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Zedler: Freyß-Zeichen HIS-Data
5028-9-1879-2
Titel: Freyß-Zeichen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp. 1879
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 963
Vorheriger Artikel: Freyß
Folgender Artikel: Freystadium
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Freyß-Zeichen, oder Malefiz Zeichen. Wie die Civil-Jurisdiction die niedere Gerichtsbarkeit, Erb-Gericht oder Vogteylichkeit genennet wird: also heist hingegen die Criminal-Jurisdiction, die Cent-Gerechtigkeit; deßgleichen die hohe Freyß, oder Freyß-Obrigkeit, auch Blut-Bann, Hals-Gericht, zu Haut und Haar. Wehner in Obs. voce Freyß.
  Ihre Possess wird durch gewiße Zeichen erweißlich gemacht; Nach dem alten Sächsischen Rechten sollen auch so gar die Handschuh ein Zeichen der Jurisdiction gewesen seyn, in massen man sich derselben bedienet, wenn man unbewegliche Sachen verschencken, übergeben, oder an andere abtreten wollen. Speidel in Spec Polit. Jurid. voce Handschuhe.
  Gryphiander läst sich in seinen Tractat de Weichbildis art. 9. also vernehmen: Bey dem Creutze ist zu mercken, GOttes Friede von St. Peters wegen, denn zu derselbigen Städte sollen gehören beyde Geistliche und Weltliche Gerichte; das weltliche Gerichte von dem Kayser (das ist zu mercken von dem Handschuhe) das geistliche Gerichte von dem Creutze. Und sey vor Alters dabey bedeutet gewesen, daß man ein groß höltzern Creutz in einer Stadt oder Flecken habe aufgerichtet, darauf eine Hand und Schwerdt gestecket, zum Zeichen der Gerichte über Hals und Hand. Schottel in Tr. de singular. in German. Jur.
  Diese Criminal-Jurisdiction kan eben so wohl als die Bürgerliche durch gewiße Zeichen ergriffen werden; Man kan nicht allein diese Art der Jurisdiction wie andere Rechte ergreiffen, wenn man sich gewisser Zeichen bedienet, sondern sie auch hierdurch auf andere bringen, als welches die Rabensteine und Hochgerichte weisen, weil hiedurch die Possess der Criminal-Jurisdiction, nach der in gantz Teutschland eingeführten Gewonheit sattsam angedeutet wird.  
  Diese Criminal-Zeichen aufzurichten, und die aufgerichteten im Stand erhalten, ist nichts anders als die peinliche Gerichte Mainteniren. Obschon das Zeichen, welches Freyß genennet wird, die peinliche Gerichtsbarkeit anzeiget, so ist es doch von derjenigen Jurisdiction unterschieden, die auf die Frevel-Sachen gehet, obschon Freyß- und Frevel-Sachen bißweilen mit einander vereiniget werden.  
  Die Francken haben sich vor diesen des Worts Frevel bedienet, und es von Freyß unterschieden; das Wort Fredum, welches heutiges Tages Frevel genennet wird, nahmen sie an vor ein Geldstraffe, die man an den Fiscum, oder die Obrigkeit vor eine begangene Boßheit bezahlen muste, daher es hieß, er muß Fredel, d.i., den Frevel oder die Straffe büßen, oder die Frieden zahlten.  
  Welche die Possess dieser Jurisdiction über Haupt erlangen und erhalten können, sind auch um desto eher berechtiget, sich derselben nach gewißen Zeichen anzumassen. Es werden nicht nur diejenigen, als Reichs-Fürsten, Reichs-Städte, sondern auch die, denen sie von der hohen Landes Herrschafft vergünstiget, und die solche durch Belehnung, Privilegium, besondere Begnadigung oder den langwierigen Gebrauch  
  {Sp. 1880}  
  erhalten.  
