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Zedler: Merum Imperium [1] HIS-Data
5028-20-1058-15-01
Titel: Merum Imperium [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 20 Sp. 1058
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd.20 S. 538
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Übersicht
Definition
Namen
Einteilung
Wer das Merum Imperium erteilen könne?
Welche das Merum Imperium erlangen können?
Arten, die Zent zu erlangen
  1. Begnadigung
  2. Verjährung

Stichworte Text Quellenangaben
Definition MERUM IMPERIUM, ist eine öffentliche Ge-  
  {Sp. 1059|S. 539}  
  walt über die Laster und Verbrechen Recht zu sprechen, und die Maleficanten zu straffen oder wie Ulpianus es beschreibet, eine potestas gladii oder Macht, mit dem Schwerdte die Verbrecher zu bestraffen; da denn durch das Schwerdt nicht eben eigentlich das Hencker-Schwerdt, sondern eine jede schwere Bestraffung verstanden wird, L. 70. de R.J.
auch: Criminal-Jurisdiction Dieses Merum Imperium wird auch Criminalis Jurisdictio genannt. Denn ob schon einige unter beyden einen Unterscheid machen, und jene mit der bloßen Untersuchung und Erkänntniß über das Verbrechen; dieses aber mit der würcklichen Vollstreckung des ausgesprochenen Urtheils versehen wollen: Müller ad Struv. Ex. 4. θ. 73.
  So wird doch heut zu Tage unter beeden kein Unterschied mehr gehalten, sondern das Merum Imperium begreiffet alles, was sonst zu der Criminal-Jurisdiction gehöret, und ist also nicht mit der blossen Bestraffung beschäfftiget, sonst hätte der Nachrichter allein das Merum Imperium, sondern erkennet auch über das Verbrechen, und spricht das Urtheil; Welches auch insonderheit Knipschild de Nobilit. Lib. III. c. 3. n. 59. dem Juri Civili gemäß zu seyn, beweiset.  
  Doch ist gleichwohl heut zu Tage nichts ungewöhnliches, daß einer die Criminal-Jurisdiction ohne das Merum Imperium, das ist, daß er Macht habe, den Delinquenten zu verfolgen, und zu fangen, theils auch gar die Beschaffenheit des Verbrechens zu untersuchen, und die desfalls gefertigten Acten auch zum Verspruch Rechtens zu verschicken; so, daß die Execution entweder ein anderer verrichtet, oder er eine benachbarte Obrigkeit zur Execution braucht, welche den Delinquenten abstraffet.  
Aktenabforderung Auf welchen Fall die Frage entstehet: Ob der Benachbarte nicht die Gerichtliche Acten abfordern könne, um sich daraus zu ersehen, ob in der Inquisition recht verfahren sey? und antwortet herauf Stryck in Usu Med tit. de Jurisdict. n. 10. daß vormahls von der Wittenbergischen Juristen-Facultät dahin sey gesprochen worden, wo man sich von einer Universität Urtheils und Rechts habe erhohlet, so sey genug, wenn man das blosse Urtheil ausliefert. Wären aber nach der geschöpfften Sententz andere Defensions-Anzeigungen vor den Beklagten an den Tag kommen, so sey der Delinquent wieder an die Criminal-Obrigkeit zurücke zu schicken, damit derselbe über die neue Umstände sich von einem Collegio Juridico bescheiden lasse.  
Namen Es wird aber das Merum Imperium gröstentheils zum Unterschiede des Imperii mixti, und weil es keine Vermischung mit der Jurisdictione simplici hat, also genannt. Zu Deutsch bekommet es nach Veränderung der Örter verschiedene Nahmen.  
 
