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Quellenangaben |
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Philosophisches Lexicon, Philosophisches
Wörterbuch, Lexicon Philosophicum, ist nichts anders
als ein Inbegriff lauter
Erklärungen von
philosophischen
Kunst-Wörtern, die in
alphabetischer
Ordnung aufeinander folgen. |
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Nun kan ein ieder, dem bekannt ist, daß
Erklärungen deutliche
Begriffe sind, alsbald
ersehen, daß in denen philosophischen Wörter- Büchern nichts als deutliche
Begriffe von den in
der
Weltweißheit vorkommenden Kunst-Wörtern
nebst dem, was zu ihrer Erläuterung
dienet, dürffe
enthalten seyn. Hieraus ist Sonnenklar, daß von
dem
Nutzen solcher
Schrifften alles dasjenige
gelten müsse, was von dem
Gebrauche so wohl
der deutlichen Begriffe überhaupt, als auch ins
besondere der Erklärungen
gerühmet werden
kan. |
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Weiter, weil die philosophischen Lexica nur
philosophische Kunst-Wörter erklären, so kommt
ihnen auch ferner derjenige Nutzen zu, welche
man von den philosophischen Wörtern sich
versprechen kan. |
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Noch ein Nutzen ist nicht zu verschweigen,
der zumal
Büchern dieser
Art
gantz alleine
zukommet: Es ist schwer von einer
Sache einen
deutlichen Begriff zu erlangen; gleichwol sind
selbige in
Wissenschafften, da man von allen den
Grund geben
soll, gantz unentbehrlich. |
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Damit man also die kostbare
Zeit nicht darauf
verwenden
möchte, daß man deutliche Begriffe
von solchen
Dingen allererst suche, die von
andern bereits sind deutlich erkläret worden, und
folglich gehindert werde das
Reich der
Wahrheit je
mehr und mehr zu erweitern, welches uns doch zu
thun oblieget; so ist man eben daher
auch
verpflichtet,
sich in den Schrifften der
Philosophen umzusehen, ob etwan wo diejenigen deutlichen Begriffe
oder Erklärungen, die wir zum
Beweiß dieses
oder jenes
Satzes
nöthig haben, schon sind
gegeben worden. |
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Hier eignet sich nun eine grosse
Schwierigkeit. Denn in dem Büchern, in welchen
eine
Wissenschafft auf gehörige Art
vorgetragen
wird, und in welchen man also
vornemlich
deutliche Begriffe zu suchen hat, werden die
Erklärungen zwischen die Sätze an denen
Orten
eingeschaltet, wo uns die
Ordnung im
Nachdencken zu selbigen leitet, so daß sie
ziemlich zerstreuet und bald hier eine vorkommet,
bald da eine. Dahero wird mancher, zumal wenn
er der philosophischen Lehrart nicht sonderlich
gewohnet ist oder noch keine hinlängliche
Erkänntniß der
Regeln im Nachdencken besitzet;
mehr als eine Stelle einer
Schrifft aufschlagen und
die verlangte Erklärung, wenn sie auch in dem
Buche enthalten ist, dennoch nicht finden. |
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Zu geschweigen, daß, wenn selbige Sache
gar nicht darinne solte erkläret worden seyn, alle
angewendete Mühe endlich schlech- |
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{Sp. 2138} |
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terdinges vergeblich seyn würde. |
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Weil nun in einem philosophischen Wörter-Buche die Kunst-Wörter nach alphabetischer
Ordnung gestellet sind; so wird man dadurch
geschickt gemachet, alle und
iede in selbigem
befindliche Erklärungen, deren etliche ihrem
Erfinder den
Kopf ziemlich zerbrochen, und ihm
manchen Tropffen sauren Schweisses ausgepresset haben, nur durch eine geringe Handanlegung sofort zu Gesichte zu bekommen. Wer
wolte demnach
