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Kirchenrecht |
Wir kommen auf das Kirchen-Recht. Dieses ist von zweyerley Gattung. Denn die
römisch-Catholischen haben ein anderes, und die
Evangelische Kirche bedienet
sich auch eines andern. Beyde gehen in den meisten wichtigsten Stücken von
einander ab, und machen dahero auch zweyerley
Disciplinen aus, die sich auch
nicht wohl zugleich abhandeln lassen. |
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Das gehet wohl an, daß man, wie Herr Boehmer gethan hat, das
päbstliche
Kirchen-Recht zum
Grunde leget, und zeiget, in wie ferne die Verfassung der
Evangelischen Kirche damit übereinkomme oder nicht; wenn man aber dieses gleich
weiß, so hat man doch noch keinen völligen
Begriff von dem Evangelischen
Kirchen-Rechte, als in welchem allerley vorkömmt, so sich nicht wohl bey dem
päbstlichen Kirchen-Rechte einflicken läßt. |
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Beyder dieser Rechte
Nutzen
ist nicht so gar groß und allgemein, als derer vorhergehenden Theile der
Rechtgelehrsamkeit. Es macht zwar so wohl ein Catholick als
Evangelischer
billig zuförderst die Verfassung der Kirche, deren
Mitglied er ist, zum wenigsten in etwas bekannt, doch hat man nicht nöthig, ein
Hauptstück seiner
Studien daraus zu machen, theils weil bey den Catholischen das
meiste vor die
geistlichen Gerichte gezogen wird, bey den
Evangelischen aber das
meiste auf die besondern
Gesetze ieden
Landes und
Ortes ankömmt; theils weil man
das, was in dem
geistlichen Rechten öffters vorkömmt, auch in denen
Collegien
des
Bürgerlichen Rechts abzuhandeln pflegt. |
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So ist es auch deswegen nicht undienlich, da in
Deutschland die
Catholischen, Lutherischen und Reformirten so unter einander vermengt leben, das
leichte Streitigkeiten zwischen ihnen entstehen, daß man auch von der andern
Kirchen, die neben uns in Deutschland sind, Verfassung einigen
Begriff sich
beylege. Lebte aber iemand an einem
Orte, oder suchte einem
Herrn zu dienen, da
zweyerley Religions-Verwanden in Kirchen-Sachen viel |
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{Sp.1239|S. 633} |
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miteinander zu thun haben; so muß sich ein solcher freylich nach den
Umständen richten, und mehrern Fleiß als ein anderer darauf wenden. |
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Was nun das
päbstliche Kirchen-Recht anbelangt, so kan man sich zur
Einleitung des Desselius Erotematum, oder des Corvinus Aphorismorum
juris canonici cum notis Boehmeri, Lancellots Institutionum cum notis
Thomasii bedienen. Von grössern
Wercken aber kan man des P. Engels
Collegium Juris Canonici gebrauchen. |
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Von dem
Evangelischen Kirchen-Rechte aber fehlt es uns an einer tüchtigen
Einleitung. Des Herrn von Wernhers Principia Juris Ecclesiastici
Protestantium sind eigentlich denen Pfarrern im
Chur-Sächsischen zu
Liebe
geschrieben. Schilters Institutiones Juris Canonici cum Emendationibus et
Additamentis Boehmeri und Horni haben schon etwas, es ist aber
nicht hinlänglich. Des Herrn Boehmers Jus Ecclesiasticum Protestantium
ist zwar ein herrliches
Werck, alleine er zeiget mehr, wie ferne die
Decretales der Päbste bey den Evangelischen noch beobachtet werden oder
nicht, als daß er das
Evangelische Kirchen-Recht in seiner natürlichen
Ordnung
und alleine vortrüge. Sonst lässet sich auch aus des Herrn von Rohrs
Ober-Sächsischen Kirchen-Rechte, allerley gutes hieher gehöriges erlernen. |
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Lehnrecht |
Wir kommen endlich auf das
Lehn-Recht, welches sich ein ieder, der die
Rechte studiret bekannt machen solte. Eine
Standes-Person hat entweder selbst
Vasallen, oder ist ein Vasal von andern, oder es befindet sich beydes zugleich
bey ihr, oder sie suchet doch
Dienste bey einem grossen Herrn, der in solchen
Umständen stehet. |
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Nun ist zwar freylich wahr, daß das Longobardische Lehn-Recht, welches man
eigentlich in denen Vorlesungen über das Lehn-Recht erlernet, nur ein Jus
subsidiarium sey, und zuförderst alles auf die Lehns-Briefe und andere
