|   | 
Text | 
  Quellenangaben und Anmerkungen | 
|   | 
Ob ohne die Freyheit zu philosophiren und ohne die 
mathematische Lehr Art, wie solche applicabel, die Wissenschafften nicht höher 
steigen können?
¶ | 
 
 | 
|   | 
Wir behaupten, 1) daß ohne die
Freyheit 
				die man denen 
				Weltweisen verstatten muß, ihre
				Gedancken 
ohne zu besorgende Gefahr zu entdecken: 
				unmöglich das Wachsthum der 
Wissenschafften statt finden könne. Denn wenn diese 
Freyheit zu philosophiren 
nicht im Schwange ist, so stehet niemanden frey seine
				Meynung von 
				
				Philosophischen
				Sachen, wenn sie etwan von der 
angenommenen abgeht, 
				öffentlich zu 
			sagen. Und also wird ein jedweder gezwungen, 
die von den meisten Hauffen angenommene 
				Meynung als 
				
				wahr zu vertheidigen, 
ungeachtet sie ihm auch 
				falsch zu seyn scheinet; folglich hat die 
				
				Knechtschafft 
zu philosophiren statt; so lang aber als die besteht, kan man unmöglich nach 
Philosophischer 
Lehr-Art seine  
				Sätze 				
				vortragen. Wenn aber ohne die 
Philosophische Lehr-Art die 
Philosophie gelehrt wird, so werden solche 
				Dinge 
gelehrt, die weder zulänglich  				
			verstanden noch auch unleugbar vor wahr 
				erkannt 
werden; es wird auch keine 
				gewisse, deutliche und nach den 
					Umständen 
des 
				menschlichen 
				Lebens eingerichtete
				Erkänntniß 
erhalten. Wer wird sich also hiervon einigen Fortgang in den Wissenschafften 
versprechen können?  | 
  | 
|   | 
Man kan eben dieses noch auf eine andere Art erweisen: Man pfleget in der 
einigen Mathematick  | 
  | 
|   | 
{Sp. 1425|S. 726} | 
  | 
|   | 
dasjenige, was man noch nicht weiß, und wohin man noch nicht hat kommen 
können, offenhertzig zu gestehen: gantz anders befindet sich erst aber in andern 
Wissenschafften; daselbst will man immer sein 
			
			Urtheil auch über unbekannte 
				Dinge 
walten lassen und man stellt sich an, und will es andern glaublich machen, als 
ob man eine 
				Sache wisse, welche doch von unsrer 
				Erkenntniß weit entfernet ist. 
Da man also nach Aufhebung der Freyheit zu philosophiren, in eines andern seinem 
Ausspruche beruhen muß: so kan es geschehen, daß man solche 
				Sachen vertheidigen 
müsse, welche keine Ähnlichkeit mit der 
Wahrheit haben.  | 
  | 
|   | 
Nun aber entstehen aus einem eintzigen Irrthum eine grosse Menge anderer, 
wenn wir ihn als einen Grund-Satz brauchen, aus welchem wir Schluß-Sätze 
herfolgern. Dahero soll derjenige, der einen Irrthum einsieht, so gleich stille 
stehen, da weder erlaubt ist den Irrthum zu verbessern, noch auch vermittelst 
der an seine Stelle gesetzten 
Wahrheit weiter fortzugehen.  | 
  | 
|   | 
Wie sehr dem Fortgange der Wissenschafften die Knechtschafft zu 
philosophiren geschadet habe, bezeuget die Historie von allen Jahrhunderten. Wer 
weiß nicht, wie wenigen Fortgang man in der 
				Weltweisheit verspüret, so lange als man nicht eines Nagels 
breit von der Aristotelisch-Scholastis. Philosophie abgehen durffte. Alle 
				
