|
Text |
Quellenangaben |
|
Einheit, Vnitas, ist eine
Eigenschafft des
Dinges in
der Metaphysic. |
|
|
Die Metaphysic hat zwar nur das Ding in so
weit zum
Objecte als es
ein Ding ist. Ens
quatenus ens est. Dessen
ungeachtet aber handelt man auch in der
Metaphysick von einer solchen Einheit, welche
nicht nur denen
metaphysicalischen, sondern
auch denen disciplinalischen Dingen zukommt.
Selbst Aristoteles hat hierzu
Gelegenheit
gegeben, indem er Metaph. V. 6. dieses
Wort in obgedachten
weiten
Verstande genommen. Doch hat er dieses
nur zu dem Ende
gethan, damit er durch
mancherley
Eintheilung endlich auf die
metaphysicalische Einheit kommen
möge, welche
er auch
würcklich am
gehörigen
Orte,
nemlich Met. X. 1. 2., als
diejenige, die dem Enti, quatenus ens est,
eigen sey, annimmt. |
|
|
In diesem generalen Verstande heisset alles
Vnum oder Eines, wovon der
menschliche
Verstand sich
eine einige
Idee machet, wenn auch gleich in
dieser einigen Idee sehr viel und vielerley Dinge
zusammen begriffen werden. |
|
|
In diesem Verstande wird die Einheit in die
würckliche, und in diejenige, die nur in denen
Gedancken ist,
eingetheilet.
In vnitatem realem et rationis. Die letztere ist nicht
so wohl objectiue in denen Dingen selbst, als nur
formaliter in dem
Begriffe unsers Verstandes, wenn
wir nhmlich viele oder
unterschiedene Dinge mit
Beyseitesetzung ihres
Unterschiedes, durch eine
Abstraction des Verstandes, unter eine allgemeine
Idee, in welcher alle obgedachte unterschiedene
Dinge mit einander überein kommen,
zusammen fassen. Dergleichen eines ist,
z.E. der
Cörper überhaupt, ein
Ding überhaupt, als das
höchste Genus alles dessen, was nur ist, oder nur
erdencklich ist. Diese
Art der Einheit wird
insgemein die allgemeine Einheit, Vnitas vniuersalis,
genennet. |
|
|
Die würckliche Einheit ist wiederum, und zwar
im weitesten
Verstande, eine
Eigenschafft eines
Dinges, da dieses an sich selbst, auch ausser
dem Verstande, auf einige Art unzertrennt,
indiuisum, erfunden wird; es mag nemlich solches Ding
entweder
gantz und gar unzertrennlich, oder zwar
zertrennlich, aber doch in der
That nicht in
mehrere
getrennet seyn; es mag ferner in diesem
letztern Falle entweder durch die innerlichen
wesentlichen
Kräffte derer
Principiorum, aus denen
es zusammen gesetzet, in ein einiges
zusammengesetztes
Wesen vereiniget seyn, oder
nur von aussen und zufälliger Weise aneinander
hangen. |
|
|
Die Einheit ist derowegen wiederum
zweyerley, nemlich entweder eine wesentliche,
Vnitas per se, oder eine zufällige, Vnitas per accidens. Jene ist eine Einheit des
innern Wesens eines Dinges, es
mag entweder
ein einfaches Ding seyn, wie z.E. ein
Mensch von
einem einigen, zwar nicht einfachen oder
unzertrennlichen, aber doch nicht in der That
getrennten Wesen ist. |
|
|
Die zufällige Einheit hingegen ist, wenn
mehrere Dinge von
unterschiedenen Wesen nur
äusserlich, und ohne innerliche Vereinbarung
ihres Wesens also an einander hangen, daß jedes
derselben sein Wesen von dem andern
abgesondert, und vor sich behält.
