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Zedler: Majestät HIS-Data
5028-19-534-5
Titel: Majestät [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 19 Sp. 534
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd.19 S. 300
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
1. Wesen
2. Einteilung
3. Subjekt

Stichworte Text Quellenangaben
  Majestät, Majestas, ist ein Lateinisches Wort  
  {Sp. 535|S. 301}  
  und bedeutet bey den alten Scribenten die Würde, den Vorzug, das Ansehen; die neuern aber verstehen dadurch eben dasjenige, was die Griechen [griech. Text]; die Lateiner  
 
  • rerum summam,
  • rerum imperium,
  • summum imperium,
  • arbitrium rerum omnium,
  • vim imperii,
  • summum rerum judicium,
  • summam potestatem
 
  genennet, siehe
  • Bosius in introduct. in notitiam rerum publicarum …
  • Hertius in elem. prudent. civil. … und
  • Reinhard in theatr. prud. eleg. …
  Es heisset demnach die Majestät seinem innern und eigentlichen Wort-Verstande nach nichts anders, als das höchste Ansehen, die oberste Hoheit und Gewalt im Staate, welche ein jeder Souverain, er sey gleich ein König, freyer Herzog oder Republic, besitzet.  
  Bey der Sache selbst, von der man in dem natürlichen Recht, auch nach einiger Lehr-Art in der Politic handelt, ist insonderheit auf vier Stücke zu sehen; was die Majestät sey, wie man sie eintheile, wer dieselbige habe, wie sie erlanget werde und aufhöre?  
1. Wesen Erstlich haben wir zu untersuchen was die Majestät sey? Grotius de jure belli et pacis … nennet sie potestatem summam, cujus actus alterius iuri non subsunt, ita ut alterius voluntatis humanae arbitrio possint reddi. Welche Beschreibung zwar  
 
  • Kulpisius in Collegio Grotiano
  • Graswinckel ad Grotium
  • Böcler ad Grotium
 
  billigen; sie ist aber nicht nur etwas dunckel, sondern auch nicht so genau abgefasset.  
  Ziegler de iuribus majest. … sagt, sie sey suprema potestas regendi civitatem. Thomasius aber in jurisprudentia divina … beschreibt sie also, daß sie sey die höchste Gewalt der Unterthanen Thun und Lassen zu regieren, und mit denen, die ausser der Republick sind, im Nahmen derselben Krieg und Friedens-Sachen vorzunehmen, den Endzweck der Republick zu erhalten. Andere geben die Sache kürtzer, daß die Majestät die höchste Gewalt überall in einem Staat sey. Diese Beschreibung wollen wir zum Grunde legen, und daraus die Beschaffenheit der Majestät etwas genauer betrachten, wobey wir auf drey Stücke zu sehen haben  
 
1) auf die Beschaffenheit dieser Gewalt selbst.
  Ist sie die höchste; so folget, daß sie auch unumschränckt seyn müße, so daß die hohe Obrigkeit niemanden als GOtt dem Herrn allein wegen ihres Thuns und Lassens Rechenschafft geben dürffe. Denn wenn dieses wäre; so könnte sie nicht die Höchste seyn, weil man alsdenn einen Obern über sich hätte. Wird ein Herr an die Fundamental-Gesetze eines Landes gewiesen, oder ist dem andern mit Lehns-Pflicht verwandt, oder begiebt sich ein schwächerer Stand unter eines mächtigern Schutz; oder ein Regent muß dem andern eine jährliche Pension geben; so muß man sehen, ob solche Verbindlichkeit eine Unterwerffung mit sich führet? Denn wenn dieses ist; so hat man nichts mehr denn den äusserlichen Schein der Oberherrschafft.
  Doch können auch solche Verbindlichkeiten bestehen, daß sie mit keiner Unterwerffung verknüpffet, in
 
  {Sp. 536}  
 
  welchem Fall die Majestät in ihrer Krafft bleibet. Aus dieser Independentz folget weiter, daß Fürsten, die niemand als GOtt über sich haben, an keine menschliche Gesetze gebunden sind. Weil sie Menschen sind, stehen sie unter dem göttlichen Gesetzen, indem sie GOtt als ihren Ober-Herren anzusehen haben, menschliche Gesetze aber können sie deswegen nicht verbinden, weil sie als die höchste Obrigkeit keiner menschlichen Bothmäßigkeit unterworffen sind.
  Daß etliche unter der Krafft des Gesetzes eine Richtschnur abzugeben, und unter der Krafft die Unterthanen zu zwingen, oder inter vim legis directivam und coactivam, einen Unterscheid machen wollen, und fürgeben daß ein Fürst in so weit unter dem menschlichen Gesetz stünde, so ihm solches zu einer Richtschnur diene, dieses ist gantz ungegründet. Denn man kan sich kein Gesetz ohne die Verbindlichkeit einbilden, und daher geht’s nicht an, daß das Gesetz als ein Gesetze eine Richtschnur seyn könne, ohne eine Verbindlichkeit zu haben,
welches mit mehrern Buddeus in diss. de principe legibus humanis, sed non divinis soluto ausgeführet wobey auch zu lesen Roetenbeccius in dissertat. super quaestione: an princeps sit solutus legibus civilibus? Altd. 1684.
 
