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Ritter-Dienste, Servitia Feudalia. |
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Es ist den
Regeln der Erkänntlichkeit gemäß, daß man demjenigen, von denen
man einige Wohlthaten bekommen, auch wiederum Gefälligkeiten erzeige, und die
Vasallen sich demnach mit
Recht
verbunden, ihren
Lehnsherren, von denen sie ihre
Lehne
haben, allerhand
Arten
Dienste zu leisten, die sie ihnen abfordern, und
diese
Verbindlichkeit ist um desto stärcker, wenn sie auf Verträge zugleich mit
gegründet ist. |
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Nachdem nun die Lehne ihren
Ursprung aus dem
Kriege herleiten, so haben auch
die Lehns-Herren sich bey ihren Vasallen zu einer Lehns-Erkänntlichkeit gewisse
Krieges- oder Ritterdienste ausgemacht, und gründet sich dieses auf die
Longobardischen, Schwäbischen, und Sächsischen
Lehn-Rechte. |
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Es sind auch diese Ritterdienste in der |
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{Sp. 1771|S. 899} |
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Vernunfft mehr gegründet, als einige andere, von dem man bey denen
Lehns-Scribenten hier und da Nachricht findet, da die Vasallen an gewissen Tagen
ihren Lehns-Herren zu
Ehren ein Liedgen absingen, eine Lerche oder einen grünen
Zweig überbringen müssen u.s.w. Ja man findet manchmahl wohl gar, daß einigen
Vasallen vergünstiget worden, die erste Nacht zur Lehns-Erkänntlichkeit mit der
Braut ihres Lehn-Herrns zu Bette zu gehen. |
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Einteilung |
Es sind demnach die Ritterdienste solche
Dienste, welche die Vasallen ihren
Lehn-Herren in Ansehung des ihnen übergebenen Lehnes leisten müssen. Sie werden
eingetheilet in gemeßne und ungemeßne, und muß man deren Beschaffenheit aus den
Lehn-Briefen beurtheilen, und auf den
Ursprung der Lehne und die Beschaffenheit
der Lehns-Personen, seine Absicht richten; Also wird, in den Lehn-Briefen
gesetzt, ob sie das Lehn mit einem, zwey oder drey Ritter-Pferden bedienen
sollen, oder daß einhalb Ritter-Pferd, oder weniger halte, wenn die Lehn-Güter
so geringe, daß sie nicht mehr halten können. So wird auch in den meisten
Lehns-Curien und Lehns-Registraturen bezeichnet, welcher massen der schuldige
Roßdienst zu leisten, ob mit einem halben, gantzen, zwey oder mehr Pferden vom
Lehn zu dienen. |
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Einige theilen Sie ferner ein in die theilbaren und untheilbaren, nachdem
aber dergleichen Dienste im
Thun bestehen, und dieses ordentlicher Weise
untheilbar ist, so kan man nicht absehen, auf was vor
Art diese Dienste möchten
getheilet werden können. |
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Ursprung |
In Ansehung des
Ursprungs der Ritter-Dienste ist es weder nach denen alten
Gebräuchen der Francken, noch der andern
Völcker ungewöhnlich gewesen, daß die
Vasallen ihren Lehns-Herren solche thun müssen. Also gab
Kayser Heinrich der
Erste viel
Äcker an diejenigen als eine Lehns-Wohlthat aus, die die
Gräntzen
wider die feindlichen Anfälle der Barbaren beschützen solten. |
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Das Alemannische Lehn-Recht verordnet, im VIII Capitel |
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§. 1. |
Die Fürsten die In zu Kunig erkohren hant, sind alle schuldig, mit
ihm zu fahrent, und |
§. 2. |
auch sullent alle Fürsten und Frey-Herrn mit
zufahrend, den es geboten wurd, und in |
§. 3. |
Und hett ein Herr Lehn von dem
Kunig oder ein ander Mann, daß des Reiches Gut ist, und hett er das andern
Lütten verliehen, die nöthet der eben wohl mit im zufahrende in des Reiches
Diensten mit Recht. |
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Römer-Zug |
Hieraus ist auch der Römer-Zug entstanden, und gedencket
Wehner
in Observat. Pract. voce Römer-Zug folgendes davon: |
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Es ist der Römer-Zug eine grosse tapffere Hülffe an Deutschen
Kriegs-Volcke zu Roß und Fuß: Reichs-Abschied, zu Worms im Jahr 1521. §. auch
haben uns etc. und auf zwanzig tausend zu Fuß und vier tausend zu Roß auf sechs
