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Text |
Quellenangaben |
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Verliebte Narren,
nennen wir insgemein |
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{Sp. 1114} |
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solche Personen beyderley
Geschlechtes, die
aus verkehrter und geiler
Lust gegen einander auf
eine offt lächerliche Art entzündet sind. |
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Als Kennzeichen verliebter Leute bemercket
man in der Physiognomie und Chiromantie
folgende: |
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1) Wenn in der Hand das Cingulum Veneris
gantz oder doppelt vorhanden. |
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2) Wenn sich grosse Puncte in dem Cingulo
Veneris finden. |
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3) Wenn die Soror Vitalis vorhanden. |
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4) Ferner die Soror Mensalis. |
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5) Eine starcke Linie, so aus der Vitali in das
Interstitium, des Zeiger und Mittel-Fingers, oder des
Mittel- und Gold-Fingers gehet. |
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6) Wenn die Naturalis am Ende gespalten
ist. |
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7) Eine doppelte Hepatica. |
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8) Circkel, tieffe Puncte, Creutze, Sterne oder
durchschnittene Linien, wie ein Rost, oder nur zwey
starcke Linien in Monte Veneris. |
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9) Wenn Via lactea vorhanden. |
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10) Wenn die zarten Linien in denen obersten
Gelencken der Finger wie Räder zusammen
lauffen. |
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11) Eine krumme Mercurial-Linie in der
Hand. |
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12) Puncte oder krumme Linien in der Radice
des kleinen Fingers. |
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13) Wenn die Naturalis und Mensalis sich
conjungiren, welches aber auch
Unglück vor das
Frauenzimmer
bedeuten
soll. |
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14) Wenn eine Linie aus der Mensali in den
Venus-Berg gehet. |
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15) Wenn Linea Veneris vor der Stirn gantz
gefunden wird. |
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16) Ein gespalten Kinn, welches auch
falsche
Leute bemercket. |
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17) Eine lange oder dicke Nase. |
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18) Schwartze Augen, oder die einen nach der
Seite ansehen. |
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Solche verliebte Leute nun ziehen an einem
sehr schweren Joche, welches sie nicht so leichte
wieder abzuschütteln
vermögend sind, wenn sie
sich einmahl darunter begeben haben. Ob es aber
gleich schwer hergehet, sich in diesem Stücke aus
der Sclaverey in die
Freyheit zu setzen; so
muß
man doch
thun, was man kan, um nicht gäntzlich
dahin gerissen zu werden, in dem kein närrischerer
Affect als eben dieser ist. Es ist dahero
nöthig, daß
man die Lust welche die
Geilheit und verkehrte
Verliebung gewähret, wohl
erweget, und mit dem
Verdrusse vergleichet, der daraus erwachsen
kan. |
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Was nun das erste betrifft, so hat man vor allen
Dingen die Eitelkeiten verliebter Personen zu
bedencken, die in vielen Dingen ein sonderbares
Vergnügen suchen, darinnen in der
That keines zu
finden, als weil man sichs einbildet. Dahin ist bey
vielen die Berührung einiger
Theile des
Leibes zu
rechnen, darinnen in der That nichts vergnügliches
zu finden, als in so weit dadurch die Brunst erreget,
erhalten und vermehret, und das Andencken der
aus dem Beyschlaffe genossenen oder zu
geniessen verlangten Lust erneuert wird. Daher wir
auch finden, daß die Hottentotten, deren
Weiber
ihre Brüste bloß tragen, einen auslachen, der
darnach greiffet, weil sie nicht begreiffen können,
wie ein Mensch darinnen einiges Vergnügen suchen
kan. |
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Nächst diesem ist auch zu überlegen, daß die
Lust, so aus dem Beyschlaffe genossen wird, nur