  • In Francken und in der Pfaltz, wie auch andern benachbarten Orten, wird das Merum Imperium die
  • in Bayern und anstossenden Örtern die
    • Fraisch,
    • hohe Fraisch,
    • Fraischische Obrigkeit;
  • in andern Orten der
  • in Sachsen
    • peinliche Gerichte über
    • Zent-Gericht,
    • Hoch-Gericht,

      {Sp. 1060}

    • Ober-Gericht,
    • Vogthey, über das Malefitz
 
  genannt. Wehner unter dem Articul Zenth.
Zenth Und zwar wird das Wort Zenth  
 
  • entweder von Zehend, welches nicht nur Decimas, sondern auch den kleinen Bezirck eines Dorffs, Flecken, oder Stadt bedeutet,
Besold. unter dem Worte Zehend;
 
  • oder vom Worte Centum, weil zu der Fränckischen Kayser Zeiten eines jeden Grafen Gebiete auf 100 Flecken oder Dörffer eingeschräncket war. Und weil die Grafen nicht allen Sachen vorstehen können; so hat man gewisse Landgrafen erwehlen müssen.
Als wovon es sonderlich Speidel unter dem Wort Centh-Graf herleitet.
 
  • Oder es ist ein Stammwort,
wie mit Wiederlegung anderer Meinungen Lincker de Jurisdict. Centen. c. 1. §. 2. schreibet.
abhängige Bezeichnungen.
  • Der Herr, dem die Zenth zukommet, wird Zent-Herr, Fraisch-Herr;
  • der Fall zur Zenth gehörig, ein Zenth- oder Fraisch-Fall:
  • Die Leute, welche der Zenth unterworffen, Zenthbare Unterthanen;
  • die darunter gelegene Güter Zentbare Güter, Zenth Höfe,
  • das Gericht, das Zenth-Gericht;
  • der Richter, Zenth-Graf, in Österreich Bann-Richter;
  • die Beysitzer oder Schöpffen Blut-Schöpffen, Zenth-Beysitzer genannt.
 
Einteilung Es wird aber die Zenth getheilet, in  
 
  • eine Universal oder samtlich, und allgemeine Zent,
  • und eine Speciale oder umschränckte.
 
  Jene ist, wenn man alle Arten von Verbrechen, grosse und kleine, ohne Unterscheid des Orts, zu Dorff und Feld, soweit sich der Zenthbare Boden erstrecket, abstraffen kan:  
  Diese aber, sonst die Fraisch-Zenth genannt, wo man in eines andern Gebieth gewisse Verbrechen bestraffen kan, wie man solches durch gewisse Bedingung, Gewohnheit oder Verjährung an sich gebracht hat. Und gehet diese Fraisch-Zenth von dem Mero Imperio darinnen ab, daß dieses alle Laster und Verbrechen abstraffet; Die Fraisch-Zent aber insgemein auf gewisse Fälle, und zwar insgemein auf die so genannte 4 hohe Rügen, als Mord, Diebstahl, Nothzwang, und Brand, eingeschräncket wird.  
  Beyde aber werden wiederum in eine eigene, und gemeinschafftliche oder gesammte Zenth eingetheilet, nachdem einer dieselbe allein, oder mit einem andern zugleich verwaltet. Knich. de Super. Terr. cap. 4. n. 330.
  Ja es geschicht öffters, daß einer die hohe Malefizische Obrigkeit, der andere aber die umschränckte Zenth besitzet, und obgemeldte 4 hohe Rügen, der ordentliche Fraisch- und Territorial-Herr, aber alle andere Verbrechen straffen kan. Wehner l. c.  
  Insgemein wird auch die Zenth in  
 
  • die sämmtlich und allgemeine Zenth,
  • Fraisch-Zenth,
  • hohe Zenth,
  • Mittel- und Nieder-Zenth,
 