Monat angeschlagen, und einem jeden
Stand des Reichs nach Gelegenheit seiner
Güter einer Anzahl, wie viel er zu Roß und Fuß daran schicken, oder von jedem zu
Roß zwölf Gülden, und zu Fuß vier Gülden an Geld erlegen und bezahlen muß,
auferleget. |
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Kriegsdienst |
Dem Lehns-Herrn müssen die Ritter-Dienste geleistet werden, nicht nur, wenn
er von andern mit Krieg überzogen wird, sondern auch, wenn er selbst einem
andern einen Krieg ankündigen will, ob es ein
rechtmäßiges oder unge- |
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{Sp. 1772} |
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rechtes Kriegen sey, darüber muß der Vasall nicht urtheilen, sondern seinen
Lehn-Herren urtheilen lassen, und in einer zweifelhafften Sache seinem Herrn
Gehorsam leisten; ein anders, wenn bey einem Offensiv-Kriege und da ein Herr
seiner Rachgierde gegen den Feind gar kein Ziel setzen solte, seine Offension so
weit fortsetzte, daß er selbst und sein gantz
Land und
Unterthanen darüber zu
Grunde giengen. |
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mehrere Lehnsherren |
Es ist hierbey kein Unterscheid, ob die Ritter-Dienste einem, oder
unterschiedenen Lehns-Herren geleistet werden. Denn da der Vasall von einem
jeden ein besonder Lehn hat, und durch einen besondern Lehns-Contract einem
jeden insonderheit verbunden, also ist er auch einem jeden zu besondern Diensten
verpflichtet. |
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Fügt es sich nun, welches bisweilen gar wohl geschehen kan, daß sie die
Lehns-Dienste alle zu gleicher
Zeit verlangen, so leistet er dem ersten und
ältesten Lehns-Herrn die Dienste in
Person, weil er sich doch nicht zutheilen,
und nicht überall seyn kan, den übrigen aber durch Substituten. Man siehet
hierbey nicht auf die
gegenwärtige Zeit, sondern auf die, da das Lehn erlanget
worden, und wird der Lehn-Herr dessen, dem der erste Acqvirente zuerst den
Lehn-Eyd abgeleget, vorgezogen. Sind aber die Lehns-Herren unter einander selbst
in Streite, so wird der älteste vor allen andern hierbey in Betrachtung gezogen;
Einige meynen, daß den übrigen Lehns-Herren bey diesem Falle Substituirte
zugeschicket werden müsten, welchem aber von vielen widersprochen wird. |
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Ebenmäßig hat es grosse Schwürigkeit, wenn das wahre und Haupt-Eigenthum
unterschiedenen Lehn-Herren zugehöret. Es ist ein Unterschied hierbey zu machen,
ob das Lehn gleich zu Anfange von unterschiedenen besessen worden, oder nur von
einem. Bey jenem Falle und da der Lehnmann nach seinem eigenen
Willen
unterschiedene Lehns-Herren bekommen, und von ihnen allen Nachricht gehabt, so
muß er auch ihnen allen zugleich, nach richterlicher Ermäßigung, die Dienste
leisten. Wenn sie sich aber nachgehends getheilt, so kan der Vasall nicht allen
zugleich dienen, sondern es muß dieses entweder durchs Loos ausgemacht werden,
oder sie mögen sich disfalls selbst unter einander vergleichen. |
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Wiederkauf, Standesunterschied u.a. |
Vor den Lehns-Herrn, dem die Ritterdienste zu leisten, wird auch der
gehalten, der das Lehn-Gut wiederkäufflich erlangt, oder mit der clausula
legis Commissoriae; auf die Art und Weise, wie einer das Lehn hat, kommt es
nicht an, wenn ihm nur das
Dominum directum zustehet; so thut auch
nichts bey der Sache, ob der Vasall und der Lehns-Herr einander gleich, oder ob
der Vasall an Würden und
Stande viel höher oder geringer, als ein Lehn-Herr. |
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Also recognosciret der König in Dännemarck das Lehn von dem Hause
Braunschweig-Lüneburg, der Deutsche Ordensmeister von dem Bischoffe zu
Würtzburg, der
Churfürst zu Sachsen bei dem Bischoffe zu Bamberg. |
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Bes. König Wentzels Lehn-Revers wegen Dreßden dem Stifft
Meissen gegeben, im Jahre 1300 p. 11. Beschreibung und Vorstellung
Dreßden. Tit. I. Lit. M. p. 161. ingleichen die Gräfliche
Stollbergische Deduction wegen Königstein etc. in Beyla- |