einen Augenblick
dauret, und kürtzer ist als alle
übrige Lust der
Sinnen. Auch ist dabey zu erwegen,
daß, wie alle Lust der Sinnen, also auch diese
empfindlicher ist, je ungewohnter sie ist, hingegen
sich gar sehr verringert, je mehr man ihrer
gewohnet. |
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Was den
Verdruß betrifft, damit ein
Geiler und
verliebter Narr seine Lust bezahlen |
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{Sp. 1115|S. 571} |
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muß, so ist derselbe nach den
verschiedenen
Umständen unterschiedlich, und öffters nicht
geringe. Verliebte
Gedancken geben bisweilen zur
Melancholie
Gelegenheit, absonderlich, wenn der
Verliebte in seiner Hoffnung, des Geliebten
theilhafftig zu werden, ist getäuschet worden, da
denn solche Personen gerne für sich alleine sind,
und nichts thun, sondern nur ihren Gedancken
nachhängen, und mit keinem Menschen ein
Wort
reden, endlich aber gantz aberwitzig werden, und
sich nichts anfechten lassen. |
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Doch geschiehet dieses nur bey verliebten
Personen, die viel vom melancholischen
Temperamente besitzen, da im Gegentheil andere
ihre verliebten Neigungen zu
verstehen geben, auch
wohl gar Personen von dem andern Geschlechte
anfallen, mit denenselben verliebt thun
wollen, und
endlich gar darüber rasen; wie denn Nicolai
Blegnys Zodiaco gallico, einer vor
Liebe unsinnig
gewordenen Nonne Meldung geschiehet, bey
welcher man, nachdem man sie geöffnet, den
lincken Eyerstock als eine Faust groß angetroffen:
Daher die
Alten den mit
geilen und
unkeuschen
Gedancken verhaltenen Saamen nicht unbillig ein
Gifft genennet. |
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Wer mit verliebten Gedancken eingenommen
ist, der wird wenigstens dadurch ungeschickt auf
andere Dinge zu dencken, indem ihn dieselben in
Nachdencken stöhren, und, da sie die Brunst von
neuem erwecken, und das Andencken der
genossenen Lust erneuern, das
Gemüthe
beunruhigen: Welches denn nicht eher sich lässet
zufrieden stellen, als bis man seine Lust von neuen
gebüsset. |
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Daher pfleget es gar offt zu geschehen, daß
diejenigen, welche ihrer
Geilheit eine Genüge thun,
von ihren
ordentlichen
Verrichtungen
gantz
abgezogen werden, dieselben verabsäumen, und
sich dadurch um ihre gantze zeitliche Wohlfahrt
bringen.
Exempel geben auf
Academien diejenigen
Studiosi, die hierüber ihr
Studiren verabsäumen
und, ohne etwas gelernet zu haben, leer wieder
nach
Hausse
reisen. |
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Weil aber die Geilheit immer grösser wird, je
mehr man ihr eine Genüge thut, indem die
Einbildungs-Krafft um so viel mehr auf einmahl
vorstellet, je mehr man Lust von und bey
Liebes-Wercken genossen, und dadurch den Affect
verstärcket; so ist daraus gar wohl zu begreiffen,
daß die geile Brunst den verliebten Menschen um
so viel mehr beunruhigen muß, je mehr er dieselbe
zu erfüllen sich angelegen seyn lässet. Und da
immer ein Laster aus dem andern abstammet, so
wäre es leicht, jedoch weitläufftig zu zeigen, in was
für
Arten der Laster nach verschiedenen
Umständen verliebte Narren durch Geilheit verleitet
werden. |
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Wer in verbotenen Liebes-Wercken zu viel thut,
der bringet sich um seine Gesundheit: Welches
noch mehr, und zwar öffters mit Gefahr des
Lebens
geschiehet, wenn man mit unreinen
Weibes-Bildern
zu thun hat. Es gehet auch selten bey dergleichen
Lebens-Art ohne
unnöthige Verschwendung des
Vermögens ab, weilen doch meistentheils geile
Weibes-Personen, so dürftig sind,
Gewinn suchen:
andere hingegen auch für das Maul etwas
gutes
dabey haben wollen, bey welchen Umständen sich
also so wohl Manns-Personen in
Schulden und
Armuth setzen, als auch öffters Weibes-Personen
das ihre liederlich durchbringen. Darüber leidet |
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{Sp. 1116} |
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auch öffters unser guter
Nahme bey andern
nicht ein geringes, und kan dadurch der
Mensch
sich in eine Nachrede setzen, welche ihm an
seinem gantzen zeitlichen
Glücke sehr hinderlich
ist, wie absonderlich bey Weibs-Personen zu
geschehen pfleget. |