Vergleiche, so dann die
Gewohnheiten und das
Herkommen eines Lehnhafes ankommen;
es ist ferner wahr, daß man das von denen Reichs-Lehen zu wissen nöthige in
denen
Collegien über das
Deutsche Staats-Recht vorzutragen pflegt; endlich ist
es auch wahr, daß die
Lehn-Sachen an Höfen, Cantzleyen und in der Praxi
überhaupt nicht so offt vorzukommen pflegen, als etwan die Sachen aus andern
Stücken der Rechtgelehrsamkeit. |
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Indessen ist auch wahr, daß doch wenigstens zuweilen, und wenn ein andrer
Lehn-Herr die
Regierung antritt, offt solche Fälle aus dem Lehn-Recht vorkommen,
und unter denenselben manche sind, welche allerdings aus dem Longobardischen
Lehn-Rechte entschieden werden können und müssen. Es ist also genung, daß solche
Fälle vorkommen, und daß, wenn sie auch noch so selten wären, man doch dieses
Recht
verstehen müsse. |
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Man hat auch um so weniger
Ursache sich die Zeit und Mühe dauren zu lassen,
so man auf Erlernung desselben wendet, weil es gegen die andern Theile der
Rechtgelehrsamkeit nur wenige Zeit erfordert. Einem von niedrigen
Stande aber
kan des Lehn-Rechts
Wissenschafft auch öffters nützlich und nöthig seyn. Kömmt
er als Rath oder Secretarius in eine Cantzley oder in ein Regierungs-Collegium,
so bedarf er mehrmah- |
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{Sp. 1240} |
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len derselben. Wird er ein Professor, so können ihm leicht dergleichen Acten
zukommen. Kömmt er auf eine
Land-Bedienung, so kan es sich wohl zutragen, daß er
entweder des
Lehn-Herrns Gerechtsamen gegen den Vasallen, oder dieses gegen
ienen zu beobachten hat. Und dergleichen Fälle giebt es noch mehrere. |
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Unter den besten Compendien des Lehn-Rechts ist Stryckens Examen
das gangbarste, und Wintziger, Trier und Beust haben gantze
Bücher voll Noten
darüber geschrieben. Fleischers Institutiones Juris feudalis,
Burckhard
Gotth. Struvens Compendium in 8, und des
Titius Deutsches Lehn-Recht
sind wohl die besten. Unter denen grössern ist
Horns Jurisprudentia feudalis
Longobardico-Teutonica und G.A.
Struvens Syntagma Juris feudalis
wohl zugebrauchen. |
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praktische Vorlesungen |
Endlich pflegen die Anfänger in der Rechtgelehrsamkeit ihre
Universitäts-Studien mit practischen Vorlesungen zu beschliessen, um sich
dadurch um desto besser vorzubereiten,
GOtt und dem
gemeinen Wesen nunmehro in
einem öffentlichen Amte zu dienen. Dergleichen practische
Collegien sind von
unterschiedenen Gattungen. |
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Kanzleipraxis |
Man kan eines über die Cantzley-Praxin halten, und die Einrichtung desselben
nach dem Model des Herrn Regierungs-Raths
Mosers in seinen
aufrichtigen Gedancken von dem Studio Juris p. 87. u.ff. anstellen. |
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Reichs-Gerichts-Prozess |
Ein andres solches Collegium begreifft den Proceß der beyden höchsten
Reichs-Gerichte, oder des Reichs-Hof-Raths oder Cammer-Gerichts insbesondere. Es
ist zu bedauren, daß auf Universitäten, wo sich Leute finden, die denen
Studirenden gerne damit an die Hand giengen, diese keine Lust darzu haben; und
wo diese gerne ein solches Collegium hörten sie keine Anleitung darzu können
haben, und also genöthiget werden, mit grossen Kosten nach Wien und Wetzlar
reisen, und mit noch Grössern daselbst aufzuhalten, öffters ohne viel
Vortheil
davon zu haben. Denn die Agenten und Procuratoren, so eine starcke Praxin haben,
und also Anfängern das Beste
sagen könnten, geben sich besonders in Wien
entweder die Mühe nicht, dergleichen Vorlesungen zu halten, oder sie haben auch
die Gabe und Übung nicht, andere das zu lehren, was sie für sich selbst wohl
verstehen, und die wenigsten jungen Leute sind ohne eine solche Anleitung fähig,
die gute Gelegenheit, so sie auch ohne dieses bey einem solchen
Manne hätten,
etwas rechtschaffenes zu erlernen, sich zu
Nutzen zu machen. |
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andere Prozesse |
Die ihr Glück mit advociren machen wollen, oder
