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Zedler: Lehn [3] HIS-Data
5028-16-1430-7-03
Titel: Lehn [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 16 Sp. 1443
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 16 S. 733
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Übersicht
Reichs-Lehen (Forts.)
  Ursprünge und Entwicklung  (Forts.)
 
  Schwäbische Kaiser
  Nach dem Interregnum
  16. Jahrhundert
  Heute

Stichworte Text Quellenangaben
Schwäbische Kaiser Kommt man zwar in die Zeiten des Schwäbischen Regiments, und untersuchet die fernern Ursprünge der heutigen Reichs-Lehnbarkeit, so kann man kaum in Abrede seyn, daß nicht die Schwäbischen Kayser selbst denen Lombardischen Lehn-Rechten in Teutschland nach-  
  {Sp. 1444}  
  gegangen, und dieselben ungeachtet des ausnehmenden Unterschieds fast in Übung zu bringen angefangen.  
  So viel ist wahr, daß sich der Kayser da Mahls in vielen Fällen gantz klar auf das Lehn-Recht bezog, welches sonder Zweifel, wenn man die Urkunden selbiger Zeit ansiehet, kein anders war, als das Lombardische. Denn da sich das Reichs-Lehn-Recht in dem blossen Herkommen gründete, und bereits mit in denen öffentlichen Rechten begrieffen war, so lieset man vorher nicht, daß man sich auf ein besonder Lehn-Recht beruffen hätte.  
  Bey Aegidio Geleno Colon. ... wird gemeiniglich unter dem feudali Iure, wo er von der Verdammung Herzog Henrich des Löwen und der Cölnischen Belehnung mit dem Herzogthume Westphalen handelt, das Lombardische Lehn-Recht verstanden, und scheinet auch, wenn man den Text. II. F. 22. dagegen hält, gantz wahrscheinlich.  
  Je doch ist zu bemercken, daß der Auctor de Beneficiis, welchen Thomasius herausgegeben, und vor viel älter als das Lombardische Lehn-Recht erkläret, in der Sectione de Ordine Placitationis §. 18. den in der Urkunde angeführten Proceß noch ordentlicher als das Lombardische Recht beschreibet, des Wegen es also noch zweifelhafft wird, ob nicht vielmehr von diesem Auctore, welchem das Ius Feudale Saxon. 65. und Alemann. 116. genau folget, das Feud. Ius zu verstehen sey; da noch unausgemacht ist, daß bereits zu Kayser Friedrichs des I. Zeiten das Lombardische Recht ordentlich beschrieben gewesen, wovon Radeuicus Hist. II. 7. nachgesehen werden kann: daraus fast im Gegentheile geschlossen werden könnte, als ob man aller Dings in Teutschland eher ein geschriebenes Lehn-Recht gehabt.
  • Hahn Reichs-Hist. III. ...
  • Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre II. ...
  Doch dem sey, wie ihm wolle, gnug ist, daß leichtlich trifftige Ursachen anzugeben sind, daß man um diese Zeit die alten Teutschen Rechte mit fremden Zusätzen zu vermehren angefangen. Denn ie mehr die Kayser durch die im Anwachse begrieffene Landes-Hoheit ihr Ansehen hinsincken sahen, ie mehr bemüheten sie sich, demselben anderwärts wieder aufzuhelffen. Diese Ursache konnte leicht Anlaß geben, daß man sich bemühete, die Reichs-Lehen nach denen eingeschränckten Beneficiis einzurichten. Die Italiänischen Rechts-Lehrer, welche der Kayser um und neben sich hatte, waren der Teutschen Verfassung unkundig, und wollten des Kaisers Hoheit nach dem Maß-Stabe derer Römischen Gesetze abmässen.  
  Die Urkunden wurden zu derer Schwäbischen Kayser Zeiten, wie bekannt, Lateinisch eingerichtet, dabey die Geistlichkeit zugleich ihre wichtige Vortheile hatte; sinte Mahl Theils Stände nicht ein Mahl erfuhren, was vor fremdes einfloß, die aber Nutzen davon hatten, es leichte geschehen lassen konnten. Doch war dieses noch nicht so gefährlich, als da die Italiänischen Rechts-Lehrer die Feder zu führen bekamen.
  • Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre I. ...