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Unterweilen wenn viele bey einer
Person ihre
Brunst löschen wollen, entstehen daraus
Uneinigkeiten, Schlägereyen, ja öffters wohl gar
Mord und Todschlag. Werden Weibes-Personen
durch verbotenen Beyschlaf schwanger, so stehet
es öffters übel um die Frucht, als welche sie bald in
Mutter-Leibe unterdrücken, ehe sie das
Tages-Licht
erblicket; bald um das Leben bringen, ehe sie kaum
in die
Welt gekommen; bald durch versagte nöthige
Pflegung ihr unter die
Erde verhelffen; bald und
zwar gemeiniglich übel
auferziehen. |
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Man kan auch noch über dieses das
Unglück
erwegen, so daraus im gemeinen Leben erwachsen
kan. Hierher gehören die
Strafen, die auf
gewisse
Arten der Geilheit und verbotenen
Liebes-Wercke
gesetzet worden, als die Strafe des
Feuers auf
Sodomiterey und Knabenschänderey; die Strafe des
Schwerdts auf Ehebruch an einigen
Orten. |
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Gleichergestalt hat man ins besondere das
Unheil zu erwegen, welches aus gewissen Arten der
Geilheit unter allerhand Fällen entstehet; wovon
insonderheit der Ehebruch aus der blossen
Erfahrung gar vieles zeigen kan. Wir finden hier
überhaupt zweyerley zu
erinnern. |
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Weil keine
Vorstellung wieder einen so
hefftigen
Affect, als die geile
Liebe ist, etwas
fruchtet, die nicht auch selbst einen starcken
Eindruck in das Gemüthe machet; so muß man
darauf bedacht seyn, daß man durch Fabeln und
Exempel den unglücklichen Zustand geiler
Personen begreiffen lernet. |
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Darnach haben wir hauptsächlich zu mercken,
daß, weil eingewurtzelte
Gewohnheiten schwer zu
ändern sind, man von Jugend auf darauf zu sehen
hat, wie man keusch und
züchtig werde, auch alle
Gelegenheit zu
unkeuschen Wercken, und alle
Gesellschafft, die einen darzu verleiten könnte,
vermeiden lerne, wenn man nehmlich nicht werden
will, was andere mit ihren
Schaden sind, nehmlich
verliebte Narren. |
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Cicero berichtet an einem Orte von dem
verliebten Alcäus, daß obgleich Alcäus sonst viele
Herzhafftigkeit bezeuget, er doch seine Verse mit
übermäßiger Knabenschänderey angefüllet habe.
Fortis vir in sua Republica cognitus, quae de
juvenum amore scripsit Alcaeus? Als ein Verliebter
vergleicht er sich mit einem Schweine, welches da
es eine Eichel frißt, schon wieder eine andere mit
den Augen verschlinget. Ich bin eben so, sagte er,
indem ich ein schönes Mägdgen genieße, so
wünsche ich mir schon, ein anderes [2 Zeilen
griechischer Text] |
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Scipio Gentilis führet dieses in seinen Noten
über die Schutzschrifft des Apulejus … an: Aus
Engelland berichtete man im
Jahr 1738, daß
unterschiedene Verliebte einander ums
Leben
gebracht. Nahe bey Chiswick fand man im
October
den todten
Cörper eines
Mädgens in der Themse.
Weil dieser nun auf eine grausame Art zugerichtet,
und also von einem Mörder hineingeworffen war; so
ward deßwegen eine scharffe
Untersuchung
angestellet, da sichs denn wieß, daß |
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{Sp. 1117|S. 572} |
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eine Manns-Person, welche dem Mädgen seit
drey Jahren her aus Liebe nachgegangen war,
allem Ansehen nach der Mörder gewesen; dahero
er auch so gleich in gefängliche Verhaft gezogen
wurde. |
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Ein andere hingegen vermeynete es nicht so
böse mit seinem Mädgen, verursachte aber
dennoch in eben diesem
Monate ihren
Tod. Dieses
gieng so zu: Ein junger Kerl stund zu London mit
einem Mädgen an einem Brau-Kessel. Indem er ihr
nun einen Kuß geben, sie es aber nicht leiden,
sondern sich widersetzen wolte, fielen sie alle
beyde rücklings in den Kessel, und verbrannten sich
so elendiglich, daß das Mädgen diese Kurtzweile so
bald mit dem Tode bezahlen muste. |
- Anleit. zu den curiösen
Wissenschafften ...
-
Wolffs Gedancken von dem
Gesellsch. Leben der Menschen ...
- Cicero Quaest.
Tuscul. …
-
Bayle Hist. und Crit. Wörter-Buch unter
Alcäus, I Th. …
- Hist. Jahr-Buch 1738.
…
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