Hoffnung haben, in ein
Justitz-Collegium, Appellations-Gerichte etc. zu kommen, halten gerne ein
practisches Collegium, worinnen ihnen zuförderst die
Regeln, der bey denen
Gerichten der
Stände des Reichs üblichen Processe überhaupt und einer ieden
Gattung derselben insbesondere, noch mehrers als in denen Vorlesungen der
Pandecten geschiehet, erkläret, sodann allerley Fälle und Acten vorgelegt, und
sie angewiesen werden, wie sie gegen einander mündlich oder schrifftlich
handeln, die Acten extrahiren, referiren und
sprechen sollen. Die Sache ist
überaus nützlich, und wenn ein
Mann die Aufsicht |
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{Sp. 1241|S. 634} |
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darüber hat, der selbst in der Praxi viel gethan hat, und der Zuhörer das
Seinige thut, so wird er nicht Ursache haben, es sich reuen zu lassen, daß er
dieses Collegium gehalten hat, er mag auch fast werden, was er will. |
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Man pflegt gemeiniglich darbey
Stryckens Introductionem ad praxin
forensem zum
Grunde zu legen, neben welcher sonderlich
Ludovici
Einleitungen zum Civil- Criminal- Lehns- Wechsel- Concurs- und
Consistorial-Proceß, und Böhmers Einleitung zum geschickten Gebrauch der Acten,
zu Rathe gezogen zu werden
verdienen. |
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Gesandschafts-Sachen und Landrecht |
Dergleichen practische Collegien werden auch über Gesandtschaffts-Sachen und
über das Land-Recht gehalten; in welchen letztern ein alter erfahrner
Beamter,
sonderlich der auch etwas von
Studien darneben hat, die besten
Dienste einem
jeden Anfänger in der Rechtgelehrsamkeit leisten kan. |
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Dieses sind die Vorlesungen, welche wenigstens auf wohlbestellten
Universitäten alle pflegen gehalten, und
billig von allen jungen
Standespersonen
und Rechtsgelehrten angehöret zu werden. |
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weitere Vorlesungen |
Über solche aber lieset man auch an verschiedenen
Orten noch allerhand
Juristische Collegien. Z.E. in dem
Privat-Rechte hält man Collegia Actionum
und
Criminalia, über dieses oder jenes
Land-Recht, über den
Codicem, Novellas etc. In dem
Staats-Recht über den Text derer sämtlichen
Reichs-Grundgesetze, oder ein und andern einzelnes derselben, über die neuesten
Controversias juris publici, u.d.m. Man kan aber keinem überhaupt
rathen oder misrathen, ob er sie hören soll oder nicht, sondern ein jeder muß
sich hierinnen nach seinen Umständen zurichten. Ein Collegium disputatorium
kan grossen
Nutzen haben, wenn es recht eingerichtet ist, denn man schärfft
den
Verstand, wird in vielen Wahrheiten gewisser, und lernet viele vorgefaßte
Meynungen
ablegen, und von allerley
Sachen
vernünfftig urtheilen und
reden. |
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Zwecke des Studiums |
Es ist
gesagt worden, ein jeder soll sich prüfen, ob dieses oder jenes zu
seinem Hauptzwecke dienlich sey. Einer, der durch das Recht seiner Geburt zum
Regenten beruffen ist, der hat seinen von
GOtt und der
Natur ihm bereits
verordneten Endzweck, wornach der
billig sein gantzes
Thun einrichtet. Andere
Personen aber thun wohl, wenn sie sich zwar in allen Theilen der
Rechtgelehrsamkeit hinlänglich umsehen, damit sie in allen Fällen
geschickt
sind, ihr Glück zu befördern. |
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Indessen aber ist es doch auch sehr gut, wenn sich ein jeder bey Zeiten
prüfet, und es mit
GOtt und klugen Leuten überlegt, worzu er am fähigsten sey,
und worzu er die gröste Lust habe. Zu diesem Endzweck muß er alle Mittel
erwehlen, die denselben zu befördern
geschickt sind. Wer mehr von dieser
Materie
zu wissen verlanget, der lese |
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- des Herrn Buders Selecta opuscula de ratione ac
methodo Studiorum Juris,
- Ickstatts Meditationes praeliminares de Studio
Juris, ordine atque methodo scientifica instituendo
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- Mosers Gedancken von dem Studio Juris,
- Buckys Prolegomena Jurisprudentiae,
- des Herrn Cantzler
Ludwigs Gedancken von dieser
Materie
in seinen gelehrten Anzeigen Num. CXLVII p. 515, u.ff.