  getheilet.  
Wer das Merum Imperium erteilen könne? Was die Causam efficientem, oder wer das Merum Imperium ertheilen könne? betrifft, so hat solche Macht, erstens bey den Römern das gemeine Volck gehabt. L. 2. §. 3. de orig. Jur.
  Welches nachgehends selbige den Kaysern mit andern gehabten Rechten und Befugnüssen übergeben,
  • dict. L. 2. §. 11. de Or. Jur.
  • L. 1. ff. de constit. Princ.
  Bey welchem auch  
  {Sp. 1061|S. 540}  
  annoch selbige Allerhöchst anzutreffen ist, und von ihm also gleichsam als aus einer Brunn-Quelle auf andere geleitet wird, entweder mit denen Regalien, wenn es Personen von hohem und stätem Range seyn, wie Fürsten und Stände des Reichs, oder ohne dieselbe, wenigstens ohne die höhern Regalien oder sonst so genannten Majestäts-Rechte. Doch maßen Ihro Kayserliche Majestät sich die Macht nicht an, die hohen Gerichte mit den Ständen in ihren Ländereyen zugleich zu bestellen; sondern lassen sie darinnen ungekräncket.  
  Vor diesem, und nach denen Römischen Gesetzen, kam auch die Jurisdictio criminalis oder das Merum Imperium nur denjenigen zu, denen es die Gesetze verschrieben, oder von Kaysern gegeben wurde. L. 1. de off. ejus cui mund.
  Aber heut zu Tage, da Fürsten und Stände des Reichs nicht nur die Civil- sondern auch die Criminal-Jurisdiction krafft eines beständigen und unveränderlichen Rechtes haben und ausüben, auch auf ihre Nachkommen vererben können; so sind sie auch solche andern zu ertheilen befugt. Ja es ist auch so weit damit gekommen, daß wo die Leute dem Lehen anhängig, selbige mit dem Lehen, wenn nur die erforderlichen Umstände, welche bey Veräusserung des Lehens zu beobachten nöthig seyn, in acht genommen werden, auf andere gebracht werden können.  
Welche das Merum Imperium erlangen können? Was diejenigen, welche das Merum Imperium oder Zentbare Obrigkeit erlangen können, betrifft, welche  
 
