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Zedler: Winck, Wincken HIS-Data
5028-57-435-9
Titel: Winck, Wincken
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 435
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 231
Vorheriger Artikel: Winchusen, (Henne von)
Folgender Artikel: Winck, (Berg-)
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Winck, Wincken, Lat. Nutus, Nuere, Nutare, Annuere, heißt in denen Rechten eine durch gewisse Zeichen geschehene Erklärung seiner Willens-Meynung oder seiner Einwilligung zu einem gewissen Handel.  
  Und geschiehet solches  
  {Sp. 436}  
  entweder mit den Augen, oder mit dem Kopfe, oder mit den Händen.  
  Weil aber gleichwohl das Wincken an und vor sich ein betrügliches Zeichen ist, und der, so einen mit den Augen, dem Kopffe oder der Hand wincket, öffters gantz was anders im Sinne haben kan, als jener, oder auch zuweilen einer des andern Wincken gantz anders ausleget, als der Winckende selbst dadurch zu verstehen geben wollen; wie Gothofredus ad l. 52. … darthut;
  so mögen überhaupt zwar alle diejenigen Handlungen durch einen Winck vollbracht werden, worzu weder klare und deutliche Worte, noch besondere Solennitäten von nöthen sind. Schmid in Tr. de Nutu
  Und also mag wohl von jemanden ein Fideicommiß, jedoch ausser dem Testamente, durch einen blossen Winck hinterlassen werden.
  • l. 18. u. l. 21. ff. de leg. 3.
  • l. 22. C. de fideic.
  • Conr. Rittershusius in Nov. …
  • Knipschild de Fideicomm.
  Ein gleiches ist von den Vermächtnissen, Ludwell in Disp. ad Instit. …
  und auch von der in den Rechten so genannten Adsignatione Liberti, oder der väterlichen Verordnung, welches von seinen Kindern diesen oder jenen Freygelassenen zu eigen haben solle, zu sagen; und zwar in Ansehung der letztern um so vielmehr, weil dieselbe eigentlich weder ein Vermächtniß, noch ein Fideicommiß, genennet werden kan. l. 7. ff. de assign. libert.
  Ferner kan auch die Delegation oder Überweisung eines Schuldners, und überhaupt alle Pacten und Gedinge, durch einen Winck gültiger Weise geschehen. Ludwell in Comment
  Zum Erben aber mag nach der gemeinen Meynung derer Rechts-Gelehrten niemand durch einen blossen Winck eingesetzet, oder ein gültiges Testament errichtet werden, per l. 21. …
  Wie wohl auch dieses letztere nach dem Canonischen Rechte Statt hat, wie besonders Rittershusius in Different. Jur. Civ. et Canon. … mit mehrerm darthut.
  Wie denn allerdings auch in Ansehung des Gewissens schon genung seyn kan, wenn solches auch nur durch einen blossen Winck geschiehet, wofern anders nur vollkommen gewiß und unstreitig dargethan werden kan, daß dieses und nichts anders des Testirers, welcher damahls seinen völligen und gesunden Verstand gehabt, ernstlicher Wille und wahre Meynung gewesen sey.
  • Molinäus in Tr. …
  • Fagundez de Instit. et Controv. …
  Und dieses um so viel mehr, weil ja auch schon nach Verordnung des bürgerlichen Rechts Vermächtnisse und Fideicommisse durch einen Winck verlassen werden können. Chr. Ehrenfried in Disp. Inaug. de Foro Conscient. …
  Insbesondere aber ziehen einige hieher folgende Fälle, daß nemlich auch eines hart darnieder liegenden und wegen Leibes-Schwachheit gar nicht oder doch sehr schwer zu reden vermögenden; oder auch durch einen andern Zufall gantz verstummten Testirers, auch nur durch einen Winck angezeigter oder bestätigter letzter Wille, gar wohl bestehen und gültig seyn könne; wenn nemlich  
 
1) der Testirer noch bey völligem Verstande und gesun-
 
  {Sp. 437|S. 232}  
 
der Vernunfft ist, und seine Willens-Meynung nur durch einen Winck oder anders Zeichen hinlänglich und ohne allen Argwohn zu verstehen geben kan.
  • arg. l. 21. ff. de legat. 3.
  • Thad. Pison Var. Resolut. …
 
2) Wenn er nur nicht von einer verdächtigen Person befraget, und diese Frage öffters wiederholet, noch auch dem Testirer mit allzugrossem Ungestüm zugesetzet worden, daß endlich der Testirer in diese Worte ausbrechen müssen: Wie offt muß ich denn Ja sagen?
 
 
3) Wenn das Testament in seiner Abwesenheit und ohne sein Vorwissen niedergeschrieben, hernach aber, da er bereits mit der grösten Schwachheit befallen ist, oder gar schon in den letzten Zügen lieget, ihm noch vorgelesen worden.
  • Pison l.c.
  • Hieron. Schurff
  • Richter
 
4) Wenn nicht das Wincken durch Betrug u. Schelmerey eines boßhafftigen Menschen verursachet worden, da z.E. durch Rückung des Bett-Küssens des über die Puncte und den Innhalt des Testaments befragten Testirers Haupt beweget wird.
 
