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Ludwigs Exempel |
So weit also sind die
Mittel angewiesen, der Verwirrung in denen
Rechten und
Gerichten unsers
Vaterlandes abzuhelffen. Nun
wollen wir solches durch ein
Exempel erläutern. Und weil gleich die |
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{Sp. 1244} |
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vergangene
Woche (so lauten des offt gedachten
Ludwigs
selbsteigene
Worte) eine
Rechts-Sache eingelauffen, die sich hieher schicket; so
mag solche das Muster davon seyn, damit niemand gedencke, als hätte man solche
erst aussuchen
müssen. |
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Es ist nehmlich eine wichtige und seltene Frage vorgekommen: Ob ein
Gläubiger, der seine Schuld-Post ausgeklaget, und die Rechts-Krafft eines
Urtheils vor sich hat, zwölff von Hundert jährliche Zinsen fordern möge, wenn
der Schuldmann nicht bezahlet? Dergleichen Proceß hänget nun an den höchsten
Reichs-Gerichten, und kan wohl, bey so grosser Verwirrung des
Römischen und
Deutschen Rechts, niemand Bürge seyn, ob die Frage vor den Gläubiger, oder den
Schuldner ausfallen werde. |
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Der Gläubiger gründet sich auf den klaren Buchstaben der
Römischen Gesetze,
l. 1. 2. C. de usuris rei judicatae, in welchen
versehen, daß, wenn ein Schuldner, auf ein Rechts-kräfftiges Urtheil, nach vier
Monaten nicht bezahle, er sodann zwölff vom Hundert zu zinsen, von solcher Zeit
an schuldig seyn solle. Denn ohngeachtet der
Kayser Justinianus mehr, als 6 vom
Hundert zu nehmen, in dem
l. 26. C. de usuris schlechterdings
verboten; so habe doch derselbe die zur
Strafe denen säumigen Schuldleuten und
übeln Bezahlern auferlegte 12 vom Hundert, als ein gerechtes Zwangs-Mittel,
beybehalten wissen wollen. |
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Der
arme Schuldmann aber hält sich an die Deutsche
Reichs-Satzungen der
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- Reichsabsch. Augsp. 1530.
tit. 26. §. 8.
- Deputat. Absch. 1600. §. 139.
- Reichsabsch. Regensp. 1654. §. 174.
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nach welchem 5 vom Hundert festgesetzet, mehr aber Zinsen zu nehmen
schlechterdinges verboten, auch allen Scheinhändeln von Wiederkauffe,
Gegen-Gebrauch, Gegen-Ablauff, u.s.w. darinnen umständlich vorgebauet worden.
Bey welchen Umständen denn die Römische Monat-Zinsen, das ist, jährlich 12 vom
Hundert, keine Statt finden. |
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Der Schuldmann suchet auch in dem
Päbstlichen Kirchen-Rechte Trost, in
welchem die Zinsen schlechterdinges, als eine Todsünde und Ehrenrühriges
Verbrechen, verboten; indem man leihen, und dafür nichts wieder fordern, am
allerwenigsten aber sich über das geliehene Zinsen bezahlen lassen solle. |
c. 10.
X de usuris. |
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Weil nun, durch die gantze Occidentalische Christenheit, mithin auch im
Deutschen Reiche, diese Weise, von dem Verbot alles Wuchers und Zinsen überhaupt
gar genau in Acht genommen worden; so wird der
Schluß daraus gezogen, daß, wie
die Römische Wucher-Gesetze das Deutsche Reich niemahls beflecket, also man auch
gegen die üble Bezahler solche keinesweges zur
Straffe eingeführet und
angenommen halten möge. |
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Bey dieser
Gesetze-Beschaffenheit nun fänget sich das Gewirre der
Rechtsgelehrten an, und läuffet dergestalt durch einander, daß das
Urthel einem
blinden Glückes-Topff ähnlich wird, zu gewinnen, oder zu
verliehren. Wilst du
sicher gehen, und dich etwa von den Rechtsgelehrten für dein
Geldes
unterrichten
lassen, so wirst du dadurch wenig gebessert. Denn in solchen Abgründen schläget
die Wünschelruthe nach dem
Orte, wohin, der belehret seyn will, gedencket.