				Philosophischen Wissenschafften, die einiges Wachsthum gehabt haben, sind 
dasselbe bloß und alleine 
				Männern schuldig, die nach abgeworffenem Joch, die 
Freyheit zu philosophiren sich genommen haben, obgleich andere sehr sauer darzu 
ausgesehen, denen die Philosophische Knechtschafft besser gefallen hat.  | 
  | 
|   | 
Doch leugnen wir nicht, daß aus der Freyheit zu philosophiren auch vieler 
Schaden entstanden, den man aus der Knechtschafft kaum zu besorgen gehabt, wohin 
man mit
	Recht 
ziehen kan, die superficielle Abhandlung der 
Philosophie, wodurch manche 
				Lehrer, 
die bloß ums Brod philosophiren, junger Leute Trägheit schmeicheln wollen. 
Jedoch dieser Schaden rühret aus der Freyheit zu philosophiren nicht selbst her, 
sondern in so ferne eine verkehrte Lehrart damit verbunden wird. Denn, wenn man 
sich der Philosophis. Lehrart bedienet, so ist dieses keines weges zu besorgen. 
Wer nach dieser 
				Methode philosophiret, der nimmt keiner andern Leute ihre Sätze 
an, als in so ferne sie aus seinen 
				Gründen sich erweisen und begreiffen lassen; 
er vertheidigt auch nicht etwas als wahr, ausser wenn es auf seine 
				Gründe, die 
er zu reichend befestiget, kan 
gebauet werden; er macht einen Unterscheid unter 
dem Wahrscheinlichen u. Wahren; ja er bemüht sich, daß dasjenige, was von andern 
			gesagt worden, sowohl klärer eingesehen als auch zu einem größern Grad der 
Gewißheit gebracht, und daß ihr 
Zusammenhang mit den übrigen 
				
				Wahrheiten möge 
eingesehen werden. Er ist also von einer so superficiellen Abhandlung so weit 
entfernt als der Himmel von der
				Erden 
ist.  | 
  | 
|   | 
Da wir also gewiesen haben, daß die
Freyheit 
				der 
				
				Philosophis. Lehrart zukomme, ja von ihr nicht könne 
getrennet werden: so ist kein Wunder, daß sie in dem Falle der Wissenschafft 
ersprießliche Dienste leiste. Wenn man sich aber die Freyheit zu philosophiren 
anmasset, da man doch der Philosophis. Lehrart nicht ge-  | 
  | 
|   | 
{Sp. 1426} | 
  | 
|   | 
wachsen ist; so entstehet daraus eine superficielle Abhandlung, und 
Ungeheuer von 
				Meynungen. Wo die Freyheit zu philosophiren fehlt, da wird 
nicht selten die Cultur der Wissenschafften einem als ein Verbrechen 
angerechnet. Dahero 
böse Leute unter dem Schein der Vertheidigung der 
Wahrheit 
dergleichen gelehrten 
				Männern, die sie aus andern 
				Gründen hassen, vieles Unheil 
zuwege bringen.  | 
  | 
|   | 
Hat man nicht den Socrates den Gifft-Becher zu trincken 
genöthiget, weil man ihn beschuldigte, er lehrte gottlose Sätze und verführte 
die Jugend, ungeachtet sein Ankläger Anytus aus einer gantz 
andern 				
				Ursache wider ihn aufgebracht war? Ist nicht der Anaxagoras, 
des Socratis Lehrmeister, von dem Cleonte der 
Gottlosigkeit beschuldigt worden, weil er von der Sonne gelehrt hatte, daß sie 
keine 
				Sinne und				
				
				Vernunfft hätte? hat man ihn nicht ins Gefängniß geworffen 
und zum 
			Tode verurtheilet? Ja! hat nicht der Aristoteles 
selbst, den der oberste Priester Eurymedon oder, wie er bey den 
andern heißt, Demophilus wegen der Gottlosigkeit 
angeschuldiget, sich von Athen weg nach Chalcis begeben, weil er nicht wolte, 
wie er 
			sagte, verstatten, daß die Athenienser, die dem Socrati so sehr feind 
gewesen waren, sich zweymahl an der 
Philosophie versündigen möchten?  | 
  | 
|   | 
Doch wir kommen wieder zu unserem Haupt-Satze. Wir wollen unleugbar 
erweisen, daß wenn die 
Menschen 
werden anfangen, nachdem ihnen die 
				
				Philos. 
Freyheit 
				vergönnet worden, auch nach 
der Philos. Lehrart ihre Sätze vorzutragen; so werden die Wissenschafften ein 
merckl. Wachsthum dadurch erlangen. Wir geben hiervon folgenden 
				Beweiß: Wer nach 
Philos. Lehrart philosophirt, dem sind die Logicalischen Regeln wohl bekannt, 
und muß auch schon eine Fertigkeit haben, sie in die Ausübung zu setzen. 
Folglich weiß er, ob er nach der Philos. Methode philosophire oder nicht, oder 
wenn er auch sich einmahl verirrt hat, so 
				erkennt er sogleich seinen Irrthum und 
verbessert ihn, wie ein Rechenmeister weiß, daß er ein Exempel recht rechne, 
wenn er Aufmercksamkeit hierinnen braucht; oder doch allenfalls sich sogleich 
ändern kan, wenn er seines Fehlers erinnert wird.  | 
  | 
|   | 
Dahero weil die Philos. Lehrart haben will,  | 
  | 
|   | 
	- daß wir keine 				
				Wörter, die wir nicht genau erklärt haben, brauchen 
	sollen; 
 