  Es fragt sich, wo einer auf einem Lehn-Gute, von einem Landes-Herrn überhaupt mit denen Gerichten belehnet worden, ob er sich der Zeichen der Possess dieser Criminal-Gerichtsbarkeit bedienen könne? Man hat hierbey wohl zu untersuchen, ob diese Art der Gerichtsbarkeit allbereit mit dem Lehn Gute sonst vereiniget gewesen oder nicht. Bey jenem Falle hat es aller Dings seine Richtigkeit. Stryck in Exam.
  Vor Alters sind die Ober- und Nieder-Gerichte nicht anders denn durch das gemeine Wort Gerichte verliehen worden, welches den Verstand gehabt, daß alle Gerichte oberst und niederst dadurch verliehen, sind also beyde Species deren Gerichte dadurch angezeigt und erkläret worden; wie denn auch die benachbarten Edelleute in Heßen und anders wo dieselben Gerichte allein Krafft, solcher Belehnung, auch derselben Verstand und Deutung behalten. S. Schilter in π ad Tit. de jurisd. th. 10.
  wo aus denen Belehnungs-Briefen nichts gewißes erhellet, so muß man auf die Observantz gehen, und wo ein Gut verkaufft worden, mit welchem der Gewonheit nach dergleichen Jurisdiction pfleget vereiniget zu seyn, so glaubet man auch, daß alle diese Rechte zugleich mit verkaufft worden. Sind die Worte: mit allen und jeden Gerichten in dem Lehn Briefe dazu gesetzt, so hält man davor, daß die Criminal-Jurisdiction auch zugleich mit concedirt sey. Stryck in Exam.
  Die Possess der Criminal-Gerichtsbarkeit kan auch von denjenigen gehörig ausgeübet werden, die sie auf keine andere Weise als durch den langen Gebrauch der Zeit und durch eine undenckliche Verjährung überkommen. Brunnemann Cons. … sagt: es sey unlaugbar, daß nach gemeiner Meynung der Gelehrten alle Jura und Regalia, so per privilegium summi principis möchten erhalten werden, auch durch undenckliche Verjährung, wenn sie also beschaffen, daß kein Mensch eines contrarii actus, sich erinnern, und der Superior, wider welchen die Verjährung laufft, dessen nicht unwissend, können erworben werden, und Lyncker Resp. … meynt es sey kein Zweiffel, daß diese Verjährung von undencklicher Zeit an, oder diese Possess, auch in Verjährung der Fürstl. Rechte Vim tituli habe, und omnem malam fidem removire.  
  Wie nun aber zur Possess der Criminal-Jurisdiction nur diejenigen vor fähig zu achten, bey denen sie Gesetzmäßig hergebracht: also können sich auch die andern solcher nicht anmaßen, die sie nicht auf eine rechtsbeständige Weise erhärten können; es ist auch eben keine nothwendige Folge, daß diejenigen, welche anderer Regalien theilhafftig worden, deßwegen die Criminal-Jurisdiction haben sollten. Manche besitzen ansehnliche Regalien, inzwischen stehet ihnen doch nicht die Landes herrliche Hoheit zu.  
  Klock Tom. I. … sagt: daß da gleich C.P. beyde Regalia des Zolls und Glaites in Lindauischen[1] Territorio rechtmässig erseßen, und derowegen künfftig in Stande Rechtens triumphiren und obsiegen sollten, dennoch in Ansehen dieselbe keine Superiorität, weder über Leute noch Güter mit sich bringen, so könnte doch wenig die gesuchte Landes-Fürstliche Obrigkeit daraus erhärtet, oder auf die andere Ober- und Herrlichkeiten mit beständiger consequenz argumentiret werden.