  • Zschackwitz Einl. zu denen Rechts-Anspr. gecr. hohen Häupter und anderer Staaten von Europ. Th. I. Abth. X. ...
  Die Kayser wa-  
  {Sp. 1445|S. 734}  
  ren geschäfftig, nach der Trennung derer Haupt-Staaten neue Fürsten zu machen, und mehrere Grafen unmittelbar an das Reich zu bringen, welche sich dem Kayser als ihrem Beförderer anderweit zu wiedersprechen nicht unterstunden.
  Sonderlich schien die Zeit nach Henrichs des Löwen Falle zu dieser Veränderung sehr beqvem. Spener l.c. ...
  Einige Regalien waren schon vorlängst in allen Landschafften dem Kayser eigen gewesen. Einige hatte man auch bald Anfangs denen Herzogen und Grafen als Nutzungen ihrer Ämter gegönnet. Die letztern waren vermittelst derer Ämter Reichs-Lehen. Die wichtigsten Regalien waren durch Kayserliche Verleihungen und Theils ausdrückliche Theils stillschweigende Verträge denen Herzogen so wohl als andern geist- und weltlichen Fürsten nach der Hand zugefallen. Wie hernach nun von Zeit zu Zeit neue Fürsten und unmittelbare Grafen gemacht wurden, so hieß es, daß sie nothwendig alle Regalien zu Lehn nehmen müsten, wobey unstreitig die Lombardischen Reichs-Satzungen am meisten thaten.
  • II. Feud. 56.
  • Radeuicus Hist. ...
  • Bruno Hist. ...
  • Spener l.c. ...
  Manche Standes-Personen hatten zwar eigenthümliche Güter, baten sich aber den Grafen- oder Fürsten-Titel aus, und nahmen das Land oder auch wohl bloß die Regalien zu Lehen; wo durch denn die Lombardische Lehre noch mehr über Hand nahm, daß keiner weiter ohne Belehnung Regalien besietzen könnte, welche zwar schon einiger Massen in denen alten Teutschen Rechten begrieffen war, in dem gleich wohl die Ämter und Güter und erst mit denenselben die erlangten Regalien, die doch schwerlich besonders erregt worden, zu Lehne giengen; aber in dem alten Teutschlande im Lombardischen Verstande völlig unbekannt geblieben war.  
  Schlich sich nun solcher Gestallt viel fremdes mit in die Reichs-Lehnbarkeit ein, so war es kein Wunder, daß sich in denen Landsäßischen Lehen, welche sich täglich vermehrten, von der Zeit an nicht weniger Lombardische Lehren antreffen liessen, davon das Sächsische und Schwäbische Lehn Recht ein Zeugniß abgeben kann.  
  In der Reichs-Lehen blieben gleich wohl, der übrigen Vermischung ungeachtet, das wichtigste noch von denen fremden Rechten völlig ungekränckt. Es gab aber doch kein Schwäbischer Kayser nach Maßgebung der Lombardischen Rechte in derer Fürsten Streitigkeiten allein einen Richter ab, sondern ließ dem alten Fürsten-Rechte seinen gewöhnlichen Lauff, und vermogte der Kayser nicht ein Mahl in denen Heer-Zügen, welche bloß auf die Reichs Tage gehörten, etwas zu ändern. Ja die Stände redeten offte auf denen Reichs-Tagen, weil sie wusten, daß alles auf das Reich ankäme, scharff genug gegen die Kayser, ohne sich zu befürchten, daß sie des Wegen eines Lehn-Fehlers schuldig erklärt werden könnten.
  • Tolner Cod. ...
  • Otto Frising. ...
  • Helmoldus Chron. Slau. ...
  • Arnoldus Lubec. ...
  • Gelenius Colon. ...
  • Ludewig ad A.B. ...
  • Meibomius Script. ...
  {Sp. 1446}  
   
  p. 206.
  • Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre II. ...