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sind würdig, hierbey angeführt zu werden. |
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Ludwigs Gedanken |
Und zwar läst sich derselbe an dem bemeldeten Orte hiervon also vernehmen: |
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In Vita Justiniani M. und zwar im |
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{Sp. 1242} |
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Prooemio de multiplici Jure Imperii Germanici, ist gezeiget worden,
wie elend es um unsere
Deutsche Gerichte stehe, weil der Satzungen so vielerley
seyn, daß weder
Richter noch Partheyen wissen können, wornach sie sich, in
Entscheidung der Streithändel, zu achten haben. Der eine verläst sich allein auf
das
Römische Gesetz-Buch; der andere beziehet sich auf die
Deutschen Rechte; der
dritte zweifelt, ob die letztere nicht veraltet; der vierte behauptet, daß die
Deutschen Rechte noch jetzo den
Römischen vorzuziehen; der fünffte hänget sich
an das
Päbstliche Kirchen-Recht; der sechste hält dieses vor den sichersten Weg,
bey der gemeinen Landstrassen, der Rechtsgelehrten und Urthelsfasser ihren
Meynungen, zu beharren. |
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Bey welchem elenden
Zustande einem angehenden Studioso Juris der
Schwindel in Kopff kommen dürffte: Was denn endlich bey diesem Gemenge der
Rechtsgelehrten zu thun oder zu lassen, zu erlernen oder zu verlernen seyn
möchte? Wir geben also jedem angehendem, auch alten Studioso Juris den
wohlmeynenden Rath, bey Erlernung der Deutschen Juristerey einen Wegweiser zu
erwehlen, der dieser Verwirrung, durch hinlängliche Mittel abzuhelffen suchet. |
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Solches geschiehet nun dadurch, wenn ein
Lehrer von dem Juristischen
Römischen Catechismo, oder wie der
geschickte Balduinus
redet,
der Catechesi Juris des Kaysers Justinians den Anfang
machet, indem dieser eben zu dem Ende von dem Röm. Kayser denen Studiosis
vorgeschrieben worden damit sie daraus den Zusammenhang des Römischen Rechtes,
alter, mittler und neurer Zeiten, erlernen mögen, ehe sie sich in den Abgrund
der Pandecten hinein wagen, und darinnen entweder versincken, oder gar in
Verzweifelung gerathen, auf diesem stürmischen Meere durch zu kommen, und in den
Hafen der nützlichen und bey Gerichten üblichen Rechtsgelahrheit einzulauffen. |
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Ich schreibe,
sagt obgedachter Ludwig, aus der
Erfahrung.