  • Cent, oder Fraiß-Herren,
  • Ober- und Hoch-Gerichts-Herren,
 
  also Gerichts-Herren genannt werden; so könnte den Bürgerlichen Rechten nach das Merum Imperium so wohl Obrigkeitlichen, als Privat-Personen, verliehen werden. Nach der alten Gewohnheit des Deutschen Reichs aber, kommet solche nebens und krafft der Superioritate Territoriali allen dessen Ständen zu, welche solche wieder verleihen können.  
  Unter dem unmittelbaren Reichs-Adel, haben auch nicht zwar alle, sondern nur einige, die Fraischische Obrigkeit, jedoch nicht krafft und vermöge erstgedachter Superiorität, sondern aus sonderbarer Begnadigung, dergleichen auch viel mittelbare von Adel, und Municipal-Obrigkeiten aus eben diesem Ursprunge haben können, Lincker de Jure Cent. c. 2, §. 5.
  Zwar giebet sich Knipschild de Nobilit. l. 1 C. 3. n. 1. u.ff. viele Mühe, zu beweisen, daß dem Reichs-Adel, besonders in Schwaben, dieses Recht noch vor den Kayserlichen Begnadigungen zustehe, nebst dem Vorgeben, daß selbiger die hohe Obrigkeit nur in ihren Schlößern, Höfen, oder auch der Unterthanen Häusern, sondern auch ausser denselben in dem gantzen Bezircke ihrer Herrschafft auszuüben vor Alters berechtiget gewesen, welches ihnen auch von dem Kayser Maximiliano I. vergönnet worden sey. Gleichwie aber sonst allen unmittelbaren Adels-Genossen die Zentbare Obrigkeit nicht abgesprochen wird; also kan man sie auch nicht allen zugestehen, man wollte denn der offenbahren Wahrheit selbst wiedersprechen, welche durch gnugsame Exempel beweiset, daß viele Reichs-Freye von Adel das Hals-Gerichte nicht haben. Wenn auch Kayser Maximilian I. überhaupt allen miteinander den Blut-Bann  
  {Sp. 1062}  
  oder die Zeichen, Stock und Galgen erlaubet hatte; was hätten diejenigen von ihm, dem Knipschild mit ihren Supplicaten angezogene von Adel nöthig gehabt, auch nach des höchstermeldten löblichsten Kaysers Tode, um die Ertheilung des Blut-Bannes anzulangen. In der Kayserlichen Confirmation, welche ersterwehnter Knipschild n. 32. anziehet, wird ausdrücklich gemeldet, daß Ihre Kayserliche Majestät nur denjenigen die Gnade der Bestätigung angedeyen lassen, welche vor Alters dergleichen Recht hergebracht, welches voraus setzet, daß sie es nicht alle müssen gehabt haben.  
  Daß aber die Stände des Reichs die Criminal-Jurisdiction haben, ist nicht so zu verstehen, ob verwalteten sie solche vor sich und in eigener Person, sondern sie thun solches durch ihre hierzu bestellte Richter, welche aber deßwegen keine delegati Judices sind, oder krafft habender Vollmacht die Fraischliche Obrigkeit ausüben; sondern sie erkennen darüber vermöge eines ihnen eigenthümlich zustehenden Rechtes, wie ihnen solches eingeräumet worden Obrecht l. 2. c. 7. n. 69. u.ff.
Arten, die Zent zu erlangen: 1. Begnadigung Die Arten, wie die Zent- oder Fraischliche Obrigkeit erlanget werde, betreffend; so ist die 1. die Begnadigung, sie geschehe durch Belehnung, Privilegium, oder andere Zuläßigkeit. Wenn nun einem ein Schloß oder Lehn mit hoch und niederer Obrigkeit ertheilet worden; so hat er ohne Zweifel das Merum Imperium. Ein gleiches will man davor halten, wenn ein Ort mit denen Gewaltsamen verliehen wird, denn dis Wort bedeutete vor diesem so viel als Obrigkeit, gleichwie das Wort Ehe das Gebot, davon dis Wort Ehe-Gericht entsprungen, und Ehehaften die Zubehörungen der Gerichtsbarkeit bedeuteten.  
  Wie wenn aber ein Ort mit denen Gerichten begnadigt wird, ist alsdenn auch das Merum Imperium mit darunter zu verstehen? Also meinen Carpzov. L. Praxi Crim. 3. qu. 109. n. 89. und Schurff 1. C. 26. n. 2.
  Ihre Gründe sind, daß man die Begnadigungen Hoher Häupter und Fürstlicher Personen in dem weitesten Verstande deuten könne, so sey auch das Wort Gerichte das Geschlechts-Wort, welches unterschiedene Arten, und also auch die Ober- und Unter-Gerichte begreiffe, und komme ungereimt heraus, die Worte mit den Gerichten auf eine einige besondere Art derselben einschräncken wollen: Und diese Meinung, daß unter dem Wort Gerichte die Unter- und Ober-Gerichte begriffen werden, sey auch denen noch heut zu Tage in Deutschland üblichen Gewohnheiten gemäß, und habe also die sonst vor gar bekannt angenommene Rechtsregel nicht mehr Statt, daß das Merum Imperium nicht unter der General-Vergünstigung der Gerichtsbarkeiten stecke. Doch verstehen sie solches nur von der Erlaubniß, welche von einem Fürsten geschiehet. Denn wenn ein geringerer einem andern dergleichen Freyheit von Gerichten ertheilte; so werden nur die Unter-Gerichte verstanden; wenn er auch schon hinzu gesetzet hätte, mit allen Gerichten und Obrigkeiten.  