	- ferner keine Grund-Sätze annehmen, die nicht zureichend 
				bewiesen sind, 
	noch viel weniger einen Satz vor wahr halten, wenn er nicht aus 
	zureichend-erwiesenen 
				Gründen auf eine 
	rechtmäßige Art hergeleitet wird;
	
 
	- ferner daß man sich genauer 
				Beweise bedienen soll und denen 
	
				Meynungen (hypothesibus) 
	nur in so ferne Platz geben soll, wenn sie uns den Weg zur 
	Erfindung der 
	Wahrheit bahnen; 
 
	- wahrscheinl.Sätze, die man im gemeinen 
				Leben nicht entbehren kan, wohl 
	unterscheiden von gewissen; 
 
	- daß man endlich 				
				Wörter von 
				Sachen genau absondere: 
 
 
	 | 
  | 
|   | 
so nimmt ein Aufmercksamer leichte wahr,  | 
  | 
|   | 
	- ob die Erklärungen, deren er sich bedienet, richtig und die Grund-Sätze 
	zureichend 
				bewiesen u. alle andere Sätze aus ihren gewissen 
				Gründen 
	hergeleitet worden sind: 
 
	- ob die 
				Beweise Stich halten: 
 
	- ob einigen Sätzen ein Platz in dem 
				Reiche der Wahrscheinlichkeit müsse 
	eingeräumet werden, und 
 
	- ob die 
	
				Meynungen (hypothes) so beschaffen sind, daß sie 
	uns zu Erfindung
 
	 
{Sp. 1427|S. 727}  
	 
	der 
	Wahrheit den Weg bahnen,  
 
	 | 
  | 
|   | 
und wenn es sich solte zutragen, daß er entweder aus Vergessenheit oder aus 
Mangel der Aufmercksamkeit in der Anwendung der Logicalischen Regeln fehlen 
solte: so wird er auf Erinnern, nachdem er zu anderer Zeit ein aufgeräumteres
				
				Gemüthe zum wiederhohlten Nachdencken gebracht, seinen 
Fehler 
			erkennen und dasjenige, was gefehlt ist, entweder verbessern, oder wo die 
Wahrheit noch nicht in seiner
				Gewalt 
ist, den Irrthum fahren lassen.  | 
  | 
|   | 
Da der 
				Sinn aller derjenigen, die sich der Philos. Lehrart bedienen, 
einerley ist, so wird der eine die von einem andern gelehrte 
				
				Wahrheiten 
einsehen, und sie zur Entdeckung anderer 
				Dinge anwenden: der andere aber den 
begangenen Fehler entweder anmercken oder verbessern. So wird auch derjenige, 
der ihn begangen, denselben einsehen, und wenn er nicht von einem andern 
verbessert worden, selbst ihn zu verbessern sich Mühe geben. Auf so eine Art 
wird mit zusammengesetzten 
Kräfften 
an Verbesserung der Wissenschafften gearbeitet.  | 
  | 
|   | 
Vielleicht werden einige glauben, daß man hier von der Philos. Lehrart mehr 
vorgegeben habe, als die
				Erfahrung 
bestätige. Denn man mag anderer ihre begangene Fehler in noch so grosser 
Klarheit unter Augen legen: so sind doch verschiedene				
				Ursachen 
vorhanden, um derenwillen sie dieselben hartnäckigt vertheidigen. Denn wer weiß 
nicht, wie gemein die Klagen seyn über die hartnäckigte Vertheidigung der 
begangenen Fehler? Allein es scheinet vieles dem meisten Hauffen und wird von 
ihm so vorgegeben, was sich doch nicht also befindet. Der 				
				Verstand, indem er der 
				Herrschaft 
				des 
				
