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Zedler: Merum Imperium [3] HIS-Data
5028-20-1058-15-03
Titel: Merum Imperium [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 20 Sp. 1070
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd.20 S. 544
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Stichworte Text Quellenangaben
Arten der Zent So machen auch die Sache die vielerley Arten der Zenth schwer, welche die Rechts-Lehrer zur grossen Verwirrung der Sache selbst ersonnen haben. Denn da ist  
 
1) die Centena omnigena oder universalis, die allgemeine Zent, welche alle Verbrechen auch die geringen zu bestraffen berechtiget, und wo sie mit der Landes-Herrschafft vergesellschafftet ist, die Ober-Voigthey heissen soll.
Leypold. de Concurr. Jurisdict. quaest. 12.
 
  Wohin alle Verbrechen, die auch vermöge des bürgerlichen Rechts der Criminal Jurisdiction oder dem mero Imperio zugeeignet werden gehören sollen, welche binnen dem zentbaren District begangen werden, es sey zu Dorff, Strassen und Feld, wenn nur, was die Straffen, Frevel oder Verbrechen betrifft, der Universal-Centh-Herr auch zugleich das Regale viarum publicarum, oder das Recht über die öffentlichen Strassen und Wege hat, als welchem die Erkänntniß und Bestraffung der auf offener Land-Strassen begangenen Verbrechen zu-
 
  {Sp. 1071|S. 545}  
 
  kommet, und der Centh-Herr, als blosser Centh-Herr, solche nicht abstraffen kan, es wäre denn durch besondere Landes-Verordnungen und Statuten denen Fraisch-Herrn die Vollstreckung der Zenth auch auf denen öffentlichen Land-Strassen verstattet, wie in Sachsen.
 
 
  Hieher rechnet Leypold de Concurr. Jurisdict. quaest. 4.
 
 
 
  • alle Fraisch- und Malefiz-Fälle,
  • hohe und Haupt-Rügen,
  • alle Fälle und Rügen, so Leib und Leben, Hals und Hand, Haut und Haar, und dergleichen betreffen,
  • alle hohe und niedere Gebot und Verbot, auf der Gemein, ausserhalb und auf den Häußlichen Lehen, zu Dorff und Feld, Strassen, Gassen, Ängern, Plätzen, so innerhalb der Zent Gräntzen gesessen,
  • auch alle Güter, so daran begräntzet, bekreist, begriffen, bezirckt gelegen,
  • alle Anlagen, Aufsatzung, welche in der Zenth, nach Beschaffenheit der Umstände, fürfallen,
  • Zent-Pflicht, so alle mündige der Zenth würcklich ablegen, und leisten müssen
  • Zentfrey,
  • Zent-Folge,
  • der Hochzeit- und Kindtauff-Verlag,
  • deren Schutz und Friede-Gebot auf der Gemeine und Voigtheybaren Lehen,
  • gemeine Ämbter in Dörffern zu besitzen, enturlauben, beeydigen,
  • deren Rechnung anhören, und durchsehen, in Ordnung bringen, abschieden,
  • Einzug,
  • Niederlag,
  • Handwerck-Büssen,
  • Meister-Geld,
  • Rein,
  • Stein,
  • Herdt- oder Beysitzer, und
  • Schutz-Geld,
  • Rüg-Zenth und
  • Voigthey-Haber, Futter, Mahl und Atzung, auf denen in der Zent gelegenen Gütern,
  • Jäger- und Landwehr-Geld,
  • hohe und gemeine Land-Gericht besuchen, u.d.g.
 
 
  Allein wer diese ausdrückliche Bestimmung der vermeinten Zent-Fälle nur so oben hin ansiehet, wird gleich gewahr werden, daß viel darinn begriffen, welches zur Fraischlichen Obrigkeit nicht so wohl, als zur Voigthey gehöret, viel aber ausgelassen werde, welches unstreitig Centbarlich ist. Und wer ist der so genannte Voigthey-Herr, der alle diese Stücke hat? und wo er sie hat, warum muß er eben Voigthey-Herr, und nicht Territorial-Herr heissen, und krafft der Territorial-Superiorität dieses alles vollziehen, nachdem doch derer Vertheidiger Meinung noch das Bezirck mit der Zenth vereiniget seyn muß, wo man die Ober-Voigthey haben soll? Ferner sind derer Rechts-Lehrer Meinungen beyzufügen, welche mehrers davon geschrieben haben, ob ein Beamter dabey eine Convenienz vor seine Herrschafft antreffen, und zu deren Nutzen davon etwas gewinnen könne, ihm aber keine Gewehrschafft darüber leisten dürffe.
 