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{Sp. 1773|S. 900} |
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gen, n. 33, 34, allwo der Lehn-Herr den Vasallen seinen
gnädigen
Herrn nennt: Ob es nun wohl an und vor sich selbst richtig ist, daß der Vasall
auf Erfordern des Lehn-Herrn, wenn er auch schon weit höher seyn solte, als der
Lehns-Herr, demselben mit Ritterdiensten Beystand leisten muß, so pfleget doch
solches gar selten zu geschehen. |
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Es ließ daher im Jahre 1621 der Landgraf zu Hessen Mauritz
an den Bischoff zu Würtzburg, als er wieder den Mannsfelder Ritterdienste von
ihm verlangte, folgende Antwort ertheilen: Wir haben in unsern
Reposituren zu Cassel mit allem Fleiß nachsuchen lassen, es befindet sich aber
gar nicht, daß wir, oder unsere Vor-Eltern, mit dergleichen Begehren von dem
Bischoffe zu Würtzburg jemahls angelanget worden. |
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Lehnsherrin |
Wenn eine
Weibs-Person die Lehns-Herrschaft hat, so möchte es zwar scheinen,
als ob derselben keine Ritterdienste zu leisten, weil die Lehns-Gebräuche blos
aus den Kriegen ihren
Ursprung ableiten, inzwischen ist es doch richtig, daß
auch derselben dergleichen zu leisten, und fehlet es in
Europa im geringsten
nicht an solchen hohen
Standes-Personen
weiblichen Geschlechts, die zu Führung
der Kriege der Ritterdienste so wohl benöthiget, als die
Manns-Personen. |
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Also hat die Königin in Engelland Anna den Hertzog von
Marlborough zur Erkänntlichkeit, daß er sich in der wider die Frantzosen bey
Höchstädt geliefferten Schlacht so hervor gethan, und zugleich dem
Großbritannischen Reiche einen ungemeinen Ruhm zu wege gebracht, mit der
Herrschaft Woodstock
belehnet, und zwar mit dem Bedinge, daß er und alle seine
Nachkommen zum Andencken dieser so herrlich befochtenen Schlacht allezeit den 13
August, dem Könige in Engelland zur Lehns-Erkänntniß eine weisse Fahne mit drey
goldenen Lilien überbringen solten. |
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andere Lehnsherren |
Dieses ist ebenmäßig von
Bischöffen,
Städten, gantzen
Gemeinden und andern
dergleichen Personen zu
verstehen. In Ansehung der
Reichs-Städte hat es seine
Richtigkeit, daß dieselben Lehne austheilen und Ritterdienste abfordern können.
Wegen der Bischöffe darff man ebenfalls nicht zweiffeln, sintemahl von alten und
langen Zeiten her, die beständige Observantz gewesen, daß sie wegen ihrer
geistlichen
Regalien ihre Vasallen wieder den Feind ausgeführet, und ihre
Lehn-Männer ihnen so wohl Gehorsam leisten müssen, als den
weltlichen
Lehns-Herren. |
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Dienstunfähigkeit |
Die Vasallen sind zu Abstattung der Ritter- und Lehn-Dienste so verbunden,
daß auch nicht einmahl diejenigen, die zu den Lehns-Diensten untüchtig sind, vor
fähig geachtet werden, in den Lehn-Güthern zu folgen. |
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Braunschweig-Lüneburg |
Besiehe die
Einrichtung Hertzogs Julii zu Braunschweig-Lüneburg vom Jahre 1588 den
20 November unter dem Titel: Offen Ausschreiben an alle Lehn-Leute und
Ritterschafft, daß sie nicht meer auf Gütschen, sondern mit ihrem Reisigen Zeuge
zum Hofe kommen, und ihren Roß-Diensten verrichten sollen; es ist dieselbe in
die Fürstliche Braunschweigische Hof-Gerichts-Ordnung eingetragen, und ist
sonderlich folgende Stelle daraus zu mercken: |
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Als wir aus denen alten Historien und verlauffenen gar Ritter- ehr- |
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{Sp. 1774} |
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und rühmlichen Geschichten uns zu erinnern, auch selbst in
Erfahrung haben, wy hiebevor dy lieben, beständigen, kecken, freudigen
Deutschen, wegen ihrer männlichen Tugend, Redlich- Tapffer- Erbar- und
Standhafftigkeit by allen Nationen dermassen berühmt gewesen, daß dieselben
nicht allein in Kriegs-Läufften herfür gezogen, sondern auch mit ihrer Zuthat in
dem Heiligen Römischen Reiche teutscher Nation dem geliebten
Vaterlande tapffere
