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Zedler: Ritter-Dienste HIS-Data
5028-31-1770-6
Titel: Ritter-Dienste
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 31 Sp. 1770
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 31 S. 898
Vorheriger Artikel: Ritter-Creutz
Folgender Artikel: Ritter-Eyd
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

Stichworte Text  
  Ritter-Dienste, Servitia Feudalia.  
  Es ist den Regeln der Erkänntlichkeit gemäß, daß man demjenigen, von denen man einige Wohlthaten bekommen, auch wiederum Gefälligkeiten erzeige, und die Vasallen sich demnach mit Recht verbunden, ihren Lehnsherren, von denen sie ihre Lehne haben, allerhand Arten Dienste zu leisten, die sie ihnen abfordern, und diese Verbindlichkeit ist um desto stärcker, wenn sie auf Verträge zugleich mit gegründet ist.  
  Nachdem nun die Lehne ihren Ursprung aus dem Kriege herleiten, so haben auch die Lehns-Herren sich bey ihren Vasallen zu einer Lehns-Erkänntlichkeit gewisse Krieges- oder Ritterdienste ausgemacht, und gründet sich dieses auf die Longobardischen, Schwäbischen, und Sächsischen Lehn-Rechte.  
  Es sind auch diese Ritterdienste in der  
  {Sp. 1771|S. 899}  
  Vernunfft mehr gegründet, als einige andere, von dem man bey denen Lehns-Scribenten hier und da Nachricht findet, da die Vasallen an gewissen Tagen ihren Lehns-Herren zu Ehren ein Liedgen absingen, eine Lerche oder einen grünen Zweig überbringen müssen u.s.w. Ja man findet manchmahl wohl gar, daß einigen Vasallen vergünstiget worden, die erste Nacht zur Lehns-Erkänntlichkeit mit der Braut ihres Lehn-Herrns zu Bette zu gehen.  
Einteilung Es sind demnach die Ritterdienste solche Dienste, welche die Vasallen ihren Lehn-Herren in Ansehung des ihnen übergebenen Lehnes leisten müssen. Sie werden eingetheilet in gemeßne und ungemeßne, und muß man deren Beschaffenheit aus den Lehn-Briefen beurtheilen, und auf den Ursprung der Lehne und die Beschaffenheit der Lehns-Personen, seine Absicht richten; Also wird, in den Lehn-Briefen gesetzt, ob sie das Lehn mit einem, zwey oder drey Ritter-Pferden bedienen sollen, oder daß einhalb Ritter-Pferd, oder weniger halte, wenn die Lehn-Güter so geringe, daß sie nicht mehr halten können. So wird auch in den meisten Lehns-Curien und Lehns-Registraturen bezeichnet, welcher massen der schuldige Roßdienst zu leisten, ob mit einem halben, gantzen, zwey oder mehr Pferden vom Lehn zu dienen.  
  Einige theilen Sie ferner ein in die theilbaren und untheilbaren, nachdem aber dergleichen Dienste im Thun bestehen, und dieses ordentlicher Weise untheilbar ist, so kan man nicht absehen, auf was vor Art diese Dienste möchten getheilet werden können.  
Ursprung In Ansehung des Ursprungs der Ritter-Dienste ist es weder nach denen alten Gebräuchen der Francken, noch der andern Völcker ungewöhnlich gewesen, daß die Vasallen ihren Lehns-Herren solche thun müssen. Also gab Kayser Heinrich der Erste viel Äcker an diejenigen als eine Lehns-Wohlthat aus, die die Gräntzen wider die feindlichen Anfälle der Barbaren beschützen solten.  
  Das Alemannische Lehn-Recht verordnet, im VIII Capitel  
 
§. 1. Die Fürsten die In zu Kunig erkohren hant, sind alle schuldig, mit ihm zu fahrent, und
§. 2. auch sullent alle Fürsten und Frey-Herrn mit zufahrend, den es geboten wurd, und in
§. 3. Und hett ein Herr Lehn von dem Kunig oder ein ander Mann, daß des Reiches Gut ist, und hett er das andern Lütten verliehen, die nöthet der eben wohl mit im zufahrende in des Reiches Diensten mit Recht.