Besonderheiten in Franken Über diese allgemeine Zent machen die Rechts-Gelehrten wiederum aus derselben zwey andere, welche absonderlich in Francken gebräuchlich seyn sollen, und sagen, daß einer die hohe Zent, der andre aber die hohe Fraisch, und Hals-Gerichtliche Obrigkeit, welches eines sey, besitzen könne, und rechnen also zur hohen Zenth, daß die Unterthanen, so darinnen wohnen,  
 
  • der Zenth Pflicht thun,
  • die Gerichte besitzen helffen,
  • Urtheil sprechen,
  • die Büssen-Rügen anzeigen, da verbüssen, und sich straffen lassen,
  • der Zenth folgen, sie beschützen müssen,
  • Rein, Stein, Marck-Stein ausgraben, selbige heben, gehöre auch hierher,
  • wie auch Schelten, Schwören, Schmäh-Worte, fliessende Wunden verbüssen,
  • Hencker-Geld geben,
  • denen Zent-Knaben alle Unkosten, so aufs Richten gehen, zahlen helffen,
 
  welches alles aber bey dem   
  {Sp. 1072}  
  Hals- und Fraisch-Gerichte nicht anzutreffen ist, als welche eine Special- und umschränckte Zenth sey, wie man solche durch Geding, Gewohnheit, Verjährung oder andere zuläßige Wege, in eines andern Gebiet überkommen habe.  
  Und hieher ziehen sie auch die hohen Wände oder Haupt-Rügen, als  
 
  • Mord,
  • Brand,
  • beweister Diebstahl und
  • Noth-Zucht.
 
  Die übrigen Verbrechen aber, welche sonst zur Criminal-Jurisdiction gehörig, und der Centenae omnigenae oder der Universal-Zent zugeeignet werden, gehöreten dem Land-Herrn, doch daß auch ein Theil davon dem Voigthey-Herrn zukommen könne, absonderlich wo es ein unmittelbarer von Adel ist, der zuweilen als ein Antheil der Voigtheylichkeit straffen könne, als  
 