[1] HIS-Data: korrigiert aus: Lindanischen
  Der-  
  {Sp. 1881|S. 964}  
  jenige befindet sich in der symbolischen Possess dieser Jurisdiction, der auf eine allen und jeden kundbare Weise die Zeichen davon besitzet, und auf seinen Gütern hat; da nun die Aufrichtung der Galgen vor ein Zeichen hievon anzusehen, so vermuthet man hieraus dieselbe mit guten Grunde, und zwar um desto eher, weil sie notorisch sind, und allen und jeden in die Augen fallen. Wo sie nicht mehr sichtbar seyn sollten, kan man sich auf Zeugen beruffen, die eydlich Aussagen, daß sie dergleichen gesehen, dafern nur die Zeugen recht glaubwürdig, und so beschaffen, daß man mit Bestande Rechtens nichts wider sie einzuwenden habe.  
  Die Actus Possessorii müssen auch so beschaffen seyn, daß eine rechtmäßige Possess hierdurch zu Wege gebracht werden kan, und müssen aber nicht heimlich, oder sonst lasterhafft und mangelhafft seyn. Wo sich daher einer der peinlichen Gerichtsbarkeit heimlicher Weise, oder mit des andern Widerspruch bemächtigen wollte, so hilfft ihm zur Erlangung oder Erhaltung dieser Possess nichts. Man setzet bey dieser quasi-posses, die durch solche symbolische Actus erlanget, und erhalten werden muß, die Wissenschafft und Gedult des Gegentheils voraus, als welche bey denen uncörperlichen Sachen statt der Ubergabe ist. l. 2. C. de servitut. …
  In Rechten achtet man vor einerley, etwas wißen, und etwas wissen sollen; es mag sichs einer selbst beymeßen, der nicht undeutlich, gewust oder doch wissen können, daß sich der andere gewisser Zeichen der Criminal-Jurisdiction bedienet, daß er ihm nicht bey Zeiten widersprochen. Warum hat er den andern die Zeichen solcher Jurisdiction aufrichten, u. das Maß von dem Entleibten nehmen lassen? durch Gedult und Stillschweigen werden dergleichen Jurisdiction Handlungen bestärckt.  
  Obschon zur Qualificirung dieser Possess unterschiedene Handlungen erfordert werden, so ist doch nichts desto weniger zu Erlangung dieser Possess auch schon eine eintzige Handlung genug; wer einmahl mit des Gegentheils Wissenschafft und Gedult auf eine ruhige Weise Gerichts-Zeichen aufgerichtet, kan schon in der ruhigen Possess der Criminal-Jurisdiction erhalten werden. Wo aber Gegentheil vorgibt, daß seine Possess zugleich gegründet seye, so gehören mehr Handlungen dazu; hieraus muß man eben erst erkennen, wer von den streitenden Theilen mehr und ältere Handlungen vor sich habe, und aus ihrer Beschaffenheit und Anzahl die Natur der Possess erst beurtheilen und examiniren.  
  Trägt es sich zu daß sich ihrer zwey in der Symbolischen Possess der peinlichen Gerichtsbarkeit befinden, und man kan weder in Ansehung der Zeit, noch in Ansehung der Art und Weise, durch welche ein jeder darzu gekommen, beurtheilen, wessen Recht mehr gegründet, und welche Possess der andern vorzuziehen, so wird dieser Fall von den Rechts-Gelehrten auf unterschiedene Weiße entschieden; Einige geben der Compossess Platz, und meynen, daß beyde in der Possess zu schützen wären; andere lassen die Sequestration zu, oder wollen es durch das Loos ausgemacht wissen; noch andere behaupten, der Richter sollte mit der Possess eine Theilung vornehmen, und einem Parth diesen Theil dem andern aber einen andern wieder zu erkennen; es  
  {Sp. 1882}  
  ist bey diesem Fall am sichersten, wenn solche Streitigkeiten richterlicher Entscheidung überlaßen, oder auch an den Landes-Herrn gebracht werden, daß er ihnen nach der vorwaltenden Billichkeit und nach denen Umständen der Sache Ziel und Maaß ertheilt.  
  Vor Zeichen der Criminal-Jurisdiction, sind zu achten  
 
  • die Brand-Säulen, die auch nach der Execution aufgerichtet bleiben.
