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Quellenangaben |
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Teutsche
Gerichte,
Latein. Teutonica Judicia, haben, wie unter andern
Conring
in seinem
Tractate de Origine Juris Germanici
zeiget, in denen
ältesten
Zeiten bis auf das 13
Jahrhundert nicht so wohl nach geschriebenen
Gesetzen,
als vielmehr nach guten im Schwange gehenden
Gewohnheiten, und nach der
Billigkeit,
geurtheilet. |
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Es wurden auch, die Bürgerlichen Händel und Streitigkeiten beyzulegen, keine
Richter
von grosser
Gelehrsamkeit erwählet, sondern welche das Alter, die
Klugheit,
Gottesfurcht und Gerechtigkeit in
Ansehen gebracht, indem die meisten von denen
Layen des Lesens und
Schreibens damahls unerfahren gewesen. |
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Im dreyzehenden Jahrhunderte aber schlich sich das
Canonische Recht allmählich ein. Ja es kam endlich so weit, daß ein
öffentliches Decret wegen dessen Annehmung ausgefertiget wurde, welches beym
Goldast
in seinen Reichs-Händeln P. II. c. 15 befindlich ist. |
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Es war aber damahls dennoch nur in denen
Geistlichen Gerichten üblich, bis
nachgehends auch der Civil-Proceß nach selbigem eingerichtet, und also dessen
Ansehen nach und nach in die Höhe gebracht worden, wie solches Johann
Strauch und
Caspar Ziegler
in ihren
Dissertationibus de Origine et Auctoritate Juris Canonici erwiesen haben. |
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Wiewohl auch viele von ihren alten
Gewohnheiten durchaus nicht weichen
wolten. Ein Exempel dessen kommt unter andern im
Sächsischen Land-Recht
Lib. I. Art. 3 vor, allwo der Compilator diese
Worte
hinzusetzet: "Der Pabst mag kein Recht setzen, daher unser Land- oder Lehn-Recht
mit ändern oder kräncken möge." |
Bes.
Conring de Orig. Jur. German. c.
26. |
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Um diese Zeit wurden auch die alten
Gewohnheiten zu Papiere gebracht, unter
welchen vornehmlich das Lübeckische Recht, und das Magdeburgische, welches man
das
Weichbild nennet, berühmt geworden, ingleichen der Sachsen- und
Schwaben-Spiegel, wie auch das Sächsische und Schwäbische Lehn-Recht. Und dieses
sind die
Rechte, welche in Teutschland
zur Zeit des 13 und 14 Jahrhunderts bräuchlich gewesen. |
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Im 15 Jahrhunderte aber kam noch das |
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{Sp. 1813|S. 920} |
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Römische, wie auch das Longobardische Lehn-Recht nach und nach auf, als
nehmlich diejenigen, die dieses Rechts
erfahren waren, in die Fürstlichen
Raths-Stuben gezogen wurden, die denn ihre
Künste höher zu treiben sich besten
Fleisses angelegen seyn liessen. Man lehrete auch solches auf denen Teutschen
Academien, wie es scheinet, nach dem Exempel der
Schulen in Italien, welche
damahls die
Teutschen zu besuchen sich vor eine
Ehre hielten. |
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Als demnach diejenigen, welche sich auf Schulen dieses Rechts beflissen, in
die Ämter und
Gerichte
gezogen wurden, machten sie, daß solches
Recht mit der Zeit nach und nach in
denen Gerichts-Stuben eingeführet ward. Und
Kayser
Maximilian I that im Jahre 1495 die
Verordnung, daß man bey
der Cammer nach den
Römischen Rechten
sprechen solte; jedoch solten auch die
üblichen
Gewohnheiten und absonderlichen
Rechte eines jeden
Orts beybehalten
werden. |
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Diesemnach ist das heut zu Tage übliche Recht in
Teutschland ein Mischmasch
aus dem
Römischen und
Canonischen Rechte, wie auch aus denen alten
Gewohnheiten
und
Statuten einer jeglichen
Provintz
und Stadt,
welche insgesammt sich unendlich widersprechen. Und wird es in denen
Gerichten