und sehr kühne Thaten verrichtet, und insonderheit dieses Landes Leute ihrer
Rüstung und Mannheit halber nicht allein bey Lebzeiten, weyland der
Hochgebohrnen Fürsten, Herren Erichen des Ältern, und Herrn Heinrichs des
Jüngern, beyderseits Hertzogen zu Braunschweig-Lüneburg etc. Unserer
freundlichen lieben Vettern und Herren Vaters hochlöblicher Christmildester
Gedächtniß, beyde inn- und ausserhalb des Reiches, sondern auch unter andern
inn- und ausländischen Potentaten den Ruhm erlangt, daß andere fremde Nationen
dieselben gerne by sich gehabt, ihre Rüstung gelobet, und sich derselben
conjungirt etc. |
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Als wollen und befehlen Wir hiermit Euch, allen und jeden
wohl und obgemeldeten unsern Lehn -Leuten, Dienern und Verwandten, was Würden
oder Standes sie seyn in Gnaden ernstlich, daß yr und ein jeder unser
Angehörigen mit viel rüstigen Pferden, als er vermöge seiner Lehn und Verwandniß
uns zu dienen schuldig und pflichtig, jederzeit in guter Bereitschafft sitze,
wohlversuchte, geübte, erfahrne, Wegkundige
Knechte bey sich habe, dergleichen
so viel möglich mit blancker stählener Rüstung und gestählten Sätteln, davon
zwey Feuer-Rohr mit eisernen Blech-Laden, und schmalen Anschlägen irgends zu
eindrächtigen vierthalben Quentgen schweren Kugeln und zugerichteten Patronen,
oder mit andern dergleichen unsträfflichen Rüstungen, wie auch Spiessen und
Haupt-Harnischen, unsern, uns von hochgedachten unsern freundlich lieben Vettern
geerbten und Tapfferkeit nach, damit I.L.L. sich bey Kayser und Königen, auch
für sich selbst, wy männiglich kundbar, gefaßt und bereit haben finden lassen,
bey uns auf Erfordern sich einstellen könne. |
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Besitzer des Lehns |
Die Lehns-Dienste gehen nicht allezeit auf alle Besitzer des Lehns, sondern
es geschicht bisweilen, daß der eine, der die Nutzungen aus dem Lehn-Gute zühet,
frey davon bleibet, der andere aber, dem das
Dominium utile zustehet,
zu Leistung der Ritterdienste verbunden. Ist das Lehn-Gut verkaufft, so darff
nicht der Käuffer solche leisten, bis die
Belehnung des andern Vasallen erfolgt.
Bei einem verpfändeten Lehn dürffen solche nicht des Vasallen Creditores,
sondern Schuldner ablegen, ob auch schon die Immißion in das Gut erfolget, bis
einem Fremden das Lehn zugeschlagen. |
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Eine gleiche Beschaffenheit hat es mit einem
Erb-Zinsmanne, dem das Lehn mit
Einwilligung des Lehn-Herrn von dem Vasallen als ein Erb-Zins übergeben worden,
oder mit einer
Frau in Ansehung des Dotalitii. Alle diese legen die
Ritter-Dienste nicht ab, sondern die Vasallen sind zu den Leistungen
verpflichtet. |
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Substitution |
Daß die Fehler und Gebrechen des
Leibes und des Ge- |
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{Sp. 1775|S. 901} |
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müthes, die den Vasallen überhaupt an Leistung der Dienste verhindern, auch
einen Vasallen von Ablegung der Ritterdienste entschuldigen, lehret sich von
selbst. Hieher gehöret, wenn der Vasall entweder von so hohem Alter, oder von
einer so kräncklichen und schwächlichen Leibes-Constitution, daß er seinen
eigenen
Sachen selbst nicht vorzustehen
geschickt, oder wenn er rasend, oder
blind und taub ist; Bey diesen Fällen können sie zwar ihre Dienste in
Person
nicht abtragen, sie müssen aber nichts desto weniger Substituten schicken. |
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Besitzt ein
Geistliche Herr, oder eine
Weibs-Person ein Lehn, das dienstbar
ist, so müssen sie entweder dem Lehns-Herrn eine annehmliche Person schicken,
oder sich sonst, wegen der Dienste, mit dem Lehns-Herrn abfinden. |
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nicht gegen den Kaiser |
Ob nun schon die Ritterdienste auf
Befehl des Lehns-Herrn wider einen jeden
zu leisten, so wird doch nicht
unbillig derjenige, dem die oberste Gewalt
zustehet, ausgenommen: Es ist zwar diese
Veränderung der Lehn-Rechte aus Italien
herkommen, sie kan aber doch gar wohl auf Deutschland mit angebracht werden.
