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Zedler: Gemeine [1] HIS-Data
5028-10-772-6-01
Titel: Gemeine [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 10 Sp. 772
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 10 S. 399
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Hinweise:

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Übersicht
Klassen
Vorsteher
  Wahl
  Güterverwalter
  Justizverwalter: Syndikus
gemeine Sachen und Güter
Rechtsnachfolge
Erbschaft

Stichworte Text Quellenangaben
  Gemeine, Lat. Vniversitas, ist eine Societät oder Anzahl verschiedener vereinigten Personen, welche zum gemeinen Nutzen gemeinschafftliche Gesetze brauchen.
  • L. 1. §. 1. quod cujusque uniu.
  • Struu. Ex. 7. th. 41.
  • Laut. d.l.
Klassen Es machen aber die Dd. 4. Classes der Gemeinen,  
 
  • Richt. diss. de uniuers. c. 1. th. 3.
  • Lossae de Jure uniu. p. 1. c. 2. n. 1. seqq.
Vorsteher Weil aber dergleichen Gemeinen, wo sie besonders zahlreich sind, sich nicht selbst regieren oder gemeinschafftliche Geschäffte in corpore allezeit verrichten können, so sind dahero gewisse Gemein-Vorsteher und Administratores nöthig, welche bey denen Römern Decuriones genannt worden, denen heut zu Tage die Beysitzer und Raths-Herrn, und in denen Dörffern die Schultheissen und Gerichts-Schöpffen können aequipariret werden. 
  • Loss. de uiu. l. 1. c. 3. n. 12. seqq.
  • Roll â Vall. 1. Cons. 90. n. 2.
Wahl Es werden aber solche Administratores und Officianten denen Gesetzen, Statuten und Gebräuchen iedes Orts, entweder von allen und ieden aus der Gemeine, oder von denen, welchen das Wahl-Recht und Macht, dergleichen Leute zu constituiren, zukommet, erwählet.
  • L. pen. C. de J.F.
  • lib. 10. L. item. 6. §. 1. in fin. quod cuj. uniu. nom.
Güterverwalter Weil aber diese Administration entweder die Verwaltung der gemeinen Güter, oder der Justiz betrifft, so gehören auch zu beyden besondere Administratores. Was jene betrifft, weil ihnen zuweilen ein ziemlich grosses Vermögen anvertrauet wird, so müssen sie auch eine genugsame Versicherung insgemein durch Bürgen, an theils Orten aber auch eine Real Caution, durch Vorstreckung einer gewissen Geld-Summa, die entweder gar nicht, oder nur zur Helffte inzwischen und bis zu seinem Tod verzinset, wo er aber oder seine Erben in der Rechnung nicht bestehen, der Regress an das Capital genommen wird, stellen, wie dann ferner die Communität das Jus tacitae hypothecae über alles sein Vermögen hat, nicht nur von Zeit der üblen Administration, sondern so bald er sich derselben unterzogen.
  • L. fin. C. quo. ord. quisque conu. deb.
  • L. n. C. in quib. caus. pign. tac. contr.
  {Sp. 773|S. 400}  
    Struu. Ex. 26. th. 15.
  Es müssen aber solche Vorsteher nicht nur de dolo, sondern auch de lata et levi culpa nicht aber de levissima cauiren, und können nicht nur ihrer, sondern auch ihrer Collegen Fehler wegen, wann der Belangte nicht soluendo ist, conuenirt werden.
  • L. 2. §. 8. L. 5. de adm. rer. ad Ciuit. pert.
  • Struu. Ex. …
  Hat sich aber ein Administrator in seinem Haushalten als einen guten Haus-Vater aufgeführet, und nach des Ortes oder Landes-Gebrauch und Gewohnheit administriret, so ist er vom Betrug, grober und mittlern Schuld frey, was auch solcher Beamten Bürgen betrifft, sind solche nur in Sachen, welche die Administration des gemeinen Wesens anlangen, obligiret, nicht aber was zur Straffe, wegen begangenen Betrugs u. Schuld irrogiret wird, wie sie dann auch nicht vor die Zinsen, sondern nur das Capital stehen, noch vor Executirung des Capitals belanget werden können.  L. un. C. …
  Damit aber desto eher am Tag komme, ob einer wohl oder übel administriret habe, so soll man ihn zur bestimmten Zeit zur Rechnungs-Ablegung anhalten, die er auch, wie es sich gehöret, pflichtmäßig einrichten soll.
  Hat er nun seine Rechnung abgelegt, so laß er sich auch darüber quittiren, damit er sicher sey, sintemahlen, wo dieses einmahl geschehen, wird nicht leicht eine Rechnung wieder durch examiniret, und calculiret, besonders unterm Vorwand eines blossen Irrthums, wo nicht nach der Zeit am Tag kommet, daß sich die Sache anders verhalte, und daß ein Irrthum in calculo vorgegangen, welches derjenige zu probiren hat, der den Irrthum vorschützet, massen sodann, und wo dieses geschehen, solche Rechnungen wider den Administratoren binnen 20. wider dessen Erben aber binnen 10. Jahren wieder hervor gesucht werden können, besonders wo man einen offenbahren, nicht aber nur einen vermuthlichen Betrug dabey in acht genommen.