gemeiniglich so gehalten, daß, wenn ein
Land- oder
Stadt-Statut vorhanden, dieses am ersten gültig ist. Wenn aber dergleichen
mangelt; so gehet man alsdenn nach dem Römischen Rechte, in so weit solches
angenommen worden. |
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Hieraus aber entstehet nun eine grosse Ungewißheit der
Rechte; es eräugnen
sich auch deswegen so viele Widersprechungen derer Rechts-Collegien. Und eben
diese Ungewißheit ist es auch, welche denen Legulejis und Rabulisten
Thüre und Fenster eröffnet, daß sie sich vor gelehrte Juristen ausgeben und
gantz unverschämt die ungerechtesten
Sachen vertheidigen können; so, daß wegen
der so vielen und mancherley Satzungen, und deren gar gemeinen Widerspruchs
öffters weder
Richter, noch Partheyen wissen können, wornach sie sich in
Entscheidung der Streit-Händel zu achten haben. |
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Der eine verläst sich allein auf das
Römische Gesetz-Buch; der andere
beziehet sich auf die
Teutschen Rechte; der dritte zweiffelt, ob die letztern
nicht veraltet; der vierte behauptet, daß die Teutschen Rechte noch jetzo denen
Römischen vorzuziehen; der fünffte hänget sich an das
Canonische, oder
Päbstliche Kirchen-Recht; der sechste hält dieses vor den sichersten Weg, bey
der gemeinen Land-Strasse, das ist, der Rechtsgelehrten und Urthels-Verfasser
ihren
Meynungen, zu beharren, u.s.w. |
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Bey welchem elenden
Zustande einem angehenden Studioso der
Rechte bey nahe
der Schwindel in den Kopff kommen möchte, was denn endlich bey diesem Gemenge
der Rechtsgelehrten zu thun, oder zu lassen, zu erlernen, oder zu verlernen seyn
möchte. Es ist aber doch bereits unter dem
Artickel
Studium Juris, im XL
Bande, p. 1229 u.ff. gezeiget
worden, wie man sich bey solchen verwirrten Umständen irgend noch am besten zu
rechte helffen könne. |
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Übrigens besiehe hierbey auch die
Artickel |
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{Sp. 1814} |
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Um aber wieder auf die Teutschen Gerichte selbst zu kommen; so sind solche nach
dem Unterscheid der Zeiten, auch unterschiedener
Art gewesen; und weil
vorgedachter
Conring in seinem Tractat de Germanici Imperii
Judiciis auf das eigentlichste hiervon gehandelt, wollen wir das Vornehmste
daraus entlehnen, und hieher setzen, vorher aber sehen, wie es zu Zeiten Carls
des Grossen damit beschaffen gewesen.
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Damahls wurden so wohl die Streitigkeiten, welche das
Königliche Haus unter
sich, als gegen andere hatte, in der Versammlung der vornehmsten
Stände, und des
Volckes abgethan, dergleichen auch in denen von Wichtigkeit seyenden
Angelegenheiten der Stände selber geschahe. Doch wurden diese Proceres
oder vornehmsten Stände nicht als eigentliche
Richter, sondern nur als
Schiedsleute, oder auf solche Weise angesehen, wie etwan einige
Fürsten
noch heutiges Tages zugeben, daß man sie vor ihren eigenen
Gerichten belangen kan. Doch sind die Exempel von diesem sehr seltsam.
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Die
geringern Sachen und Streitigkeiten aber entschied entweder der
König, oder
dessen Missi, oder Bevollmächtigte. Denn damahls wurden dieselben so
geheissen, welche man jetzo Commissarien, Visitatoren, oder ausserordentliche
Abgeordneten nennet. Zu Abthuung der andern ihrer Zwistigkeiten waren vom Könige
in jedem
Bezirck
Grafen
oder
Richter
gesetzet, und diesen gewisse Beysitzer oder Schöppen von edler oder anderer
ehrlicher Ankunfft beygefüget. Diese untersuchten so wohl die
Civil-
als Criminal-Dinge. Es hatten auch die Grafen, wegen Weitläufftigkeit der Göwen
oder Bezircke, ihre Nachgeordnete, oder nach ihrer Sprache Schultzen; von diesen aber konnte an jene
provociret und appelliret werden.
