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Republick, das gemeine Wesen,
Lat.
Respublica,
Fr. Republique. |
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Es hat das
Wort respublica vielerley
Bedeutungen, welches man auch
von dem Wort Civitas
sagen
muß, indem es die
Gesellschafft
des
menschlichen
Geschlechts, die Innwohner der
Stadt, den
Ort selbst, wo sie sich
aufhalten, u. den eine bürgerliche Gesellschafft und einen
Staat bedeutet. |
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Man
versteht hier durch die Republic die bürgerliche
Gesellschafft, welche
aus Regenten und
Unterthanen zusammen gesetzt, die sich mit einander |
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{Sp. 657|S. 342} |
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zur Erhaltung und Beförderung der gemeinen Wohlfahrt vereiniget haben.
Pufendorf de jure nat. ...
sagt, sie sey eine
moralisch
zusammen gesetzte
Person, deren
Wille, so aus vieler
Menschen Vergleich
verwickelt und vereiniget, vor ihrer aller Willen gehalten werde, damit sie
aller und jeder
Kräffte und
Vermögen zum gemeinen
Frieden und Ruhe gebrauchen
möge, welche Beschreibung auch
Thomasius in jurisprudentia
divina … und Hochstetter in Collegio Pufend. exercit.
.. behalten. Etwas anders beschreiben diese Gesellschafft Grotius
de jure belli et pacis … und Hobbesius de Cive … |
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1. Theorie |
Von dieser Republick soll eine theoretische und practische Betrachtung
angestellet, und nach jener so wohl der
Ursprung, als auch die Einrichtung und
Beschaffenheit der Republiquen erwogen werden. |
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1.1 Ursprung |
Was bey der theoretischen Betrachtung anlangt erstlich den
Ursprung der
Republiquen, so haben diejenigen, welche davon
disputiret, zwey Fragen nicht
sattsam unterschieden. Denn ein anders sind die
Gründe, daraus die
Vernunfft die
Nothwendigkeit der Republiquen
erkennet, und meynet, daß die
Menschen dadurch
wären veranlasset worden; ein anders aber der würckliche historische
Ursprung
derselben, zu welchem vielleicht die erwehnten
Gründe wenig oder nichts
beygetragen haben. |
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Solchen
Ursprung muß man aus historischen Nachrichten
erkennen; die
Lehr-Sätze aber nicht zu einer würcklichen Geschichte machen, und meynen, daß
die ersten Republiquen würcklich auf eine ausgedachte Art und durch die
ausgesonnene
Bewegungs-Mittel entstanden wären, so viel
erkennet man aus den
politischen
Gründen von der
Nothwendigkeit der Republiquen, daß man sie in der
menschlichen
Gesellschafft beyzubehalten habe, sie mögen nun entstanden seyn wie
sie wollen. Doch muß man hiervon die
Gedancken der Gelehrten anführen. |
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Es sind zwey Wege, wie die Republiquen haben können eingeführet werden;
entweder aus
freyem Willen der
Menschen; oder durch
Gewalt. Soll es durch den
freyen Willen der Menschen geschehen seyn, so führt man allerhand
Bewegungs-Gründe an, warum sie sich in solche
Gesellschafft eingelassen.
Aristoteles hat den Menschen ein zoon politikon genennet, daher seine
Anhänger zu der
Meynung Anlaß genommen, als wenn die Menschen durch einen
natürlichen Trieb zur Einführung der bürgerlichen Gesellschafft angetrieben
worden. |
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Es ist zwar nicht gewiß, was Aristoteles mit dieser
Bedeutung eigentlich hat haben wollen. Doch kan er weiter nichts angezeiget
haben, als daß der
Mensch von
Natur zur
Gesellschafft geneigt, welches seine
Richtigkeit hat, woraus aber noch nicht folget, daß man auch einen natürlichen
Trieb zur bürgerlichen Gesellschafft habe. Man muß vielmehr
sagen, daß, weil
alle Menschen von
Natur zu ihrer
Freyheit geneigt sind, ihnen vielmehr nach
diesem natürlichen Trieb die bürgerliche
Gewalt, welche solche Freyheit
einschräncket, zuwider. |
Man lese |
-
Conring
de prudent. civili …
-
Pufendorf
de jure naturae et gentium …
- Thomasium
in Ju-
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{Sp. 658} |
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Andere haben zur
bewegenden Haupt-Ursach die Bedürffniß und
Bequemlichkeit
angeführet. Nun ist zwar nicht ohne, daß man in einer bürgerlichen
Gesellschafft
viel
bequemer leben, und was zur Leibes-Nahrung und Erhaltung gehöret, füglicher
anschaffen kan; es folgt aber daraus noch nicht, daß deswegen hätten nothwendig
Obrigkeiten und
Unterthanen seyn müssen, weil man diesem Mangel auch durch
Bündnisse hätte abhelffen können. |
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Pufendorf de jure nat. et gent. … meynet, daß die
Furcht und Sicherheit vor dem Anfall anderer Leute die wahre
Ursach sey, warum
man
Städte erbauet habe. Andere rechnen beydes zusammen, daß man sein Absehen so
wohl auf die
Bequemlichkeit; als auf die Sicherheit gehabt.