Wehner unter dem Worte: Zent,
 
  • die Malefitz-Räder,
  • die Rabensteine,
  • die Galgen-Städte.
Besold Cons. … so kan fürs siebende der hochlöbliche Johanniter-Orden, sich allhier desto weniger einer Crim. Jurisd. ceu meri imperii in beyden Dörffern Rexingen und Hemmingen anmassen, weil keine Signa von Stock oder Galgen enthalten, und daß sonderlich in Rexingen niemahlen dergleichen gewest, nirgends allegirt noch angezogen wird.
  Es wird auch die Possess dieser durch Zeichen angedeuteten Jurisdiction ausgeübet durch Wegnehmung des gestrafften Cörpers. R. A. von Anno 1600. §. 42. Es sind auch bißhero etc. ingleichen durch Abmessung des Entleibten Wunde, und durch Wegnehmung der Freyß-Pfänder. R. A. §. 43. Da auch eine Obrigkeit einen Entleibten besichtigen, Wunden und Stich abmessen, und in Signum meri imperii dieselbige Mase, und kein anders Freyß-Pfand von dem Leib oder Kleidern hinweg nehmen lässet. Wo nun der Hut des Entleibten, oder etwas von seinen blutigen Kleidern, in die Gerichte mit genommen wird, welches man das Freyß-Pfand nehmen heist, oder wo die Pfändungen nicht gebräuchlich, wenn statt dessen der Entleibte aufgehoben, und nachgehends begraben wird, so werden alle diese Handlungen vor Zeichen der Criminal-Jurisdiction angesehen.
  Diese Gerichts-Zeichen können so wohl in- als ausserhalb derer Städte aufgerichtet werden, denn daß man sie gemeiniglich ausserhalb der Städte vor denen Thoren siehet, geschiehet nicht aus einer Nothwendigkeit, sondern aus einer freyen Willkühr, damit die Reisenden und Vorbeygehenden desto eher Gelegenheit haben, sich daran zu spiegeln, und vor Missethaten zu hüten. Es ist kein Gesetz, so dem Gerichts-Herrn, welchem die Criminal-Gerichte zustünden, vorschriebe, an welchem Ort sie die Gerichts-Zeichen bringen wollten; wiewohl man diese Regel dabey beobachtet, daß man keinen Galgen so nahe an die Grentzen setzt, daß er das fremde Gerichte mit dem Schatten nicht berührt, und daß auch das Volck auf demselben Gerichte, so man einen rechtfertiget, und nicht auf dem fremden Gericht so darneben gelegen, stehen mag.
  Wie die Aufrichtung, Erbauung und Verneuerung dieser Gerichts-Zeichen, ins besondere des Galgens, geschehen müsse, wird in Kaysers Caroli V. peinlichen Halß-Gerichts-Ordnung Art. 215. erklärt, und daselbst vorgeschrieben, auf was vor Art die Handwercker, ohne daß sie dieserwegen einander etwas vorwerffen dürffen, ihre Mühe dabey anwenden sollen: Nachdem an vielen Orten, heist es, in denen peinlichen Gerichten die  
  {Sp. 1883|S. 965}  
  Gewohnheit ist, so man einen neuen Galgen macht, oder einen Alten bessern will, daß alle Zimmerleute, so in demselben peinlichen Gerichte wohnen, dazu helffen müssen etc. biß auf die Worte: Derohalben von niemand geschmähet oder verkleinert werden sollen, und in folgenden Art. 217. wird von dem Rabenstein disponirt: So man dann einen Galgen, oder Enthauptstatt mauren will, so es der dazu nothdürfftiger Maurer halben in solcher peinlichen Gerichts-Obrigkeit seßhafft, allermassen wie oben von Zimmerleuten gesetzt ist, auch gehalten/ und gehandelt werden.  
  Die Herrschafft, als Besitzer der peinlichen Halß-Gerichte, müssen zu Erhaltung ihrer Possess, die zur Erbauung und Verneuerung dieser Gerichts-Zeichen nöthigen Unkosten selbst herschiessen, und dürffen solche nicht von ihren Unterthanen abfordern.