 
Römer-Zug Hieraus ist auch der Römer-Zug entstanden, und gedencket Wehner in Observat. Pract. voce Römer-Zug folgendes davon:  
  Es ist der Römer-Zug eine grosse tapffere Hülffe an Deutschen Kriegs-Volcke zu Roß und Fuß: Reichs-Abschied, zu Worms im Jahr 1521. §. auch haben uns etc. und auf zwanzig tausend zu Fuß und vier tausend zu Roß auf sechs Monat angeschlagen, und einem jeden Stand des Reichs nach Gelegenheit seiner Güter einer Anzahl, wie viel er zu Roß und Fuß daran schicken, oder von jedem zu Roß zwölf Gülden, und zu Fuß vier Gülden an Geld erlegen und bezahlen muß, auferleget.  
Kriegsdienst Dem Lehns-Herrn müssen die Ritter-Dienste geleistet werden, nicht nur, wenn er von andern mit Krieg überzogen wird, sondern auch, wenn er selbst einem andern einen Krieg ankündigen will, ob es ein rechtmäßiges oder unge-  
  {Sp. 1772}  
  rechtes Kriegen sey, darüber muß der Vasall nicht urtheilen, sondern seinen Lehn-Herren urtheilen lassen, und in einer zweifelhafften Sache seinem Herrn Gehorsam leisten; ein anders, wenn bey einem Offensiv-Kriege und da ein Herr seiner Rachgierde gegen den Feind gar kein Ziel setzen solte, seine Offension so weit fortsetzte, daß er selbst und sein gantz Land und Unterthanen darüber zu Grunde giengen.  
mehrere Lehnsherren Es ist hierbey kein Unterscheid, ob die Ritter-Dienste einem, oder unterschiedenen Lehns-Herren geleistet werden. Denn da der Vasall von einem jeden ein besonder Lehn hat, und durch einen besondern Lehns-Contract einem jeden insonderheit verbunden, also ist er auch einem jeden zu besondern Diensten verpflichtet.  
  Fügt es sich nun, welches bisweilen gar wohl geschehen kan, daß sie die Lehns-Dienste alle zu gleicher Zeit verlangen, so leistet er dem ersten und ältesten Lehns-Herrn die Dienste in Person, weil er sich doch nicht zutheilen, und nicht überall seyn kan, den übrigen aber durch Substituten. Man siehet hierbey nicht auf die gegenwärtige Zeit, sondern auf die, da das Lehn erlanget worden, und wird der Lehn-Herr dessen, dem der erste Acqvirente zuerst den Lehn-Eyd abgeleget, vorgezogen. Sind aber die Lehns-Herren unter einander selbst in Streite, so wird der älteste vor allen andern hierbey in Betrachtung gezogen; Einige meynen, daß den übrigen Lehns-Herren bey diesem Falle Substituirte zugeschicket werden müsten, welchem aber von vielen widersprochen wird.  
  Ebenmäßig hat es grosse Schwürigkeit, wenn das wahre und Haupt-Eigenthum unterschiedenen Lehn-Herren zugehöret. Es ist ein Unterschied hierbey zu machen, ob das Lehn gleich zu Anfange von unterschiedenen besessen worden, oder nur von einem. Bey jenem Falle und da der Lehnmann nach seinem eigenen Willen unterschiedene Lehns-Herren bekommen, und von ihnen allen Nachricht gehabt, so muß er auch ihnen allen zugleich, nach richterlicher Ermäßigung, die Dienste leisten. Wenn sie sich aber nachgehends getheilt, so kan der Vasall nicht allen zugleich dienen, sondern es muß dieses entweder durchs Loos ausgemacht werden, oder sie mögen sich disfalls selbst unter einander vergleichen.  
Wiederkauf, Standesunterschied u.a. Vor den Lehns-Herrn, dem die Ritterdienste zu leisten, wird auch der gehalten, der das Lehn-Gut wiederkäufflich erlangt, oder mit der clausula legis Commissoriae; auf die Art und Weise, wie einer das Lehn hat, kommt es nicht an, wenn ihm nur das Dominum directum zustehet; so thut auch nichts bey der Sache, ob der Vasall und der Lehns-Herr einander gleich, oder ob der Vasall an Würden und Stande viel höher oder geringer, als ein Lehn-Herr.  
  Also recognosciret der König in Dännemarck das Lehn von dem Hause Braunschweig-Lüneburg, der Deutsche Ordensmeister von dem Bischoffe zu Würtzburg, der Churfürst zu Sachsen bei dem Bischoffe zu Bamberg.  