In dubio pro quaerente. |
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{Sp.1245|S. 636} |
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Und da haben dann alle beyde auf dem Papiere
Recht und schlagen darauf in
den
Gerichten ein, wenden
Geld und Zeit auf, bis das Glück einem wohl will, und
den andern verlässet. Und damit niemand gedencke, daß dieses ohne
Grund
gesaget
sey; so wollen wir die
Nahmen der grossen Rechtsgelehrten nennen die einander
hieselbst entgegen
sprechen, und so wohl Klägern als Beklagten, das
Wort
reden. |
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Einige wollen durchaus behaupten, der Wucher 12 vom 100 sey noch jetzo
billig und recht, und müsse gegen einen, durch ein rechtskräfftiges Urthel,
verdammten losen Bezahler darauf
gesprochen werden. Unter dieser Fahne stehen
und fechten der Reichs-Hof-Rath Freyherr von Wernher Part.
X. Observ. 253. wie auch der Wittenbergische Ordinarius Leyser
in Medit. ad D. Specim. CCXLIV. Medit. 7. p. 866. Welche beyde
diejenigen
Richter einer unzeitigen Barmhertzigkeit beschuldigen, die einen
solchen losen Bezahler nicht auf 12 vom Hundert, nach Schärffe der
Rechte,
verurtheilen wollen. Es wäre solches Straffwucher, oder Straffzinsen, und die
Straffen dienten zur guten
Ordnung. Es liege also nur an den unwissenden
Advocaten, daß sie solchen Falls nicht auf 12 procent loß klagten. Der Richter
müste darnach
sprechen, weil die Gegenmeynung der barmherzigen Tröster die
angenommene
Gesetze nicht aufheben könnte. |
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Hingegen
sagen
fast alle ander Rechtsgelehrte, der Wucher 12 procent sey eine im
Deutschen
Reiche unbekannte
Sache; und dannenhero habe es bey 5 procent
auch alsdenn sein Bewenden, wenn gleich der Gläubiger ein Rechtskräfftiges
Urthel vor sich erhalten. In welchem Lager |
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- Brunnemann in Comment. ad l. fin. C. de usur. rei
jud.
- Ummius de Process. Disp. XXI. thes. 7.
- Struv in Synt. Jur. Civ. Exerc. 44. th.
16.
- Lauterbach in Coll. ad D. de usuris §. 22. und
de Re judicata §. 31.
- Stryck ad Lauterbach.
tit. de Usuris,
- Graß in
Dissert. Juris Rom. et Recess. Imp. Spec.
VI. §. 1. p. 251.
- Titius ad Lauterbach.
Observ. 1048.
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und andere sich bewaffnet finden lassen. Wie denn noch ins besondere
Lauterbachius hinzusetzet, daß ihm weder in der Reichs-Cammer, noch
sonsten, ein Rechtshandel vorkommen, da die Partheyen entweder darauf geklaget,
oder ein
Urthel erhalten hätten. |
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Was nun zu thun? Beyde gegen einander streitende Partheyen haben ihre
Anhänger und Liebhaber. Und wie leicht wäre es wohl, diesem Streite auf dem
Reichs-Tage, durch einen tüchtigen Ausspruch, ein Ende zu machen? Nach dem ja
doch auch, bey dem jetzigem ewigen Reichs-Tage, es die hohe Gesandschafften eben
an der Zeit haben, dergleichen
Sachen vorzunehmen, und auf einen oder den andern
Weg zu entscheiden. |
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Nur du denckest vielleicht bey dir, was solle aber inzwischen hieselbst die
obbesagte Lehre von dem Unterscheide des
Deutschen und
Römischen Rechtes
helffen: Und dieses ist es eben, was hier nunmehro zu sagen und auszuführen seyn
will, als wodurch man die Schwäche und Stärcke der streitenden
Rechts-Lehrer
leichtlich zu beurtheilen, fähig seyn wird. |
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Denn so viel die 12 vom Hundert in dem Wucher betrifft; so ist dieses eine |
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{Sp. 1246} |
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denen Römern eigene
Sache: Weil diese ihre
Gelder nur auf Monat-Zeiten
ausgeliehen, und dahero monatlich eines von Hundert Zinsen genommen, welche man
Centesimas genennet, und welche das Jahr hindurch zwölff von Hundert
ausgemacht haben. |
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Inzwischen muß niemand dafür halten, daß die Römer solches jederzeit, und in
einem auf lange Zeit vorgestreckten Anlehen gethan. Denn in solchem Falle
vergliche man sich, der Zinsen halben, auf 4. 5. 6. 7. 8. und mehr oder weniger
vom Hundert war also jederman das Unciarium Foenus, oder der
Monats-Zins, eines vom Hundert, erlaubet; aber nicht mehr, als einen vom Monat
zu nehmen, zugelassen. Wenn aber alle Zinsen auf etwas gewisses verglichen
waren, mithin man Zweifel haben konte, wie hoch der Schuldmann, nach einem
Rechtskräfftigen Urthel, den Hauptstuhl verzinsen müste; so war der Ausspruch
dieser: zwölff vom Hundert, oder auch, wie es vorher gewesen, Zweymahl zwölff
vom Hundert jährlich. Welches aber Justinianus in dem
l.