Z.E. die Einheit eines
Bündels, eines
Hauses, eines vergöldeten |
|
|
{Sp. 554} |
|
|
Bechers, eines glüenden Eisens. |
|
|
Die wesentliche Einheit ist wieder einfach,
und also unzertrennlich, Vnitas indiuisibilis. Z.E. die Einheit eines
Geistes,
eines Elements: oder zusammengesetzet, und
also zertrennlich. Vnitas indiuisa. Z.E. die Einheit eines Menschen,
eines Baums. |
|
|
Das Eine, welches einfach und also
unzertrennlich ist, hat eben dadurch eine
wesentliche Einheit, weil es einfach, und nicht aus
mehrern zusammengesetzt ist. Weil zu der
zufälligen Einheit mehrere Dinge von
unterschiedenen Wesen, die nur von aussen
vereiniget sind, erfordert werden. |
|
|
Das zusammengesetzte und also zertrennliche Eine hingegen, hat dadurch eine wesentliche
Einheit, daß die mehrern Dinge von
unterschiedenen Wesen, durch die in ihrer
Erzeugung geschehene Vereinigung, eine
Art
oder Speciem eines besondern Wesens
ausmachen. Derowegen ist das
zusammengesetzte Eine zwar vnum actu, aber potentia multum: Das einfache Eine
hingegen ist vnum actu et potentia. |
|
|
Das zusammengesetzte und also
zertrennliche Eine wird in
Erwägung, daß es ein
aus mehrern einfachern zusammengesetztes
Ding ist, ein
Gantzes
genennet, und hiervon
werden wir am gehörigen
Orte mehr zu
reden
haben. |
|
|
Die einfache und unzertrennliche Einheit ist eben diejenige, die denen
metaphysicalischen
Dingen
eigen ist. Denn da alle
Effecte der
Natur
aus ihren
Principiis zusammengesetzet sind, aus
deren
Bewegung gegen einander die Vereinigung,
und aus dieser ihre Einheit flüsset: so muß man
also
nothwendig die zusammengesetzte und
zertrennliche Einheit denen physicalischen Dingen
eigen seyn. Und diese Art derer Dinge also
haben ihre Art der Einheit nicht
unmittelbar,
und durch sich selbst, sondern vermittelst ihrer Principiorum und deren Stamm-Kräffte, von denen
die zusammengesetzte Einheit oder Vereinigung
derer physicalischen Dinge allererst als eine
Würckung herstammet. |
|
|
Hingegen die ersten
Grund-Ursachen der
Natur, als metaphysicalische Dinge, können nicht aus andern vorhergehenden zusammen
gesetzet seyn, also
müssen sie nothwendig
einfach und unzertrennlich, und folglich nicht
durch Vereinigung anderer, sondern recht
eigentlich per se und durch sich selber Eins seyn,
welches also der höchste Grad der Einheit,
nehmlich die metaphysicalische Einheit ist. |
|
|
Sie wird
eingetheilet in die Göttliche Einheit,
und in die erschaffene. Von der Einheit GOttes
werden wir unter dem
Titel
GOTT handeln; die erschaffene aber ist die
einfache Einheit derer von GOtt durch die Schöpffung hervorgebrachten ersten
Principiorum der Natur, derer
Existentz aus
der Natur des zusammengesetzten oder
physicalischen Einen erhellet. |
|
|
Diese Einheit kan wieder in die physicalische
und mathematische eingetheilet werden. Die
physicalische Einheit ist die Einfachheit derer
Elemente und
Geister, aus deren thätiger
Verbindung alle zusammengesetzte Dinge
entstehen, und wieder in sie aufgelöset werden.