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Die Priester strafften die geistlichen Fehler der Christen mit Kirchen-Busse;
und die
Bischöffe hatten die
Gewalt
über die
Geistlichen und Mönche. Die Bischöffe selbst aber wurden bey ihrem
Ertz-Bischoff oder auf dem Synodo verklaget; ob gleich nachgehends allmählig an
den Päbstl. Stuhl zu Rom, wegen dessen Gewalt, appelliret wurde. Denen
Bischöffen wurde auch gemeiniglich die Entscheidung der unter den Layen
vorfallenden Streit-Sachen überlassen, weil man sich von ihnen eine sonderbare
Heiligkeit und redliches
Wesen einbildete.
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Über
geistliche Güter
aber durffte die gantze Clerisey kein
Urtheil
sprechen; sondern es waren zu dem
Ende Advocaten und Vitzthume von denen Königen hierzu verordnet. Derowegen auch
die Geistlichen vor ihre
Person der
geistlichen, wegen ihrer Güter aber der
weltlichen Gerichtsbarkeit unterworffen
waren.
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Von diesen Gerichten konnte man entweder an die
Königl. Gevollmächtigten, die zu
gewissen Zeiten die
Provintzen durchreiseten, oder an die Pfaltz des Königes appelliren; da denn
vom Könige, oder seinem
Pfaltz-Grafen, welcher auch die Hof-Streitigkeiten beylegte, über die
Appellation
erkannt wurde. Jedoch stunde so gleich zu appelliren nicht
frey, es
sey denn, daß die
Grafen, oder Gevollmächtigte, die Justitz nicht recht
verwaltet hätten.
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Alles aber ward durch einen kurtzen Proceß und wenig Verhören ausge- |
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{Sp. 1815|S. 921} |
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mmacht, daß demnach bey dieser
Gerichts-Form nichts auszusetzen ist, ausser daß
die
Geistlichen an den Pabst appelliren durfften, der zwar ein heiliger
Mann
war, aber mit Teutschland
nichts zu thun hatte.
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Hierinnen ist mit der Zeit eine grosse
Veränderung vorgegangen. Nach Abfassung
der
güldenen Bulle haben die
Chur-Fürsten
sich fast alleine der
Königlichen Angelegenheit angemasset. Der Pabst hat sich
auch einer grossen
Macht über die
Kayser
herausgenommen, dergestalt, daß er dieselbe in
Bann zu thun,
und ihre
Unterthan vom
Gehorsam loß zu sprechen, keinen Scheu getragen. Er rühmte sich auch, der
Kayser wäre sein Vasall, und das
Reich
rühre bey ihm zu
Lehn.
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Bey der
Fürsten
ihren Angelegenheiten ist dieses von dem alten Gebrauch übrig geblieben, daß
dieselbe niemahls der Beurtheilung des
Kaysers allein anheim gestellet, sondern
mit Zuziehung der Vornehmsten durch einen kurtzen Proceß nach
Recht
und
Billigkeit einschieden werden, welches daher insgemein das
Fürsten-Recht genennet wird. Da auch in denen neuern Zeiten die Kayser sich
die Macht
nahmen, allein über die
Personen
und
Lehn der Fürsten zu
erkennen; so haben die behertztesten unter denen
Ständen
demselben nachdrücklich widersprochen.
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Und wenn es gleich an andern Beweißthümern fehlte; so giebt doch die Einrichtung
des gantzen
Reichs gnugsam zu
erkennen, daß dergleichen Wichtigkeiten des
Kaysers Gutdüncken allein nicht überlassen werden können. Es sind demnach
diejenige vor offenbare Schmeichler zu halten, welche das
Fürsten-Recht ein
leeres Gedicht zu nennen, sich erkühnet. |
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Dieses aber ist nachher erst aufgekommen, daß die
Fürstlichen Familien, denen
auch die freye Städte hierinne nachgefolget, sich frey erkieste
Gerichte setzet.
Die
Teutschen nennen es in ihrer Sprache
Austräge, die ihren
Ursprung wahrscheinlicher massen zu des
Kaysers Friedrichs II Zeiten,
und während des grossen Zwischen-Reichs genommen. Diejenigen aber, denen ihre
Macht
mehr, als dieses gefiel, nahmen offtermahls den Krieg zum Schieds-Richter
an.