  • Halß-Gerichts-Ordnung/ Art. 204 in denen Worten: Sie müssen diese Unkosten tragen zur Compensation derer Geld-Straffen, die sie als Nutzungen der Gerichtsbarkeit einheben.
  • Carpzov. Prax. …
  Ob schon die Marter-Kammern mit denen dazu gehörigen Werckzeugen der Criminal-Jurisdiction geachtet werden, ingleichen die Säulen, auf welchen eine Hand und Schwerdt lieget, zum Zeichen der Gerichte über Hand und Haut, welche die Sachsen Weichbild nennen. Wehner: unter dem Worte Cent;
  so ist doch noch streitig, ob Stock, Halßeisen, Pranger und dergleichen Gerichts-Zeichen vor Symbola der Criminal- oder Civil-Jurisdiction anzusehen. Mynsinger Resq. …
  Mehrentheils achtet man sie vor Zeichen der Ober-Gerichtsbarkeit. Besold. Speidel. unter dem Worte Halßeisen, Pranger,
  inmassen einer gar selten dran gestellet wird, ausser der ein solch Verbrechen begangen, welches seiner Natur nach zum Ober-Gerichts-Fällen gehörig, damit solche Bösewichter des allgemeinen Nutzens wegen, und daß ein jeder ein Beyspiel an ihnen nehmen möge, der allgemeinem Menge des Volcks gezeiget werden.  
  Hierbey ereignet sich auch noch der Unterscheid, daß es etwas anders ist, peinlich richten, und wieder etwas anders, die peinliche Execution verrichten. Also fällen manche Richter ein peinliches Urtheil, sie tragen aber einem andern die Execution auf, solches zu vollziehen.
  • Wehner Voc. freye Reichs-Städte.
  • Knipschild de Civit. Imp. …
  Hieher gehöret, was Besoldus cons. … anführet, besonders weil die Observanz dieser Enden mit sich bringet, daß wann bey einem oder dem andern von Adel die Delinquentes einkommen, sie dieselben peinlich fragen lassen; und hernach wo die Signa nicht vorhanden, jeder seinem nächsten Benachbarten, der die Signa hat, gegen gebührenden Revers pro Executione lieffern, wie denn solches noch heutiges Tages mit genugsamen Exempeln beyzubringen. Es beruhet in der Willkühr dessen, dem die peinliche Jurisdiction zustehet, ob er an denen Missethätern, nachdem sie gehörig verurtheilet worden, in seinem eigenen District die Execution will vollstrecken lassen, oder sie auf vorhergehende Requisition andern Gerichten zur Execution übergeben.  
  Die Verwandelung  
  {Sp. 1884}  
  derer Geld-Bußen, an statt der Leibes-Straffen, kommt auch den Ober-Gerichten zu, und es steht bey ihnen, ob sie nach Befinden der Umstände, den Delinquenten an Haut und Haar straffen, oder Geld von ihm nehmen wollen. Carpzov. Pr. Crim. … bey den Worten: Was aber Sachen sind, Geld-Buß, oder Abtrag belangen, so von peinlichen Sachen herrühren etc. solche Fälle, ob sie gleich zur Geld-Buße gereichen, sollen sie durch Ober-Gerichte gestrafft, und die Straffe eingenommen werden.
  Es ist billig, daß derjenige den Nutzen ziehet, der die Mühe und Arbeit gehabt hat, und werden nach einer fast in gantz Teutschland durchgehenden Gewohnheit die Geld-Bußen zu denen Jurisdictions Früchten gezogen. Die geringste Geld-Buße, welche um grosser und schwerer Verbrechen willen zuerkannt wird, wann sie auch nur zwey Gold-Gülden betragen sollte, wird dem mero imperio zugeschrieben, wie solches Endter in Dissertation von Malefitz- und Freyß-Zeichen p. 71. aus etlichen Casibus, die er aus alten Actis publicis heraus gezogen, erweißlich macht.