				Willens unterworffen, streubt sich nicht so sehr wider eine 
deutliche 
Wahrheit, wie man gemeinigl. glaubt. Diejenigen, die noch nie einen 
				Beweis deutlich haben einsehen gelernt, die wahre Logic nicht begriffen und noch 
viel weniger sich eine Fertigkeit dieselbe anzuwenden erworben, die bejahen 
gewisse Sätze nicht aus Überzeugung ihres Verstandes, sondern aus fremden 
				Ursachen, welche auf vielerley Art sich verändern: dahero kömmt ihr Beyfall vom 
Willen her, und gilt es ihnen gleich viel, ob sie eine 
				Sache bejahen oder 
verneinen. Dahero wird man wahrnehmen, daß sie morgen eine Sache mit eben der 
Hitze vertheidigen, mit der sie das Gegentheil heute behaupten: und bey andern 
hefftig tadeln,ja der Höllen-Flammen 
würdig schätzen, was sie vor kurtzen selbst 
gelehrt hatten.  | 
  | 
|   | 
Aber dergleichen Leute Exempel stoßen unsere 
				Regel gar nicht um. Denn 
wir setzen voraus, daß derjenige, der eines Irrthums erinnert wird, die 
Philosophische Lehrart verstehe, und sie in die Ausübung setzen könne, und das 
auch nicht weniger der andere eben die 
Geschicklichkeit habe, der da gewust, daß 
hier ein Fehler vorgefallen sey; damit er nicht aus Unwissenheit tadele, was er 
sehr loben würde, wenn er diese Geschicklichkeit hätte.  | 
  | 
|   | 
Und man darf auch nicht besorgen, daß ein der Philosophischen Lehrart 
kundiger den Fehler, den er davor hält, hartnäckigt vertheidigen solte, ob er 
gleich der Deutlichkeit des 
				Beweises nicht widerstehen kan, daß er einen Fehler 
begangen. Denn wer mit Wissen und 				
				Willen einen Irrthum vertheidigt, daß es nicht 
das Ansehen 
haben möge, als ob er geirret, der muß sich es vor eine 
Schande halten, daß er  | 
  | 
|   | 
{Sp. 1428} | 
  | 
|   | 
geirret habe. Nun aber, wenn er der Philosophis. Lehrart kundig ist, so kan 
er unmöglich glauben, daß andere, die sie auch 
			verstehen, den Irrthum nicht 
				erkennen, noch vielweniger mercken solten, daß er ihn mit Wissen und Vorbedacht 
vertheidigt. Dahero, weil er sich es vor eine Schande rechnet, geirret zu haben, 
so wird er sich es vor eine noch grössere Schande halten, daß er auf Erinnern 
den Irrthum nicht erkannt habe. Es ist also unmöglich, daß er den Irrthum, 
ungeachtet er ihn eingesehen, hartnäckigt vertheidigen solte, weil er nicht will 
das Ansehen haben, als ob er geirret.  | 
  | 
|   | 
Die also zu thun pflegen, bey denen hat keine Uberzeugung statt, und da sie 
andere nach ihrer Elle abmessen, so glauben sie, sie würden ihren 
				Beweiß-Gründen, die meistentheils die
Natur 
der 
				Sache nicht berühren, sondern von äußerlichen Umständen hergenommen sind, 
weichen. Ein der Philosophischen Lehrart erfahrner weiß, daß die von ihm 
begangene Irrthümer entweder dem schwachen Gedächtnisse oder den Mangel der 
Aufmercksamkeit, weil das
				
				Gemüth mit andern Sorgen beladen gewesen, zuzuschreiben 
seyn. Dahero hält er es vor eine viel grössere 
Schande wegen der Fehler des
				
				Willens einen 
				erkannten Irrthum zu vertheidigen, als einen 
begangenen Irrthum zu 
			erkennen und zu verbessern.  | 
 
 
Wolffs Philosophia naturalis sive Logica in Discurs. 
Praelimin. §. 169. p. 100. u.ff.¶ | 
|   | 
  | 
  | 
|   | 
Ob die Schulen und gelehrten Gesellschaften zur 
Beförderung der Wissenschafften etwas beytragen?
¶ | 
 
 | 
|   | 
So ein 
			geschicktes Mittel die mündliche und schrifftliche 
				Unterweisung in 
			