Also sind die Vasallen der
Reichs-Fürsten
nicht schuldig wider das Ober-Haupt
der Christenheit, als wider Ihro Römische
Kayserliche Majestät, die Waffen zu
ergreiffen; Es beruhet dieses nicht so wohl auf den
Grund des Longobardischen
Lehn-Rechts, welches in
Deutschland angenommen worden, als vielmehr auf unsere
Deutschen Reichs-Grund-Gesetze, welche erfordern, daß man vor das Ober-Haupt
gehörige Reverentz und Hochachtung haben soll. Handelt nun einen Vasall
hierwider, so wird er des
Verbrechens der beleidigten Majestät schuldig. |
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Ritter-Güter |
Von diesen Ritterdiensten leitet die Benennung der
Ritter-Güter in
Deutschland ihren Ursprung. Damit die adelichen Vasallen desto mehr angetrieben
würden, ihren Herren und
Vaterlandes im Kriege ersprießliche Dienste zu leisten,
so sind ihnen desfalls gewisse Lehn-Güter eingeräumt, und solche von andern
gemeinen bürgerlichen Lasten und
Beschwerungen befreyet, und davor mit den
Ritter-Pferden beleget worden. |
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Veränderungen des Lehens |
Bey der
Frage: ob die Ritterdienste, nachdem das
Lehn vermehret oder
verringert worden, auch zu vermehren oder zu verringern sind? machen die
Rechts-Lehrer einen
Unterscheid, ob die
Dienste bestimmet sind, und ob
natürlicher Weise ein Zusatz geschehen, und alsdenn kan der
Lehns-Herr über die
ihm
schuldigen Dienste von den Vasallen nichts weiter fordern. Geschicht eine
Verbesserung und Zusatz durch Zuthun des Lehn-Herrn, oder Vasallen, oder
Verjährung, so
muß man auf die verglichenen Verträge sehen.
Ordentlicher Weise
vermuthet man keine Neuerungen, sondern diejenigen Dienste, wie sie bishero
geleistet worden, werden blos
verstanden, bis ein anders durch neue Verträge
ausgemacht worden. |
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Die unbestimmten Dienste, denen weder im Lehn-Briefe, noch durch die
Lehns-Matriculn oder Lehns-Observantzen Ziel und Masse gesetzt wird, werden so
offt vermehrt, als bey dem Lehn-Gute entweder durch die
Natur, oder Zuthun eines
Menschen bey dem Lehn eine Vermehrung geschicht. |
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Zeit |
Die Ritterdienste sind nicht al- |
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{Sp. 1776} |
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lein zu
Kriegs-Zeiten zu leisten, sondern auch zu
Friedens-Zeiten, so offt
als etwan einige Gefahr vorhanden, bisweilen auch wohl blos zum Staat. Ein
Exempel von dergleichen haben wir in den alten Zeiten an dem so genannten
Römer-Zug, da die Deutschen Reichs-Vasallen mit dem Kaysern nach Rom zühen
musten, theils wegen einiger Gefährlichkeiten, die dem Kayser auf der Reise
hätten zustossen können, theils ihm einen besonderen Staat zu wege zu bringen. |
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Kosten |
Auf wessen Unkosten die Vasallen ihre Ritterdienste leisten sollen, ist
unter den
Lehrern des Lehn-Rechts nicht recht ausgemacht. Am sichersten ist,
wenn man hierbey zuerst die Lehn-Briefe in Betrachtung zühet, und wenn in
denselben nichts besonders ausgemacht, siehet man auf das
Herkommen und die
Gewohnheit eines jeden Landes. Sonst ist am billigsten, daß der Lehns-Herr die
Unkosten hierzu hergiebt, zumahl wenn der Zug und die Dienste ausser Landes
geschehen. |
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Nach den Sächsischen Land-Rechten und dessen IV
Artickel dient
einen Vasall seinem Herrn nicht über sechs Wochen auf seine Unkosten. Mit diesen
stimmt das VII Capitel des Allemannischen Lehn-Rechts überein. So soll
nach der Observantz angenommen seyn, daß der Herr seinen Lehn-Leuten, wenn sie
bey ihm ankommen, und mit ihm zühen, Futter, Mahl und Hufschlag giebet. |
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Waffen |
Bisweilen wird in Lehn-Briefen ausgedrücket, mit was vor Waffen der Vasall
ausgerüstet seyn soll, und wird auch in diesem Stücke in den Lehn-Registern,
Lehn-Urkunden und Büchern benennet, was einem Vasall obliege. |
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Anforderung |
Eine Formel einer
solennen Requisition zu den Ritterdiensten ist folgende: |
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Weil sich die Gefahr im heiligen Römischen Reiche von Tage zu