2. C. de usur. rei jud. bey dem erstern bewenden lassen. Mit einem
Worte, zwölff vom Hundert war sonsten niemand zu bezahlen schuldig, wenn es
nicht nahmentlich also verglichen war. Ausser in denen, nach dem Buchstaben der
Gesetze, geordneten Fällen, als z.E. wegen allzulangen Verzugs oder
Saumseligkeit, nach erhaltenen und Rechtskräfftig gewordenen Urtheile, u.s.w. |
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Alles dieses verhält sich nun in dem
Deutschen
Reiche gantz anders. Denn die
Deutsche gaben ehedem gar kein
Geld auf Wucher, den sie beständig, bis zu Zeiten
Lutheri vor Sünde hielten. Folglich da keine
Conventional-Zinsen Statt hatten; so mochte auch um so viel weniger an
rechtliche oder Straff-Zinsen gedacht werden. An statt des Wuchers aber kauffte
man auf
liegenden Gründen und Gütern Zinsen. Welche
Beschwerung deswegen vor
keinen schädlichen Wucher gehalten worden, weil es ein Kauff und kein Anlehen
hiesse; so denn auch weil aus den Einkünfften des
Grundstückes die jährlichen
Zinsen genommen wurden. Vom Unciario Foenore oder denen Centesimis
Usuris, das ist, Monat-Zinsen, wusten die
Deutschen Rechte gar nichts: Weil
man das Jahr bey uns nur einmahl erndtet; mithin keine andere, als Jahrs-Zinsen,
im Zinsen, kauffen und
verkauffen, üblich waren. |
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Endlich schicket sich diese Lehre de Centesimis Poenalibus, oder
von denen Straff-Zinsen auf unsere Deutsche Gerichts-Sporteln oder Straff- und
Pönalien-Cassen so wenig; als in Diebstählen die Actio in Duplum aut
Quadruplum. Denn wenn die Partheyen zu
bestraffen; so fliesset die
Straffe
den
Gerichte, nicht aber dem obsiegenden Kläger, zu. Bey welchen Umständen wenn
der
Schluß dieser ist, daß die usurae Poenales, oder der Römische
Straff-Wucher, in denen
Deutschen Rechten und
Gerichten keine Statt findet, wie
auch ein Exempel davon gewiesen worden. |
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Solches nun noch deutlicher zu machen; so wollen wir zwey sich
widersprechende
Urthel hieher setzen, und daraus die
Erkänntniß nehmen lassen,
daß derjenige, welcher die Römischen und Deutschen Rechte gründlich gelernet, in
beyde Sättel gerecht sey, dem ge- |
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{Sp.1247|S. 637} |
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meinen Hauffen nachzusingen, und so denn auch seinen eigenen
Mann für sich
zu stehen. Künstlich ist es, den Mantel nach dem Winde zu hängen, aber deswegen
nicht recht; welches keine menschliche Absichten leidet. |
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Wir setzen also erstlich den Fall, du wärest von dem Kläger auf 12 vom
Hundert gegen den Beklagten eingenommen; so würde das
Urthel also ausfallen: In
Sachen Titii, Gläubigers und Klägers an einem; Caji,
Schuldners und Beklagten andern Theils, wird hiermit, nach Verlesung der Acten,
zu
Recht erkannt: Daß Beklagter dem Kläger, von Zeit des Rechtskräfftigen
Urthels. die Schuld-Post mit 12 vom Hundert jährlich zu verzinsen, schuldig.
