HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Wissenschafften [11] HIS-Data
5028-57-1399-1-11
Titel: Wissenschafften [11]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 1478
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 752
Vorheriger Artikel: Wissenschafften [10]
Folgender Artikel: Wissenschafften [12]
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

vorhergehender Text  Teil 10 Artikelübersicht Teil 12  Fortsetzung

Übersicht
Aufnehmen und Wachsthum derer Wissenschafften von Zeit zu Zeit. (Forts.)
  8. Nach Christi Geburt: (Forts.)
 
  Im XIII Jahrhunderte:
  Im XIV Jahrhunderte:
  Im XV Jahrhunderte:

  Text   Quellenangaben
  Im XIII Jahrhunderte:  
  In diesem Zeitlauffe wurden zwar wegen des Schul-Wesens unterschiedene neue Anstalten gemacht, wenn nur bessere Wissenschafften und Lehr-Arten dabey wären anzutreffen gewesen. Robert von Sorbona, welcher von dem Orte seiner Geburt den Zunahmen führte, und anfänglich zu Soissons, folgends aber zu Paris bey St. Maria Canonicus, dann auch des Heil. Ludewigs Pönitentiarius oder Sacellanus war, stifftete um die Mitten dieses Jahrhunderts das Collegium zu Paris, welches man von ihm Sorbonicum nennet. Es war anfänglich nicht groß, und war von ihm durch ein Testament den armen Magistern in der Theologischen Facultät vermacht. Nachgehends ist es sehr berühmt worden, und der Cardinal von Richelieu als seiner Zeit Protector derselben, hat es ungemein prächtig ausgebauet. Spanhemius H.E. Sec. 13. p. 1718.
  In eben diesem Jahrhundert, nehmlich im Jahr 1286 richtete die Königin Johanne das sogenannte Collegium von Navarra zu Paris auf, und überhaupt ertheilete der König Ludewig der Heilige der Universität von besagter Stadt gar viele Privilegien. Jacob Middendorppius Academ. Lib. VI. p. 365.
  Man findet auch, daß noch andere Academien angeleget worden, als die zu Padua im Jahr 1221, wohin die Bononiensische dem Pabste zum Verdruß verleget, und auf selbiger das Bürgerliche Recht anstatt des Canonischen Rechts zu lesen befohlen wurde.
  • Leander Alberti in Descript. Italiae.
  • Jac. Phil. Thomasinus in Gymnas. Patavino.
  Die Wienerische 1273, die Neapolitanische 1239, welche ihr Aufnehmen dem Kayser Friedrich, als einem grossen Liebhaber der Gelehrsamkeitt, zu dancken haben; gestalt er auch die Bücher Aristoteles, Avicennä und Averrois aus dem Arabischen und Griechischen ins Latein, auf seine Kosten, versetzen ließ, und darüber auf den Universitäten zu lesen Befehl ertheilete.
  • Hottingerus H.E. P. III. Sec. XIII. p. 342 u.f.
  • Centur. Magdeb. Cent. XIII. cap. VII. p. 306 u.f.
  • Pandulphus Collenutius rer. Neapol. Lib. IV.
  • Aventinus Lib. VII.
  In Spanien stifftete Alphonsus IX zu Valentia, im Jahr 1210 eine Universität, welche Ferdinand III mehrerer Beqvemlichkeit halber nach Salamanca versetzete.
  • Joh. Mariana de reb. Hisp. Lib. XIII.
  • Aegidius Gonzalez d'Avila in Hist. urbis Salamanticensis.
  Die Universität zu Lisbon hat der König Dionysius im Jahr 1290 angeleget. Raynald in Contin. baronii, T. XIV. p. 434.
  Allein bey allen diesen Bemühungen fehlete, wie obgedacht, daß Beste. Man lehrete zwar die lateinische Sprache, aber auf eine gantz barbarische Weise, der andern ward nicht gedacht. Des Aristotelis Philosophie, welche sich doch von den unverständigen Professoren gar sehr muste martern lassen, war sonst alles in allem, wiewohl man sich derselben nicht zu Erforschung der Wahrheit, sondern  
  {Sp. 1479|S. 753}  
  zu blossen Sophistischen Zänckereyen bedienete. Wie die übrigen Wissenschafften tractiret worden, kan man sich aus diesem leicht einbilden. Doch findet man noch hin und wieder etwas Gutes.  
  Von Schrifftstellern sind zu mercken:  
 