Sie ist also nichts anders als die Einfachheit derer
ersten und nicht mehr zusammengesetzten
Substantzen, die GOtt erschaffen, und derer
ersten Stamm-Kräffte, die er ihnen, als denen
ersten Grund-Subjectis, angeschaffen. |
Müller
Metaphysic. 5. |
|
|
Hingegen die mathematische Einheit ist
das gemeine Maaß derer Grössen von einerley
Art,
(Quantitatum homogenearum) vermittelst dessen |
|
|
{Sp. 555|S. 293} |
|
|
wir zu dem deutlichsten
Begriffe derselben
gelangen. Einen rechten Begriff von der Einheit zu
haben, ist eine nicht so leichte Sache, wie man
sich einbildet; und liegen die Fehler, so Euclides
und andere Mathematici bey der
Definition der
Einheit begangen, klar am
Tage; da
z.E. der erste
nicht die Einheit selbst definiret, sondern unter
dem
Namen
der Einheit nur das Abstractum
desjenigen betrachtet, wo von etwas eins
genennet wird; welches aber weder einer
Erklärung benöthiget ist, noch die Natur der
Einheit exhauriret. |
|
|
Wir müssen dahero diese etwas weiter
untersuchen. Wir haben von denen Grössen von
einerley
Art, z.E. zweyen Kugeln, so lange einen
confusen Begriff, bis wir dieselben mit einander
vergleichen; dahero ist eine Comparation zwischen ihnen
vonnöthen, um einen deutlichen Begriff von
selbigen zu erlangen. Dieses geschiehet nun nach
gewissen Graden der Deutlichkeit: Entweder wir
untersuchen nur, was dergleichen Grössen vor
eine Relation unter sich haben, das ist, ihre
Verhältniß, und
unterscheiden zwar solche
darnach, erhalten aber noch keinen hinlänglichen
Grad der Deutlichkeit. Z.E. wir sehen 2 Kugeln vor sich
liegen, und unsere
Sinne entdecken daran, daß
der einen der Begriff des grössern, der andern
hingegen der Begriff des kleinern zukommen,
das ist, die eine siehet grösser als die andere aus;
So sind wir zwar in dem
Stande, hierdurch
gedachte Kugeln von einander zu unterscheiden;
allein dasjenige, wodurch sie von einander
differiren, bleibet gantz undeterminiret, und der
Begriff von dieser
Distinction ist von einer
confusen
Notion nicht viel unterschieden. |
|
|
Oder wir untersuchen die Verhältniß zweyer
Quantitatum homogenearum genauer, vergleichen solche mit einer
andern Verhältniß, und untersuchen, ob die selber
auf einerley Art beschaffen sey; Wodurch wir
einen etwas deutlichern Begriff als zuvor
erhalten. |
|
|
Doch ist auch hierinnen kein hinlänglicher Grad der Deutlichkeit: denn wenn die
Termini der
Proportion indeterminiret, so bleibet auch ihre
Erkäntniß
indeterminiret, ungeacht sie in
Ansehung der Verhältniß etwas determinirtes an
sich haben. Welche die Algebram
verstehen,
werden aus der Geometrischen Proportion x : xy = z : zy, nichts
determinirtes
schlüssen können (weil alle
Grössen, nach der Algebraischen
Hypothesi,
da man die unbekannten Grössen mit denen
letztern Buchstaben des
Alphabets bezeichnet,
undeterminiret sind) ungeacht ihrer
Analogie richtig. |
|
|
Ja es können in einer Proportion zwey
Termini determiniret und bekannt seyn, dadurch
wir doch dessen ungeachtet noch zu keinem
recht deutlichen
Begriff von der
Sache gelangen
können.
Z.E. Es
sagt einer, die Länge einer Leipziger
Elle betrage 5/6 einer Brabantischen, oder die Leipziger Elle
verhalte sich zur Brabantischen wie 5. zu 6. Hier sind die Multipla 5,
6, determiniret, und
dessen ungeachtet hat man weder von der
Länge der Leipziger Ellen, noch der Brabander einen
recht deutlichen Begriff, der nicht eher kan
zu Wege gebracht werden, als bis man
würcklich
die
wahre Länge einer von beyden, z.E. der
Brabantischen, bekommt, und daraus die Länge der
andern, als 5/6 davon bestimmet. |
|
|
Ungeacht nun durch die Proportion keines
Weges die Sache recht determiniret worden, so
haben wir doch einen weit deutlichern Begriff, als
wenn wir nur von einer
Verhältniß unter ihnen, die
nun seyn
mag, welche sie
wolle, |
|
|
{Sp. 556} |
|
|
überzeuget sind; woraus man die Grade der
Deutlichkeit in Erkäntniß derer Grössen von
einerley Art
beurtheilen kan. |
|
|
Es lassen sich dieselben durch folgendes
Astronomisches
Exempel
erklären: Es saget einer,
die Planeten stehen nicht gleich weit von der
Sonne; so hat man einen noch ziemlich dunckeln
Begriff von dem Systemate Planetario; giebt aber
derselbe zu verstehen, Saturnus sey weiter als
Jupiter, Jupiter als Mars, Mars als die
Erde,
diese als Venus, Venus als Mercurius von der
Sonne entfernet; so erlangen wir schon einen
deutlichern Begriff von unsern Welt-Gebäude.