V.R.W. |
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Nun höre auch die schönen Rationes dubitandi et decidendi, die
Schein- und würckliche
Gründe, nach unserer Waidsprach abgefasset: Ob es gleich
scheinen möchte, daß die Römischen centesimae im
Deutschen
Reiche keine
Statt fänden, angesehen anfangs die
Deutsche gar keinen Wucher gebilliget,
vielmehr, vor der Zeit des Christenthums, denselben der Gebrauch des
Geldes gar
nicht bekannt gewesen, (usum auri et argenti ignorant,
saget
Tacitus de M.G. c. 17.) nach angenommenen Christenthum aber
dieselbe dem
Päbstlichen Kirchen-Rechte gefolget, welches alle Zinsen vor
verdammlich und ehrenrührig hielte, |
c. 10.
X. de usuris. |
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Ferner da man endlich auf dem
Reichs-Tage dem
gemeinen Besten Statt gegeben,
damit
reiche Leute das
Geld nicht im Kasten liegen lassen möchten, man nur 5 vom
100 jährlich erlaubet, sich aber nach dem
Justinianischen Rechten in dem l.
26 C. de usuris gar nicht gerichtet habe, weil in denselben 6. 8. und
mehrere vom Hundert in gewissen Fällen, zugelassen; bey welchen Umständen dann
auf die Poenales centesimas, das ist, 12. vom Hundert, gar keine
Absicht zu nehmen: über dieses, weil die
Päbstliche Kirchen-Rechte im
Deutschen
Reiche eher in einen gerichtlichen Gebrauch gekommen, als die
Römischen Gesetze,
diese letztere denen erstern
billig nachzusetzen; bevorab, da die gemeine
Meynung so gar auch bey den
Evangelischen Rechtsgelehrten die Oberhand behielte,
daß man nehmlich, so offte von Vermeidung einer Sünde gehandelt werde, allemahl
dem
Canonischen Rechte folgen müsse. |
Strykius c. 1. feud. qu.
28. |
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Dahero endlich die gemeine Landstrassen diese sey, wo in dem
Römischen Rechte der Straffwucher vom 12 Procent eingeführet, wenn sich ein
Verwalter,
Pfleger, oder
Bedienter, an seines
Herrn oder Pflegbefohlenen
Geldern
vergriffen. |
- l. 19. 38.
D. de negot. gest.
- l. 7. 54. D. de administr. lut.
- l. 1.
C. de usur. pupillar.
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Dennoch darauf so wenig in den
Deutschen Gerichten, als nach einem
Rechtskräfftigen Urthel, auf 12 procent vom Hundert geklaget oder
erkannt werden
möge. |
- Brunnemann ad l.f. C. de usur. rei. jud.
-
Struv Exerciz. 44. §. 16.
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welche gemeine
Meynung denn allen Neulingen
billig vorzuziehen, wovon in
denen bald anfangs angezogenen Gelehrten Anzeigen N. XLII §. 20. ein
mehrers. |
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Dennoch und dieweil |
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1) |
das
Römische Recht im
Deutschen
Reich schlechter
Dinges eingeführet; in demselben aber gegen einen losen Bezahler, nach
einem Rechtskräfftigen Urthel, dem Straffwucher, auf |
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{Sp. 1248} |
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12 vom Hundert in l. 2. et fin.
C.
d. usur. rei jud. auch schlechterdings nachzugehen, und weder
Richtern, noch Urthelsfassern erlaubet, von dieser Römischen Richtschnur
abzuweichen; nachgehends |
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2) |
Dieses zur guten
Ordnung dienet, wenn ein
Gläubiger sich fast
arm und müde geklaget, er, durch solchen
Straffwucher, dem losen Zahler Füsse machte, das schuldige abzuführen,
auch allenfalls |
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3) |
sich, der Unruhe und Unkosten halben, an den 12
procent wieder erholen könnte: |
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Dagegen |
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- was in denen Rationibus dubitandi angeführet, dergestalt bey
Seite zu legen, angesehen von den geldlosen Alten auf die heutige
geldsüchtige Zeiten in Deutschland kein
Schluß zu machen;
- das
Päbstliche Kirchen-Recht sich selbsten hierunter geändert und nur
den übermäßigen Wucher verdammt, c. 1. de usur. in 6.