	Schulen ist, schon erfundene 
				
				Wahrheiten der Jugend beyzubringen, so grosse 
Hindernisse ereignen sich in diesen 
Gesellschafften auf die 
Erfindung neuer 
Wahrheiten eifrigst zu dencken, und den Wachsthum der Wissenschafften und 
				Künste 
zu befördern. Gemeiniglich haben Lehrer auf Schulen mit ihren angewiesenen 
Vorlesungen und andern ordentlichen Geschäfften so viel zu thun, daß sie auf 
nichts anders zu dencken Zeit haben. Nicht selten ist ihnen auch einmahl 
erlaubt, von den Fußtapffen und 
					Schrifften der Alten im mindesten abzuweichen.  | 
  | 
|   | 
Franc. Baco de Verulamio, 
			schreibet von sich selbst in 
seinem Cogitatis et visis de interpretatione naturae, sive de inventione 
rerum et operum, also: Cogitavit et illud in moribus & institutis 
Academiarum, Collegiorum & similium conventuum, quae ad doctorum hominum sedes & 
operas mutuas destinata sunt. omnia progressui scientiarum in ulterius inveniri. 
Frequentiam enim multo maximam professoriam primo, ac subinde meritoriam esse. 
Lectiones autem & exercitia ita disposita, ut aliud a consuetis ne facile 
cuiquam in mentem veniet cogitare. Sin autem alicui inquisitionis et judicii 
libertate uti contigerit, is se in magna sollicitudine versari statim sentiet. 
Sin & ho toleraverit, tamen in capessenda fortuna industriam hanc & 
magnanimitatem sibi non levi impedimento fore experietur. Studia cnim hominum in 
ejusmodi locis in quorundam auctorum scripta veluti relegata esse; a quibus si 
quis dissentiat, aut con-  | 
  | 
|   | 
{Sp. 1429|S. 728} | 
  | 
|   | 
troversiam moveat, continuo ut homo turbidus & rerum novarum cupidus 
corripitur. - - - In artibus autem & scientiis, tanquam in metallifodinis, omnia 
novis operibus & ulterioribus progressonibus strepere debere. Atque recta 
ratione rem se ita habere. In vita autem visum est ei, doctrinarum politiam & 
administrationem, quae in usu est, scientiarum augmenta & propaginem durissime 
premere & cohibere.  | 
Oper. p. 582. ed. Franckf. 1665.  | 
|   | 
Und mancher muß wegen seines 
Amtes und des 
davon abhangenden Unterhalts seines 
				Lebens solche 
				Künste und Wissenschafften 
lehren, dazu er von 
Natur weder Lust und 
Liebe, noch besondere 
Geschicklichkeit 
besitzet; dargegen er andere Wissenschafften, in welchen er es bey einem darzu 
verspührten natürlichen Triebe weit höher bringen und vielmehr nutzen könnte, 
muß liegen lassen, oder nicht eifrig treiben kan.  | 
  | 
|   | 
Ehrenfr. Walther von Tschirnhaus in der Medicina mentis 
et corporis L. I. P. 3. 
			schreibet davon also: Qui suas inclinationes 
secuti sunt, - - magni certe viri sunt habiti, mundoque exhibuere singularia. - 
- - - Cum contra tot Academiae, tot annorum absumto 
tempore, & tot collegia 
virorum, studio quam enixissime incumbentium , paucissima tantum nobis, aliorum 
plerurnque inventa, alio ordine aut Commentariis illustrata , ad discentium usum 
disposita tradiderint ; nihil autem, quo cum inventis illustrissimorum virorum 
comparetur, nc dicam aequipolleat, multo minus palmam praeripiat. Certc hujus 
rei ratio non est alia, quam quod plerique proprias inclinationes ob necessariam 
vitae sustentationem vix potuerunt fequi, utut optarint maxime, vel, quod una 
cum studiis certo adstricti fuerunt vitae generi, quod unice propter temporis 
penuriam coacti fuerunt attendere , aut quod ad studia attinet, ea tantum 
tractare coacti sunt, quae ipsorum genio directe adversabantur. | 
  | 
|   | 
Man will allhier mehrerer Hindernisse, welche 
				Lehrer in hohen und niedrigen 
Schulen hinderlich seyn, die
				Gelehrsamkeit 
gemeinschafftlich zu befördern, nicht gedencken; sondern nur hierbey soviel 
erinnern, daß es sehr schwer halte, die zu diesem 
				Zwecke nöthige Einigkeit der
				
				Gemüther in solchen öffentlichen  
Gesellschafften zu erhalten, 
da der Eigennutz, die Misgunst, die Herrschsucht oder Nacheiferung auch eines 
einigen Mitgliedes die Vereinigung vieler bey mannigfaltiger Gelegenheit, zu 
verhindern oder zu zertrennen, vermögend ist. Der selige Nic. Hier. Gundling 
soll öffentlich 
			gesagt haben:  | 
  | 
|   | 
„Zwar sind auf allen Universitäten 
Professores der Physick und Mathesis, aber diese müssen sich ad captum auditorum 
suorum richten; allermaßen, wenn sie was ediren, sie es gemeiniglich vor ihre 
Zuhörer schreiben. Denn sie haben keine Zeit, sich sonst hervorzuthun. Wer 
hergegen in einer Societät stehet, der hat nicht Ursache sich ad captum 
auditorum suorum zu richten. Denn da wird von seinem Leser schon alles nöthige 
präsupponiret.„[1]  | 
	