Tage besorglicher anläßt, indem allerhand gefährliche Bewegungen und
Krieges-Empörungen sich hin und wieder ereignen, also daß wir unumgänglich
verursacht und bewogen werden, unsere Sachen in gute Obacht zu nehmen, und auf
Mittel und Wege zu dencken, wie wir und unsere Lande und Leute, so viel möglich,
vor unbilliger und unverschuldeten Gewalt, vermittelst des Allmächtigen gnädiger
Verleihung, versichert seyn und bleiben möchten; |
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Als Begehren wir vor uns und die Hochgebohrnen Fürsten,
unsere freundlich geliebten Brüder, Herren N.N. ihr wollet euch vermöge eurer
Pflicht mit den Pferden und Knechten mit uns und genannten unseren geliebten
Brüdern, auch unsern freundlichen lieben Vettern etc. ihr zu dienen schuldig,
also und dergestalt gefast machen, daß ihr auf ferner unser Zuschreiben an dem
Orte, dahin wir euch erfordern mögen, bey Tag und Nacht ohne Aussenbleiben
erscheinet, und euch hieran nichts als
GOttes Gewalt hindern lasset. |
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NB. Im Fall ihr aber durch Leibesungelegenheit davon
abgehalten würdet, nichts desto weniger eine solche Person, damit wir zufrieden
seyn können, an eure Statt, sammt zugehörigen Knechten und Pferden ohnfehlbar
schicket, und solches nicht anders haltet. Daran geschiehet unsere zuverläßige,
gäntzliche und zufällige
Meynung. |
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Gehorsam |
Der
Gehorsam, den die Vasallen ihren Lehenherren erzeigen, und mit den sie
ihn nach ih- |
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{Sp. 1777|S. 902} |
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rem
Vermögen beehren, wird bey denen Italiänern Cavalcata genennt, und
begreifft aller
Arten der Lehns- oder Ritterdienste unter sich, nicht allein
diejenigen, die sie ihm im Kriege, sondern auch, die sie ihm an Aufwartung zu
Friedenszeit erzeigen. |
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Lösegeld |
Ob ein Lehnsherr verbunden, seinen Vasallen, wenn er von dem Feinde gefangen
worden, zu rantzioniren, ist bey den Lehrern des Lehnrechts nicht recht
ausgemacht. In der Glossa des alten
Lehnrechts ist enthalten, wenn der Herr
seinem
Manne gelobet für
Schaden zu stehen, dieweil er an seinem Dienst ist, und
der
Mann würde gefangen, wie hoch solte der Herr denen man lösen? Antw. daß man
ihn schätzen und lösen soll, nicht nach des Herrn, sondern nach des
Mannes
Vermögen. |
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Erstattung von Verlusten |
Das Sächsische Lehnrechts scheinet auch dahin sich zu neigen, daß der
Lehnsherr verbunden seyn solte, die Wiedererstattung dessen zu thun, was der
Vasall in dem Dienste seines Lehnherren verlohren, nach dem IV Capitel
des Lehnrechts. Wenn der Mann ein Pferd oder etwas anders seines Gutes in seines
Herrn Dienst verlohren, dass ihm noch nicht wieder vergolten ist, die Weile ist
er nicht schuldig seinem Herrn zu dienen, noch ihm Lehnrechts zu pflegen. |
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Ritterpferde |
Der Anschlag der Ritterpferde ist unterschieden, und kan man nichts gewisses
hiervon
sagen. In
Sachsen ist der Ritterpferddienst vor tausend Gülden
angeschlagen, dgl. in der
Marck-Brandenburg, und werden bey dem Anschlage
allezeit tausend Gülden vor das Ritterpferd abgezogen. |
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Geldleistung |
Ist die Beschaffenheit des Lehns so
geartet, daß entweder die Ritterdienste
müssen abgestattet, oder Geld davor bezahlet werden, so stehet die Wahl davon
bey dem Vasall, denn es hat sich es der Lehnherr selbst zuzuschreiben, daß er
ihn mit diesen Bedingungen zum Lehn gelassen, und sich nichts deutliches
pacisciren lassen. |
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Veränderung der Lehngüter |
Ob ein Lehnsherr in Deutschland berechtiget sey, die Beschaffenheit der
Lehngüter gantz und gar zu verändern, ist eine Frage, die man hier nicht
entscheiden kan. |
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früherer Zustand |
So viel ist gewiß, daß es mit dem Ritterlehn in den vorigen
Zeiten gantz
eine andere Beschaffenheit hatte, als in den heutigen. Es wurden diese Lehnen,