c. un. Clement. de usur. die ordentliche 5 von 100 den
ausserordentlichen Straffwucher so wenig aufhebten, als Justinianus,
weil er l. 26. C. de usur. die centesimas auf 6
procent, um die Hlffte, herunter gesetzet, die Zwang-Zinsen nach einem
Rechtskräfftigen Urthel deswegen aufgehoben;
- die Päbstlichen Kirchen-Rechte von dem Straffwucher oder den
Zwang-Zinsen, post rem judicatam nichts wissen;
- die Rechts-Regel de peccato vitando, bey einem
Evangelischen
Rechts-Gelehrten, deswegen einfältig heraus kommet, weil das Päbstliche
Kirchen-Recht unzählige Handlungen zur Sünde machet, die nach dem Göttlichen
Rechte erlaubet, und ohne Tadel seyn;
- was von vergriffenen Pupillen- oder herrschafftlichen Geldern in
ll.cc. angeführet, auch dabey auf 12 vom 100 gegen die Betrüger
billig
zu
erkennen;
- wenn schon noch so viele Rechtsgelehrte dagegen sprächen, dieselbe
deswegen für keine
Gesetze anzunehmen, noch den Gesetzen vorzuziehen:
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Als sind wir, wie geschehen, zu erkennen, bewogen worden. |
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Hast du aber mit dem
armen Schuldmann ein Mitleiden: so magst du auch dem
vorigen gerade entgegen
sprechen. Wir wollen dir darzu den Weg leichtlich
bahnen, wie folget: |
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In
Sachen Titii, Klägers eines; Caji,
Beklagten andern Theils, wird hiermit zu
Recht erkannt: Daß die Klage nicht
Statt habe; Kläger auch die verursachte Unkosten dem Beklagten wieder zu
erstatten schuldig. V.R.W. |
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So viel nun die
Rationes betrifft; so wäre es nun wohl eine leichte
Sache, in dem obigen Gegenurthel aus den Rationibus dubitandi rationes
decidendi zu machen; das ist, den Schatten für den
Cörper anzunehmen. Damit
aber auch ein gemeiner
Mann zur
Erkänntniß geführet werde, wie es mit den
Urtheln, die noch so schlimm seyn, heisse: sie gleissen schön von aussen; so
wollen wir, zum Überfluß, die
Beweg-Ursachen auch des letztern Urthels hieher
setzen. Wie denn jener
Amtmann wohl recht
gesagt, es wäre mit dem Urthelmachen
eine tolle Sache, daß sie alle einerley Kauff wären, und das schlimmste eben so
viel, als das allerbeste, gelte. |
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Die Rationes sind also folgende: |
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- Ob es wohl scheinen möchte, daß die
Römischen Gesetze wenigstens vom
Jahr 1495 im
Deutschen
Reiche angenommen worden, und zwar dergestalt, daß nach
selbigen in den
Gerichten
gesprochen werden solle; nachgehends solches
auch die Cameralisten, mit ihrem Exempel,
{Sp. 1249|S.638}
befestigen, weil dieselbe, von solcher Zeit an, beständig die Römischen
Gesetze in ihren Relationibus, Decisionibus, und
Observationibus cameralibus zum
Grunde geleget, wovon die
Cammer-Gerichts-Urthel, welche Barth und Seiler,
gesammlet, und ausser dem Gail, Mynsinger, Cothmann, Tilemann,
Gilmann, Denaise, Blum, von Ludolph und viele
andere, zum beständigen Zeugniß dienen könnten; bey welchen nichts, als die
Pandecten und der
Codex der Römer anzutreffen wären;
- da nun also das
Römische Recht in dem
l. 2 et fin. C. de
usuris rei jud. den losen Zahler nach einem Rechtskräfftigen Urthel auf
12 vom 100 verdammet wissen wollen, keinem
Richter noch Rechtsgelehrten
erlaubet wäre, davon abzugehen, und das
Urthel aus seinem Gehirne, nicht
aber aus dem
Gesetz-Buche, zu
sprechen;
- und obgleich ferner so viele Rechtsgelehrten vorgäben,
dieser Straffwucher 12 vom 100 wäre längstens abgeschaffet und
inter leges abrogatas zu rechnen, man denselben so lange nicht
zu glauben, bis sie aus einem
Reichs-Gesetze, oder
Reichs-Herkommen, was sie
sagten, erweisen;
- zu geschweigen, daß dieser Straffwucher in der selbst
redenden natürlichen
Billigkeit bestände, weil dadurch der üble
Bezahler zum
Gehorsam gebracht, oder dem Gläubiger sein langes
Warten und Klagen einiger massen vergolten würde:
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Dieweil aber
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- anfangs das beständige
Herkommen in
Deutschen Gerichten mit
sich bringet, daß von dem Römischen Wucher in demselben nichts eingeführet
oder angenommen worden;
- vielmehr man bis 1530 dem Römischen Kirchen-Rechte gefolget
und auf keinen Wucher jemahls
erkannt hat, (wovon in den
Anzeigen N XII 1732) und obgleich nach der Zeit, als
der Wechsel-Handel aus Italien und denen Niederlanden sich auch
in Deutschland gezogen, man auch den Wucher nachgelassen,
solcher dennoch nicht nach den
Römischen Gesetzen in dem l.
