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Zedler: Nachfolge in der Erbschafft HIS-Data
5028-23-151-10
Titel: Nachfolge in der Erbschafft
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 23 Sp. 151
Jahr: 1740
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 23 S. 93
Vorheriger Artikel: Nachfolge oder Erb-Folge derer enterbten Kinder
Folgender Artikel: Nachfolge des Fisci
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Nachfolge in der Erbschafft,  
 
  • Erbschaffts-Folge,
  • Erb-Folge,
  • Succeßion und Erbfall,
  • Erb-Gerechtigkeit,
  • Erb-Recht,
  • Erbschafft,
  • Erbschaffts-Recht,
  • oder auch das allgemeine Eigenthum,
  • Successio,
  • Haereditas,
  • Domi-
 
  {Sp. 152}  
 
  nium universale,
 
  ist eine solche Gerechtigkeit, vermöge welcher eine Erbschafft, oder alle Güter und Gerechtigkeiten, so der Verstorbene hinter sich gelassen, nach dessen Tode jemand anders gehören und zustehen.  
  Es fallen aber dem ungeachtet gleichwohl nicht alle und jede Rechte des verstorbenen ohne Ausnahme auf die Erben. Denn einige, als z.E. die so genannten persönlichen Beschwerden und Dienstleistungen, ingleichen die aus einem oder dem andern Verbrechen entspringende Klagen, und überhaupt alle des Verstorbenen selbsteigene Person ins besondere betreffende Gerechtsame sterben mit demselben ab. Wovon an seinem Orte ein mehrers.  
  Inzwischen mercken wir gegenwärtig nur bey diesem Erb-Rechte  
 
1) auf die Erlangung desselben, und
2) auf die Erb-Gerechtigkeit an und vor sich selber, und die daraus fliessende Actionen oder Klagen.
 
  Bey der erstern oder der Erlangung des Erb-Rechtes ist die Delation oder der Anfall der Erbschafft, von der angefallenen Erbschaffts-Erlangung und Antretung selbst zu unterscheiden. Die Delation oder der Anfall der Erbschafft geschiehet entweder auf ordentliche, oder auf ausserordentliche Weise, als durch Erb- Verbündnisse (Pacta successoria) wovon an seinem Orte.  
  Auf ordentliche Weise geschiehet es  
 
1) durch derer Verstorbenen letzten Willen,
2) durch Erbgangs-Recht und ohne letzten Willen.
 
  Und zwar beydes entweder nach denen Civil- und bürgerlichen oder nach denen Prätorischen Rechten. Struv in Synt. Jur. Civ. …
  Wofern man nun eine Erbschafft durch den letzten Willen überkommt; so geschiehet es entweder durch ein Testament, oder durch ein Codicill. Wiewohl in einem Codicill die Erbschafft nur durch ein Fideicommiß, nicht aber nach Art einer ordentlichen Einsetzung zum Erben zugewandt werden kan. Dahero ob zwar im Testamente ordentlicher und vornehmlicher Weise ein Erbe einzusetzen und zu benennen ist; so stehet doch dem Testirer frey, die Erbschafft oder ein Stücke derselben dem Erben zu nehmen, und nach Art eines Fideicommisses auf jemand anders zu bringen.  
  Es wird aber zu der abgestorbenen Erbschafft von denen sonst zwar so genannten rechtmäßigen Erben niemand gelassen, es sey denn kundbar, daß von dem Verstorbenen kein Testament vorhanden; massen der letzte Wille eines Menschen jederzeit einem Gesetze gleich, und nach Beschaffenheit der Umstände bisweilen auf wohl noch höher zu achten ist.  
  Wenn demnach jemand durch den zeitlichen Tod aus dieser Welt abgefordert worden; so ist zuförderst zu sehen, ob er ein rechtmäßig Testament hinterlassen, darinnen er einen oder mehr Erben eingesetzet, oder nicht. Denn wo ein Testaments-Erbe vorhanden, unangesehen daß derselbe auch fremde und dem Testirer nicht verwandt ist; so wird er dennoch allen andern des Verstorbenen Anverwandten von der Seiten-Linie in der Erb-Gerechtigkeit vorgezogen.  
  Jedoch soll und muß solch Testament schlechterdings nach der in denen Rechten deshalber verordneten Forme, Weise und Maas aufgerichtet und gestellet seyn.  
  Wo aber keine Erbeinsetzung geschehen, oder das aufgerichtete Testa-  
  {Sp. 153|S. 94}  
  ment ungültig ist; so kommt man alsdenn erst auf die Erb-Folge deren, so dem Verstorbenen der natürlichen Verwandtniß und Geblüte nach am nächsten zugethan, und also dessen nächste rechtmäßige Erben sind.  
  Und wird eigentlich in denen Rechten derjenige Untestirt (Intestatus) genannt, der in seinem Leben entweder gantz und gar kein Testament aufgerichtet, oder der sich zwar ein Testament aufzurichten unterstanden, dasselbe aber zu thun nicht berechtiget gewesen, oder die in denen Rechten geordnete Solennitäten nicht darzu gebrauchet hat; desgleichen so jemand ein Testament aufgerichtet, und dasselbe nachfolgends durch die nächsten Freunde bestritten, und krafftloß oder untüchtig gemacht ist, oder so nach Aufrichtung des Testamentes dem Testirer ein ehelich Kind gebohren worden, oder so die darinnen beschriebenen und eingesetzten Erben die Erbschafft nicht annehmen wollen.  
  Wenn sich nun dieser Fälle einer oder mehr begeben; so wird dafür geachtet und gehalten, daß der Verstorbene ohne Testament mit Tode abgegangen sey. Und werden alsdenn die nähesten Befreunde und Erben, wie oben gedacht, zur Erbschafft gelassen.  
  So lange aber derer Verstorbenen Testamente und letzte Willen annoch zweiffelhafft und streitig sind; so werden dieselben nicht darzu gelassen; sondern es muß vor allen Dingen und zuförderst erörtert werden, ob der errichtete letzte Wille des Verstorbenen, so viel die Erbsatzung betrift, Kraft habe, oder nicht, immassen sonst auch die Testaments-Erben, wenn das Testament keinen mercklichen Fehl hat, in die Posseß der gantzen Erbschafft einzuweisen sind, l. fin. C. de Edict. D. Hadr. toll.
  Es sind aber nach den neuesten Kayserlichen Rechten in dieser Art der Erb-Folge, oder derer rechtlichen Erben hauptsächlich drey Ordnungen gemacht. Nemlich  
 