  Aus Klugheit nehmen sie die Gesetze, die sie ihren Unterthanen vorgeschrieben, selbst in acht, damit sie durch ihr Beyspiel das Volck desto eher zum Gehorsam bewegen mögen. Den Grund-Gesetzen kommen sie zwar nach, wie aber selbige keine eigentliche Gesetze sind, sondern vielmehr eingegangene Verträge und Vergleiche; also geschicht dieses nur wegen des natürlichen Gebots, daß man die Verträge halten soll.
  Es ist weiter aus dieser Independentz die ungegründete Meinung der Monarchomachorum oder Regiments-Stürmer zu ersehen, welche meinen, daß Regenten unter dem Gerichte des Volcks stehen müsten, so nicht nur höchst ungereimt sondern auch gefährlich. Ungereimt ist dieses Vorgeben, weil solches was widersprechendes in sich fasset, daß das Volck, welches sich dem Regenten unterthänig gemacht, noch eine Gewalt über demselbigen haben will, ein Unterthan aber seyn und die Gewalt zugleich haben, geht nicht an.
  Gefährlich ist diese Meinung, weil sie Gelegenheit zur Rebellion geben kan, indem sich unter dem Volcke allezeit wideriggesinnte befinden, die wider den Regenten schädliche Anschläge schmieden, und das Volck anreitzen könnten, daß es von dem Könige Rechenschafft seines Thuns und Lassens forderte. So heissen auch die Gründe nichts, die sie vor ihre Meynung anführen. Denn wendet man ein, indem das Volck der hohen Obrigkeit diese Gewalt auftrage, so müste es auch selbige haben, weil man einem nichts geben könnte, was man nicht selber habe, so antwortet man: Das Volck gebe dem Oberherrn die höchste Gewalt nicht cumulative, daß es solche zugleich behalte, sondern privative daß es dieselbe verliere. Und ob wohl das Volck die höchste Gewalt, die es dem Fürsten übergiebt, virtualiter oder der Krafft nach hat; so kan man doch nicht sagen, daß solche bey denselben formaliter sey. Dannenhero ist auch der Unterscheid ohne allen Grund den etliche unter der Real- und Personal-Majestät machen, wovon besondere Artickel. Man lese Groti-
 
  {Sp. 537|S. 302}  
 
  um de Jure belli et pacis … welcher die übrigen Schein-Gründe, die sie gegen die unumschränckte Gewalt der höchsten Obrigkeit vorbringen, übern Hauffen wirfft.
  Ausser der Dependentz fliesset auch ausser der Natur und Beschaffenheit der höchsten Gewalt dieses, daß die hohen Obrigkeiten geheiligte Personen sind, an denen sich niemand vergreiffen darff, und das nennt man die inuiolabilitatem, auch Sanctitatem principum. Durch das natürliche Gesetz hat zwar ein ieder Mensch das Recht, daß ihn niemand beleidigen darff, welches aber einem Fürsten in weit höhern Grad zukömmt der hier nicht nur als ein Mensch, sondern auch als ein Fürst anzusehen, an dessen Sicherheit nicht nur wegen der Wohlfahrt und Erhaltung der Republick viel gelegen, sondern auch um deßwegen mit dem grösten Fleiß zu erhalten, weil sie immer den Anfällen böser Leute zum Ziel stehen, die den Staat, oder die Regierung gerne verändert sehen.
  Hier finden sich zwey Abwege, die man zu vermeiden hat. Auf derer einem die Monarchomachi stehen, daß man einen Fürsten der nicht recht regiere, vor Gericht fordern, straffen und absetzen könne, wie vorher schon angemercket worden. Auf dem andern aber befinden sich die Machiavellisten, welche solche Lehr-Sätze hegen, daß ein Fürst regieren könnte, wie er wollte, wenn auch Land und Leute darüber zu Grunde gehen sollten. Doch wie weit man sich einem gottlosen Regenten wiedersetzen könne, dieses soll unten in dem Artickel: Tyrannen, gezeiget werden,
dahin unter andern Schneiders Diss. de illicita contra principem vitae defensione Halle 1702. gehöret.
 