 
5) Wenn das Wincken nicht etwan durch eine Furcht, die auch den behertztesten und gesetztesten Menschen übermeistern und kleinmüthig machen kan, veranlasset worden.
  • Fachinäus
  • Harpprecht ad princ. Inst. de Testam. …
 
6) Wenn der Testirer vorher schon seinen Willen wegen der vorseyenden Verordnung mündlich oder schrifftlich erkläret hat.
Socinus Junior
 
7) Wenn der Testirer den Notarien und die Zeugen, die er zu seinem Testamente brauchen wollen, selbst zu sich ruffen lassen, und der Notarius alle Umstände des Winckens, oder diese gantze Handlung, auf das genaueste beobachtet, und nebst allem, was demselben vorher gegangen, oder darauf weiter erfolget, fleißig angemercket hat.
Prosper Farinac de Testam. … und Ordn. der Notarien von 1512. §. Die Notarien sollen sich auch etc.
 
8) Wenn der Testirer das Testament dem Notarien selbst in die Feder dictiret, oder ihm erst nur den Inhalt desselben vorgesagt, und der Notarius selbiges hierauf in Gegenwart des Testirers und der Zeugen zu Papiere gebracht, hernach aber der Testirer solches, auf des Notarien Befragen, nochmahls entweder mit klaren u. deutlichen Worten, oder auch nur durch einen Winck, bekräfftiget hat.
Mantica de Conject. ult. volunt. … von welchen und mehrern hieher gehörigen Fragen auch noch besonders
  • Berlich
  • Hartmann Pistor
  • Jacob Menoch
  • Zasius
  • Richter
  • und Johann Heinrich Simon in Disp. Inaug. de Nutu, Straßb. 1667.
  •  wie auch Copers u. Schröters Disp. de Nutu.
  • desgleichen Joh. George Schmids Tr. Jurid. de Nutu
nachzulesen.
  Wie denn besonders der letztere … aus der obbemeldeten Ordn. der Notarien von 1512 folgendes angemercket:  
  "Es mag auch ein Notarius gebetten oder gefordert werden, zu einem Handel eines Stummen, und schreiben die Zeichen, oder das Wincken, nemlich also: Nachdem N. aus Zufall nicht reden mag, durch mich gefragt, hat mit Zeichen oder Wincken der Achseln, oder des Haupts, verwilliget, und dergleichen."  
  Und p. 516 sagt er:  
  "Der Notarius soll das, so er mit  
  {Sp. 438}  
  leiblichen Sinnen vermerckt, aufschreiben, des Gesichts und Gehörs halber ist gnug, daß der Notarius, in Beywesen der Zeugen, sehe und höre, aber der andern Sinnen halber, mit Versuchen, Kosten, Tasten, Riechen, oder Schmecken ist noth, daß die Zeugen vor ihn kosten, oder versuchen, tasten, oder riechen, und was sie durch solch ihr Sinnen empfahen, vor den Partheyen, Zeugen oder Notarien eröffnen".  
  Ein mehrers siehe in den Artickeln:  
 
  • Testament, im XLII Bande, p. 1204 u.ff.
  • desgleichen Stumm, im XL Bande, p. 1349 u.ff.
  • und Taubheit, im XLII Bande, p. 213. u.ff.
  • und von dem Falle, ob und in wie fern auch ein Verlöbniß durch einen Winck oder andere Zeichen geschlossen werden könne, in dem Artickel: Verlöbniß durch Zeichen, im XLVII Bande, p. 1211 u.ff.
 
  Ferner können auch Obrigkeiten, und diejenigen, welche das Recht, Gesetze zu machen, haben, solches durch einen blossen Winck thun und ausüben. Schmid c.l. …
  Durch einen Winck aber mag niemand zu einem Knechte und Leibeigenen, Schmid
  dagegen aber wohl frey und loß gelassen werden. Ibid. …
  Die Adoption oder Annehmung an Kindes Statt kan auch durch das Wincken geschehen. Schmid
  desgleichen die Arrogation. Schmid … und Lauterbach in Colleg. Pract. …
  Nicht weniger mögen auch die Ehen und Verlöbnisse durch das Wincken geschlossen und vollzogen,
  • Schmid
  • Müller ad Struv. …
  nicht aber auch durch einen blossen Winck wiederum getrennet werden. Schmid
  Die Mitgifft oder das Heyraths Gut kan auch durch einen Winck bestellet, Schmid
  wie auch die Emancipation oder Entlassung der Kinder aus der väterlichen Gewalt nach heutiger Gewohnheit ebenfalls durch Wincken angezeiget, Schmid
  wie nicht weniger ein Vormund in einem letzten Willen durch blosses Wincken bestellet werden. Schmid
  Der blosse Winck eines Vormunds aber ist zu Erklärung seines Vollworts oder Zustimmung in seines Pflegbefohlnen verbindliche Handlungen nicht zureichend. Schmid … und Bardoli in Disp. de auct. praest. …
  Ein Minderjähriger aber kan sowohl zu Bestellung eines Curatorn, als dieser zu denen von jenem auszurichtenden Geschäfften, seine Einwilligung durch blosses Wincken von sich geben. Schmid
  Fürsten und Landes-Obrigkeiten können das ihren Unterthanen sonst verbotene Recht zu jagen, Vögel zu fangen und zu fischen, auch wohl einem oder dem andern aus besondern Gnaden, und auf deren vorher an sie ergangenes Bitten, durch einen Winck verleihen, und solchergestalt ihre Willens-Meynung und Einwilligung erklären. Schmid
  Schenckungen, sie geschehen gleich unter Lebendigen, oder auf den Todes-Fall, aus selbst eigener freyer Bewegung, oder zur Wiedervergeltung, in Ansehung des Gegen-Vermächtnisses, Leibgedinge, u.s.w. können ebenfals sowohl von Seiten des Schenckenden, als des Beschenckten, durch Wincken gültiger Weise vollzogen werden. Schmid
  Welches eben also auch von der Veräusserung zu sagen. Schmid
  {Sp. 439|S. 233}  
  desgleichen von allen Arten der Contracte, wenn sie nur nicht zu ihrer eigentlichen Beschaffenheit entweder mündliche oder schrifftliche Verpflichtungen erfordern.  
  Siehe  
 