  Bes. König Wentzels Lehn-Revers wegen Dreßden dem Stifft Meissen gegeben, im Jahre 1300 p. 11. Beschreibung und Vorstellung Dreßden. Tit. I. Lit. M. p. 161. ingleichen die Gräfliche Stollbergische Deduction wegen Königstein etc. in Beyla-  
  {Sp. 1773|S. 900}  
  gen, n. 33, 34, allwo der Lehn-Herr den Vasallen seinen gnädigen Herrn nennt: Ob es nun wohl an und vor sich selbst richtig ist, daß der Vasall auf Erfordern des Lehn-Herrn, wenn er auch schon weit höher seyn solte, als der Lehns-Herr, demselben mit Ritterdiensten Beystand leisten muß, so pfleget doch solches gar selten zu geschehen.  
  Es ließ daher im Jahre 1621 der Landgraf zu Hessen Mauritz an den Bischoff zu Würtzburg, als er wieder den Mannsfelder Ritterdienste von ihm verlangte, folgende Antwort ertheilen: Wir haben in unsern Reposituren zu Cassel mit allem Fleiß nachsuchen lassen, es befindet sich aber gar nicht, daß wir, oder unsere Vor-Eltern, mit dergleichen Begehren von dem Bischoffe zu Würtzburg jemahls angelanget worden.  
Lehnsherrin Wenn eine Weibs-Person die Lehns-Herrschaft hat, so möchte es zwar scheinen, als ob derselben keine Ritterdienste zu leisten, weil die Lehns-Gebräuche blos aus den Kriegen ihren Ursprung ableiten, inzwischen ist es doch richtig, daß auch derselben dergleichen zu leisten, und fehlet es in Europa im geringsten nicht an solchen hohen Standes-Personen weiblichen Geschlechts, die zu Führung der Kriege der Ritterdienste so wohl benöthiget, als die Manns-Personen.  
  Also hat die Königin in Engelland Anna den Hertzog von Marlborough zur Erkänntlichkeit, daß er sich in der wider die Frantzosen bey Höchstädt geliefferten Schlacht so hervor gethan, und zugleich dem Großbritannischen Reiche einen ungemeinen Ruhm zu wege gebracht, mit der Herrschaft Woodstock belehnet, und zwar mit dem Bedinge, daß er und alle seine Nachkommen zum Andencken dieser so herrlich befochtenen Schlacht allezeit den 13 August, dem Könige in Engelland zur Lehns-Erkänntniß eine weisse Fahne mit drey goldenen Lilien überbringen solten.  
andere Lehnsherren Dieses ist ebenmäßig von Bischöffen, Städten, gantzen Gemeinden und andern dergleichen Personen zu verstehen. In Ansehung der Reichs-Städte hat es seine Richtigkeit, daß dieselben Lehne austheilen und Ritterdienste abfordern können. Wegen der Bischöffe darff man ebenfalls nicht zweiffeln, sintemahl von alten und langen Zeiten her, die beständige Observantz gewesen, daß sie wegen ihrer geistlichen Regalien ihre Vasallen wieder den Feind ausgeführet, und ihre Lehn-Männer ihnen so wohl Gehorsam leisten müssen, als den weltlichen Lehns-Herren.  
Dienstunfähigkeit Die Vasallen sind zu Abstattung der Ritter- und Lehn-Dienste so verbunden, daß auch nicht einmahl diejenigen, die zu den Lehns-Diensten untüchtig sind, vor fähig geachtet werden, in den Lehn-Güthern zu folgen.  
Braunschweig-Lüneburg Besiehe die Einrichtung Hertzogs Julii zu Braunschweig-Lüneburg vom Jahre 1588 den 20 November unter dem Titel: Offen Ausschreiben an alle Lehn-Leute und Ritterschafft, daß sie nicht meer auf Gütschen, sondern mit ihrem Reisigen Zeuge zum Hofe kommen, und ihren Roß-Diensten verrichten sollen; es ist dieselbe in die Fürstliche Braunschweigische Hof-Gerichts-Ordnung eingetragen, und ist sonderlich folgende Stelle daraus zu mercken:  
  Als wir aus denen alten Historien und verlauffenen gar Ritter- ehr-  
  {Sp. 1774}  
  und rühmlichen Geschichten uns zu erinnern, auch selbst in Erfahrung haben, wy hiebevor dy lieben, beständigen, kecken, freudigen Deutschen, wegen ihrer männlichen Tugend, Redlich- Tapffer- Erbar- und Standhafftigkeit by allen Nationen dermassen berühmt gewesen, daß dieselben nicht allein in Kriegs-Läufften herfür gezogen, sondern auch mit ihrer Zuthat in dem Heiligen Römischen Reiche teutscher Nation dem geliebten Vaterlande tapffere und sehr kühne Thaten verrichtet, und insonderheit dieses Landes Leute ihrer Rüstung und Mannheit halber nicht allein bey Lebzeiten, weyland der Hochgebohrnen Fürsten, Herren Erichen des Ältern, und Herrn Heinrichs des Jüngern, beyderseits Hertzogen zu Braunschweig-Lüneburg etc. Unserer freundlichen lieben Vettern und Herren Vaters hochlöblicher Christmildester Gedächtniß, beyde inn- und ausserhalb des Reiches, sondern auch unter andern inn- und ausländischen Potentaten den Ruhm erlangt, daß andere fremde Nationen dieselben gerne by sich gehabt, ihre Rüstung gelobet, und sich derselben conjungirt etc.  