  • Saxo Grammaticus,
  • Raymund de Penna Forti,
  • Peter de Vineis,
  • Johann de Voragine,
  • Alexander Halensis,
  • Hugo Cardinalis,
  • Robert de Sorbona,
  • Albertus Magnus,
  • Thomas Aqvinas,
  • Bonaventura,
  • Paulus Venetus,
  • Johannes Duns,
  • Raymund Lullus;
  • und unter denen Jüden R. Moses Ben Maimon.
 
     
  Im XIV Jahrhunderte:  
  In diesem Jahrhunderte fiengen die guten Künste und Wissenschafften an, einiger massen in Italien und im Occident wieder empor zu kommen: wie denn die Cultur der Sprachen gegen das Ende dieses Jahrhunderts bereits zu floriren anfieng. Hierzu gaben die Griechen, welche sich vor den Türcken nach Italien retirireten, nicht wenig Gelegenheit. Denn da unter selbigen unterschiedene geschickte Leute waren, welche sonst von nichts als ihrer Gelehrsamkeit leben konnten, so fiengen sie an, die Griechische Sprache nebst andern Wissenschafften darinnen zu lehren. Buchholzerus ad an. 1399.
  Der erste, so den Italiänern Lust hierzu machte, war Emanuel Chrysolotas, ein Edelmann von Constantinopel, welcher von seinem Kayser Johanne nach dem Occident geschickt ward, Hülffe von ihnen zu verschaffen, aber endlich bey den Troublen mit Tamerlan und Bajazet keine Lust hatte, wieder zurücke zu kehren, sondern im Jahr 1397 zu Venedig und an andern Italiänischen Orten lehrete, wie er denn unterschiedene damahls berühmte Leute gezogen, als Aretinum, Poggium, Philelphum und andere.
  • Paul Jovius, in elog. c. 23.
  • Spondanus,
  • Buchholzerus,
  • Gesnerus in Bibl.
  Zu der Verbesserung der Lateinischen Sprache machte Frantz Petrarcha den Anfang, welchem denn Johann Bocaccius in diesem Jahrhunderte gefolget ist. Es ist auch Clemens V in diesem Stücke seines Lobes nicht zu berauben, daß er durch sein Decret auf dem Concilio zu Vienne zu Beförderung der gelehrten Sprachen Anlaß gegeben, Krafft dessen auf allen Universitäten das Hebräische, Arabische und Chaldäische getrieben werden solte, damit man Leute haben möchte, welche den ungläubigen Jüden und Saracenen predigen könnten. Bzovius ad an. 1314. n. 4.
  Inzwischen blieb die Theologie noch in ihrem Verderben, und man hörete von nichts als allegorischen und mystischen Erklärungen der Schrifft, welche in der That lauter Träume und Hirn-Gespinste waren, daraus weder Krafft noch Safft in die Seelen einfliessen konnte, weil man das Heilige Wort nicht in seinem eigentlichen Sinn und Verstande gebrauchete, sondern drehete auf was man wolte. Baläus p. 433. 443. 393.
  In der Philosophie, Historie und andern nützlichen Wissenschafften war nicht weniger Blindheit und Eitelkeit anzutreffen. Weil man aber gleichwohl das Ansehen haben wolte, daß man die Wissenschafften beförderte, so wurden unterschiedene neue Universitäten, auf welchen man sonderlich die Rechte trieb, gestifftet, als die  
  (du Chesne in Antiqvit. Andegavens. c. 1.)
 
