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Quellenangaben |
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Neuer Adel, Neugeadelte, Neugebackene
Edelleute, Nova Nobilitas, Novi Nobiles, Nobiles
recenter creati, sind überhaupt alle diejenigen,
welche ursprünglich zwar von schlechter
Geburt
und geringer Herkunfft sind, nachmahls aber sich
durch ihre
eigene
Verdienste und ausnehmende
Verrichtungen dergestalt hervor
thun, daß sie von
der hohen Landes-Obrigkeit, oder wem sonst das
Recht zu adeln gebühret, mit der
Adelichen
Würde,
und allen davon abhangenden
Freyheiten und
Gerechtigkeiten begnadiget werden. |
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Bey denen
alten Römern hiessen dieselben
Novi homines, siehe Neue Leute. |
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Heut zu
Tage aber werden dieselben so wohl
von denen ältern von Adel, oder auch wohl andern
unverständigen Leuten insgemein nur Spottweise
Neugebackene Edelleute, papierne Edelleute,
Pfeffer-Säcke, gepfefferte von Adel, u.s.w.
genennet. |
Mundius de Comit. Palat.
… |
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Welches aber durchaus nicht zu dulten;
sondern es sind dieselben allerdings denen ältern
nach ihrem
Stande und
Range gleich zu achten,
und ihres obgleich noch so neuen Adels ungeachtet
von niemanden zu schimpffen oder verächtlich zu
halten. |
-
Limnäus
in Jur. Publ.
…
- Draco de Patric. …
- Becmann in Notit. Dignit.
Illust.
Diss. … desgleichen
in Doctr. Jur. …
- Mundius
l.c.
- Viliz de Comit. Palat. Caesar.
…
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Zumahl da ja gar leicht auch denen
allerniedrigsten und geringsten aus dem gemeinen
Pöbel-Volcke eben dasjenige begegnen kan, was
denen allerersten Anherrn und Stifftern derer noch
heut zu Tage blühenden und noch so alten
Adelichen
Geschlechter wiederfahren, daß sie
nehmlich ihrer besondern Verdienste und
Tugenden
wegen, wenn ihnen anders das
Glücke so wohl
will,
so
gut, als jene, in den Adel-Stand versetzet
werden. |
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Und sind dieselben, da sie solcher gestalt die
Tugend gleichsam zum
Vater, |
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{Sp. 85|S. 56} |
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und das Glücke zur
Mutter haben, nicht so wohl
nach dem Stande, welchen sie verlassen, als
vielmehr in welchem sie sich
würcklich befinden, zu
achten. |
Limnäus in Addit. … |
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Wie denn zu dem Ende auch in denen Rechten
versehen, daß diejenigen, welche noch daran
zweiffeln, ob ein von
Kayserlicher Majestät
Geadelter solcher
Ehre
würdig sey, denen
Kirchenräubern gleich gehalten werden
sollen. |
- l. sacrilegii 5.
C.
de
crim. sacrileg. … ibique Baldus per text. …
- Stephani
de Nobil. …
- Tiraquell de Nobil. …
- Schneidewin
…
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Welches sich daher insonderheit diejenigen, so
erst neu geadelt worden, wohl zu mercken
haben, |
wie unter andern Wilhelm
Förstner de Feud. . …
erinnert. |
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Indessen hat doch auch Mengering in Scrutin.
Conscient. … nicht
unrecht, wenn er daselbst
schreibet: Verständige Leute und offenhertzige
Patrioten haben die Edelmanns-Briefe, da manche
aus schlechten Bauernbengeln, Rattenfängern,
Hechelmachern, Butterkrämern, Gentils Hommes,
oder Edelleute und Turnier-Genossen worden,
allezeit vor sehr verdächtig gehalten, daß die, die
keinen Funcken Adelicher Qualitäten an sich
schimmernd haben, solchen Adel mit
Gelde an sich
kauffen, ist wohl
Schande über Schande, und nicht
unbillig vor
Ehrgeitz und gesuchten
falschen
Ruhm
und Namen zu achten. |
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Hierbey
fragt es sich, ob auch solche neu
gemachte Edelleute, aller widrigen
Statuten,
Gewohnheiten und
Privilegien ohngeachtet, in
denen Cathedral-Kirchen zu denen Canonicaten,
ingleichen zu denen so genannten Ritter-Spielen
und Turnieren zuzulassen sind? Und ist hierauf zu
wissen, daß ob solches gleich an und vor sich
selbst betrachtet, der
Sache nichts zu
schaden oder
sonst zu benehmen scheinet, in der
That dennoch
dieser Fall so leicht nicht geschehen dürffte. |
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Wenigstens nach
Sachsen-Rechte werden
diejenigen nicht vor eigentliche
Ritter, noch auch vor
rechte
vollkommene Edelleute gehalten, und derer
solchem Adel zustehenden Rechte und
Vorzüge
fähig erachtet, welche nicht wenigstens ihre vier
Ahnen aufweisen, und aus diesen ihren Adel
erweisen können. |
Wesenbec in Consil.
… |
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In denen übrigen
Deutschen
Staaten und
Provintzen aber ist es fast durchgängig hergebracht,
daß solche ihre 8 oder auch wohl 16 Ahnen von
beyden Linien in unzertrennter
Ordnung und ohne
Abgang
müssen aufweisen können. |
Bodinus de Republ. …
woselbst er aber dieses eine sehr
üble und höchst-schädliche Gewohnheit
nennet. Ein mehrers hiervon
siehe beym Myler in Gamolog. … Klock de contrib.
… und andern daselbst angeführten
Schrifft-Stellern. |
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Inzwischen ist doch sonderlich Sr. Kayserl.