		| Discours über Heum. Consp. R. L. 3. 
Th. p. 3193.
 | 
		
	
		| 
[1] | 
		HIS-Data: Anführungszeichen vor die Quellenangabe 
		versetzt | 
	 
 
		 | 
	 
 
	 | 
|   | 
Es haben dahero diejenigen, welche vor den Flor und das Wachsthum  | 
  | 
|   | 
{Sp. 1430} | 
  | 
|   | 
der Wissenschafften besorget gewesen, sich genöthiget gesehen, neben diesen 
öffentlichen Gesellschafften der Gelehrten in hohen und niedrigen Schulen, noch 
besondere Gesellschafften unter sich zu errichten, welche lediglich den Anwachs 
und die Verbesserung der Wissenschafften zum 
Endzweck haben. Und in dergleichen 
Gesellschafften, sie mögen nun öffentlich oder besonders unterhalten werden, ist 
noch ehe eine nähere Vereinigung der 
				
				Gemüther zu 
hoffen gewesen, weil eigentlich 
keine öffentliche und ordentliche 
Ämter, folglich 
auch keine gewissen Einkünffte, viel weniger ungleiche Rang-Ordnungen dabey 
statt finden, und also, wo nicht gar keine, doch seltene Gelegenheit zu 
Zwistigkeiten sich ereignen kan.  | 
  | 
|   | 
Vielmehr ist hier der vornehmste Antrieb, der einen bewegen kan, ein 
Mitglied einer solchen Gesellschafft zu werden, nicht der Eigennutz, sondern der 
gemeine Nutz. Wozu noch kommt die natürliche Neigung, in der Zahl und 
Gesellschafft 
			angesehener Gelehrten zu seyn, welche sich um die 
				Gelehrsamkeit, 
und durch diese um ihre Neben-Menschen wohl 
verdient zu machen geflissen sind. 
Von wohleingerichteten Gesellschafften rechtschaffener Gelehrten mögen folgende
				Worte Ciceronis L. I. de Offic. gelten, wenn er 
			
			spricht. Ut apum examina non fingendorum favorum causa congragantur, sed, 
cum congregabilia natura sint, fingunt favos: sic homines, ac multo etiam magis 
natura congregati, adhibent agendi cogitandique solertiam.  | 
  | 
|   | 
Es kan auch der Wert und 
				Nutzen solcher gelehrten  
Gesellschafften bey wohlgetroffener Einrichtung nicht geringe seyn. 
Vereinbaren viele
			geschickte 
				Männer ihren Fleiß, so kan man sich um so vielmehr Gutes versprechen, ie 
stärcker ihre Anzahl und ie grösser ihre 
Geschicklichkeit. Die
				Erfahrung 
bestätiget dieses, und die Zeugnisse verständiger Männer stimmen mit bey. Wie 
hoch Verulamius die gelehrte Gesellschafft, dazu er einen 
Vorschlag gethan, gehalten, ist aus seinen zu Frankfurt am Main 1665. in fol. 
herausgekommenen
				Wercken p. 968. u.ff. zu ersehen.  | 
  | 
|   | 
Der berühmte Rol. Maresius lobt die Gesellschafften der 
Italiänischen Gelehrten sonderlich deswegen, weil sie das beste Mittel sind, die
					Schrifften, 
ehe sie ausgegeben werden, zu verbessern: Incomparabile commodum in eo est, 
quod illuc scripta sua in medium afferunt, ea omnium examini subjiciunt, quae 
quisque libere reprehendendi jus habet. Haec vero emendatio est optima, todt 
eruditorum virorum judicio facta. Epist. 43. L. II. Und bald 
darnach: Quid prohibet ejusmodi coetus etiam ab eruditis viris, qui latine 
tantum scribunt, institui? Imo, si instituantur, utilissimum fore arbitror 
saltem ad operum emendationem, quae aliquando praecipitata editione, tanquam 
nullum amicum doctum habeant, cujus consilio utantur, inemendata emittunt.  | 
  | 
|   | 
Der nicht weniger berühmte George Wolfg. Wedel erhebt den 
				Nutzen gelehrter Gesellschafften in dem Praeloquio zu 
Vockerodts Introd. in notit. soc. litter. so vor der ersten 
Ausgabe zu Jena 1687. in 4. zu finden, mit diesen 
				Worten: Duo potissimum 
nostro  | 
  | 
|   | 
{Sp. 1431|S. 729} | 
  | 
|   | 
seculo incrementum artium & scientiarum promovere videntur: studium 
experimentale & socium. - - Unitis animis, initis Collegiis, socio labore, mirum 
quantum profecere artes quaelibet. Adeo inter Europaeos eruditos haec ratio 
studiorum inclaruit, ut aetate hac non solum longa messe colligere liceat 
inventa, & stabiliore firmius asserta in humanos usus ; sed etiam ipsarum 
focietatum condi mereatur historia. Una isthaec ratio est, & via ad pristini 
aevi sapientiam adspirandi, modo litteras velut rerum omnium & arcanorum 
vehicula iis jungamus, notitiam linguarum, & novis erutis acquifitum haereditate 
liberali thesaurum adaugeamus ipsi.  | 
  | 
|   | 
Und eben in dieser ietztgedachten Vockerodtischen 
					Schrifft findet man ein 
gantz Capitel de necessitate et usu scientiarum litter. so in der neuen 
Ausgabe im 2 Theile das erste ist, und p. 52. u.f. stehet. Man lese 
sonderlich 3, 6 und 22 Satz p. 54, 57, 75. Sodann weiset dieser im 
				Leben 
wohlverdiente Lehrer, was die gelehrten  
Gesellschafften fast in allen 
				Arten der Wissenschafften vor 
				Nutzen nach sich gezogen.  | 
Man verweiset übrigens diejenigen, so sich die Mühe geben wollen, noch 
einige Zeugnisse der neuesten 
					