  • L. 50. …
  • Men. A.I.Q. …
Justizverwalter: Syndikus Was aber die Administratores Justitiae betrifft, oder welche agendo oder defendendo das gemeine Wesen vertreten müssen, werden solche in Jure Syndici genannt, weil die gantze Gemeine selbst hierzu nicht gelangen, und dahero auch wider Willen angehalten werden kan, sich eine gewisse Person zu erwählen, mit der man in ihrem Namen könne zu thun haben.
  Es sind aber solche Syndici zuläßig; Wer in Priuat-Sachen nicht kann ein Procurator seyn, der kann auch in Causa Uniuersitatis keinen Syndicum abgeben.
  • auth. res …
  • Rosb. proc. Ciu. …
  Wenn unter der Gemeine keine hierzu geschickte Person zu bekommen ist, so kan auch ein Fremder zum Syndico erkieset werden, ja es kan auch, damit das gemeine Wesen nicht unvertheidiget bleibet, ein ieder, der Cautionem de rato offeriret, zugelassen werden.
  Einen Syndicum constituiret derjenige, nach eines ieden Orts Gewohnheit, der solche Sachen zu besorgen, es sey nun die gantze Gemeine, oder die Vorstehere des gemeinen Wesens, da denn iedesmahl der gröste Theil die Wahl machet, weil die Constitutio Syndici die Communität als Uni-  
  {Sp. 774}  
  versos, nicht aber als Singulos angehet, mithin auch eines ieden priuati Approbation nicht nöthig hat. Doch müssen alle Personen von der Gemeine, wenn diese den Syndicum constituiret, convociret werden. L. 3. …
  Zur Constituirung eines Syndici ist der Consensus Superioris nicht nöthig; denn was Jure communi erlaubet ist, darzu brauchet man keinen specialen Consens: Nun ist aber der Gemeine erlaubet, einen Syndicum zu wählen, dahero brauchet es keines obern Consens L. un. C. de Thesaur. …
  Dem constituirten Syndico ist nachgehends eine Vollmacht zu geben, in fast eben denen Formalien, wie einem andern Procuratori gegeben wird, bloß daß an statt des Namens Erben, Nachfolgere oder Successores genannt werden; ist auch nicht nöthig, daß alle aus der Universität ihre Namen beysetzen, sondern es ist genug, wo ein Nomen Collectiuum v.g. eines Capituls, Communität etc. nicht aber wir Capitulares dieser Kirche, wir Burgern dieser Stadt, es wäre denn ein Wort darzugesetzet, welches ein gantzes Corpus an Tag gäbe. v.g. Wir gesammte Bürger. Rodung. Pan. Cam. L. 3. …
  Es wird auch nicht aller Gemeins-Leute Pettschaffte oder Signetten reqviriret, sondern es ist genug, wann das Gemein-Siegel vorgedruckt wird; oder man kan auch von einem Notario im Beyseyn der gantzen Gemeine ein Instrument über das Syndicatum machen lassen, ohne daß es von der Gemeine unterschrieben und besiegelt werde.
gemeine Sachen und Güter Was die gemeine Sachen und Güter anbetrifft, welche der Universität als einer Gemeine, und allen von derselben als einem corpori und Personae misticae zukommen sind solche zweyerley,  
  theils dienen der gesammten Commun, und sind so wohl der Proprietät als Gebrauch nach im Patrimonio der Universität, nicht aber eines ieden insonderheit, und gehören die Einkünfften dem Fisco oder zur gemeinen Cassa. Dahin gehören L. 6. …
 
  • gemeine Güter,
  • gemeine Schäfferey,
  • gemein
    • Brauhaus,
    • Wirthschafft,
    • Bergwercke,
    • Lichtmeß oder Battsteuer,
    • Pflaster-Zoll,
    • Umgeld,
    • Aufschlag
    • und dergleichen, davon die Nutzung dem gemeinen Wesen zum Besten kommet:
Tit. Cod. …
  Theils gehören nur der Proprietät und Eigenthum nach der Universität, aber des Genusses wegen nehmen alle Gemein-Personen davon ihren Antheil, so daß, wann sie an deren Genuß verhindert werden wollen, sie wider den Hinderer actionem injuriarum anstellen können. Und zu solchen Gemein-Sachen gehören  
 
  • der Marckt-Platz, [1]
  • das Rathhaus,
  • Strassen und Gassen,
  • Kirchen,
  • Spitäler und andere denen Armen und elenden Personen zum Besten gewiedmete Häuser,
  • Stadt-Mauren,
  • Stadt-Brunnen,
  • Wasser-Gänge,
  • Gemein-Gut,
  • Gemein-Holtz etc.
  • und dergleichen Sachen, welche zu eines ieden besondern Nutzen destiniret seynd.
 