  Andere aber wollen nicht zugeben, daß unter der General-Vergünstigung der Gerichtsbarkeit das Merum Imperium begriffen sey: Weil solches niemanden eher, als wo es gantz ins  
  {Sp. 1063|S. 541}  
  besondere mit deutlichen und ausgeruckten Worten vergönnet worden, zustehe. Und ob schon das Wort Jurisdictio oder Gerichtsbarkeit, heut zu Tage bißweilen das Merum Imperium begreiffe; so hätten sie doch unterschiedene Naturen, daß dahero nothwendige Gewißheit von der Special-Concession vorhanden seyn müsse, und in solchem Absehen würde auch dem Wort Gerichte gemeinglich das Wort Peinlich oder Hohe zugesetzet.  
  Andere machen einen Unterscheid, das deßwegen ein Streit sey zwischen dem Lehn-Herrn und Vasallen, oder zwischen dem Lehn-Mann und einem Dritten. Ersternfalls wollen sie, daß man erwegen soll, ob der Vasall den Ort mit der Jurisdiction käufflich, oder Schenckungs- und Vermächtniß-Weise bekommen habe. Letzternfalls sey es billig, daß der Lehn-Herr oder Concedente die Erklärung mache, wie viel er unter dem Wort Gerichten wolle verstanden haben, welcher denn sonder Zweiffel, bloß die Unter-Gerichte darunter begreiffen wird. L. 191. de R. J.
  Ersternfalls aber wenn z.E. der Ort, mit den Gerichten gekaufft worden wäre; sey es billig, daß die Auslegung wieder den Lehen-Herrn, welcher, was er mit dem Wort Gerichte verstanden haben wollen, klärer ausdrücken können, gemacht, und dem Vasallen die Ober- und Unter-Gerichte zugesprochen werden. Wäre aber ein Streit unter dem Vasallen und einem andern, so wollen sie, daß´die General-Worte auch überhaupt und in einem weitern Verstande angenommen und auff alles dasjenige gedeutet werden sollen, was sie in ihrem Begriff haben.  
  Andere machen zwischen dem unbestimmten Worte Gerichte, und dem Zusatz alle diesen Unterschied, daß das Merum Imperium alsdenn darunter begriffen sey, wenn ein Ort mit allen Gerichten, (cum omnimoda Jurisdictione, welches doch nach Maßgebung des Bürgerlichen Rechtes seinen Abfall leidet, Versteg de mixto et mero Imp. §. 26.) verliehen ist, besonders da aus den vorhergehenden und nachfolgenden Worten nicht zu schlüssen ist, daß der Concedente sich solches vorbehalten habe. Brunnemann ad L. 3. ff. de Jurisdict. n. 3.
  Letztlich wollen einige unter dem Wort Gerichte das Merum Imperium mit begreiffen, wenn es dem Lehen ohne hin mit angehangen, weil solche dingliche Rechte ordentlicher Weise auf alle nachfolgende Besitzer mit der Sache selbst gebracht werden können. Stryk. in usu pr. Tit. de Jurisdict. §. 13.
  Wie, wenn aber ein Ort schlechtweg ohne alle Meldung der Gerichte oder Gerichtsbarkeit verliehen worden, ob auch das Merum Imperium dadurch mit ertheilet worden sey? Antwort: Ins gemein halten die Rechts-Lehrer davor, daß wo dem Orte, Flecken, Schlosse oder Dorffe das Merum Imperium mit anhängig, und allezeit ohne Wiederspruch also ausgeübet worden, daß so denn mit Belehn- und Vergebung des Ortes auch das Merum Imperium übergeben sey. Besold. C. 270. num. 9.
  Ein anders ist, wo das Merum Imperium dem Orte nicht anhängig, oder daselbst sonst schon eingeführt gewesen. Würde auch ein Ort mit allen Recht- und Gerechtigkeiten, wie auch Zugehörungen verliehen; so ist auch das Merum  
  {Sp. 1064}  
  Imperium darunter begriffen, Gail. Lib. 2. O. 62. num. 8. weil unter dem Nahmen der Pertinentien oder Zubehörungen auch die Jurisdiction und das Imperium verstanden werde.  
  Dieses ist noch zu mercken, daß wo einer mit der omnimoda Jurisdictione, das ist, mit Ober- und Unter-Gerichten investiret ist; so wird davor gehalten, daß er solche mit Begebung seines Rechtes und ohne Vorbehalt verliehen habe. Coler. de Process. Exec. p. 2. c. 1. n. 136.
  Welches um so wahrhaffter, wenn sie erblich überlassen werden.  