  Als wollen und befehlen Wir hiermit Euch, allen und jeden wohl und obgemeldeten unsern Lehn -Leuten, Dienern und Verwandten, was Würden oder Standes sie seyn in Gnaden ernstlich, daß yr und ein jeder unser Angehörigen mit viel rüstigen Pferden, als er vermöge seiner Lehn und Verwandniß uns zu dienen schuldig und pflichtig, jederzeit in guter Bereitschafft sitze, wohlversuchte, geübte, erfahrne, Wegkundige Knechte bey sich habe, dergleichen so viel möglich mit blancker stählener Rüstung und gestählten Sätteln, davon zwey Feuer-Rohr mit eisernen Blech-Laden, und schmalen Anschlägen irgends zu eindrächtigen vierthalben Quentgen schweren Kugeln und zugerichteten Patronen, oder mit andern dergleichen unsträfflichen Rüstungen, wie auch Spiessen und Haupt-Harnischen, unsern, uns von hochgedachten unsern freundlich lieben Vettern geerbten und Tapfferkeit nach, damit I.L.L. sich bey Kayser und Königen, auch für sich selbst, wy männiglich kundbar, gefaßt und bereit haben finden lassen, bey uns auf Erfordern sich einstellen könne.  
Besitzer des Lehns Die Lehns-Dienste gehen nicht allezeit auf alle Besitzer des Lehns, sondern es geschicht bisweilen, daß der eine, der die Nutzungen aus dem Lehn-Gute zühet, frey davon bleibet, der andere aber, dem das Dominium utile zustehet, zu Leistung der Ritterdienste verbunden. Ist das Lehn-Gut verkaufft, so darff nicht der Käuffer solche leisten, bis die Belehnung des andern Vasallen erfolgt. Bei einem verpfändeten Lehn dürffen solche nicht des Vasallen Creditores, sondern Schuldner ablegen, ob auch schon die Immißion in das Gut erfolget, bis einem Fremden das Lehn zugeschlagen.  
  Eine gleiche Beschaffenheit hat es mit einem Erb-Zinsmanne, dem das Lehn mit Einwilligung des Lehn-Herrn von dem Vasallen als ein Erb-Zins übergeben worden, oder mit einer Frau in Ansehung des Dotalitii. Alle diese legen die Ritter-Dienste nicht ab, sondern die Vasallen sind zu den Leistungen verpflichtet.  
Substitution Daß die Fehler und Gebrechen des Leibes und des Ge-  
  {Sp. 1775|S. 901}  
  müthes, die den Vasallen überhaupt an Leistung der Dienste verhindern, auch einen Vasallen von Ablegung der Ritterdienste entschuldigen, lehret sich von selbst. Hieher gehöret, wenn der Vasall entweder von so hohem Alter, oder von einer so kräncklichen und schwächlichen Leibes-Constitution, daß er seinen eigenen Sachen selbst nicht vorzustehen geschickt, oder wenn er rasend, oder blind und taub ist; Bey diesen Fällen können sie zwar ihre Dienste in Person nicht abtragen, sie müssen aber nichts desto weniger Substituten schicken.  