1) derer, so von dem Verstorbenen in absteigender Linie gezeuget worden,
2) derer, so dem Verstorbenen in aufsteigender Linie verwandt sind, und
3) derer, so dem Verstorbenen in der Seiten- oder Zwerch-Linie zugehören.
Nov. 118.
  Besiehe hiervon besondere Artickel.  
  Im übrigen ist hierbey von dieser Erb-Folge überhaupt noch zu mercken, daß, nachdem dieselbe an vielen Orten, vermöge derer daselbst üblichen Rechte und Gewohnheiten unterschiedlich zu seyn pfleget, und sich gleichwohl öffters zutragen kan, daß der Verstorbene an mehr, als einem Orte, Güter verläßt, solche in denen unbeweglichen Sachen, wohin auch, wiewohl nicht durchgehends und ordentlicher Weise, sondern nur in gewissen Fällen, die ausstehenden Schulden und andere Gerechtsame, so der Verstorbene bey seinen Lebzeiten genossen, gerechnet werden, Mevius Lib. II. …
  nach denen Statuten des Ortes, wo dieselben gelegen sind, geschiehet. Carpzov P. III. …
  Wenn gleich der Verstorbene sich anderswo häuslich niedergelassen hat.
  • Dec. El. Sax. nov. 54. ibique Philipp. Obs. 2.
  • Wernher in Sel. Obs. For. …
  • Gail Lib. II. …
  • Carpzov in Jurispr. Eccles.
  Welches auch in denen beweglichen Gütern, die einem ge-  
  {Sp. 154}  
  wissen Orte gewidmet sind, Statt hat.
  • Berger in Oecon. Jur. …
  • Carpzov d. Const.
  In denen beweglichen Gütern aber, sie mögen seyn, an welchem Orte sie wollen. Mevius Lib. II. …
  wie auch was die ausstehenden Schulden und dessen übrige Gerechtsame anbelanget, werden ordentlicher Weise die Statuten und Gewohnheiten des Ortes beobachtet, woselbst sich der Verstorbene häußlich niedergelassen hat, wenn auch derselbe gleich an einem andern Orte Todes verfahren ist.
  • Carpzov d. Const. …
  • Stryck de Success. ab intest. Disp. …
  • Wernher in Sel. Obs. For.
  oder an eben demselben Orte, ein anders, auch höheres Gerichte erhalten hat, Wernher l.c.
  massen dißfalls die Erb-Folge in denen beweglichen Gütern lediglich nach denen Rechten des Ortes, nicht aber der Gerichtsbarkeit des Verstorbenen, zu beurtheilen ist, Berger P. I. …
  Dahero sollen und müssen auch eines verstorbenen Kirchen-Dieners bewegliche Sachen nach denen Statuten des Ortes, wo er sich aufgehalten hat, getheilet werden.
  • Carpzov in Jurispr. Eccles. …
  • Wernher
  • Horn
  • Berger l.c.
  Hätte aber der Verstorbene noch keine wesentliche Wohnung (domicilium) irgendwo aufgeschlagen; so müste die Erb-Folge nicht nach denen Rechten des Ortes, wo er gestorben, sondern woher er gebürtig ist (secundum jura loci originis) geschehen.
  • Mevius
  • Hartmann Pistor
  • Carpzov
  • Wernher l.c.
  Dahero wenn ein Studirender auf Universitäten verstirbet; so wird demselben, auch in beweglichen Gütern, nach denen Rechten seiner Heymath, oder wo dessen Vater Bürger gewesen ist, gefolget.
  • Carpzov
  • Berger in Oecon. Jur.
  Wenn aber auf Universitäten Kirchen-Diener, Professores und Studenten verstorben, die sich zwar in einer Land- und Fürsten-Stadt aufhalten, aber dem Stadt-Rathe nicht gehorchen; so soll die Theilung in denen nachgelassenen beweglichen Sachen und Gütern keines weniges nach denen Statuten des dasigen Stadt-Magistrats, sondern nach denen gemeinen Land-Rechten oder Statuten derjenigen Obrigkeit, unter welcher die stehen, und derer sie gehorsamen, geschehen.
  • Struv in Syntagm Jur. Civ. …
  • Carpzov. P. III.