  Eine beschwehrtliche Würckung der Symbolischen Possess der peinlichen Gerichtsbarkeit,, macht auch mit deren Beschützung und Vertheydigung aus, so daß der Besitzer, wenn er von Gegentheilen hierinnen gestöhret wird, der sich unterstehen will, dergleichen Gerichts-Zeichen aufzurichten, berechtiget ist, solche umzuwerffen, und niederreissen zu lassen; wenn nun zwey Nachbaren wegen Errichtung des Galgen, oder anderen dergleichen Gerichts-Zeichen streitig sind, so darff sich derjenige, der solche schon in seinen Gerichten hat, nicht turbiren lassen in seiner Possess, und wo es der andere mit Gewalt thut, mag er solche gar wohl über den Hauffen schmeissen lassen.
  Ein jeder Besitzer ist befugt, seine Possess zu vertheydigen, so gut er kan, und alles, was ihm daran hinderlich ist, aus dem Wege zu räumen, daferne es nur noch zu rechter Zeit geschiehet. l. 3 §. 9. …
  Eine andere Würckung, die aus der Possess der Criminal-Gerichtsbarkeit entsteht, ist auch diese mit, daß sich kein Fremder unterstehen darff, die Gerichte zu betretten, und den Entleibten aufzuheben, oder etwas von seiner Kleidung, u.s.w. als ein Zeichen mitzunehmen; geschiehet es aber de facto, so sind dergleichen Handlungen vor heimliche, und vor Turbationes anzusehen. R. A. von Anno 1600. bey denen Worten: So haben wir uns dahin verglichen, setzen und wollen/ daß solches fürgenommene Factum, allein da man zu fernern Exercitio, als das Cadaver zu begraben, nicht kommen mögen, pro exercitio juris siue turbatione zu achten, und derentwegen keine Mandata zu erkennen seyn.
  Hierbey fragt es sich, ob derjenige, der sich in der Symbolischen Possess der peinlichen Gerichtsbarkeit befindet, und zugleich in eines andern Territorio die Criminal-Jurisdiction hat, ohne Begrüssung des Territorial-Herren sich in seine Gerichte begeben, und ein Freyß-Pfand abhohlen könne? Man muß hierbey wohl erwegen, ob dem einem die gantze Cent-Gerichtsbarkeit zuständig sey, und dem andern nur die Voigtheyliche. Bey diesem Fall ist der Ober-  
  {Sp. 1885|S. 966}  
  Richter verbunden, die Missethäter, so sich innerhalb des Districts des Voigthey-Herrns aufhalten, wegzuhohlen; die Cent-Richter sind befugt, auch ohne weitere Requisition, einzufallen, zu inventiren, arrestiren, die Thäter zu befestigen, und zur Hafft zu bringen. Leop. de concurr. Jur.
  es hindert auch nichts, daß dem Herrn der peinlichen Gerichtsbarkeit sonst nicht frey stehe in das Gebieth, wo ein anderer die bürgerlichen und voigtheylichen Gerichte hat, mit gewaffneter Hand zu dringen. Mayer. de Advocatio armata. …
  Es wird dieses auf dem Fall eingeschränckt, da einem Herrn der peinlichen Halß-Gerichte die Ober-Bothmäßigkeit nicht zustehet.  
  Ferner ist auch dieses nicht im Wege, daß eine Obrigkeit in einem fremden Gebiethe ihr Urtheil nicht exequiren dürffe. l. 8. C. de Episc. aud.
  Weil niemand berechtiget, eines andern Gerichte wider des Gerichts-Herrn Willen zu violiren.  
  Dieses alles hat seine Richtigkeit in Ansehung dessen, der sonst keine Jurisdiction hat, ein anders ists, wo der Ober-Richter in Criminalibus den Missethäter durch eingenmächtige Auctorität, in dem Gebiethe, wo ihm sonst die Nieder-Gerichte zustehen, ergreiffen, und gefangen nehmen darff.