  • Schelt-Wort,
  • braun und blaue Schlägerey,
  • Blutrunst,
  • Stossen,
  • Kratzen,
  • Werffen,
  • Haar-Rauffen,
  • Spielen,
  • verbotene Messer tragen.
  • Wehner voce Zenth p. 515.
  • Knich. de Super. Territ. c. 4. n. 331.
  Welche Schrifft-Steller auch, da sie sonst nur die 4. hohe Rügen der unbeschränckten Zenth zugeschrieben haben, ihnen noch ferner kundbare Malefiz- und Zent-Fälle zueignen, so nicht auf Inquisition beruhen (denn was nicht handhafft, das ist, wo der Thäter nicht auf frischer That ertappet, und das Verbrechen nicht offenbahr ist, gehöret die Erkänntniß dem Voigthey-Herrn; und wo das Verbrechen am Tage ist, wird es an die Zenth verwiesen) fliessende Wunden, so dem Schultheissen geklaget werden, sind an der Zenth ruchbar: wo sie aber nicht geklaget werden, gehören sie neben andern geringen Fällen dem Voigt-Herrn des Orts zu bestraffen.  
  Allein es ist auch hieraus kein beständiger Beweiß zu ziehen, nachdem diese Meynung sich theils auf einen unerwiesenen Grund-Satz, als hätte der unmittelbare Reichs-Adel in der Fürsten und Stände Lande ihr besonderes Gebiete, und müsten sie ihnen gleichsam nur die 4. hohen Rügen abborgen, oder zufrieden seyn, daß sie selbige ihnen zugestünden, beziehet, theils zu einer beständigen Regel, die 4. hohe Rügen determinative verschreibet, gleichsam dürffte die centena limitata keinen Schritt weiter gehen, dergleichen Exempel doch im gantzen Römischen Reiche nicht anzutreffen seyn wird, mithin und da über diese Rügen der Zenth-Herr etwas mehrers in peinlichen Dingen ausübet; so muß man ja wieder eine neue Arth der Zenth ersinnen: theils weil noch keine, weder Reichs-Constitution, welche die 4 Rügen unter der beschränckten Zenth begriffe, vorhanden, noch die vor den Adel anzuziehen gewohnte Bestätigung des von dem Kayser Rudolph II erhaltenen Privilegii, deren die geringste Erwehnung thut; sondern nur diese Worte gebrauchet, daß wo die Stände auf deren von Adel Unterthanen und Zinß-Leuten die Zenth unstreitg hergebracht, selbige doch über die gewöhnliche 4. Fälle, wie vor Alters herkommen, sind Mord, Brand, Nothzucht und Diebstahl, nicht ausgedehnet werden; da denn der lobwürdigste Kayser unter dem Nahmen der Zenth keine beschränckte verstehen kan, weil er sie erst einschräncken will, gleichwohl aber einem Stande des Reichs, der seine Universal-Zenth auch auf Adelichem Grund und Boden hergebracht hat, sein Recht wieder die Capitulationes und Reichs-Satzungen nicht nehmen, oder schmählern können, es auch ver-  
  {Sp. 1073|S. 546}  
  muthlich nicht im Sinne gehabt hat, weil er sich auf das alte Herkommen beziehet, und also bloß das Vorgeben des Adels zur Rechtfertigung dieses Privilegii geleget hat, welches Herkommen und Gewohnheit aber erst erwiesen werden muß, massen auch der Souverainste Fürst mit aller seiner Macht nicht zu wege bringen kan, daß eine unerwiesene Gewohnheit eine Gewohnheit sey, so wenig daß er hindern kan, daß der Mensch per animal rationale oder als ein vernünfftiges Thier beschrieben werde.  
  Gesetzt aber, daß dergleichen zweyerley Centh hergebracht; so kan geschehen, geben die Rechts-Lehrer weiter vor, daß in einem Ort einer das Merum Imperium die hohe Malefizische Obrigkeit, ein anderer aber die Cent ausübet, weil die Cent, wie gemeldet, auf gewisse Verbrechen eingeschräncket wird, die übrigen aber dem ordentlichen Herrn des Ortes der die Criminal-Jurisdiction hat, zur Straffe überlassen werden. Dahero, wo eine zur hohen Malefiz gehörige That, als z.E. ein unterstandener, aber nicht vollbrachter Todtschlag oder daß einer eines Menschen-Mordes wegen verdächtig ist; so gehöret er deßwegen nicht zu den Cent-Fällen, sondern es muß die That selbst erfolgen, und der Todtschlag, oder ein anderes Verbrechen würcklich begangen seyn, wiedrigens erkennet der Herr des Ortes über die eräugnete Umstände, welcher die übrige Malefizische Obrigkeit hat.  
  Ferner setzen sie hinzu, daß derjenige, welcher die beschrenckte Zenth in eines andern Herrn Gebiete hat, nicht dürffe unersuchet und unbegrüsset des Landes- Zenth- oder Voigthey-Herrns, auf desselben unzentbaren voigtheylichen, lehenbaren oder eigenthümlichen Grund und Boden einfallen, noch denselben mit Durchführen mißthätiger Personen berühren, darauf arrestiren, aufsuchen, eingreiffen, niederwerffen, bestätigen, behefften, handfesten, noch den entleibten Cörper gerichtlich mit Schöppen besichtigen, weder Leib-Zeichen, noch Stich- oder Wunden-Maaß, noch einige Fraisch-Pfand, Spahn aus des Thäters Thor noch Hauß abnehmen, sondern der Thäter und Abgeleibte wird auf den Zentbaren Grund und Boden geliefert. Welches alles nicht zu unterscheiden und von einem Wiederspruche befreyet werden kan, wenn der Fall von der beschränckten Zenth, und daß solche in eines andern Herrn Gebiete verfolget werden müsse, gesetzet, und am Ende doch nur die Liefferung auf dem zentbaren Grund und Boden zugestanden wird, gleich als wäre der zentbare Grund ein anderes als das fremde Gebiete, wo die Fraisch vollstrecket wird.  
  Sonst aber sind die meisten Rechts-Lehrer der Meinung, daß der Ober-Richter oder Fraisch-Herr in dem Bezircke, wo ein anderer nur die Nieder-Gerichtbarkeit oder Vogthey hat, die Maleficanten ohne dessen Ersuchen, fangen, und abhohlen könne: wiewohl auch die Vertheidiger der Adelichen Territorial-Jurisdiction, auch von dem Adel, wo auf ihrem Grund und Boden ein Fürst die Cent hat, erfordern, daß derselbe erst gebührend darum ersucht, und angelanget werden müsse, welches etwa noch zu dulten wäre, wenn der Maleficant auf einem Adelichen eigenthümlichen oder Kayserlicher Majestät und dem Reich unmittelbar zu Lehen gehenden Schloße, Stadt oder Flecken, zu finden   
  {Sp. 1074}  
  ist. Daß man es aber auf alle dem Centh-Herrn selbst lehnbare, und in seinem oder eines andern Herrn Gebiete gelegene Güter ausdehnen will, ist zu viel L. 2. de Jurisdict. und sind hier keine Requisitions-Briefe oder Reverse nöthig, wie sonst in anderen Fällen, da man von seines gleichen oder aus einem fremden Bezircke einen Maleficanten abführen will.  
  Daß aber die Centena omnigena oder die Universal-Zent so viel Vortheil vor der beschränckten hat, geschiehet sonder Zweiffel deßwegen, weil sie insgemein mit der Lehen-Landes-Herrschafft verbunden ist, und von derselben unterstützet wird. Wie denn derjenige, welcher nur allein das Merum Imperium in einem gewissen Ort hat, kein Territorial-Herr zu nennen ist; sondern in zweiffelhafften Fällen wird vor dem Civil-Herrn, der das Jus Homagii und andere Regalien ausübet, gesprochen, massen auch der Fraisch-Herr kein unumschränckter Herr ist, sondern nur in gewisser Absicht, und wo ein Verbrechen obhanden, so, daß ausser demselben er auf die Unterthanen nichts zu sprechen hat, noch sagen kan, daß es seine Leute seyn.  
  Und ob man wohl die Fraischliche Obrigkeit hiebevor mehrentheils die hohe Obrigkeit genannt; so ist doch dieselbe nicht auf eine Universal-Landes-Obrig- und Herrlichkeit, und was derselben von Rechts- und Gewohnheits wegen anhängig, gezogen worden. Dahero legen auch die Unterthanen nur demjenigen die Huldigung ab, und reichen die Steuer, mithin erkennen sie ihn vor ihren Herrn; der die Civil, nicht aber die Criminal-Jurisdiction hat.  
Mittel- und Nieder-Centh Ausser obgemeldten beyden Arten Centh machen die Rechts-Lehrer auch eine Mittel- und Nieder-Centh, welche sie mit dem Nahmen des mixti Imperii betituln. Wenn man aber ansiehet, was sie dahin rechnen; so wird sich in denen Rechten nicht finden, daß die Römischen Gesetze dergleichen Handlungen dem Mero Imperio zugeschrieben hätten, noch daß lauter Verbrechen, welche die Centh billig voraus setzet, mit unterlieffen, dahero man wenigstens von dem Wort der mittlern Centh abstehen können, wie es denn auch einige Thun, und selbige vor die Vogthey selbst halten Lincker. de Jurisdict. Cent. c. 3. §. 18.
  Denn da werden dahin gerechnet:  
 