  Woselbst er unter andern diesen allgemeinen Satz hat und behauptet: Wenn auch gleich ein Einwohner von der Stadt verstorben; so geschiehet doch die Erb-Folge derer beweglichen Sachen nicht nach den Statuten der Stadt, wo er nicht dem Stadt-Magistrat, sondern eines andern Gerichtsbarkeit unterthan gewesen ist. Und also folgen auch die Erben eines verstorbenen Pastors in dem gepachteten Gute nicht nach denen Statuten des Ortes, wo das gepachtete Gut gelegen ist, sondern nach denen Rechten der Obrigkeit, derer Gerichten derselbe unterworffen gewesen. Carpzov d. Const. …
  Wenn ein Soldate, z.E. von Geburt und dem Vaterlande  
  {Sp. 155|S. 95}  
  nach ein Sachse, in Indien verstorben, es hätte aber derselbe in Sachsen einen Bruder, und eines andern vorher verstorbenen Bruders Kinder, als rechtmäßige Erben, hinterlassen; so soll alsdenn die Erb-Folge in dessen rückständigem Solde, als einer beweglichen Sachen, vermöge der gewöhnlichen Rechts-Auslegung, dem gemeinen Rechte nach, welches nemlich an dem Orte, wo sich der Verstorbene häußlich niedergelassen, und seine ordentliche Wohnung hat, dessen ordentliche Wohnung und Aufenthalt aber in Indien ist, wenn er nicht im Vaterlande unbewegliche Güter besitzet, geschehen. Berger in Oecon. Jur. …
  Welches aber doch von dem gantzen Lande eines Fürsten, dem der Soldate dienet, nicht aber von einer jedweden Stadt desselben Landes, wo er sich vielleicht nur eine Weile aufhält, oder wo er im Quartier lieget, zu verstehen ist.  
  Woraus denn folget, daß die Erb-Folge eines Soldaten, so wohl wenn er selbst Erbe wird, wenn ihm nehmlich z.E. das Eheweib verstorben, als auch wenn er Todes verfähret, und also dessen Verlassenschafft seinen rechtmäßigen Erben zufällt, nicht nach denen Statuten jedes Ortes, wo er selbst oder dessen Eheweib stirbt, sondern nach denen allgemeinen Landes-Gesetzen, zu erörtern und zu bestimmen ist. Berger in Oecon. Jur. l.c.
  Wenn aber der Verstorbene seine Wohnung an verschiedenen Orten gehabt hat; so beruhet alsdenn die Wahl, so viel die Erbschafft in dessen hinterlassenen wahrhafftig beweglichen Sachen, oder die auch sonst dafür geachtet werden, anbetrifft, lediglich auf der Willkühr des Erbens.
  • Carpzov
  • Berger l.c.
  Endlich ist zu wissen, daß, wenn andere Rechte, in Ansehung der Erbschafft an dem Orte, wo der Erbe wohnet, andere aber an dem Orte, wo des Verstorbenen Güter befindlich, eingeführet und üblich sind, die Obrigkeit des letzten Ortes, wider den Erben gemeiniglich die Rechte seines Aufenthalts zu beobachten pflege. Dergestalt, daß sich der Erbe desfalls gefallen lassen muß, daß die Erb-Folge nach denen Rechten des Ortes seiner Wohnung geschehe.
  • Carpzov in Definit. …
  • Struv de Vindict. priv. et de retors.
    Ein mehrers hiervon siehe bey denen sonderlich in Speidels Biblioth. Jurid. … angeführten Schrifftstellern, als
  • Frantz Barry,
  • Paul Aemilius,
  • Philipp von Casalis,
  • Ferdin. Vasquius,
  • Johann Baptista Zilettus,
so alle in besondern Tractaten de Successionibus testati et intestati gehandelt haben.
    De Successionibus ab intestato haben insbesondere geschrieben,
  • Samuel Stryck,
  • Valentin Forster,
  • Carl Anton Bottilier,
  • Michael Graß,
  • Johann Borcholten,
  • Johann Harpprecht,
  • Caspar Manzius,
  • Matthias Matthesilanus,
  • Rolandinus Passagerius,
  • Friedrich Pranninger,
  • Cocejus in Disp. de Successione Anomala,
  • Köppen P. II. …
  • Christinäus Vol. IV. Decis. Belgic. …
  • Matthäus Wesenbecius
  • Thoning
  • und viele andere.
  Siehe auch Erb-Recht, im VIII Bande p. 1498. u.ff.  
     

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Stand: 2. April 2014 © Hans-Walter Pries