  • Carpzou. P. III. …
  • Harprecht. Cons.
  Noch eine andere Bewandtniß hats, wo sich einer der hohen Malefitz-Obrigkeit nicht anmassen darff, sondern nur die Cent-Gerichte hat, die einer über gewisse Delicta nicht extendiren darff.
  • Besold. unter dem Wort: Centbarliche Obrigkeit.
  • Limnaeus Jur. Publ. … da ein Stand auf der von Adelichen Unterthanen und Zins-Leute Cent unstreitig hergebracht, so soll dieselbe über die gewöhnlichen 4. Fälle, wie von Alters herkommen, als da sind, Mord, Brand, Nothzucht und Diebstahl/ in keinerley Weise und Wege extendirt noch exercirt werden;
  und also ist keinem, der nur mit Cent-Gerichten versehen, erlaubet, unbesucht oder unbegrüsst des Landes Cent- oder Voigthey-Herrn auf demselben uncentbaren, voigtheilichen, lehenbaren oder eigenthümlichen Grunde und Boden nicht einfallen, noch demselben mit Durchführung mißthätiger Personen berühren, darauf arrestiren, inventiren, angreiffen, niederwerffen, bestättigen, behefften, handvesten, noch den entleibten Cörper gerichtlich mit Schöppen besichtigen, weder Leib-Zeichen, noch Stich- oder Wunden-Maß, noch einig Freyß-Pfand, Spahn aus des Thäters Thor noch Hause abnehmen, sondern der Thäter und Abgeleibte wird auf den centbaren Grund und Boden geliefert. Carpzou. III.
  Wann ein Todtschlag mitten auf der Marckscheidung und freyßlichen Gebieth zweyer Gerichts-Herren geschehen, davon ein jeder auf seinen Gerichten die Criminal-Gerichte hat, so entstehen mancherley Streitigkeiten hierüber, und die Rechts-Lehrer entscheiden diese Frage auf verschiedene Weise; einige schreiben denjenigen das Recht zu, in dessen Gebiethe der Kopff, als das fürnehmste Stück am Menschen, gelegen; andere meynen, daß sich der Jurisdiction anmassen könne, auf dessen District derjenige Theil des Leibes gelegen, der das Hertz in sich fässt, weil die Medici glaubten, daß das Hertz dasjenige wäre, so zuerst an dem Men-  
  {Sp. 1886}  
  schen anfienge zu leben, zuletzt aber zu sterben; noch andere schreiben beyden die Erkänntniß und Untersuchung zu, weil das Delictum in beyder Territorio begangen worden, und der todte Leichnam ihrer beyden Gräntzen berührte, jedoch könnte einer dem andern durch ein Stich- und Wunden-Maß, oder durch ein Freyß-Pfand zuvor kommen. Böckelmann in Diss. de Cent. §. 40.
  Es stehen auch einige wol in denen Gedancken, daß demjenigen die Ausübung der symbolischen Possess zukomme, auf dessen Gebiethe die Füsse gelegen, inmassen es gar wahrscheinlich wäre, daß der Entleibte auf demselben Ort gestanden. Farinac. Pr. Crim. …
  Jedoch, es ist dieses eben keine nothwendige Folge, es kan ja der Tödtlich-Verwundete deßwegen noch einen grossen Strich Weges fortgegangen seyn, und die Füsse, da der Verwundete niederfällt, können an einem gantz andern Ort zu liegen kommen, wie, wenn er auf der Flucht niedergestossen wird, und also in einem andern Territorio auf denen Gräntzen einen tödtlichen Stich oder Schuß bekommt, an einem andern Ort aber als todt niederfällt, und daselbst liegen bleibt? Uber dieses ist es ja nichts ungewöhnliches, daß die Cörper derer Entleibten von den Todtschlägern an einen andern Ort geschleppet werden.  