  • Gottes-Hauß-Rechnung anhören, heiligen,
  • Meister setzen und entsetzen,
  • Güld,
  • Schuld,
  • Schaden,
  • Pfändung,
  • alle Bussen und Frevlen,
  • Blutrünst,
  • Gefangniß,
  • Stock,
  • Halß-Eisen,
  • Angriff,
  • Glocken-Schlag,
  • Gerichts-Schrey, und
  • Folge auf der Gemeine und Gassen,
 
  welches alsdenn meistens Statt haben soll, wenn die Gemeine unzentbar (welches aber fast einzuräumen scheinet, daß unzentbare Unterthanen der mittlern Zent unterworffen seyn sollen) welches sich in denen unmittelbaren Adelichen Dorffschafften, wo die unmittelbare Reichs-Ritterschafft Dorff-Herrn seyn, eräugne. Wehner voce Vogthey.
  Allwo er die niedere Fraisch mit der bassa Jurisdictione oder der niedern Zenth vereiniget, und unterschiedene Sachen anführet, welche in Francken dahin gezogen werden sollen. Denn wo einer in des mittlern Nieder-Fraisch- oder Vogtey-Herrn Flecken einen entleibet, schreibet er, oder raubt, treibt Nothzucht oder brennet, und wird ergriffen; so liefert er den todten Cörper oder den Thäter der hohen Zenth, Halß-Gericht oder Fraisch-Herrn für seine Obrigkeit  
  {Sp. 1075|S. 547}  
  hinaus. Will der Fraisch-Herr ein Leibzeichen oder Spahn aus des Todten oder Thodtschlägers Thor nehmen; mag er es auch thun; doch den Mittel-Nieder-Fraisch- oder Vogthey-Herrn an seiner Bassen oder Nieder-Fraischlichen Jurisdiction dadurch nichts benommen. Leypold de Concurr. Jurisdict. quaest. 7.
     

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Stand: 18. August 2013 © Hans-Walter Pries