Nach dem Interregnum Nach dem Interregno werden die nähern Ursprüngen der heutigen Reichs-Lehnbarkeit angetroffen. Der grösseste Theil derer Theils alten Reichs-rechtmäßigen, Theils derer neu angebrachten fremden Gestallten der Unterthänigkeit verlor sich wieder nach und nach; wie es denn auch nicht anders gehen konnte, da derer Stände Gerechtsame stiegen, des Kaysers Befugnisse aber mehr eingeschränckt wurden. Nun hieß es sehr sorgfälltig, die Lehen rühreten vom Reiche her, ohne das offt des Kaysers einige Meldung geschah, daß Reich aber doch demselben gleich beygesetzet ward.
  • Albericus ad an 1234
  • Albertus Argentin. ...
  • Albertin. Mussat. ...
  • G.B. ...
  • Leibnitz Cod. ...
  • Spener l.c. ...
  Kaiser Sigmund warnte so gar die Teutschen Fürsten selbst vor denen fremden Rechten, wie es unter Teutschen Fürsten in Lehens-Sachen Rechtens wäre, abgehandelt werden sollte.
  Doch blieb davon noch einiges und unter andern auch dieses übrig, daß man nun bey all und ieden Fällen die Belehnung bey dem Kayser zu hohlen hatte. Wenn dieses nach dem Interregno gewöhnlich worden, richtig anzugeben, ist ungewiß. Unter Kayser Rudolphen dem I. und noch später hin, scheint es nicht so völlig erfordert gewesen zu seyn. So mogte auch dieses noch von dem Lombardischen Rechte herrühren, daß man die Lehens-Fehler fast genauer, als ehe dem rechnen wollte, da es zuvor mit solchen Beschuldigungen sehr behutsam zugieng, und einer, so sich nur nicht offenbar an denen Reichs-Gesetzen und der Bundes-Verfassung vergrieff, wohl von dem Vorwurffe eines Lehn-Fehlers frey blieb, auf welchen Fuß es die neuere Reichs-Verfassung guten Theils wieder gesetzet hat.
  • Chron. Austral. ad an. 1237.
  • Gerard de Rog Hist. ...
  • Spener l.c. ...
  Es gieng auch in Ansehung der Belehnung selbst hernach einige Veränderung vor, denn da zuvor die Fahn- und Scepter-Lehen gewöhnlich gewesen, so kam es durchgängig auf, daß man die Stände mit dem Schwerdte belehnte, wobey vielleicht die vornehmsten Absicht auf die Lands-Hoheit gewesen. Spener l.c. ...
  Von denen Landsäßischen Lehen aber ist noch anzumercken, daß einige Land-Stände, als sie sahen, wie man in denen Reichs-Lehen die fremden Rechts-Lehen anfocht, gleich Falls einen Muth faßten und ziemlich frey gegen die fremden Rechte sprachen. Wie sich aber zwischen denen Reichs- und Landsäßischen Lehnen ein gewaltiger Unterscheid findet, so war es gar nicht zu verwundern, wenn die Wiedersetzung nicht allerorten gleiche Würckung hatte.
  • Thummermut. Krumstab schleust etc. Fundam. ...
  • von Ludewig ad A. B. ...
  • Spener l.c. ...
16. Jahrhundert Es geschahe so gar gegen das 16. Jahrhundert noch ein Versuch, ob man nicht die Reichs Lehen dem Lombardischen Rechte gäntzlich unterwerffen könnte. Die Ursache ist leichte zu finden. Denn es hatte sich  
  {Sp. 1447|S. 735}  
  da Mahls das Römische Recht sehr in Teutschland gezogen. Die Iuristen fiengen an, die Teutschen Rechte geringe und vor Barbarisch Zeug zu halten. Der Lombardische Lehens-Brauch war an das Corpus Iuris angegangen, und die Iuristen bemüheten sich mit Verdrängung derer Teutschen Rechte und Gewohnheiten, die ihnen unbekannt waren, denselben in die Lehn Gerichte einzuführen.
  • Thomasius Anmerck. bey Ossen. Testament. ...
  • Spener l.c. ...
  In dessen gelung es ihnen, wie wohl mit starckem Wiederspruche derer Vasallen, in einigen Landsäßischen Lehnen.
  • Kreß Annex. ad Thummerm. ...
  • Conring de Orig. ...
  • Rhetius ad Prooem. ...
  • Hertius de Legg. ...
  • Spener l.c. ...