Titius
obs. 547. über Pufendorf mercket an, daß die
Pufendorfische
Meynung von der Aristotelischen nicht abgehe. Denn daß die
Menschen ihre Sicherheit gesucht, dieses wäre durch einen natürlichen Trieb
geschehen. |
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Einige halten auch die nothwendige Folge aus den kleinern Gesellschafften,
welche die Familien sind, so wiederum aus der
ehelichen, väterlichen und
herrschafftlichen
Gesellschafft bestehen, zu einer wahrhafften
Ursach der
Republick hinlänglich. Es hat der Haus-Vater als das Haupt der Familie zwar eine
Art der
Herrschafft; eine Familie aber ist noch keine bürgerliche Gesellschafft;
ja wenn auch gleich aus einer Familie verschiedene Familien entstehen, so ist
doch dieses noch keine Ursach, daß aus solchen Familien nothwendig eine
Republick werden müste, weil eine jede Familie ihr besonderes Haupt haben kan. |
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Wenn nach diesen Grundsätzen die Republiquen aus
freyem Willen der
Menschen
eingeführet worden, so mercket man weiter an, daß hiezu nöthig gewesen |
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a) |
ein gewisses Pactum, wodurch das
Volck, so sich versammlet hat, in
eine
Gesellschafft getreten, und sich zu einem gewissen
Endzweck, die
gemeine Wohlfahrt zu befördern,
verbunden, welches denn entweder durch
einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Consens geschehen: |
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b) |
ein gewisser
Schluß, daß sie sich sammt und sonders einer gewissen
Obrigkeit unterwerffen wollen, und |
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c) |
ein gewisses Pactum zwischen dem
Volck und der künfftigen Obrigkeit,
wodurch sich das Volck der neuen Obrigkeit dergestalt unterworffen, daß
jene
Macht haben sollte, zu
befehlen, was zur Beförderung der gemeinen
Wohlfahrt vor nöthig erachtet; dieses aber schuldig seyn sollte, solchen
Befehlen zu gehorchen, da hingegen sich die Obrigkeit wieder
verbindlich
machet, die Wohlfahrt des Volckes bestens zu befördern. |
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Man lese
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-
Pufendorf
de jure nat. et gent.
…
- Thomasium in jurisprud. divina …
- Hochstetter in colleg. Pufendorf. exercit. …
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So stellt man sich die
Ursache nach der
Vernunfft für, wie sie hätte seyn
können, und wie sie ordentlich hätte seyn sollen, wenn die Republiquen aus
freyem Willen
wären eingeführet worden. Ob es aber würcklich so geschehen, ist
eine andere Frage. Es ist gar nicht glaublich, daß alles so ordentlich
hergegangen. Daß sich im Anfang eine Menge
Volcks von |
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{Sp. 659|S. 343} |
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ohngefehr zusammen niedergelassen, und in eine
Gesellschafft getreten, hat
wohl seine Richtigkeit; man kan aber nicht
sagen, daß sie sich durch ein
ausdrückliches Pactum hierzu
verbunden. Es ist auch nicht zu vermuthen, daß sie
sich wegen der Obrigkeit, welcher sie sich unterwerffen wollen, werden
berathschlaget haben; sondern vielmehr glaublich, daß die
Gewalt den ersten
Grund zu den Republiquen geleget, es sey nun dieses auf eine offenbare, oder
heimliche und listige Art geschehen. |
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Dieses kommt auch mit den historischen Nachrichten, die wir davon in der
Schrifft haben, am besten überein. Was die heydnischen
Scribenten vom
Ursprung
der Republiquen vorgeben, ist ungewiß, und auf einen sandigten
Grund
gebauet.