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Auch dieses rühret aus den neuern Zeiten her, daß die
Kayser und
Fürsten die
Erkänntniß über die
Sachen nicht selbsten vornehmen, sondern dieselbe ihren
erfahrnen Ministern übertragen, welches auch nicht anders seyn können, weil an
statt derer schlecht und recht abgefaßten
Landes-Gesetze das verworrene
Päbstliche und
Römische Recht eingeführet worden, die zu erlernen denen Fürsten
eine nicht geringe Marter seyn würde.
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Wegen der
Geistlichen ist diese
Veränderung vorgegangen, daß die Streit-Sachen
der Bischöffe, welche ihre
Person angiengen, nach und nach alle nach Rom gezogen
worden, ohne daß man auf die Autorität der Ertz-Bischöffe und geistliche
Provincial-Versammlungen gesehen hätte. Dergestalt, daß kein
Weltlicher über
einen Geistlichen etwas zu
befehlen hat. Welches zwar unter denen
Protestirenden
geändert ist, bey denen Catholischen aber annoch so gehalten wird, ob schon
Kayser Carl V, und etliche andere der
Religion halber etliche
Verordnungen gemachet, ohne den
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{Sp. 1816} |
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Pabst darum zu fragen, der sich zwar darwieder sehr hefftig gesetzet; man hat
aber dennoch auch an
geistliche Personen die Hand geleget.
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Zu Kaysers Friedrichs II, und in denen nächst
folgenden Zeiten haben sich die meisten von der
Geistlichkeit einer freyen
Administration ihrer
Güter angemasset, und die Advocaten verjaget. Es stehen
aber die geistlichen
Stände in Ansehung ihrer Lehn-Güter und
Regalien unter dem
Reich, und können ihnen dieselbige genommen werden, wenn sie etwas gegen den
Land-Frieden, und andere
Reichs-Gesetze, verbrechen.
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Zu Kaysers Carls des Grossen Zeiten waren die Münche, was ihre
Person anbelangt,
unter der
Gerichtsbarkeit der
Bischöffe, von welcher nachgehends etliche alte
Klöster eximiret, und dem Pabst
unmittelbar unterworffen worden. Die neuen Orden
aber, welche um das dreyzehende Jahrhundert, und nachgehends aufgekommen, stehen
unter ihren Provincialen und Generalen, und
erkennen die
Jurisdiction des
Pabsts. Welches deswegen geschehen zu seyn scheinet, damit die alten Bischöffe
dadurch gedrücket würden.
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Die Verwaltung der
geistlichen Güter war im Anfang denen Advocaten gelassen, von
denen mit der Zeit sich etliche Klöster loß gemachet; die meisten aber sind bey
dem alten
Zustande verblieben. Wenige sind auch von den allgemeinen
Beschwerden
befreyet worden.
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Der geringern
weltlichen ihre
Sachen
wurden zur Zeit
Kaysers Carls des
Grossen entweder bey der
Bischöfflichen Audientz, die nachher trefflich
um sich gegriffen, oder im
weltlichen Gerichte abgethan. Allhier muste man
erstlich zu denen Schöppen gehen, welche in den ältesten Zeiten durch die Gäuen
und Flecken gesetzt waren. Von diesen wendete man sich zu denen
Grafen, deren
ihre Macht sich nachmahls viele
Hertzoge und
Bischöffe angemasset. Von denen
Grafen konnte man an die Königlichen Abgeordneten provociren, und endlich
wendete man sich zum
Könige selbst, welcher zuletzt die Sachen bey Hofe
ausmachete.
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Als aber nachgehends im 15 Jahrhunderte die Appellationes allzusehr über Hand
nahmen, woran die eingeführten weitläufftigen Processe, sammt der Rabulisten
ihrer Tücke Schuld waren; so berathschlagete man sich, zu deren Abkommen ein
beständiges
Gerichte anzuordnen, welches endlich zu Speyer seinen festen Sitz
erhielte. Die
Ursache dessen war eben nicht, weil der
Kayser mit seinem
Hof-Lager bald hier, bald da sich befande; sondern weil eine solche Menge
Streit-Sachen am füglichsten an einem absonderlichen
Orte abgethan werden
konnte.