2) müssen wir das Object, darauf sich die höchste Gewalt der hohen Obrigkeit erstrecket, erwegen, welches alles ist, was sich in dem Staat befindet, als die Personen der Unterthanen, ihr Thun und Lassen, und ihr Haab und Güter, soweit es der Endzweck des gemeinen Wesens erfordert. Denn wie die Erhaltung des Staats eine höchste Gewalt, also muß sie sich auch über alles erstrecken.
  In Ansehung der Personen könnte man die Frage untersuchen: ob auch die Geistlichen der weltlichen Obrigkeit unterworffen? welches die Papisten läugnen. Weil sie aber aus Theologischen Grundsätzen zugleich muß entschieden werden, so halten wir uns dabey nicht auf. So viel erkennet die Vernunfft, daß, wenn die Gewalt die höchste seyn soll, so müsse sie sich auf alle Unterthanen und zugleich mit auf die geistlichen erstrecken: und die Politici haben nicht ohne Ursach gefraget: ob man sagen könne, daß ein Päbstischer Regent die höchste Gewalt habe? weil die Geistlichen in seinem Reich einen grossen Theil ausmachen, die sich seiner Herrschafft entziehen.
 
 
3) ist der Endzweck dieser höchsten Gewalt zu betrachten, welcher nichts anders als die Erhaltung und Wohlfahrt des Staats oder Republick ist.
 
2. Einteilung Wir kommen auf das andere Stück: wie man die Majestät eintheile ? welches auf unterschiedene und zum Theil ungegründete Art geschiehet. Denn  
 
1) ist die Eintheilung in majestatem realem et personalem bekannt, welchen Unterscheid insgemein die Regiments Stürmer machen wie man unter andern aus dem Althusius in polit. … sehen kan. Jene sey die Gewalt, die sich das Volck vorbehalten 
 
  {Sp. 538}  
 
  hätte, wenn es etwa mit dem Regiment nicht zufrieden wäre; dieser aber sey dieienige Hoheit, die dem Regenten zukomme. Wie ungegründet aber diese Eintheilung sey, ist schon vorher gezeiget worden,
davon man auch
  • Pufendorf in jure naturae et gentium
  • Ziegler de iurib. maj. …
  • Horn de civitat. …
  • Böcler in institut politit. …
  • Hertium in element. prud. civil.
  • u. andere
 lesen kan.
 
2) Theilt man sie in majestatem absolutam und limitatam, davon jene sey, wenn ein Regent an keine gewisse Verordnung gewiesen, und nach eigenem Gutbefinden die Regierung schlechterdings einrichten könnte, wie er wollte; wofern aber gewisse Grund-Gesetze vorhanden, darnach er sich zu richten, so werde dadurch die Gewalt eingeschränckt, und das sey majestas limitata; Becmann in meditat. politic. … erinnert, daß auch dieser Unterscheid nichts heisse, indem, wenn die Majestät eingeschränckt werde, so werde sie dependent, welches wider die Natur der Majestät sey.
 
 
  Es kommt aber darauf an, auf was Art die Einschränckung geschicht. Denn bestehet sie nur darinnen, daß in einem Reiche Grund-Gesetze da sind, die man nicht sowohl vor eigentlich so genannte Gesetze, als vielmehr beyderseits eingegangene Verträge und Vergleiche anzusehen hat; so thut dieses an sich der höchsten Gewalt keinen Eintrag. Denn daß sie solchen Grund-Gesetzen nachkommen, dieses geschicht nicht wegen der Krafft einer damit verknüpfften Verbindlichkeit, sondern wegen des freywillig aufgerichteten Vertrags, den man nach dem natürlichen Recht zu halten verbunden ist. 
Siehe Thomasium in jurisprud. diuin. …
 
3) theilet man sie in majestatem perpetuam et temporariam, davon jene der Regent Lebens lang hat, diese aber nur auf eine gewisse Zeit besitzet. Es haben zwar einige gezweiffelt, ob das eine Majestät sey, die an eine gewisse Zeit gebunden; andere aber sagen, daß es der höchsten Gewalt gar nicht entgegen sey, wenn man selbe nur eine Zeitlang habe, welches man auch aus den Exempeln derjenigen Regenten sehen könnte, die ihre Regierung freywillig nieder geleget. Auf diesen Umstand pflegt man bey der Frage: ob der Römische Dictator die höchste Gewalt gehabt? mit Zusehen wovon oben unter dem Artickel Dictator im VII. Bande p. 796 u.ff. ein mehrers nachgesehen werden kan.
 