2. Verjährung Der andere Weg, das Merum Imperium an sich zu bringen, ist die Verjährung, welche jedoch nach den Römischen Gesetzen, das Merum Imperium betreffend, nicht statt gehabt zu haben scheinet, weil solches niemand zugekommen, ausser dem es durch ein ausdrückliches Gesetze zugestanden worden. L. 1. pr. et. §. de offic. ejus cui mand.
  Heut zu Tage aber, da alle Arten der Gerichte, und also auch die Criminal-Jurisdiction gleichsam zu einem ordentlichen Eigenthume werden können; so kan auch die letztere selbst gar wohl verjähret werden, wenn man nur nicht dadurch das summum Imperium, wie einige wollen, verstehet, und so weit ausdehnet, daß man dadurch aller, auch der Kayserlichen Bothmäßigkeit entledigt seyn wolle, oder auch, daß eine Privat-Person dadurch eine Obrigkeitliche Person zu werden gedächte; Denn das wäre alsdenn so gut, als ein Laster der beleidigten Majestät, L. 3 ad L. Jul. Maj.
  sondern nur in so weit, daß eine Obrigkeitliche Person, durch ihre verrichtete Handlungen und bey gehörigem Besitz, auch mit Beyhülffe anderer Erfordernisse, die Fraisch durch Verjährung erlangen, oder seine bereits besessene und vollstreckte Handlungen durch andere vermehren könne, besonders in einem andern Gebiete.  
  Wie viel Zeit aber zur Verjährung erfordert werde, ist unter denen Rechts-Lehrern annoch zweiffelhafft. Einige sind mit 10 Jahren, wenn der Fürst oder derjenige, wieder den eine dergleichen Verjährung Statt haben soll, solches leidet und dultet, zufrieden, ohne diese Wissenschafft und Dultung aber verlangen sie eine undenckliche Zeit; weil die quasi possessio jurisdictionis ein persönliches Recht ist. Alle dergleichen Rechte aber, welche sich nur auf gewisse Personen beziehen können, weil sie continuam causam haben, oder durch einen widrigen Gebrauch niemahls unterbrochen werden müssen, anders nicht, als mit des Herren Wissen, binnen 10 Jahren, ohne diese aber erst in undencklicher Zeit verjähret werden. Andere dringen ohne Unterschied auf eine solche undenckliche Zeit, weil sie das Merum Imperium mit unter die Regalien zehlen, welche Meinung auch der Gewohnheit gemäß ist. Wehner unter dem Artickel Zenth.
  Die Verjährung selbst aber wird durch würcklich vollzogene Fraischliche Handlungen erwiesen. Als wo einer Galgen, Rad, oder andere dergleichen Zeichen des Meri Imperii aufrichten lassen, Zent-Richter bestellet, Befehl wieder Zentbare Verbrechen ausgehen, und der Orten anschlagen läst, wo er die Fraisch ausüben will, und darauf die Handlungen selbst, wozu auch eine einige gnug ist, vollbringet, wenn sie nur keinen  
  {Sp. 1065|S. 542}  
  mercklichen Mangel haben, und mit der Gewalt, Heimlichkeit und guten Willen erschlichen sind. Die Fraiß-Zeichen aber allein, ohne einige dergleichen peinliche Handlungen nutzen nichts; sondern sind nur Vorbereitungen zu denen dahin sich beziehenden Handlungen selbst, welche anders nicht als durch Executiones, Bestraffungen, Befrey- und Loßsprechung von demselben, oder auf andere Gerichtliche Weise sich sehen lassen. Über dem aber müssen an dem Orte selbst, wo man die Fraisch zu haben vorgiebt, schlechterdings nicht nur die Fraisch-Zeichen als z.E. Galgen, Rad, etc. anzutreffen seyn, sondern die damit verknüpfften Handlungen selbst, an selbigem Orte, und an solchen Zeichen vollstrecket, und also der Ort gleichsam in Besitz genommen werden. Michael de Inquis. Crim. c. 3. n. 46.
  Es muß aber auch der Besitz davon ungestört, und ohnunterbrochen seyn, welche sich durch den unaufhörlichen Gebrauch, mit der Meinung, seine Jurisdiction zu behalten, und zu behaupten ansehen lässet. Michael d. l. n. 47.
  Allwo er auch einen rechtmäßigen Titel, nebst guter Treue und Glauben, auch bey einer noch so lang gewährten Verjährung, nur in so weit verlanget, als derjenige, welcher die Verjährung vor sich anziehet, seine würcklich vollstreckten Handlungen, mit einer rechtmäßígen oder wahrscheinlichen Ursache, die sich entweder auf ein unstreitiges Recht, oder getroffenen Vergleich gründet, und mit keinem Mangel beflecket ist, rechtfertigen kan. Michael d. l. n. 48.
  Und n. 48. hält er auch fast wieder die gemeine Meinung derer Rechts-Lehrer, die Wissenschafft und Dultung desjenigen, der es erweisen können, nicht vor nöthig.  
     

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