  Besitzt ein Geistliche Herr, oder eine Weibs-Person ein Lehn, das dienstbar ist, so müssen sie entweder dem Lehns-Herrn eine annehmliche Person schicken, oder sich sonst, wegen der Dienste, mit dem Lehns-Herrn abfinden.  
nicht gegen den Kaiser Ob nun schon die Ritterdienste auf Befehl des Lehns-Herrn wider einen jeden zu leisten, so wird doch nicht unbillig derjenige, dem die oberste Gewalt zustehet, ausgenommen: Es ist zwar diese Veränderung der Lehn-Rechte aus Italien herkommen, sie kan aber doch gar wohl auf Deutschland mit angebracht werden. Also sind die Vasallen der Reichs-Fürsten nicht schuldig wider das Ober-Haupt der Christenheit, als wider Ihro Römische Kayserliche Majestät, die Waffen zu ergreiffen; Es beruhet dieses nicht so wohl auf den Grund des Longobardischen Lehn-Rechts, welches in Deutschland angenommen worden, als vielmehr auf unsere Deutschen Reichs-Grund-Gesetze, welche erfordern, daß man vor das Ober-Haupt gehörige Reverentz und Hochachtung haben soll. Handelt nun einen Vasall hierwider, so wird er des Verbrechens der beleidigten Majestät schuldig.  
Ritter-Güter Von diesen Ritterdiensten leitet die Benennung der Ritter-Güter in Deutschland ihren Ursprung. Damit die adelichen Vasallen desto mehr angetrieben würden, ihren Herren und Vaterlandes im Kriege ersprießliche Dienste zu leisten, so sind ihnen desfalls gewisse Lehn-Güter eingeräumt, und solche von andern gemeinen bürgerlichen Lasten und Beschwerungen befreyet, und davor mit den Ritter-Pferden beleget worden.  
Veränderungen des Lehens Bey der Frage: ob die Ritterdienste, nachdem das Lehn vermehret oder verringert worden, auch zu vermehren oder zu verringern sind? machen die Rechts-Lehrer einen Unterscheid, ob die Dienste bestimmet sind, und ob natürlicher Weise ein Zusatz geschehen, und alsdenn kan der Lehns-Herr über die ihm schuldigen Dienste von den Vasallen nichts weiter fordern. Geschicht eine Verbesserung und Zusatz durch Zuthun des Lehn-Herrn, oder Vasallen, oder Verjährung, so muß man auf die verglichenen Verträge sehen. Ordentlicher Weise vermuthet man keine Neuerungen, sondern diejenigen Dienste, wie sie bishero geleistet worden, werden blos verstanden, bis ein anders durch neue Verträge ausgemacht worden.  
  Die unbestimmten Dienste, denen weder im Lehn-Briefe, noch durch die Lehns-Matriculn oder Lehns-Observantzen Ziel und Masse gesetzt wird, werden so offt vermehrt, als bey dem Lehn-Gute entweder durch die Natur, oder Zuthun eines Menschen bey dem Lehn eine Vermehrung geschicht.  
Zeit Die Ritterdienste sind nicht al-  
  {Sp. 1776}  
  lein zu Kriegs-Zeiten zu leisten, sondern auch zu Friedens-Zeiten, so offt als etwan einige Gefahr vorhanden, bisweilen auch wohl blos zum Staat. Ein Exempel von dergleichen haben wir in den alten Zeiten an dem so genannten Römer-Zug, da die Deutschen Reichs-Vasallen mit dem Kaysern nach Rom zühen musten, theils wegen einiger Gefährlichkeiten, die dem Kayser auf der Reise hätten zustossen können, theils ihm einen besonderen Staat zu wege zu bringen.  
Kosten Auf wessen Unkosten die Vasallen ihre Ritterdienste leisten sollen, ist unter den Lehrern des Lehn-Rechts nicht recht ausgemacht. Am sichersten ist, wenn man hierbey zuerst die Lehn-Briefe in Betrachtung zühet, und wenn in denselben nichts besonders ausgemacht, siehet man auf das Herkommen und die Gewohnheit eines jeden Landes. Sonst ist am billigsten, daß der Lehns-Herr die Unkosten hierzu hergiebt, zumahl wenn der Zug und die Dienste ausser Landes geschehen.  
  Nach den Sächsischen Land-Rechten und dessen IV Artickel dient einen Vasall seinem Herrn nicht über sechs Wochen auf seine Unkosten. Mit diesen stimmt das VII Capitel des Allemannischen Lehn-Rechts überein. So soll nach der Observantz angenommen seyn, daß der Herr seinen Lehn-Leuten, wenn sie bey ihm ankommen, und mit ihm zühen, Futter, Mahl und Hufschlag giebet.  
Waffen Bisweilen wird in Lehn-Briefen ausgedrücket, mit was vor Waffen der Vasall ausgerüstet seyn soll, und wird auch in diesem Stücke in den Lehn-Registern, Lehn-Urkunden und Büchern benennet, was einem Vasall obliege.  