Majestät unbenommen, krafft und vermöge Dero
habenden allerhöchsten
Macht und
Gewalt, auch
einem Neugeadelten die
Gnade zu thun, und ihn so
gleich bey seiner
Standes-Erhöhung vor Ritter- und
Stiffts-mäßig zu erklären. |
Pruckmann in Tr. de Regalib.
… |
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Wie denn daher gar gewöhnlich, daß in denen
Adels- und Wap- |
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{Sp. 86} |
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pen-Briefen auch zum öfftern folgende
Worte
mit eingerücket werden: Und um solcher seiner
Redlichkeit, Adelicher guter Sitten, Tugend, und
andern zur Anreitzung nach gleichmäßigen Ehren,
Tugend, Adel und Redlichkeit zu streben, so haben
wir mit guter Vorbetrachtung, wohlbedachtem Muth,
gutem zeitigen Unser Edler Räthe und lieben
Getreuen Rath und rechtem Wissen aus Römischer
Kayserlicher, auch Hungarischer und Böheimischer
Königlicher Macht und Vollkommenheit gedachten
N.N. samt seinen ehelichen Leibes-Erben und
dererselben Erbens-Erben, Manns- und Frauens-Personen, zu ewigen Zeiten in den Stand und Grad
des Adels Unserer und des Heil. Röm. Reichs, auch
Unserer Königreiche, Fürstenthüme und Lande,
recht Edelgebohrne Wappens- Lehns- und
Turniers-Genossen, auch Rittermäßiger Leute
erhebt, darzu gewürdiget, geschöpfft, geadelt, und
Sie der Schaar, Gesell- und Gemeinschafft des
Adels zugefügt, zugestellt und vergleicht,
allermassen und gestalt, als ob sie von ihren vier
Ahnen, Vater und Mutter Geschlechten beyderseits
recht Edelgebohrne Lehns-Turnier-Genossen und
Rittermäßige Leute gebohren wären u.s.w. |
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Eben so ist auch in Engelland dieses eine gar
löbliche Gewohnheit, daß alle diejenigen, welche
erst aus dem gemeinen
Volcke zu Rittern,
Baronen,
Grafen, u.s.w. erkläret werden, so gleich von dem
Tage ihrer erhaltenen Standes-Erhöhung an von
jedermann durchgehends auch vor
wahrhafftige
Edelleute, Barons und Grafen
erkannt und verehret
werden. |
- Alber. Gentilis de Nupt.
…
- Jos. Nolden. de Statu Nobil.
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Damit aber auch dergleichen Neugeadelte vor
andern Läster-Mäulern und Verläumdungen desto
gesicherter seyn, und die ihnen erst verliehene
Adeliche Würde mit desto besserer Ruhe und
Zufriedenheit besitzen und geniessen
mögen; so
wird fast allen und jeden solchen neuen Wappen-
und Adels-Briefen eine solche Clausel einverleibet,
darinnen einem jeden, sich nicht dergleichen
gelüsten zu lassen, bey einer
gewissen
nahmhafften
Straffe untersaget und verboten
wird. |
Ludewig Schwartzmair in
Miscell. … |
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dergestalt, daß derjenige, dem in diesem
Stücke gleichwohl von jemanden zu nahe
geredet
und getreten, oder sonst zur Ungebühr begegnet
worden, solchen Falls auf die in dem ihm ertheilten
Adels-Briefe genannte Straffe klagen, und bey dem
Reichs-Cammer-Gerichte Hülffe suchen kan. |
Nolden. l.c.
… |
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Massen allerdings niemanden
vergönnet ist,
dergleichen Neugeadelte vor unächte und des ihnen
verliehenen Adels
unwürdige zu erklären, sondern
man hat dagegen der hohen Landes-Obrigkeit,
welche ja durch solche offene Briefe und
Bekänntnisse bezeuget, daß sie dieselben lediglich
wegen ihrer besondern Verdienste und Tugenden in
den Adel-Stand erhoben, schlechterdings zu
glauben. |
- l. 3. C. de crim.
sacrileg.
- Menoch. …
- Nolden. l.c. …
Besiehe auch
- Frize in Concl. …
- Otto in Jur. Publ. …
- Limnäus in Jur. Publ. …
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Im übrigen haben die Staats-Lehrer nicht
unrecht, wenn sie behaupten, |
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{Sp. 87|S. 57} |
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daß von Natur zwar ein jeder
Mensch vor einen
Edelmann, nach seinem
politischen
Zustande
hingegen keiner, sondern vielmehr ein jedweder
ohne
Unterscheid vor einen unadelichen zu achten
sey, so lange er nicht seinen Adel durch
genugsame
Beweißthümer
darthun könne. |
Limnäus in Addit. Jur. Publ.
… |
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Sonst ist noch hierbey zu gedencken, daß
sonderlich in Franckreich auch die von der hohen
Landes-Herrschafft diesem oder jenem Geschlechte
verliehene Adeliche Würde nicht allezeit zu Recht
beständig und gültig sey. Wie denn unter andern
von dem vorigen
Könige, Ludewig XIV. bekannt,
daß er einsmahls allen denjenigen Geschlechtern,
welche seit 20
Jahren entweder aus
gantz
schlechten und geringen
Ursachen, oder auch ohne
vorhergegangene genugsame Erkundigung von
ihrer ehemaligen
Lebens-Art und andern dahin
einschlagenden
Umständen die Adeliche Würde
ertheilet worden, solche wiederum eingezogen;
jedoch mit beygefügter ausdrücklichen Erklärung,
daß solche denen wohlverdienten und würdigen
Geschlechtern nach wie vor unangefochten bleiben,
oder auch von neuem bestätiget werden solle. |
Limnäus l.c.
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Siehe auch
Adel, im I
Bande p. 467. u.ff. |
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