  Vor allen Dingen muß man den Ort des Delicti ausfündig machen; wo er aber verborgen ist, und da man auf dem Erdreiche weder Blut noch andere Zeichen wahrnehmen kan, so achtet man den für den Ort, wo das Verbrechen vollzogen worden, wo man den Entseelten gefunden. L. 1. et avth. …
  Carpzou. Praxi Criminal. … erwähnet folgendes Praejudicii. Es könnte denn, wie recht, dargethan werden, daß der Entleibte auf eurem Gebieth und Bottmäßigkeit gestanden, und daselbst umgebracht worden, hoc casu wäret ihr als Judex competens, unangesehen der Thäter, als er den Wurff gehtan, und die Entleibung auf eures Nachbars Gerichten und Territorio gestanden, in dieser Sache zu verfahren und zu inquiriren wohl befugt. V.R.W.  
  So lieset man auch bei Carpzouio l.c. … ein anders, wie folget: Ist unlängstens an dem Ort, da eure Gerichten mit des Benachbarten von Adel Bottmäßígkeit Gräntzen, eine Mordthat begangen und der entleibte Cörper gleich auf der Gräntze gefunden worden, also, daß man nicht wissen kan, in welchen Gerichten solche Mordthat eigentlich verübt und vollbracht worden; da man nun aus denen Umständen solches nicht muthmassen und erspühren könnte, derowegen dann vor allen Dingen Erkundigung eingenommen wird, so möchte die Aufhebung des todten Cörpers, und Bestraffung der Ubelthat, von euch und eurem Nachbarn, als dem Gerichts-Herrn, zugleich geschehen. V.R.W.  
  Wo einer in seiner Gerichtsbarkeit turbiret, und gewaltsamer Weise daraus gesetzet wird, so kan er sich der Hülffs-Mittel bedienen, welche die Rechte in diesen Fällen erlauben, als des Vtilis interdicti vnde vi. l. 1. π. IV. de vi et vi arm,
  man achtet es gar für einen Frie-  
  {Sp. 1887|S. 967}  
  dens-Bruch, wo der andere mit gewaltsamer Hand daraus gesetzt wird. R.A. de Anno 1548. et Const. vom Königlichen Land-Frieden zu Worms, de An. 1495.
  Bey dem Fall der Turbation wird ihm durch das Vtile interdictum, vti possidetis geholffen,
  • l. 1. 8. …
  • Carpz. P. II.
  allwo am Ende das Praejudicium, daß der Kläger bey der Possess vel quasi der angezogenen Jurisdiction, über Beklagte seine Unterthanen, bis so lange er von ihnen durch ein ordentliches Possessorium vel petitorium daraus entsetzt, billig gelassen wird. V.R.W.  
  Hieher gehören auch die Mandata cum et sine clausula, Klock de Contrib.
  Wo ein Streit wegen der symbolischen Possess anhängig und unentschieden ist, so kan einem währenden dieses Processes die Possess der Jurisdiction nicht verrückt noch entzogen werden, sondern er ist vielmmehr in der Possess wider Gegentheilen zu beschützen, Meuius P. II. …
  und dieses ist nicht allein in denen Sachen der erstern Instantz, sondern auch der andern, als der Appellation, der Revision und eines andern Remedii. Daher gehören auch, nach dem Reichs-Abschiede, bey dem Falle, da im Possessorio retinendae possessionis appelliret worden, die Inhibitiones des Ober-Richters an dem Unter-Richter.
  • R. Absch. de Anno 1594. §. 92. die Inhibitiones in Appellations-Sachen belangend §. Wann von einem End-Urtheil, oder vim definitivam habente appellirt worden, es habe gleich der Richter a quo der Appellation deferirt oder nicht, daß indistincte die von Appellanten etc.
  • Endter Diss. von Malefitz- und Freyß-Zeichen.
     

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Stand: 1. März 2013 © Hans-Walter Pries