Anforderung Eine Formel einer solennen Requisition zu den Ritterdiensten ist folgende:  
  Weil sich die Gefahr im heiligen Römischen Reiche von Tage zu Tage besorglicher anläßt, indem allerhand gefährliche Bewegungen und Krieges-Empörungen sich hin und wieder ereignen, also daß wir unumgänglich verursacht und bewogen werden, unsere Sachen in gute Obacht zu nehmen, und auf Mittel und Wege zu dencken, wie wir und unsere Lande und Leute, so viel möglich, vor unbilliger und unverschuldeten Gewalt, vermittelst des Allmächtigen gnädiger Verleihung, versichert seyn und bleiben möchten;  
  Als Begehren wir vor uns und die Hochgebohrnen Fürsten, unsere freundlich geliebten Brüder, Herren N.N. ihr wollet euch vermöge eurer Pflicht mit den Pferden und Knechten mit uns und genannten unseren geliebten Brüdern, auch unsern freundlichen lieben Vettern etc. ihr zu dienen schuldig, also und dergestalt gefast machen, daß ihr auf ferner unser Zuschreiben an dem Orte, dahin wir euch erfordern mögen, bey Tag und Nacht ohne Aussenbleiben erscheinet, und euch hieran nichts als GOttes Gewalt hindern lasset.  
  NB. Im Fall ihr aber durch Leibesungelegenheit davon abgehalten würdet, nichts desto weniger eine solche Person, damit wir zufrieden seyn können, an eure Statt, sammt zugehörigen Knechten und Pferden ohnfehlbar schicket, und solches nicht anders haltet. Daran geschiehet unsere zuverläßige, gäntzliche und zufällige Meynung.  
Gehorsam Der Gehorsam, den die Vasallen ihren Lehenherren erzeigen, und mit den sie ihn nach ih-  
  {Sp. 1777|S. 902}  
  rem Vermögen beehren, wird bey denen Italiänern Cavalcata genennt, und begreifft aller Arten der Lehns- oder Ritterdienste unter sich, nicht allein diejenigen, die sie ihm im Kriege, sondern auch, die sie ihm an Aufwartung zu Friedenszeit erzeigen.  
Lösegeld Ob ein Lehnsherr verbunden, seinen Vasallen, wenn er von dem Feinde gefangen worden, zu rantzioniren, ist bey den Lehrern des Lehnrechts nicht recht ausgemacht. In der Glossa des alten Lehnrechts ist enthalten, wenn der Herr seinem Manne gelobet für Schaden zu stehen, dieweil er an seinem Dienst ist, und der Mann würde gefangen, wie hoch solte der Herr denen man lösen? Antw. daß man ihn schätzen und lösen soll, nicht nach des Herrn, sondern nach des Mannes Vermögen.  
Erstattung von Verlusten Das Sächsische Lehnrechts scheinet auch dahin sich zu neigen, daß der Lehnsherr verbunden seyn solte, die Wiedererstattung dessen zu thun, was der Vasall in dem Dienste seines Lehnherren verlohren, nach dem IV Capitel des Lehnrechts. Wenn der Mann ein Pferd oder etwas anders seines Gutes in seines Herrn Dienst verlohren, dass ihm noch nicht wieder vergolten ist, die Weile ist er nicht schuldig seinem Herrn zu dienen, noch ihm Lehnrechts zu pflegen.  
Ritterpferde Der Anschlag der Ritterpferde ist unterschieden, und kan man nichts gewisses hiervon sagen. In Sachsen ist der Ritterpferddienst vor tausend Gülden angeschlagen, dgl. in der Marck-Brandenburg, und werden bey dem Anschlage allezeit tausend Gülden vor das Ritterpferd abgezogen.  
Geldleistung Ist die Beschaffenheit des Lehns so geartet, daß entweder die Ritterdienste müssen abgestattet, oder Geld davor bezahlet werden, so stehet die Wahl davon bey dem Vasall, denn es hat sich es der Lehnherr selbst zuzuschreiben, daß er ihn mit diesen Bedingungen zum Lehn gelassen, und sich nichts deutliches pacisciren lassen.  