  • Die zu Orleans, von dem König Philipp dem Schönen, im Jahr 1312
(Buchholzerus, Genebrardus);
 
  • Die zu Ferrara, in Italien von dem Marchesen Albert, aus Haß gegen Bononien, im Jahr 1390,
(Blondus);
 
  • Die zu Pisa 1339,
(Volaterranus);
  (Middendorpius de Academ. p. 126.);
 
  • Die zu Erfurt 1392,
(Crantzius in Saxon. Lib. X. c. 15. Bzovius ad an. 1391. n. 14.);
 
  • Die zu Cracau im Jahr 1364,
(Bzovius ad an. 1362, Buchholtz, Michovia);
 
  • Die zu Prag, 1360, vom Kayser Carl dem IV,
(Fascic. tempor. p. 85;)
 
  • Und die zu Wien 1367,
Middendorpius, loc. cit.
  Die Parisische Universität ward von den Königen Carl den Schönen, Ludovico Hutino, und Philipp Valesio mit vielen Freyheiten beschencket und dadurch je mehr und mehr in die Höhe gebracht. du Chesne Antiqvit. Franc. Lib. I. c. 19.
  Der Stiffter der Heidelbergischen Universität ist der Pfaltzgraf Rupert, nachmahliger Kayser. Die nach Gewohnheit darüber ertheilte Bulle hat Urban VI.1385 ausgefertiget, und sein Nachfolger Bonifacius IX bestätiget. Spanhemius H.E. Sec. XIV. p. 1603 u.f.
  Die Schrifftsteller dieses Jahrhunderts sind:  
 
  • Franciscus Petrarcha,
  • Sifridus Presbyter,
  • Nicephorus Callistus,
  • Durandus Occam,
  • Nicolaus Lyranus,
  • Nicephorus Gregoras,
  • Johannes Taulerus,
  • Baldus,
  • Johannes Boccatius,
  • Johann Wiclef,
  • und Emanuel Chrysoloras.
 
  Zu denen Erfindungen dieser Zeit gehöret der See-Compaß, oder Gebrauch der Magnet-Nadel bey der Schiffarth; desgleichen das Schieß-Pulver samt denen Büchsen, durch Berth. Schwartz, einen Franciscaner-Mönch aus Freyburg, erfunden.  
     
  Im XV Jahrhunderte:  
  Die Wissenschafften schwungen sich in diesem Jahrhunderte gantz merckwürdiger Weise empor, welches denn eben unter die Vorspiele der Reformation zu rechnen. Absonderlich legte man sich auf die Sprachen, dergestalt, daß nicht nur das Latein eine andere Gestalt bekam, und die erste Reinigkeit derselben imitiret wurde, wie aus den Schrifften Erasmi, Vallä, Perotti, Manitii, und anderer zu ersehen; sondern man brachte auch das Griechische und Hebräische unter die Studenten, wozu in Deutschland Reuchlinus das meiste beygetragen. Sixtinus Amama in Anomaliarum Biblico, p. 197.
  Neue gestiftete Universitäten trifft man in grosser Menge an.  
 
  • Die Leipziger erwuchs 1409 aus der Pragischen,
(Pfeifferus in origin. Lips.)
 
  • Der Hertzog von Brabant, Johannes, stifftete 1427 die zu Löwen.
(Bzovius ad an. 1423, und 1427);
 
  • Die Hertzoge, Johannes und Albert IV, von Mecklenburg, im Jahr 1419 die zu Rostock,
(Friedr. Lindenberg in Chron. Rostock.)
 
  • Der Hertzog Uratislaus IX von Pommern 1456 die zu Greiffswalde,
(Middendorpius)
 
  • Der Hertzog Ludewig der Reiche von Bayern 1472 die zu Ingolstadt.
(Middendorpius.).
 
  • Der Hertzog Eberhard von Würtenberg 1476 die zu Tübingen,
(Crusius in Annal. Svev.);
 
  • Der Ertz-Hertzog Albrecht von Österreich 1463 die zu Freyburg im Brisgau,
(Crusius in Annal. Svev.);
  {Sp. 1481|S. 754}  
 
  • Der Ertz-Bischoff Dietherr 1477 die zu Mayntz,
(Sevarius in reb. Mogunt.)
 