Kriegeslehnen, oder Feuda militaria genennet, die Vasallen nennten sich
nobiles militares oder serves nobiles, Landes- oder
Kriegesknechte, es muste ein jeder unter ihnen sein Lehnpferd, Küras, Feldbette,
Kessel, Gezelte, Kriegesgeräthe, Reitknechte Tag vor Tag halten, sie musten alle
Tage zum Aufsitzen und Marschiren fertig seyn, sie musten sich im Felde zu Roß,
so offt als die Ritter-Hauptleute wolten, üben und mustern lassen, sie genossen
statt ihres Monathsoldes ihre Lehn- und
Rittergüter, und dasjenige Land hieß das
mächtigste, wo eine starcke Ritterschafft, das ist eine zahlreiche Reuterey,
war. So offt der Lehnsherr wolte, musten sie sich auf dem Turnier einfinden, und
auf demselben die Probe von ihrer Tapfferkeit und
Geschicklichkeit sehen lassen. |
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heute |
Heutiges Tages aber ist man ziemlich hiervon abkommen. Viele von dem
Edelleuten bekümmern sich so wenig um die Lehnpferde, als um die Rüstung, und
das Geräthe zu Felde, sie gedencken nicht, sich zum Kriege
geschickt zu machen,
sondern sie sitzen ru- |
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{Sp. 1778} |
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hig auf ihren Lehngütern, essen und trincken, es würde den wenigsten
anstehen, wenn sie als Kriegesleute in ihren Ritterdiensten nur ein mal
aufgeboten würden, und wider den Feind zu Felde zühen solten. |
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Erbfall |
Bey einer Lehnsvererbung sind die Pacta Conventa, die Vergleiche und die
Reversalien eines Landes-Herrn, die er bey Antritt seiner Regierung mit seinen
Ständen aufgerichtet, und gegen sie ausgestellt, und die
Reichsfundamental-Gesetze in Betrachtung zu zühen; Kan eine Lehnsvererbung
geschehen mit sämmtlicher Einwilligung der Vasallen, der Obern, daferne einige
bey manchen Umständen hierinnen etwas zu
sagen haben, und daß dem Drittmanne an
seinen Rechten nichts präjudiciret werde, so kan eine solche Lehns-Vererbung von
dem
Landes-Herrn gar wohl unternommen werden. |
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Donativ- oder Präsentgelder |
Mit den Ritterpferdgeldern haben auch die so genannten Donativ- oder
Präsentgelder einige Verwandtschafft, die in Ansehung der Lehn- und Rittergüter
entrichtet werden. Sie werden nicht nach denen Ritterhufen eingerichtet, weil
sie nicht als eine Beschwerniß auf den Lehngütern hafften, als welche von andern
Prästationen frey sind, sondern auf den
Landtägen von denen
Ständen besonders
bewilliget. |
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Sie werden mehrentheils mit folgender Formul dem Landes-Herrn angetragen: |
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Damit auch Euere Churfürstliche Durchlauchtigkeit gnädigst zu
vermercken, wie wir die von der Ritterschafft vor uns etwas absonderliches
hierbey zu thun, und Eurer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit gehorsamst
beyzuspringen willigst seyn, so erklären wir uns aus treuer Devotion und
unterthänigst dahin, Eurer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit, als ein Donativ-
oder Präsent 200000 Gülden von unsern Lehn- und Ritter-Gütern unterthänigst zu
entrichten, und daß von Eurer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit angekaufften
Rittergütern ebner gestalt der gebührende Antheil hierzu abgestattet werde,
dermassen einzubringen, daß es auf vorher benannte drey Termine als Jacobi und
Martini ietztlauffenden, und auf Lichtmeß zukünfftigen Jahres eingebracht, und
ferner an gehörigen Ort vergnüget werden soll. |
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Hierauf erfolget nachstehende Annehmung und Bekräfftigung des Landes-Herrn. |
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So wohl unsere getreue Ritterschafft noch hierüber
absonderlich zu desto mehrer Remonstrirung ihrer unterthänigsten Devotion von
den Lehn- und Rittergütern 200000 Gülden zum freywilligen Donativ und
Präsentgeld, gleich Falls auf obberührte drey Termine abzutragen, zu ebenmäßigen
Effect, und daß solches zu beyderseits zu nichts anders, als zu dieser
hochnothwendigen bedachten Vertheidigungs-Verfassung angewendet werden soll,
unterthänigst bewilliget. Solche allerseits geschehene unterthänigste