Thut er endlich ferner dar, daß, wenn man die
Weite der Sonnen von der Erde in 10. gleiche
Theile
getheilet, den
Mercurius 4, die Venus 7, der
Mars 15, der Jupiter 52, der Saturnus 95 dergleichen
Theile zu seinem Abstande von der Sonne
bekomme; so wird uns die Beschaffenheit des
Systematis Planetarii weit
vollkommener
bekannt. |
|
|
Inzwischen haben wir von der wahren Grösse
desselben noch keinem Begriff, als worzu wir nicht
eher gelangen können, als bis uns die Weite der
Erden von der Sonnen in einem bekannten
Masse, als in Semidiametris der Erden oder Teutschen Meilen
gegeben wird, als woraus wir hernachmahls die
wahre Grösse unseres Systematis durch die
Proportiones ausfündig machen können. |
|
|
Hieraus erhället zur Gnüge, daß wir nicht
eher zu den deutlichsten Begriffe derer Grössen von
einerley
Art
(Quantitatum homogenearum) gelangen, als bis wir die
Vergleichung derselbigen mit einer
gewissen
Grösse von eben derselbigen Art anstellen, und
diese alsdann als ein gemeines Maß, (communem mensuram) allen
denen übrigen Grössen von eben derselben Art
adpliciren. Ein solches gemeines Maß nun, auf
welche alle Grössen von eben derselben Art, zu
welcher das Maß gehöret, referiret werden, wird
die Einheit
genennet; und ist demnach diese das
Mittel zu dem deutlichsten Begriffe der Grössen
von einerley Art zu gelangen; In Ansehung
dessen kan man dergleichen Grössen deutliche,
quantitates distinctas nennen, als wenn sie in der Arithmetic vorhanden
sind, und
Zahlen heissen; da man hingegen die
Linien in der Geometrie als undeutliche Grössen,
Quantitates indistinctas, betrachten kan, so lange man nemlich unter
ihnen eine Linie noch vor keine Einheit
angenommen; denn so bald dieses geschiehet,
werden sie gleichfalls distincte. |
|
|
Gleich wie nun das Maß von einer Menge
Grössen, die zu einerley Art gehören, dergestallt beschaffen seyn kan, daß es entweder
unmittelbar aus der
Natur der Sache sich selbst
ergiebet, oder freywillig angenommen wird, um
darauf die übrigen Grössen zu beziehen, so sind
auch die Einheiten von solcher Beschaffenheit,
und werden die von der erstern Art Vnitates absolutae,
nothwendige,
von der andern arbitrariae, willkührliche genennet. |
|
|
Jene sind die Entia absolute discreta, welche von allen andern
dergestalt abgesondert sind, daß sie nichts
gemeines mit ihnen haben, sondern alsobald eine
gäntzliche Verkehrung leiden, so bald man ihnen
nur etwas von ihrer Beschaffenheit benehmen will.
Die
vornehmsten von dieser Art Einheiten sind die
Substantiae und
Wesen (Essentiae) derer
Dinge.
Diese sind nothwendig und ohne ihrer gäntzlichen Eversion
keiner
Veränderung unterworffen. Sie machen
selbst keine Grösse aus; wohl aber deren |
|
|
{Sp. 557|S. 294} |
|
|
Menge, wenn man
z.E.