					Schrifftsteller von dem Werth und 
				Nutzen gelehrter 
Gesellschafften zu lesen, auf der Prüfend. Gesellsch. in Halle 
1 Probe p. 5. u.f. Der 
Deutschen 
Act. Erudit. 235 Th. p. 458 und auf die Hamb. 
Beyträge vom Jahr 1743. p. 29. und 145.  | 
|   | 
Uberhaupt davon zu 
			sagen: So würde manche 
Kunst und Wissenschafft, z.E. die 
Mahlerey- und die Bildhauer-Kunst, die Musick, die Natur-Lehre und Mathematick, 
nicht so hoch gestiegen seyn, wenn nicht gantze Gesellschafften daran gearbeitet 
hätten. Und wie viel mühsamer Untersuchungen kan man sich durch eine kurtze 
Unterredung mit wahrhafftig gelehrten 
Personen 
entschlagen. Ein vertrauter 
Umgang mit solchen, dergleichen in gelehrten 
Gesellschafften gefunden wird, ersparet einem bisweilen so viel Zeit, als die 
mündliche 
Unterweisung der Jugend, welche in deren Ermangelung in den
					Schrifften 
herum irren, und sich wohl nie zu rechte finden würde. Auf diese Weise ist keine 
Ermüdung noch einiger Überdruß im Studiren zu besorgen. Und wo schon ein Eckel 
an den Wissenschafften vorhanden, kan er nicht besser gehoben werden, als durch 
fleißige Besuchung gelehrter Zusammenkünffte, zumal wenn sich 
				Männer von 
munterem und aufgewecktem
				Geiste 
darinnen befinden.  | 
  | 
|   | 
In solchen Verbindungen können die grösten Schwierigkeiten, die in der
				Gelehrsamkeit, 
in der Art zu 
				studiren, in Untersuchung einer dunckeln 
				
				Materie, in Ausfertigung 
einer 
					Schrifft, die viele Belesenheit, Witz und Aufwand erfordert, u.s.w. 
vorkommen, überwunden werden. Endlich sind auch Erfindungen, welche sich auf 
eine vorhergegangenen gründliche Überlegung und Prüfung vieler 
			angesehenen 
Gelehrten gründen, denen offt übereilten 
			
			Urtheilen anderer nicht so sehr 
unterworffen, als das Beginnen eintzelner, noch so gelehrter 
Personen.  | 
Haymanns kurtzgefaßte Geschichte der vornehmsten 
Gesellschafften der Gelehrten p. 15. u.ff.¶ | 
|   | 
{Sp. 1432} | 
  | 
|   | 
  | 
 
 | 
|   | 
Vortrefflichkeit des Besitzes der Wissenschafften. 
¶ | 
 
 | 
|   | 
Es ist einem 
Menschen 
nichts schöners, als Wissenschafften besitzen, und der darinnen unerfahren ist, 
lebt gar nicht. Als dahero der Cardinal Julianus sich eines 
Tages in den 
				Büchern erlustigte, und deswegen von einem andern, (der sich desto 
weniger mit Lesung guter 
				Bücher gemein machte) gefragt wurde:
„Was liesest du in denen so längst verstorbenen?„ 
So gab er ihm die schöne Antwort: Hi fama vivunt, tu vero neque nomine neque 
re vivis, das ist: „Diese leben, weil sie 
ruhmwürdig sind, du aber lebst weder dem Namen nach, noch in der That selbst.„  | 
  | 
|   | 
Der grosse und gelehrte
König Alexander danckte seinem 
			Vater nicht so viel für das natürliche 
				Leben, als seinem Präceptor, dem 
Aristoteles, von dem er den 
			