zweiffeln, daß die
philosophischen Wörter-Bücher ein dergleichen vortreffliches
Mittel wären, so den Wissenschafften als höchst
vortheilhafft zu
rühmen ist. |
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Dieses eintzige könnte hier iemand
einwenden, daß man durch ein vollständiges
Register eines guten
philosophischen Lehr-Begriffs (Systematis Philosophici) eben diesen Nutzen
erhalten könnte, und man dieserwegen nicht
nöthig hätte, besondere Bücher mit Erklärungen
anzufüllen. Hierauf ist die Antwort, daß ein
vollständiges Register eine sehr selten
vorkommende Sache sey, und wenn sie auch
häuffiger anzutreffen wären, so ist doch
wenigstens ein ausführlicher Lehr-Begriff in
verschiedene
Bände
vertheilet, denen also auch
jedem ins besondere ein Register beygefüget ist,
da man denn in Aufsuchung einer Erklärung von
einem zu dem andern seine Zuflucht nehmen
muß; zu geschweigen, daß, wenn man auch das
Wort im Register gefunden hat, alsdenn erst den
angeführten § aufschlagen und solchen, wenn er
mehrere Sätze in sich fasset, gantz durchlesen
muß. |
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Allen diesen Beschwerlichkeiten wird durch ein
philosophisches Wörter-Buch abgeholfen. Es wäre
also zu wünschen, daß man ein vollständiges
philosophisches Lexicon hätte. Es ist zwar nicht
zu
läugnen, daß man von allen
Zeiten her so
manches und in vielerley
Sprachen abgefaßtes
Wörter-Buch aufweisen könne: allein es ist zu
besorgen, daß bey genauer
Untersuchung die
Ausführung nicht mit dem
Titel
überein stimme. Es wird nicht undienlich seyn, solches
hier etwas ausführlicher zu entdecken. |
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Wir
wollen an die
gantz
alten nicht
gedencken, von denen wir ohnedem nichts weiter
als ihre Aufschrifft
wissen, sondern nur die,
welche noch vorhanden sind, in etwas beleuchten.
Sie können alle gar füglich in zwey
Classen
eingetheilet werden. Denn ihre
Verfasser haben
entweder die philosophischen Kunst-Wörter nur
mit andern
Worten beschrieben, oder sie haben
von selbigen
verschiedener
Philosophen
Erklärungen angeführet, auch zugleich die mit
selbigen verknüpffte Lehr-Sätze und deren
historische
Umstände mit berühret. |
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Wie aber jene zu wenig, so haben diese zu
viel
gethan. Beydes zu erweisen ist nicht schwer.
Die, welche die Kunst-Wörter nur mit andern
Worten klärer zu machen gesuchet haben, wenn sie
es hoch gebracht, haben weiter nichts geleistet,
als daß der Leser von der
Sache, davon er gar
keinen
Begriff hatte, doch einen dunckeln Begriff
überkommen, weil es leicht geschehen konnte,
daß in den Umschreibungen ein Wort mit
untergelaufen, welches ein Merckmahl der Sache,
deren Wort sie ihren
Gedancken nach erklärten,
wenigstens zu |
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{Sp. 2139|S. 1087} |
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einer
Zeit
und unter
gewissen
Umständen
zukommet, andeutet. Da aber eine Erklärung nicht
allein hinlängliche, sondern
wesentliche
Merckmahle erfordert, so kan ein jeder von sich
selbst erachten, daß man in solchen
Büchern
keine Erklärungen zu suchen habe, die doch zu
einem philosophischen Lexico erfordert
werden. |
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Hingegen diejenigen, welcher unter jedem
Worte verschiedener Philosophen Erklärungen
anführen, die damit verbundenen Wahrheiten
berühren, und dieser so wohl als jener historischer
Umstände erzählen;
thun mehr als sie
sollen, weil
ein philosophisches Lexicon nichts anders ist als
ein Inbegriff lauter Erklärungen philosophischer
Wörter: folglich sind ihre
Schrifften nicht so wohl