  Mit denen Reichs-Lehen ward ein gleiches versucht, die Reichs-Cammer war nicht wenig mit dergleichen Lehrern besetzt, und der Reichs-Hof-Rath suchte dieselbe am meisten mit seinem Ansehen zu unterstützen. von Ludewig ad A. B. ... Spener l.c. ...
  Je doch haben sich die Reichs Lehen bey allen Unternehmungen ihrer Unterdrückung unter fremder Rechts Lehre erwehret; wie denn auch vernünfftige Iuristen in denen neuern Zeiten das darunter abgezielte Unwesen vorgestellet, und nachdrücklich wiedergeleget haben. So haben auch sonderlich die neuesten Capitulationen derer Reichs-Lehen Natur und Eigenschafft in vielen Stellen erörtert, und ie mehr sie Gefahr lieffen, ie mehr vor ihre Sicherheit gesorget.
  • Handhabung des Friedens an. 1495. §. 4.
  • Capitulatio Caroli VI. art. 11.
  • Thomasius Sec. ...
  • Titius Iur. ...
  • Meuius ad Ius ...
  • Schilter.
  • Coccei.
  • Bayer.
  • Hertius.
  • Griebner de Praeiudiciis ...
  • Horn Iur. ...
  • Kemmerich Iur. ...
  • Kulpisius Epist. ...
  • von Ludewig ad A.B. ...
  • Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre ...
  Denn es sollten die Lehen, wie offte gedacht worden, zur nähern Verbindung sämmtlicher Stände mit ihrem Haupte, nicht aber zum Mißtrauen und Verluste der Teutschen Freyheit gereichen. Besonders hat auch der Osnabr. Friede art. 8. §. 1. denen Reichs-Lehen Rath geschaffet, und bleibet also dieses uralte Reichs-Band zwischen Haupt und Gliedern in seinem Wesen und Flore, welches seine Rechte in denen übrigen geschriebenen und ungeschriebenen Reichs-Gesetzen zu suchen hat.  
  Das Lombardische u. Landsäßische Teutsche Lehn-Rechte kann zwar hier und da bei Ermässung der Reichs-Lehnbarkeit zur Lehre dienlich seyn; darff aber durchaus nicht vor einen Gesetz-mäßigen Gebrauch angenommen werden. Es thut ihm auch nichts, daß gleich wohl, zu Mahl wegen des offtermahligen Rathschlags die fremden Rechte zu bestätigen, unterschiedliches aus denen Lombardischen Rechten im Gebrauche bey der Reichs-Lehnbarkeit würcklich  
  {Sp. 1448}  
  anzutreffen.  
  Eines Theils kann dasselbe eben so wohl aus denen alten Teutschen Priuat Lehn-Rechten hergeflossen seyn, und haben sich eher die Stände würcklich in einem Neben-Puncte etwas fremdes gefallen lassen, so haben sie sich doch im übrigen nicht zu Beobachtung des fremden Rechts anheischig gemachet. Bedienen sich auch gleich die Iuristen Lombardischer Redens-Arten, so schadet doch dieses denen Reichs-Lehn-Rechten am wenigsten. Eben so wenig kann denenselben zum Nachtheile gereichen, daß sich die Verfasser von Actis publicis und denen Reichs-Gesetzen fremder Redens-Arten bedienen. Das Wort Felonie nimmt und giebt denenselben nichts, und brauchet des Wegen das Staats-Recht seine vernünfftigen Lehren von derer Stände Staats-Verbrechen nicht mit der Lombardischen Felonie zu vertauschen.
  • Itter de Feudis ...
  • Spener Exam. ... Teutsche Staats-Rechts-Lehre I. ...
Heute Heute zu Tage siehet man in vielem noch die alte, in manchem aber eine gantz neue Gestallt der Reichs-Lehnbarkeit. Hatte sie vor dem Zwischen-Reiche bald mehrere bald wenigere Gestallten der Unterthänigkeit an und bey sich, so ist sie nachgehends deren immer mehr und mehr entschlagen, und hat deren nicht so gar viele übrig behalten, sondern hat vielmehr aller gegenseitigen Bemühungen ungeachtet eine deutlichere Gestallt einer rechten Bundes Verfassung angenommen, die sich ohne dem zu denen heutigen Umständen am besten reimet. Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre II. ...
     

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Stand: 7. Juni 2023 © Hans-Walter Pries