			Unterricht zur weisen Lebens-Art gelernet. 
Eine gar löbliche 
				
				Rede führet auch der vornehme Römische Rechtsgelehrte 
Pomponius, wenn er sich L. 20. de fideicommiss. libert. 
also vernehmen läst:  | 
  | 
|   | 
„In großer Begierde zu lernen, als 
die ich allein für die beste Art zu leben schätze, bin ich ins 78 Jahr meines 
Alters gelanget, sintemal ich mich dessen stetig erinnere, was jener Grieche 
saget: Wann ich schon den einen Fuß im Grabe hätte, so wolte ich gleichwohl noch 
immer etwas mehr wissen.„  | 
  | 
|   | 
Eine solche löbliche 
					Begierde zu denen Wissenschafften solte 
				billig bey 
allen verständigen 
Menschen, und zuvörderst bey uns Christen zu finden seyn; 
darum lassen solche gar elende Merck-Zeichen ihres natürlichen				
				Verstandes 
von sich sehen, welche so unvernünfftig sind, und vermeinen, einer thue schon 
genug in der 				
	Welt, wenn er sich nur darum bekümmert, wie er für sich und die 
Seinigen genugsamen Unterhalt erwerben mag, alles andere sey unnöthig. Solche 
				Art Menschen giebt es sehr viele, man weiß aber nicht, was zwischen ihnen und 
dem unverständigen Viehe für ein Unterscheid zu machen sey, indem jene Art Leute 
nur einig und allein die Füllung ihres Bauches gleichermaßen bekümmert sind, im 
übrigen aber von der Nahrung und Erbauung ihres Verstandes, als der rechten 
Belustigung ihrer 
				Seelen, bloß wenige oder gar keine Empfindlichkeit haben. Wir 
erinnern uns hierbey derjenigen 
				Worte, welche ein gewisser 
				Fürst gesprochen: Ehe 
ich durch Lesung guter 
				Bücher Wissenschafften zu erlangen begunte, war ich einem 
unvernünfftigen Thiere gleich zu achten, nachdem aber bin ich erst ein rechter 
Mensch geworden etc. Ein solch frey Geständnis leget jener Printz von sich 
selber ab, und es ist gewiß, daß ein Mensch ohne einige Wissenschafften in der 
Welt lebendig todt.¶ | 
 
 | 
|   | 
Gleichwie hiernächst überhaupt alle 
				Arbeit den 
Menschen vom Sündlichen und 
			Bösen abziehen kan, also haben insonderheit die 
				
Studien oder Wissenschafften 
diese 
				Eigenschafften an sich, daß sie die 
				
				Gemüther derjenigen, so Lust daran 
haben,  | 
  | 
|   | 
{Sp. 1433|S. 730} | 
  | 
|   | 
und ihnen rechtschaffen obliegen, einigermassen verändern. Denn indem das
				Gemüthe mit solchen 
				Dingen zu thun hat, die von den 
äusserlichen 
				Sinnen entfernet, so wird es unvermerckt von der Wollust und 
andern, denen äusserlichen Sinnen schmeichlenden 
				Sachen abgezogen. Daher siehet 
man, daß ein 
			
			Studirender bey seinen 
				Büchern und Betrachtungen grössere Freude 
empfindet, als ein anderer, der sonst die grösten Ergötzlichkeiten von der				
	Welt 
hat. Und ferner, wenn der				
				Verstand 
ausgebessert, daß er den Werth aller Sachen, die Nichtigkeit derer weltlichen 
Wollüste, und die Schändlichkeit derer Laster recht 
				erkennet, so hat auch 
solches einen gewaltigen Einfluß in den
				
				Willen, daß er hernach anders gelencket und getrieben wird. 
Jedoch trifft solches nicht bey allen ein, indem man in den alten und neuen 
Zeiten genung Exempel hat, daß die gelehrten Leute öfters die lasterhafftesten 
und verkehrtesten gewesen.  | 
von Rohr Kunst der Menschen Gemüther zu erforschen, p. 
107. u.f.¶ | 
|   | 
  | 
  |