff. und Wiedergeburt,
Band LV, p. 2083. und ff. die Frage: Ob man die Besserung der
Seelen
von dem
Verstand, oder von dem Willen anfangen müsse ? untersuchet. Der
Herr von
Rohr aber, welcher sich in diese Streitigkeit nicht einlassen
will, giebt in seiner Klugheit zu leben ... den Rath: |
|
|
"Frage nicht lange, ob du von Verbesserung des Willens, oder
des Verstandes, anfangen solst, denn diese Frage ist gantz unnöthig. Wenn du
warten wilst, bis dein Wille vollkommen gebessert, wirst du Lebenslang warten
müssen, und so vice versa.
Sondern fange immer an beyden zugleich an, und bessere deinen Verstand und
Willen, so viel du kanst." |
|
|
Überhaupt ist von allen jetztberührten Fragen, welche Gerhard
in dem unvorgreiflichen Begriff vom Verstand und Willen des Menschen, und
derselben Ausbesserung, der 1717. zu Jena heraus gekommen ist, p. 16.
und ff. untersuchet, zu urtheilen, daß sie zum Theil nichts auf sich haben, auch
so abgefaßt sind, daß man darüber leicht auf ein Wort-Gezäncke gerathen kan. |
|
Literatur |
|
- Rambachs Dogmat. Theol. Th. I. ...
- Syrbii kurtze Anweisung zur Weish. ...
- Kämmerichs Acad. der Wissensch. Eröff. ...
- Walchs Philosophisches Lexicon.
- Desselben Gedancken von dem philosophischen Naturell.
-
Deutsche
Acta Eruditorum
...
- Rübels Recht der Natur ...
-
Wolffs Gedancken von GOtt, der Welt und der Seele ...
- Carpovii Erläuterung der Wolffischen Sitten-Lehren ...
- Zimmermanns natürliche Erkänntniß GOttes, der Welt und
des Menschen ...
- Sturms Vernunft-Lehren ...
- Bernds Abhandl. von GOtt und der menschlichen Seele ...
- Hilligens Anatomie der Seelen ...
- Gottscheds Gründe der Welt-Weish. Theor. Th. ... Pract.
Th. ...
- Bruckers philos. Hist. Th. VII ...
- Ludovici Historie der Wolffischen Philosophie Th.
III. ...
- Rohrs Klugheit zu leben ...
|
Siehe auch |
Siehe auch die
Artickel: |
|
|
|
|
|
|
|