 
  Wenn man aber weiter fraget: ob die Curatores oder Vormünde der unmündigen Königen die Majestät haben? so wird solches billig geläugnet.
Siehe
  • Ziegler de jurib. maj. …
  • Becmann in meditat. polit. …
  • Hertium de tutela regia
 
4) sey sie entweder usu fructuaria, wenn der König keine Macht habe, das Reich auf andere nach seinem Belieben zubringen, oder patrimonialis, wenn das Reich einem eigenthümlich zustehet und man also das Recht selbiges andern zu überlassen hat, welche Eintheilung nur bey Königreichen und Monarchien angehet. Man theilt sie auch in die regulaire und irregulaire, in die ordentliche und ausserordentliche,
siehe Hertium in element. prud. civil. …
3. Subjekt Drittens betrachten   
  {Sp. 539|S. 303}  
  wir das Subjectum der Majestät. Mit den Personen welche die höchste Gewalt haben, hat es nicht allemahl einerley Bewandniß. Denn bißweilen ist sie in den Händen eines einigen Menschen, welches die Monarchie heisset, bißweilen ist sie bey den Rath, dazu man einige Personen aus der Republick erwählet, welches die Aristocratie ist, bisweilen kommt das Regiment auf die allgemeine Versammlung aller und ieder Hauß-Väter an, und das ist die Democratie, oder wie sie sonst auch genennet wird, die Politie.  
  Grotius de jure belli ac pacis … theilet das Subjectum der Majestät in commune und proprium. Jenes sey das Volck, ehe das proprium bestellet werde, bey dem auch die Majestät ursprünglich gewesen, auch wenn das Subjectum proprium nicht mehr da sey, wieder dahin kommen, dieses aber, oder das proprium wäre der König oder der Rath, welche Eintheilung
  • Kulpisius in Colleg. Grotian. ..
  • Willenberg in sicilimentis juris gentium prudentiae
  • Becmann in meditation. politic. …
billigen.
  Einige Ausleger aber des Grotius als Felden, Ziegler, Henniger, Osiander, sind damit nicht zufrieden, und wenden unter andern ein, es wäre selbige so beschaffen, daß man leicht daraus eine zweyfache Majestät schliessen könnte. Ob nun wohl keines weges der Sinn des Grotius dahin gegangen; so ist sie doch nicht nur was unverständlich, sondern kan auch Anlaß zu dem Irrthum derer, die eine doppelte Majestät statuiren, geben, oder doch darzu gemißbrauchet werden.  
  Wenn die Republick ohne Haupt ist wie bey einem Interregno, so stehet zwar die höchste Gewalt bey dem Volcke, aber nur vitualiter der Krafft nach, und nicht formaliter. Unerachtet aber in einem gemeinen Wesen nach Beschaffenheit der unterschiedenen Vorfallenheiten und Regierungs-Formen die Macht und Gewalt der hohen Obrigkeit bißweilen ziemlich eingeschräncket wird; so ist doch diese Macht und Gewalt in Ansehung des gantzen gemeinen Wesens unumschräncket. Denn was in einen gemeinen Wesen von der hohen Obrigkeit, mit Einwilligung derer, welche vermöge der daselbst eingeführten Regierungs-Art darein zu willigen haben, und mit ihr zusammen das gantze gemeine Wesen vorstellen, beschlossen wird, darwider hat niemand auf Erden Recht etwas zu sagen, oder zu verhindern, daß es nicht geschehen, wenn er es nicht als eine Beleidigung seiner anzusehen hat.  
  Nehmlich jedes gemeine Wesen hat seine Macht und Gewalt vor sich, und kein Auswärtiger hat etwas darein zu sagen, wenn ihm nicht durch dessen Gebrauch zu nahe getreten wird. Denn ein gantzes gemeines Wesen wird wie eine Person angesehen, und viele verhalten sich gegen einander wie verschiedene einzele Personen. Gleichwie nun ein ieder Mensch eine unumschränckte Gewalt und Macht hat, sein bestes zu befördern, und ihm niemand sich zu widersetzen Recht hat, als wenn er seine Macht ihm zu Schaden mißbrauchen will: eben so hat ein jedes gemeines Wesen seine Macht und Gewalt, das gemeine Beste zu befördern, gantz unumschränckt, und kan niemand anders mit Recht sich dagegen auflegen so lange er nicht Schaden abzuwenden verbunden ist.  
  Die   
  {Sp. 540}  