Die meisten stimmen darinnen überein, es sey vor Aufrichtung der
Regierung ein
freyes
Leben gewesen, da niemand dem andern zu
befehlen gehabt, ob sie wohl den
Zustand der
Menschen, wie er damahls soll seyn beschaffen gewesen, auf
unterschiedliche Art beschrieben. |
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Etliche stellen ihn als den allerglücklichsten für, wie Ovidius
Lib. I. metamorphos. andere als den verdorbensten, wie Sallustius
de bello Catilinar. cap. 6. und noch andere
sagen, er sey Anfangs
glücklich; bald aber darauf verdorben gewesen, daß man genöthiget worden, eine
bürgerliche
Herrschafft
einzuführen, auf welchen Schlag Tacitus
lib. 3. annal. cap. 26
schreibet: die allerältesten
Menschen
wusten noch von keinem boshafftigen Muthwillen, sie lebten ohne Sünde und
Schande, und also auch ohne
Straffe und Zwang. Es bedurffte auch keiner
Belohnung, weil sie aus freyer Neigung nach der Ehrbarkeit strebten; und weil
sie nichts wider die
Gewohnheiten verlangten, so war nicht nöthig, ihnen etwas
durch eingejagte Furcht zu verbieten. Allein nachdem man die Gleichheit bey
seite setzte und an statt der Bescheidenheit und
Schamhafftigkeit der Ehrgeitz
und Gewaltthätigkeit einriß, so erwuchsen hieraus die Herrschafften welche bey
vielen
Völckern bis auf diese Stunde geblieben sind, wobey Christoph
Forstneri Noten über diese Stelle p. 254 nebst
Barbeyracs Anmerckungen über
Pufendorfen de jure
naturae et gentium … zu lesen. |
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Diese
Urtheile der Heyden scheinen auf die Tradition gegründet zu seyn, daß
sie etwas von dem höchstglückseligen
Zustand der Menschen vor dem
Fall, und von
dem grossen Verderben nach dem Fall und zwar vor der Sündfluth gehöret. Am
sichersten geht man bey den Nachrichten, welche uns Moses in seiner Historie
aufgezeichnet. Dieser berichtet, daß bey dem Anwachs des menschlichen
Geschlechts Cain die erste
Stadt gebauet und sie nach seines Sohns
Nahmen Hanoch
genennet. |
1
Mos. IV. v. 17. |
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Ob nun wohl die Erbauung einer Stadt noch keine Aufrichtung einer
bürgerlichen
Gesellschafft ist; auch nicht gewiß kan
gesagt werden, was er vor
ein Absehen dabey gehabt, so ist doch wahrscheinlich, daß wie er dergleichen
Werck aus einer Ehrfurcht fürgenommen, also auch dieses zur bürgerlichen
Gesellschafft Anlaß gegeben habe. |
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Augustinus de civitate Dei … leitet auch den
Ursprung derselbigen von den Caini- |
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{Sp. 660} |
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ten her; und will nicht zugeben, daß die Nachkommen Seths dergleichen
gehabt, welches sich auch wegen Mangel der gehörigen Nachrichten nicht ausmachen
lässet. |
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Daß vor der Sündfluth gar keine Republiquen gewesen, kan man nicht
beweisen.
Denn daß einige dieses daher schlüssen wollen, wenn man Republicken gehabt
hätte, so würde das
Wesen der
Menschen nicht so gar in
Grund verdorben gewesen
seyn, indem die Obrigkeit
solcher Bosheit hätte Einhalt thun können; solches hat nicht viel auf sich. Denn
ob wohl die Leute auch nach der Sündfluth unter der Obrigkeit lebten, so führten
sie doch ein solches ruchloses
Leben, daß sich die göttliche Gerechtigkeit
genöthiget sahe, gantze
Städte zu vertilgen, wie man von Sodom und Gomorrha
siehet. |
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Nach der Sündflüth finden wir, daß Nimrod den
Grund zu dem Assyrischen Reich
gelegt, |
1. B. Mos.
X. v. 8.9. |
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aus dessen Exempel zu ersehen, daß der Ehrgeitz und
Herrschsucht die Leute getrieben,
Reiche
aufzurichten und zu erweitern. Bald darauf entstunden auch mehr andere
Staaten,
deren Regenten
Könige
heissen |
1. B. Mos. XIV. v. 1.2. |
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Man mag endlich
sagen, daß die
Menschen freywillig sich in die bürgerliche
Gesellschafft begeben, oder daß sie mit
Gewalt dazu angetrieben worden; so ist
doch dieses gewiß, daß das menschliche Verderben Anlaß dazu gegeben. Denn wären
die Menschen im
Stand der Unschuld geblieben, so hätte man keine Republicken
gehabt, weil alle Absicht, warum man solche hat, weggefallen wäre, daß man deren
nicht nöthig gehabt hätte, wie |
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- Hertius in element. prudent.
civil. …
-
Thomasius in jurisprud. divina ..
- Griebner in jurisprudent. nat. ..
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wohl angemercket, wiewohl |
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- Alberti in Compendio jur. nat. ..
- Böcler
in not. ad Grotium …
- Becmann in meditat. polit. …
- Müller de imperio civili in statu innocent.
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anderer
Meynung sind. |
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Es läßt sich auch nicht
sagen daß
Gott die ersten
Reiche
unmittelbar
aufgerichtet; ob er gleich solche Gesellschafften als ein zur Erhaltung des
menschlichen
Geschlechts nach dem
Fall nöthiges Mittel gut geheissen und
gebilliget. Daß das Verderben der Menschen zu diesem
Stand Anlaß gegeben, macht
ihn an sich nicht verwerfflich, und ist eine Schwachheit von einigen gewesen,
wenn sie ihn vor sündlich angesehen und gemeynet, durch dessen Abschaffung
grössere Vollkommenheiten in die
Welt zu bringen. |
Man lese von diesem Punct noch nach
- Menz in
Disputatione de prima imperii inter homines origine, Leipzig 1703.
- Locks Tractat du gouvernement civil. cap. 7.
- Bierling in thesibus politic. de origine rerum publicarum. die Observation. Hal. …
-
Buddeum in instit. theol. moral. …
- Böhmer in introductione in jus
public. universale …
- Treuer in not. ad Pufendorf. de
officio hominis … welcher noch einige andere hieher gehörige
Bücher
anführet.
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