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Die neuern
Gerichte aber in
Teutschland sind also eingerichtet. Wenn eine
Privat-Person mit seines gleichen streiten will; so gehet er in der ersten
Instantz nach dem
Richter derselbigen
Stadt oder
Flecken, wo der andere wohnet,
wenn nur dieser nicht privilegirt ist. Hierüber ist in allen
Fürstenthümern und
Reichs-Landen ein höchstes und allgemeines
Land-Gerichte anzutreffen, an welches
von jenem dahin appelliret wird. Die meisten
Reichs-Städte
aber absolviren ihre
Jurisdiction
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{Sp. 1817|S. 922} |
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mit einer eintzigen Instantz.
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Die allgemeine
Reichs-Gerichte, sind die Cammer zu Speyer (nunmehr aber zu
Wetzlar) und der
Kayserliche Reichs-Hof-Rath. Es haben aber theils
Stände die
Gerechtigkeit, daß ihre
Unterthanen gantz und gar nicht an diese höchsten
Gerichte appelliren können, wie also bey denen
Chur-Fürsten zu befinden, wiewohl
bey denen
Geistlichen von einigen in Zweiffel gezogen worden, ob sie nicht diese
Gerechtigkeit vielmehr nur also gebrauchten, als in der That hätten; Ferner das
Haus Österreich, und der
König in Schweden, in Ansehung seiner
Teutschen
Provintzien, (besiehe
Instrum. Pac. Westphal. art.
10. §. 12.) welcher auch deswegen zu Wißmar ein Gerichte angeordnet hat, damit
die Appellationes, die sonst an den Reichs-Hof-Rath, oder nach Speyer giengen,
allda abgethan würden.
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Setze hinzu
Capit. Leopold. art. 27 und 28.
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Dieses aber ist nunmehr fast allen Ständen gemein, daß man von denenselben nicht
appelliren kan, es sey denn, daß die
Sache eine gewisse Summe
Geldes
überschritte, welches Quantum doch an einem
Orte grösser, am andern geringer
ist. Und zwar ceßiret überhaupt die Appellation in liquiden Sachen gantz und
gar, in den übrigen aber nur alsdenn, wenn die Summe nicht über 400 Thaler ist.
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Reichs-Absch. von 1654. §. 107 und 112. Besiehe auch
Rhetz Instit. Jur. Publ. Lib. II. tit. 3. §. 24.
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Die Criminal-Jurisdiction aber haben nicht allein die
Stände des Reichs,
sondern auch etliche
Städte,
wie auch viele von Adel,
ohne daß von ihnen appelliret wird. |
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Wenn die Stände unter sich selbst Streit haben; so schreiten dieselbe
gemeiniglich in der ersten Instantz zu denen Schieds-Richtern, oder
Austrägen.
Dieselbe sind entweder durch der Stände absonderliche
Convention gesetzet
worden, oder sie seynd in denen
Reichs-Gesetzen
ausgemachet. Der
Ursprung
derselben ist ungewiß. Diejenigen scheinen der
Wahrheit am nächsten zu kommen,
die sie von denen Zeiten
Kaysers
Friedrichs II und dem grossen Zwischen-Reiche
herholen, wie bereits oben erwehnet worden. Es ist also deren Urheber nicht
Kayser Maximilianus I. wie zwar einige wollen, ob gleich dieser
selbigen eine neue
Gestalt gegeben, welche in der Cammer-Gerichts-Ordnung zu
Worms von 1495 enthalten. |
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Von denen unterschiedlichen
Arten der
Austrägen, die daselbst benennet werden,
sind vornehmlich noch zwey im Gebrauch, nehmlich daß entweder der Beklagte drey
Fürsten,
oder andere Stände benennet, aus welchen sodann einer von dem Kläger erwehlet
wird, oder daß der
Kayser
einen oder mehr Commissarien verordnen soll. |
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Es sind aber etliche
Sachen, welche zu denen
Austrägen nicht gehören, sondern
gleich nach der Cammer, oder den Reichs-Hof-Rath gebracht werden müssen. Also
hat das Austrage-Gerichte nicht Statt in solchen Fällen, welche |
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1) |
schlechterdings und
unmittelbar vor die gesammten
Reichs-Stände