Lexica als Bücher zu
nennen. Und zu dieser
Classe gehöret des
Herrn Johann Georg
Walchs
Philosophisches Lexicon. |
Ein mehrers von
Philosophischen Lexicis hat Carl Günther
Ludovici in der
Vorrede zu
Heinrich Adam Meißners Philosophischem Lexico aus den Schrifften Wolffens,
beygebracht, als welche
gantze Vorrede von
dieser
Materie handelt. |
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Schlüßlichen
müssen wir noch der
verschiedenen Philosophischen Wörter-Bücher
gedencken. Photius gedencket in seiner
Bibliothec, daß Timäus, der jüngere, ein kurtzes
Lexicon peri tōn para Platōni lexeōn aufgesetzet, und bald darauf führet er
des Boethi synagōgen lexeōn Plantonikōn an,
die auch nach der
Ordnung des
Alphabets, folglich
nach der
Form eines Lexicons abgefaßt
gewesen, und ein grösseres
Lob als die
vorher
angeführte Schrifft erhalten. |
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Bey dem Suida kommt Harpocration für, daß wie er den
Lehrsätzen des Plato beypflichtet, also habe er
nicht nur über dessen Schrifften weitläufftige
Erklärungen gemachet, sondern auch zwey
Bücher von denen Platonischen Wörtern
verfertiget; einiger anderer Schrifften zu
geschweigen, |
davon man dasjenige, was
Ägidius Menagius ad Diog. Laert. ... und
Fabricius Bibl. Gr. ... aufgezeichnet, lesen kan. |
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Von solchen Büchern ist nichts mehr übrig,
die auch, wenn sie noch vorhanden wären, uns
nicht so wohl in den philosophischen
Wissenschafften selbst, als vielmehr zum
Verstand der Schrifften von den alten
Weltweisen
einigen Vorschub thun würden. |
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Zu den neuern Zeiten hat man auch viele
philosophischen Lexica erhalten. Des Johann
Baptistä Bernardini
Werck, so den
Titel führet:
Seminarium, sive Lexicon triplex ..., und zu Venedig 1582 heraus
kommen, auch sonst wieder
gedrucket worden; ingleichen
des Peter Petiti, der ein Lexicon vocum Aristotelicarum
herauszugeben
willens gewesen, nicht zu gedencken: so haben
wir |
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- des Johann Micrälii Lexicon Philosophicum, so zu Jena
1653 in 4. heraus kommen;
- des Rudolph Goclenii, des
ältern, Lexicon Philosophicum 1633.
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Es ist auch Johann Heinrich Alstedii Compendium Lexici
Philosophici, Herborn 1626
bekannt, und wie Lipenius Bibl. Philosoph. ... noch verschiedene
anführet, als |
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{Sp. 2140} |
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Burchardi Repertorium
Philosophicum, Leipzig 1610, |
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- Peter Godartii Lexicon et Summam Philosophiae,
Par. 1666,
- Heinr. Volckmars Dictionarium Philosophicum,
Giess. 1673:
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also ist unter allen diesen als das
vornehmste
Werck des Stephan Chauvins Lexicon Philosophicum
anzusehen, welches 1692 zum ersten mahl
heraus kommen und im
Jahr 1713
zu Leuwarden weit
vollständiger und
verbesserter wieder aufgeleget
worden. |
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Die beyden neuesten philosophischen Lexica
sind des
berühmten
Johann George
Walchs
Philosophisches Lexicon, Leipzig in Groß-Octav 1726 zum ersten
mahle und 1733 zum andern mahle, welche letztere Auflage nicht nur verbessert,
sondern auch mit den
Leben alter und neuer
Philosophen vermehret
ist, und des
gelehrten
Heinrich Adam Meißners
philosophisches Lexicon aus den Schrifften
Christian Wolffens, Bayreuth und Hof 1737 in 8. |
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