  • Promissio solo gestu aut nutu facta, im XXIX Bande, p. 805.
  • desgleichen Pactum tacitum, im XXVI Bande, p. 153.
  • und Quasi-Contractus, im XXX Bande, p. 112 u.f.
  Die Juramente aber oder die Eydschwüre betreffend; so können dieselben von denen, die ihre ordentliche Sprache haben und reden können, nicht durch einen blossen Winck geleistet werden. Zahn de Mendac. …
  Bisweilen verdreust es einen nur zu reden, und sucht er daher seine Neigung oder Abneigung zu einer Sache durch blosses Wincken mit dem Kopffe, den Augen, und den Händen oder Fingern zu erkennen zu geben; welches die Deutschen auf den Bejahungs- oder Verneinungs-Fall ein faules Ja oder Nein nennen.  
  Bißweilen aber wird auch einer oder der andere durch schwere Kranckheiten, oder harte Verwundungen, oder auch wohl in den letzten Zügen durch die herannahende Todes-Angst, gantz stumm und Sprachlos gemacht, daß er sich also wohl schlechterdings genöthigt sieht, seinen Sinn und Meynung durch Wincken oder andere Zeichen auszudrucken. Wie hier von mit mehrerm der obgedachte Schmid in seinem Tr. de Nutu hin und wieder handelt.
  Schließlich können wir nicht umhin, hierbey noch die vom George Sayro in Clav. Reg. Cas. Conscient. Theol Moral. Lib. IX auf die Bahn gebrachte Frage zu berühren, ob nemlich auch wohl jemand einem winckenden Gespenste folgen, und, wenn er alsdenn einen Schatz hebet, sich auch denselben zueignen könne? Es ist aber allerdings der von ihm beygebrachte und aus dem c. 2. extr. de sortileg. hergenommene Beweiß-Grund nicht zu verachten. Denn nachdem daselbst gesagt worden, daß ein Priester mit einer infamen Person in einen geheimen Ort gegangen, nicht in der Absicht, die Teufel und Geister zu bannen, sondern vermittelst des Astrolabii den aus einer gewissen Kirche entwandten Diebstahl zu entdecken, und wieder zu erlangen, und hierauf gefraget worden, was denen Rechten nach davon zu urtheilen; so wird darauf geantwortet, obgleich der Priester solches aus gutem Eyffer und Einfalt gethan; so habe er dennoch keine geringe Sünde begangen.  
  Nun aber hatte dieser Priester eine gantz gute Absicht, nemlich den aus einer gewissen Kirche entwandten Diebstahl wieder zu erlangen. Gleichwohl wird dessen Vorhaben verdammt, weil er nemlich zu seinem nicht verbotenen Endzwecke durch unerlaubte Mittel zu gelangen gesucht. Wie vielmehr aber wird nicht solches in den gegebenen Falle zu behaupten seyn, wo man auch nicht einmahl sicher gnug sagen kan, daß der Endzweck und die Absicht so gerecht und gut sey? da nemlich nur der verdammte Geld-Geitz jemanden verleitet, einen solchen winckenden Gespenste, oder besser zu sagen, dem Teuffel selbst, als seinem Führer, zu folgen, welcher doch nichts anders darunter sucht, als nur die durch eine unmäßige Begierde nach vielem Gelde und Gute aufgebrachten Gemüther zu seinem Dienste und Gehorsam zu verführen. Echolt in Disp. de Natura Thesauri. Leipz. 1667 und Besold Contin. v. Wincken.
  Siehe  
  {Sp. 440}  
  auch weiter, unten den Artickel: Wincken mit den Augen.  
     

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Stand: 3. September 2013 © Hans-Walter Pries