L. 2. …
[1] HIS-Data: korrigiert aus: Marck-Platz
  Doch kann die Commun durch ein Statutum, oder gemein Verbot diesen letztern Sachen eine gewisse Maas u. Zeit, wann und wie weit man deren gebrauchen soll, vorschreiben, und muß bey dem Genuß eine Moderation adhibiret, und sich aller Aemulation enthalten, auch der  
  {Sp. 775|S. 401}  
  usus weiter nicht extendiret werden, als die Beschaffenheit einer ieden Person und Vermögens, auch wie viel er sonst dem Publico nutzet an Hand giebt.  
  E.G. ein liederlicher Bürger und Taglöhner braucht nicht so viel Gemein-Holtz, als ein einträglicher mit einem weitläufftigen Haushalten versehener Burger, etc. Ja was diese Gemein-Sachen anlanget, kann sich gar keiner etwas besonders daran anmassen, mithin kan niemand eigenes Gefallens auf Gemein-Platz bauen, Löcher und Fenster durch die Stadt-Mauren brechen, Bäue drauf setzen oder Balcken drauf legen oder einspitzen, oder in genere den Gemein-Nutzen auf einerley Weise hintern und schmälern.
  • L. 2. …
  • de Loss. d.p. …
  Hingegen stehet einem ieden aus der Gemeinde frey, dergleichen von einem Gemein-Glied eigenmächtig vorgenommenen facto zu contradiciren, ein novum opus zu denunciren, und dem Bau zu widersprechen. L. 1. …
  Was aber die erstern Gemein-Sachen betrifft, welche pleno jure zum Patrimonio und Eigen-Herrschafft der Communion gehören, kann eben kein ieder Privatus darinne etwas Bauen, doch auch nichts verbieten, sondern es muß von denjenigen geschehen, welche solchen Gemein-Sachen vorgesetzet seyn, wer auch davon etwas entwendet, wird eines Criminis peculatus schuldig.
Rechtsnachfolge Ob aber schon über diesen Gemein-Gütern, wie gemeldet, die einzelne Personen kein Eigenthum oder Dominium sich anmassen können, jedannoch, wenn ein Casus dabilis wäre, daß die gantze Gemeinde bis auf einem ausstürbe, so könnte dieser letzte über solche Gemein-Güter nach belieben disponiren, selbige vermachen, oder andershin verwenden, wenn nur solche Güter vornehmlich wegen der Gemeinde und iedem insonderheit zu dessen Nutzen und Besten beygeschaffet werden; ein anderes ist es, wo sie wegen eines gemeinschafftlichen Amtes oder Arbeit vor dem gantzen corpore, oder unter andere auszutheilen, zur commun gekommen, massen sodann noch dissolvirten corpore solche Güter dem Obern zufallen.
  • L. 10. de ann. leg.
  • Hahn ad Wes. tit. quod cujusque unio.
Erbschaft Es kan aber eine Universitas so wohl ex testamento als ab intestato succediren: Ja wo kein Erbe sonst vorhanden, so schliesset eine Commun den fiscum ratione successionis aus. L. 3. …
  Welches aber heut zu Tage schwehrlich mehr in usu ist, sondern es werden dergleichen Güter pro bonis vacantibus tractiret.
  • L. 1. …
  • Perez. n. 2.
  • Pereg. de J. Fisc.
  per testamentum aber und anderer gültigen letzten Will-  
  {Sp. 776}  
  lens-Arten, kann noch heut zu Tage, so wohl eine gantze Gemeinde, als ein gewisser Theil derselben succediren, es werde nun die gantze Erbschafft, oder nur ein Theil, oder auch ein legatum vermacht, doch so, daß was einem gantzen corpori, oder einem determinirten Theil, oder denen Bürgern und Einwohnern in genere, oder den Gemein-Vorstehern intuitu der Gemeinde, vermacht ist, der Gemeinde zugehöre. L. 32. …
     

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Stand: 4. Februar 2023 © Hans-Walter Pries