Denn wenn ich, als Vorsteher der hiesigen Freytische, die Tischgenossen, nachdem
sie zwey oder mehrere Jahre Collegia
Pandectarum gehöret, und nun fast
Meister seyn solten, nach den ersten Grundsätzen versuche; so wissen sie öffters
entweder gar nicht zu antworten, oder sie werffen, wenn sie noch so fleißig
seyn, alles unter einander, und wissen sich bey dem geringsten Zweifel nicht zu
helffen. |
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Denn wenn sie die
Institutiones auch noch so offt gehöret, und in die Hände
eines Lehrers fallen, der die Römischen Alterthümer überfähret, und in den
meisten
Titeln mit dem Weidspruche: Haec hodie non in usu, denen
Zuhörern das Ohr füllet; so sind, und bleiben sie doch ungeschickt, die
Pandecten mit
Nutzen zu hören. Es klinget zwar die alte Rechts-Regel: Qui
bonus Institutista, bonus Jurista, rauch und barbarisch. Es bleibet aber
gleichwohl eine so unbewegliche
Wahrheit, daß man einen jeden Studiosum theuer
versichern kan, daß, wenn er seine Institutiones nach den Römischen Alterthümern
gründlich erlernet, ihme nachhero die Pandecten so leicht und deutlich vorkommen
werden, daß er sich sodann in alles finden, auch sich wohl selbsten, durch
eigenen Fleiß zu rechte helffen werde. |
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Will nun ein Studiosus Juris sich hierinnen ausser dem Collegio erbauen, |
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{Sp. 1243|S. 635} |
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so lese er entweder den Commentarium Balduini,
oder Hottomanni, oder auch Giphanii dabey, und
hüte sich vor den Irrsalen des Hoppes, und anderer Ausleger,
deren Unwissenheit in dem eigentlichem
Römischen Rechte wir in vorbemeldeten
Vita Justiniani, und der darinnen befindlichen Bibliotheca
Commentatorum Institutionum nahmentlich angezeiget haben. Will er aber
etwas neueres und kürtzeres haben, so nehme er des Heineccii
seine Antiquitates und Elementa Juris, oder auch des
Ottonis Commentarium zur Hand, so wird er finden, daß das
Römische Recht vollkommen, deutlich und wohl zusammen hange, und wenn er das
erste halbe Jahr also angewendet, er weiter kommen werde, als andere, die, ohne
diesen
Grund geleget zu haben, die
Pandecten vier und unendliche mahle hören. |
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Dieweil er aber im Deutschen Reiche lebet, und darinnen sein Brod von der
Juristerey zu haben suchet, woselbst das
Römische Recht nur erst zu einer Hülffe
und Hinterhalt dienet, wenn keine
Deutsche Gesetze mehr vorhanden sind; so
dancke er es einem Lehrer, wenn er bey einem jeglichen
Titel der
Institutionen,
nach der Römischen Erklärung, stille stehet, und ihm die
Ursachen zeiget, ob,
und warum in diesem oder jenem Stücke das Römische Recht in den
Deutschen
Gerichten keine Statt finde, oder auch, warum die Rechts Gelehrten läugnen,
zweifeln, und unter sich streiten, ob solche Römische Satzung in unserm
Vaterlande angenommen, und darnach in den Gerichten
gesprochen werden möge.
Schultz, Voetius,
Schilter haben ihre Auslegungen ad
Institutiones Justiniani in etwas darnach eingerichtet. |
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Aber es siehet noch sehr unvollkommen damit aus, und hat also ein Lehrer
hier die schönste Gelegenheit, seine
Kräffte in den
Rechten des
Deutschen
Reiches zu weisen. Wird nun ein Studiosus Juris in seinem Collegio
Institutionali auch darinnen geübet, und erleuchtet; so hat er einen
Leitstern, nach welchem er sich in die verwirrte Lehre der Practicorum
leichtlich finden, wie nicht weniger, was Römisch und was Deutsch, und was
verkehret und gemenget, wohl und ohne Mühe zu unterscheiden wissen wird. |
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Wir wollen nun, den Angehenden zu gefallen eine Probe davon machen. |
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Noch eine
Regel muß aber denen Studiosis Juris mit der Gelegenheit
vorgehalten werden, daß sie, mit ihrem
Schaden, zu gleicher Zeit die
Pandecten
und das Staats- oder
Lehn- oder wohl gar auch darzu das
Canonische oder
geistliche Kirchen-Recht, hören wollen. Dadurch sie denn das
Gemüthe mit so
vielerley
Ideen und Sachen beladen, daß sie eines mit dem andern verderben, und
dessen
Kräffte ohne Ursache schwächen. Wer das Staats- Lehn- und Kirchen Recht
zusammen höret, der räth sich wohl, weil diese drey Lehren eine grosse
Verwandtschafft mit einander haben. Aber er muß sodann solches halbe Jahr die
Pandecten-Stunde schlechterdings einstellen, und es vor ein Glück seines
Fleisses halten, wenn er mit jenen dreyen
Wissenschafften in einem halben Jahre
glücklich zu Ende kommt. |
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