26 C. de usuris eingerichtet; sondern nur auf 5 vom 100
gesetzet worden, Rec. Imp. August.
1530 Tit. 26. §. 8, woraus genugsam erhellet, daß
Deutschland mit den Römischen Wucher-Gesetzen gar nichts jemahls
zu thun gehabt habe;
- und da ferner die Römischen Kirchen-Rechte eher in
Deutschland angenommen worden, als die Römischen Kayser-Rechte,
im Urthelsprechen die
Ordnung in
Deutschen Gerichten und
Rechts-Stühlen zu halten, daß erstlich auf den Landes-Brauch; so
dann auf die Canones, und letztens erst auf das
Corpus Juris zusehen, mit denen, ohne diesen, im
Reich
festgesetzten Modum Procedendi, umzustürtzen, man dem
Römischen Straff-Wucher keine statt geben mögen;
- nicht zu gedencken, daß die Straff-Klagen, oder Actiones
poenales, keine Deutsche Weise seyn, weil die
Straffen des
Ungehorsams nicht denen Partheyen, sondern dem
Richter
zufliessen;
- Dagegen, was oben in denen Rationibus dubitandi angeführet,
leicht sich bey Seiten zu legen;
- angesehen
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1) |
die Römischen Gesetze im Jahr 1495 nicht so
schlechterdinges, mit Verdringung oder Aufhebung der
Deutschen Rechte
und Sitten, sondern nur alsdann zum Rücken- oder Hinterhalt angenommen
worden, wenn es an Deutschen Satzungen oder Sitten fehlen solte; welches
hier deswegen nicht zu sagen, weil die
Deutschen anfangs vom Wucher gar |
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{Sp. 1250} |
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nichts gehalten, nachhero aber sich selbsten
eigene Wucher-Gesetze gemachet, ohne auf den l. 26. C. de
usur. die geringste Absicht zu nehmen; |
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2) |
wenn die Cameralisten dem
Römischen Rechte einen
weitern Platz machen, solches meistens aus Unwissenheit der Rechte ihres
Vaterlandes geschiehet; |
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3) |
jeder
Richter und Rechtsgelehrter vielmehr darauf
in seiner
Pflicht gewiesen, vornehmlich nach dem
Land-Rechte oder
Landes-Brauche eines jeden
Orts zu
sprechen, keinesweges aber, wenn
diese sich finden, auf die Römische fremde Gesetze zu fallen; |
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4) |
es also in solchen Fällen eine vergebene Frage
ist, ob das Römische Recht diesfalls abgeschaffet, weil vielmehr solches
niemahls angenommen worden; |
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5) |
die
Deutschen Gerichte schon andere Mittel haben,
einen
bösen Schuldner zum
Gehorsam zu bringen, ohne der centesimarum
sich zu bedienen; |
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6) |
die
Straffen dem
Richter, und nicht denen
Partheyen, zu gehören; |
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7) |
endlich, bey solchen Umständen, der Kläger gar
keinen tüchtigen
Grund gehabt, die Klage anzustellen: |
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Als sind wir, wie im
Urthel enthalten, in der Haupt-Sache so wohl, als auch der
Unkosten halben, zu
erkennen, bewogen worden.
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Wundre dich über diesen seltsamen Aufzug der in sich streitenden
Urtheile nicht!
Prüfe und erwege aber den oben in diesem Stücke angezeigten
Grund dieses
Unheils, und wie demselben abzuhelffen.
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Ein mehrers hieher gehöriges kan bey denen in
Struv.
Biblioth. Jur. c. 7 §. 11 in grosser Menge angeführten
Rechts-Lehrern, und
deren Anweisungen die
Rechte zu
studiren, nachgelesen werden. |
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Siehe auch
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- Rechts-Gelehrsamkeit, im XXX
Bande,
p.
1432 u.f.
- wie auch Römische Rechtsgelehrten, im XXXV
Bande, p. 1535 u.f.
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