verschiedene
Individua, die einerley Wesen haben, in
Ansehung dessen, zusammen
zehlet, und dieses ihr
unveränderliches Wesen als ihre Einheit
betrachtet; als z.E. 5. Kugeln sind das Quintuplum von einer
Kugel; allwo man nicht auf die Grössen derer
Kugeln, sondern ihr Wesen siehet. |
|
|
Unter dieser
Art der Einheit ist die
Metaphysische Einheit, Vnitas metaphysica, begriffen, als deren
Grund
mit
Recht auf der
Individualitate und Inseparabilitate
gebauet ist. Die
willkührlichen Einheiten, welche auch Vnitates respectiuae, artificiales
oder methodicae genennet
werden, gründen sich entweder lediglich auf das Arbitrium,
oder haben noch eine
raisonable
Ursache,
warum man eben diese, und keine andere Grösse zu seiner Einheit annimmt, da sie
doch beyde sich
geschickt
darzu
befinden. |
|
|
Unter die Vnitates meri arbitrii zehlet man
billig
die extensa, continua, fluentia und tausend andere
Dinge, bey welchen nemlich kein
Theil dergestalt
beschaffen ist, daß er mit Recht in Annehmung
zur Einheit denen andern vorgezogen werden
könne. Man kan dieses merum arbitrium mit
Schaden der
Geometriae practicae aus dem Längen-Masse, welches ein
Fuß genennet wird, zur Gnüge abnehmen; als
welcher fast in allen
Städten von
verschiedener
Grösse ist; woraus doch denen Feld-Messern die
gröste Incommodität zuwächset, wenn sie ihre
Praxin an
verschiedenen
Örtern ausüben sollen. |
|
|
Von eben dieser Beschaffenheit sind einige
gerade Linien, die man in denen Constructionen
einigen Algebraischen Aufgaben vor Einheiten
annimmt. |
|
|
Hingegen zu denenjenigen Einheiten, deren
Erwählung aus einer vernunftmäßigen Ursache
geschiehet, die sich aus der Natur der Sache,
worzu man eine Einheit suchet, ergiebet, zehlet
man billig die Einheit der
Zeit, nemlich den
Tag,
welchen die tägliche
Bewegung der Sonne um die
Erde determiniret, indem sie nemlich von dem
Mittags-Circkel an, ihre Revolution anhebet, und
nach Beendigung derselben wieder zu dem
Meridiano gelanget. |
|
|
Diese Einheit giebet die
Natur selbst an die
Hand. Denn ob man wohl die Vibration eines Penduli vor die Einheit der Zeit hätte annehmen
können, so hätte doch diese
Wahl dem
Endzwecke
der
Sache bey weitem keine solche
Satisfaction gegeben, indem solche Einheit nicht genungsam determiniret ist, und dahero
unmöglich an allen
Orten hätte eingeführet werden können; da
hingegen der Tag von einer determinirten Grösse
ist, und an allen Orten wahrgenommen werden
kan. |
|
|
Von eben dieser Beschaffenheit ist die
Einheit, damit man die Winckel zu messen pfleget,
nehmlich die Peripherie eines Circkels, die man,
um die Abmessung besser zu
verrichten, in
kleinere Theile, als Grade, Minuten, etc., zu subdiuidiren
pfleget. |
|
|
Eine
Art von denen willkührlichen Einheiten
sind auch diejenigen, welche man deswegen
erwählet, weil man durch sie das gesuchte leicht
und gemächlich ausführen kan; oder, welche zum
Grunde der Wahl die Regulas methodi haben.
Z.E. der
Mensch
ist vor sich eine absolute Einheit, und pfleget man
nach der Menge dererselben, die Armeen und
andere Hauffen Leute zu
zählen; doch hat man
um der
Bequemlichkeit
willen eine
gewisse
Menge Leute zur Einheit |
|
|
{Sp. 558} |
|
|
gemachet, als da sind Compagnien, Bataillons,
Regimenter, Brigaden etc. nach welchen man die
Grösse einer Armée auszusprechen pfleget.
Gleicher massen hat man in der Rechen-Kunst
die
Namen
Million, Billion, Trillion etc. eingeführet, um grosse
Zahlen desto
leichter numeriren zu können. |
|
|
Es lassen sich ferner die Einheiten
in determinirte und indeterminirte, Vnitates determinatas
vel constantes, et indeterminatas, vagas, incertas vel variabiles abtheilen. |
|
|
Indeterminirte Einheiten
nennet man, so
man von Füssen, Ruthen, Meilen, Ellen, etc.