gehörig sind, als z.E. in Sachen wider den |
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{Sp. 1818} |
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Königlichen
Land-Frieden
in Fiscalischen Sachen, u.d.g. |
2) |
Wenn eine dingliche Klage angestellet würde; denn
da muß der Beklagte in demjenigen
Gerichte belanget werden, in dessen
Gerichtsbarkeit das streitige Gut gelegen ist. So kan auch |
3) |
niemand auf das Austräge-Gerichte provociren,
wenn er demselben ausdrücklich renunciiret hat. |
4) |
Kan auch das Austräge-Gerichte in
Ehe-Sachen
nicht statt finden, welches bey denen Römisch-Catholischen eine
ausgemachte Sache ist, bey denen
Protestirenden aber sich gantz anders verhält. |
5) |
Können keine Austräge in Reichs-Lehns-Sachen
angestellet werden: Denn davon zu
erkennen, kommt dem
Kayser und dem
gesammten
Reiche
zu. |
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Mehrere Fälle, worinne die Austräge keinen Platz finden, siehe beym
Bechmann in Exercit. Jur. Publ. 10. §. 32. |
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Indessen finden sich bey denen
Austrägen gleichwohl diese Beschwerlichkeiten,
daß von selbigen an das Cammer-Gerichte und den Reichs-Hof-Rath appelliret
werden kan, weswegen auch wenig Streit-Sachen auf solche Art Ende kommen, und
werden auch viele Unkosten darzu erfordert, indem der Schieds-Fürsten ihre
Commissarii beschencket und herrlich tractiret werden müssen. Hierzu kömmt, daß
dem Austräge-Gerichte eine Zeit von einem halben oder gantzen Jahre gesetzet
ist, binnen welcher aber eine
Sache von Wichtigkeit zu endigen in
Teutschland ein recht
Wunderwerck wäre. |
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Wegen der Execution derer in diesen höchsten
Gerichten gefälleten
Urtheile wird
ohngefehr auf solche Weise verfahren. Erstlich wird dem Condemnirten auferleget,
daß er dem
Urthel ein Gnüge thun solle, mit der Bedrohung, eine gewisse Summe
Geldes,
oder Marck reines Goldes, theils dem Fisco, teils dem Rechtbehaltenden, im
Verweigerungs-Fall auszuzahlen. Wo er diesen nicht nach kömmt, wird die
Straffe
vollzogen. Fährt er in der Halsstarrigkeit fort; so wird er mit dem
Bann, oder
der
Achts-Erklärung beleget, und mit
Gewalt
zur Raison gebracht. |
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Ist er ein
Reichs-Stand;
so wird die Execution dem
Kreiß-Director,
oder einem Stande von selbigem
Kreise
aufgetragen. Wenn der Kreiß nicht mächtig genung ist, den Condemnirten zu
zwingen; so wird zweyen oder dreyen die Execution aufgetragen. Doch dergleichen
Executiones geschehen selten; und kommt vielmehr mit
Teutschlands Brauch und der
Stände
Freyheit
überein, dergleichen wichtige
Sachen durch gewisse Schieds-Richter beylegen zu
lassen. Indessen aber hat man doch auch in den neuern Zeiten Exempel von
dergleichen Executionen, wie, nur eines eintzigen zu gedencken, einem jeden in
frischem Andencken schweben wird, was deshalber bey geraumen Jahren her im
Hertzogthum Mecklenburg vorgegangen. |
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Wenn aber etwas vorfält, das den gantzen
Staat
angehet, darüber kan der
Kayser schlechterdings nicht nach seinem eigenen
Gefallen disponiren; sondern es muß solches auf den
Reichs-Tage,
oder einer allgemeinen Versammlung der Stände vor- |
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{Sp. 1819|S. 923} |
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getragen, und mit Dero Genehmhaltung darinnen ein
Schluß gefasset werden. |
Besiehe Capitul. Leopold. Art. 39. sub
fin. wie auch die nachfolgenden
Kayserlichen Wahl-Capitulationen. |
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Von noch andern ehedem in Teutschland bekannt gewesenen und zum Theil noch
üblichen Gerichten, nebst deren Verfassung und Gerichtsbarkeit siehe unter dem
Artickel
Reichs-Gerichte im XXXI
Bande, p. 82
u.f. wie auch Teutsche Reichs-Grundfeste. |
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