Bewilligung und freywilliges Geschenck lassen wir uns gnädigst gefallen. |
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Damit nun manche von diesen und anderen dergleichen ausserordentlichen
Bewilligungen in Zukunfft nicht etwa zu gewissen und ordentlichen Beschwernissen
ausschlagen mögen, so ist eine
Regel vor die Stände, daß sie sich desfalls auf
eine glimpffliche und bescheidener Art bey ihrem Landes-Herrn mit Versicherungen
verwahren, und in |
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{Sp. 1779|S. 903} |
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geziemenden Termins-Reversalien ausbitten. Welche sie denn auch von denen
Landes-Herren, die vor das Wohlseyn ihrer Unterthanen besorget, und keine
Neuerungen einzuführen gesonnen, auf folgende Art erhalten. |
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Demnach wir unsere getreuen Landschafft von Prälaten,
Ritterschafft und Ständen, in unseren heutiges publicirten Abschiede die
gewöhnlichen Reversales auszuantworten gnädigst versprochen. Als gereden und
versprechen wir uns, hierdurch denselben sammt und sonders, daß diese ihre
allerseits unterthänige Bewilligung und treuhertzige wohlgemeynte Gutwilligkeit
ihnen, auch ihren Erben und Nachkommen, zu keiner Erbpflicht, verfänglicher
Neuerung oder Nachtheil ihrer wohlhergebrachten Gerechtsame gereichen und
gedeyhen soll. Sondern wir sind vielmehr des gnädigsten Erbietens, sie bey ihren
Gerechtigkeiten und
Freyheiten gnädigst zu schützen und zu handhaben, ingleichen
die jetzo unterthänigst verwilligten Steuern zu keinem anderen Ende, als worzu
sie eigentlich gewidmet und eingesetzt, zu gebrauchen. |
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Folgende Reversalien, die ein gewisser hoher
Stand des Reichs im Jahr 1670
seinen Land Ständen ertheilet, sind gar merckwürdig: |
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Als haben wir solche ihre getreue Gutwilligkeit zu besondern
gnädigsten Gefallen auf- und angenommen, und dieweil unser Gemüth und
Meynung
gar nicht ist, daß diese und dergleichen Gutwilligkeit gemeldeter unserer
getreuen Landschaft zu einigen
Nachtheil oder
schädlichen Einführung gereichen
soll; |
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So thun wir vor uns und allerseits Erben und Nachkommen
Krafft dieses unsers Briefs zusagen und versprechen, daß wir uns obberührter
bewilligten Hülffe nicht vor Recht noch Pflicht, oder als erblich anmassen
wollen, daß auch solche ihre Bewilligung ihnen und ihren Nachkommen an, allen
ihren Freyheiten, Verschreibungen, Übungen und Gewohnheiten, welche wir hiermit
nochmals bestätigen, und denselben, auch allen von unsern löblichen Vorfahren
ertheilten Reversalien und ergangenen Landtages-Handlungen, Resolutionen,
Landtags-Abschieden und beschehenen Versicherungen in allen Puncten, und
Clauseln nachzuleben, versprechen, gar keinen Schaden, Verminderung, oder
Abbruch gebähren, und bringen soll, sondern wir und unsere Erben und Nachkommen
sollen und wollen mittlerzeit, so lange diese Steuer stehet, auch sonst und nach
Endigung derselben, ausser ihrer freyen gutwilligen Beliebung, und ohne
sonderliche hochdringende Landesnoth hinfürter zu keiner
Zeit keine Hülffe,
Steuer, oder einige andere Auflage auf unsere Landschaft legen, vielweniger ein
mehrers an Land-Tranck oder andern Steuer, noch auch Verpflegungsgelder der
Guarnisonen, oder andern, wie solches Namen haben mag, ausschreiben, als wie es
bewilliget, oder der Abschied vermag, auch solches zu andern als deren von
unserer getreuen Landschafft beraumten Fristen nicht einbringen lassen, am
allerwenigsten aber durch militarische oder andere Execution dasjenige, was
nicht bewilliget, einzutreiben, uns von einigen Menschen bewegen lassen, und ob
solches von ihnen abgeschlagen würde, oder sie sich dazu nicht verstehen wolten,
so solten Sie damit wieder ihren Eyd und Pflicht nicht gehandelt haben, noch
ihnen, |
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{Sp. 1780} |
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oder den ihrigen zu einiger Ungnade gereichen. Zu Urkund
dessen sind gegenwärtige Reversalien etc. |
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