Veränderung der Lehngüter Ob ein Lehnsherr in Deutschland berechtiget sey, die Beschaffenheit der Lehngüter gantz und gar zu verändern, ist eine Frage, die man hier nicht entscheiden kan.  
früherer Zustand So viel ist gewiß, daß es mit dem Ritterlehn in den vorigen Zeiten gantz eine andere Beschaffenheit hatte, als in den heutigen. Es wurden diese Lehnen, Kriegeslehnen, oder Feuda militaria genennet, die Vasallen nennten sich nobiles militares oder serves nobiles, Landes- oder Kriegesknechte, es muste ein jeder unter ihnen sein Lehnpferd, Küras, Feldbette, Kessel, Gezelte, Kriegesgeräthe, Reitknechte Tag vor Tag halten, sie musten alle Tage zum Aufsitzen und Marschiren fertig seyn, sie musten sich im Felde zu Roß, so offt als die Ritter-Hauptleute wolten, üben und mustern lassen, sie genossen statt ihres Monathsoldes ihre Lehn- und Rittergüter, und dasjenige Land hieß das mächtigste, wo eine starcke Ritterschafft, das ist eine zahlreiche Reuterey, war. So offt der Lehnsherr wolte, musten sie sich auf dem Turnier einfinden, und auf demselben die Probe von ihrer Tapfferkeit und Geschicklichkeit sehen lassen.  
heute Heutiges Tages aber ist man ziemlich hiervon abkommen. Viele von dem Edelleuten bekümmern sich so wenig um die Lehnpferde, als um die Rüstung, und das Geräthe zu Felde, sie gedencken nicht, sich zum Kriege geschickt zu machen, sondern sie sitzen ru-  
  {Sp. 1778}  
  hig auf ihren Lehngütern, essen und trincken, es würde den wenigsten anstehen, wenn sie als Kriegesleute in ihren Ritterdiensten nur ein mal aufgeboten würden, und wider den Feind zu Felde zühen solten.  
Erbfall Bey einer Lehnsvererbung sind die Pacta Conventa, die Vergleiche und die Reversalien eines Landes-Herrn, die er bey Antritt seiner Regierung mit seinen Ständen aufgerichtet, und gegen sie ausgestellt, und die Reichsfundamental-Gesetze in Betrachtung zu zühen; Kan eine Lehnsvererbung geschehen mit sämmtlicher Einwilligung der Vasallen, der Obern, daferne einige bey manchen Umständen hierinnen etwas zu sagen haben, und daß dem Drittmanne an seinen Rechten nichts präjudiciret werde, so kan eine solche Lehns-Vererbung von dem Landes-Herrn gar wohl unternommen werden.  
Donativ- oder Präsentgelder Mit den Ritterpferdgeldern haben auch die so genannten Donativ- oder Präsentgelder einige Verwandtschafft, die in Ansehung der Lehn- und Rittergüter entrichtet werden. Sie werden nicht nach denen Ritterhufen eingerichtet, weil sie nicht als eine Beschwerniß auf den Lehngütern hafften, als welche von andern Prästationen frey sind, sondern auf den Landtägen von denen Ständen besonders bewilliget.  
  Sie werden mehrentheils mit folgender Formul dem Landes-Herrn angetragen:  
  Damit auch Euere Churfürstliche Durchlauchtigkeit gnädigst zu vermercken, wie wir die von der Ritterschafft vor uns etwas absonderliches hierbey zu thun, und Eurer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit gehorsamst beyzuspringen willigst seyn, so erklären wir uns aus treuer Devotion und unterthänigst dahin, Eurer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit, als ein Donativ- oder Präsent 200000 Gülden von unsern Lehn- und Ritter-Gütern unterthänigst zu entrichten, und daß von Eurer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit angekaufften Rittergütern ebner gestalt der gebührende Antheil hierzu abgestattet werde, dermassen einzubringen, daß es auf vorher benannte drey Termine als Jacobi und Martini ietztlauffenden, und auf Lichtmeß zukünfftigen Jahres eingebracht, und ferner an gehörigen Ort vergnüget werden soll.  
  Hierauf erfolget nachstehende Annehmung und Bekräfftigung des Landes-Herrn.  
  So wohl unsere getreue Ritterschafft noch hierüber absonderlich zu desto mehrer Remonstrirung ihrer unterthänigsten Devotion von den Lehn- und Rittergütern 200000 Gülden zum freywilligen Donativ und Präsentgeld, gleich Falls auf obberührte drey Termine abzutragen, zu ebenmäßigen Effect, und daß solches zu beyderseits zu nichts anders, als zu dieser hochnothwendigen bedachten Vertheidigungs-Verfassung angewendet werden soll, unterthänigst bewilliget. Solche allerseits geschehene unterthänigste Bewilligung und freywilliges Geschenck lassen wir uns gnädigst gefallen.  