  • Pabst Pius II, 1460 die zu Basel
(Froelichius in Beschreib. der Stadt Basel;
 
  • Christian I, König in Dänemarck 1478 die zu Coppenhagen.
 
  Von andern Gymnasiis und grossen Schulen nichts zu gedencken. Hottingerus H.E. Sec. 15. p. 34. u.f.
  Die Bibliothecken anlangend, so schickte der Pabst Nicolaus V überall gelehrte Leute herum, welche allerhand Bücher mit grossen Unkosten zusammen suchen musten, wodurch er zuerst den Grund zu der berühmten Vaticanischen Bibliotheck geleget: wie denn damahlen in die 3000 Stück hinein geschaffet wurden. Er versprach demjenigen 5000 Ducaten, welcher ihm das Hebräische Evangelium Matthäi zubringen würde, und dieses hält man nicht unbillig vor die Ursache, daß bald hernach verschiedene solche Codices an den Tag gekommen. (Lomeier de Biblioth. p. 180. u.f.)
  Zu Londen werden die Bibliothecken der Carmeliter und Augustiner gerühmt. (Baläus)
  Absonderlich kam die vormahls schöne Bibliotheck zu Heidelberg ins Aufnehmen, worzu sonderlich Rudolph Agricola dem Churfürsten Philippen Anlaß gegeben (Hottinger H.E. Sec. 15. p. 39. u.ff.)
  Der tapfere Matthias Corvinus hat sich durch seine zu Ofen angelegte Bibliotheck eben einen so grossen Nahmen gemacht, als durch seine andere Thaten. Es waren darinnen über 50000 gedruckte Bücher, ohne die vielen Manuscripte, anzutreffen, und ist nur zu bedauren, daß dieser herrliche Bücher-Schatz nach der Zeit durch die Türcken zerstreuet worden. (Lomeier de Biblioth. p. 137.)
  Der Cardinal Bessarion hatte zu Venedig eine schöne Privat-Bibliotheck von Griechischen Büchern angeschafft, worüber er M. Antonium Sabellicum zum Bibliothecario bestellete, bis er sie bey seinem Tode der Republick Venedig vermachte. Wharton in append. ad Cavei Hist. Litt. Scriptor. Eccl. p. 92.
  Unter denen Scribenten dieses Jahrhunderts sind vor andern merckwürdig:  
 
  • Johann Gerson,
  • Fr. Zabarella,
  • Alphonsus Tostatus,
  • Laurentius Valla,
  • Thomas von Kempis,
  • Baptista Mantuanus,
  • Hier. Savonorola,
  • Gregorius Trapezuntius,
  • Bessarion,
  • Platina,
  • Aeneas Sylvius,
  • Rud. Agricola,
  • Alexander ab Alexandro,
  • Johann Picus,
  • Marsilius Ficinus,
  • Hermolaus Barbarus,
  • Theodorus Gaza,
  • Pomponius Lätus,
  • Angelus Politianus,
  • Raphael Volaterranus,
  • Johann Reuchlin,
  • und Johann Trithemius.
 
  Daß die Studien und Wissenschafften in diesem Jahrhunderte in einen erwünschten Flor gekommen, darzu hat ein merckliches beygetragen:  
 
1) die Buchdrucker Kunst, welche 1440 zu Mayntz, oder, wie andere wollen, zu Straßburg, erfunden worden; und
2) die Eroberung der Stadt Constantinopel: denn da flüchteten viele gelehrte Griechen nach Italien, und erweckten eine allgemeine Lust zu denen Studien.
 
     

vorhergehender Text  Teil 10 Artikelübersicht Teil 12  Fortsetzung

HIS-Data 5028-57-1399-1-11: Zedler: Wissenschafften [11] HIS-Data Home
Stand: 7. April 2013 © Hans-Walter Pries