redet,
und keine Determination darzu setzet, indem man
alsdenn nicht
weiß, ob man eine Leipziger,
Brabander etc. Fuß, Elle oder Ruthe; ingleichen eine
Teutsche, Frantzösische oder Italiänische Meile
verstanden wissen
will; dieser Einheit wird aber
determiniret, sobald man die Benennung
hinzufügt. |
|
|
Endlich ist von denen willkührlichen Einheiten
klar, daß, weil man eine Grösse nach Gefallen vor
eine Einheit annehmen kan, man einen
Theil
der schon angenommenen Einheit wieder zu einer Einheit machen könne, um die
Partes aliquotas derselben zu
determiniren; ingleichen, daß man einen Multiplum der
oben festgesetzten Einheit, wiederum als eine
Einheit ansehen könne, um sehr grosse Dinge
damit auszumessen. |
|
|
Jene wird Vnitatis inferius, diese Vnitatis superius genennet. Ein
Exempel
sehen wir an einem Fusse, welches eine erwählte
Einheit der Längen ist. Dieser wird in Zolle, ein Zoll
in Linien abgetheilet, welche also das inferius vnitatis ausmachen;
hingegen eine gewisse Anzahl Füsse constituiren
eine Ruthe, und folglich das Superius Vnitatis. |
|
|
Aus demjenigen nun, was bishero
gesagt
worden, ergeben sich folgende Consectaria von sich
selbst. |
|
|
1) |
Daß eine willkührliche
Einheit certo respectu eine
Zahl seyn könne; z.E. ein Fuß in
Ansehung eines Zolles, als welcher ein Multiplum von
der Einheit des Zolles ist. |
2) |
Daß daher eine jede Zahl
als eine Einheit angenommen werden könne; wie
wir z.E. 12 Zoll zu einer Einheit eines Fusses
machen, der doch in Ansehung eines Zolles die Zahl
12. ist. |
3) |
Daß eine jede
willkührliche Einheit
Theile haben könne, die dem
Gantzen ähnlich sind; wie wir solches an denen
Zollen oder zwölfftheiligen Stücken eines Fusses gleichfalls
abnehmen können; hingegen |
4) |
bey denen absoluten
Einheiten keine solche Theile
möglich sind, die
dem Gantzen ähnlich, oder ihr homogeneae
wären. |
|
|
|
Aus allen denen vorhergehenden kan man
endlich zur Gnüge
schlüssen, daß in der Arithmetic eine Zahl nichts anders sey, als ein
Multiplum der Einheit, oder die
Verhältniß einer Grösse
gegen ihre Einheit. Denn es wird erstlich eine
Grösse zu einer Zahl, wenn man solche mit einer
angenommenen Einheit vergleichet. Weil man
aber in der Arithmetic die Zahlen auf alle
Grössen adpliciren soll, die doch respectiue
verschiedene Einheiten haben, so hat man auch
solche
Zeichen ausdencken
müssen, die sich bey
allen Grössen anbringen lassen; dergleichen
Zeichen ist nun vor die Einheit, 1,eins; und kan alle
Einheiten bedeuten, wenn man keine
Determination darzu setzet; eben wie dieses bey
denen Zahlen Stat findet. |
|
|
Denn wenn gleich einer die Zahl 7. nennet, so
weiß man wohl, daß er ein siebenfaches
gedencket, was |
|
|
{Sp. 559|S. 295} |
|
|
aber dieses siebenfache, ob es einer Kugel,
oder eines Fusses, oder eines Quadrats etc. sey, kan man daraus nicht
abnehmen. So bald er aber 7 Ellen nennet, sobald
erkennet man, daß die
Einheit zu dem siebenfachen eine Elle sey, und
sind alsdenn alle die übrigen
Veränderungen, so
man mit der 7 vornimmt, von der Einheit einer Elle
zu verstehen. |
|
|
Dieses ist der
wahre
Begriff einer
Arithmetischen Einheit; Vnitatis
arithmeticae; welche man mit
Recht
definiret, daß sie der
Name des gemeinen
Maasses sey, welches angenommen wird, um sich
einen deutlichen Begriff von allen Grössen von
einerley
Art, darzu auch die Einheit gehöret, zu
formiren. Denn daß die Vnitas der Grösse, so
ausgemessen werden soll, homogenea seyn müsse,
ist vor sich klar, in dem man keine Länge, durch
eine angenommene Schwere; keine
Zeit durch
eine Fläche, und so ferner, ausmessen kan;
sondern eine Länge erfordert eine andere Länge;
eine Fläche eine andere Fläche; ein
Cörper einen
andern Cörper; eine
Krafft eine andere Krafft; eine
Zeit eine andere Zeit zu ihrer Einheit. |
Io. Matth. Hasius in
Dissert. de quantitatis et vnitatis arithmeticae ver notione.
Wittenberg 1732. |
|
|
|