  Damit nun manche von diesen und anderen dergleichen ausserordentlichen Bewilligungen in Zukunfft nicht etwa zu gewissen und ordentlichen Beschwernissen ausschlagen mögen, so ist eine Regel vor die Stände, daß sie sich desfalls auf eine glimpffliche und bescheidener Art bey ihrem Landes-Herrn mit Versicherungen verwahren, und in  
  {Sp. 1779|S. 903}  
  geziemenden Termins-Reversalien ausbitten. Welche sie denn auch von denen Landes-Herren, die vor das Wohlseyn ihrer Unterthanen besorget, und keine Neuerungen einzuführen gesonnen, auf folgende Art erhalten.  
  Demnach wir unsere getreuen Landschafft von Prälaten, Ritterschafft und Ständen, in unseren heutiges publicirten Abschiede die gewöhnlichen Reversales auszuantworten gnädigst versprochen. Als gereden und versprechen wir uns, hierdurch denselben sammt und sonders, daß diese ihre allerseits unterthänige Bewilligung und treuhertzige wohlgemeynte Gutwilligkeit ihnen, auch ihren Erben und Nachkommen, zu keiner Erbpflicht, verfänglicher Neuerung oder Nachtheil ihrer wohlhergebrachten Gerechtsame gereichen und gedeyhen soll. Sondern wir sind vielmehr des gnädigsten Erbietens, sie bey ihren Gerechtigkeiten und Freyheiten gnädigst zu schützen und zu handhaben, ingleichen die jetzo unterthänigst verwilligten Steuern zu keinem anderen Ende, als worzu sie eigentlich gewidmet und eingesetzt, zu gebrauchen.  
  Folgende Reversalien, die ein gewisser hoher Stand des Reichs im Jahr 1670 seinen Land Ständen ertheilet, sind gar merckwürdig:  
  Als haben wir solche ihre getreue Gutwilligkeit zu besondern gnädigsten Gefallen auf- und angenommen, und dieweil unser Gemüth und Meynung gar nicht ist, daß diese und dergleichen Gutwilligkeit gemeldeter unserer getreuen Landschaft zu einigen Nachtheil oder schädlichen Einführung gereichen soll;  
  So thun wir vor uns und allerseits Erben und Nachkommen Krafft dieses unsers Briefs zusagen und versprechen, daß wir uns obberührter bewilligten Hülffe nicht vor Recht noch Pflicht, oder als erblich anmassen wollen, daß auch solche ihre Bewilligung ihnen und ihren Nachkommen an, allen ihren Freyheiten, Verschreibungen, Übungen und Gewohnheiten, welche wir hiermit nochmals bestätigen, und denselben, auch allen von unsern löblichen Vorfahren ertheilten Reversalien und ergangenen Landtages-Handlungen, Resolutionen, Landtags-Abschieden und beschehenen Versicherungen in allen Puncten, und Clauseln nachzuleben, versprechen, gar keinen Schaden, Verminderung, oder Abbruch gebähren, und bringen soll, sondern wir und unsere Erben und Nachkommen sollen und wollen mittlerzeit, so lange diese Steuer stehet, auch sonst und nach Endigung derselben, ausser ihrer freyen gutwilligen Beliebung, und ohne sonderliche hochdringende Landesnoth hinfürter zu keiner Zeit keine Hülffe, Steuer, oder einige andere Auflage auf unsere Landschaft legen, vielweniger ein mehrers an Land-Tranck oder andern Steuer, noch auch Verpflegungsgelder der Guarnisonen, oder andern, wie solches Namen haben mag, ausschreiben, als wie es bewilliget, oder der Abschied vermag, auch solches zu andern als deren von unserer getreuen Landschafft beraumten Fristen nicht einbringen lassen, am allerwenigsten aber durch militarische oder andere Execution dasjenige, was nicht bewilliget, einzutreiben, uns von einigen Menschen bewegen lassen, und ob solches von ihnen abgeschlagen würde, oder sie sich dazu nicht verstehen wolten, so solten Sie damit wieder ihren Eyd und Pflicht nicht gehandelt haben, noch ihnen,  
  {Sp. 1780}  
  oder den ihrigen zu einiger Ungnade gereichen. Zu Urkund dessen sind gegenwärtige Reversalien etc.  
     

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Stand: 24. August 2016 © Hans-Walter Pries