  unumschränckte Macht und Gewalt, die gemeine Wohlfahrt und Sicherheit zu befördern, wird eben die Majestät genennet. Da nun in der Monarchie dieselbe bey einem, in der Aristocratie bey einigen, in der Politie oder Democratie hingegen bey der gantzen Gemeine anzutreffen; so ist die Majestät in der Monarchie auch nur bey einem, in der Aristocratie bey einigen, in der Politie oder Democratie bey der gantzen Gemeine, folgends in diesen beyden letztern, nehmlich der Aristocratie und Democratie getheilet.  
  Jedoch wenn die vermischte Regierungs-Forme etwas von der Monarchie hat, daß man nehmlich ein einiges Ober-Haupt erwählet; so kan doch der gröste Theil der Majestät bey einem seyn. Wenn die Majestät entweder gantz oder doch grösten Theils bey einer Person ist; so nennet man sie einen König. Und dannenhero werden Könige Majestäten genennet. Jedoch gehet es hier, wie mit andern Wörtern, daß die Unbeständigkeit im Reden die Bedeutung des Wortes unterweilen in etwas ändert. Denn es kommet nach diesem unter den Völckern auch darauf an, ob derjenige, der in der That ein König ist, auch von andern davor erkannt wird. Und es kan auch wohl geschehen, daß man einen für einen König erkennet, der es doch nicht ist, weil er nur einen kleinen Theil von der Majestät besitzet.  
  Wenn die Majestät unter viele getheilet ist; so sind sie alle zusammen, bey denen sie stehet, so viel als ein König; keiner aber unter ihnen allein ist ein König, und daher kan man sie auch weder Könige, noch Majestäten nennen, indem man nicht einem allein beylegen kan, wovon ihm nur ein Theil gehöret. Eben so siehet man, daß in einer Politie oder Democratie, wo die Majestät bey der gantzen Gemeine stehet, die gantze Gemeine daher auch als wie ein König anzusehen.  
  Die Lande wo entweder die gantze, oder doch der gröste Theil der Macht bey einem ist, wird ein Königreich genennet. Andere Länder haben verschiedene andere Nahmen, wobey es viel auf die Gewohnheit zu reden mit ankommt, bey welcher öffters die Einbildung die Oberhand hat. Derowegen, da wir hier bloß dasjenige untersuchen, was in der Vernunfft, nicht aber in den Einbildungen der Menschen gegründet ist; so wollen wir uns auch vor dieses mahl um die übrigen Nahmen unbekümmert lassen.  
  In einer ieden Regierungs-Forme, sie mag Nahmen haben, wie sie will, soll alles dasjenige geschehen, was die allgemeine Wohlfahrt und Sicherheit erfordert; hingegen unterlassen werden, was jene hindert und dieser zuwider ist. Da nun überall diejenigen welche beurtheilen müssen, was der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit zuträglich ist, Freyheit haben müssen; zu befehlen und zu thun, was sie von dieser Beschaffenheit zu thun erachten: so ist in ieder Regierungs-Forme so viel Freyheit zu befehlen und zu thun, als in der andern.  
  Derowegen weil die Freyheit zu befehlen, oder überhaupt etwas zu thun, die Gewalt ist; so ist in einer Regierungs-Forme nothwendig so viel Gewalt, als in derr andern. Nehmlich ein gemeines Wesen hat so viel   
  {Sp. 541|S. 304}  
  Gewalt, als wie das andere. Denn überall wird sie, wie aus dem besagten erhellet, durch die Nothwendigkeit dessen, was die gemeine Wohlfahrt und Sicherheit erfordert, bestimmet, und gehet demnach so weit, als die Nothwendigkeit der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit selbst.  
  Es ist wohl wahr, daß man in einem kleinen Staate nicht so vielen zu befehlen hat, als wie in einem grossen. Allein dieses machet die Gewalt selbst nicht kleiner, noch grösser. Denn da die Gewalt nichts anders als die Freyheit zu befehlen ist, der aber, welcher vielen befiehlet, nicht mehr Freyheit zu befehlen hat, als der andere, so wenigen befiehlet; so hat auch derjenige, welcher wenigen befiehlet, eben die Gewalt, so der andere hat, welcher vielen befiehlet. Und auf solche weise bleibet in einem kleinen Staate so viel Gewalt, als in einem grossen.  
  Weil nun in einem jeden Staate so viel Gewalt ist, als in dem andern; in einem Königreiche aber entweder die gantze, oder doch der gröste Theil der Gewalt bey dem Könige stehet; ja in Ansehung auswärtiger Staaten es gleich viel ist, ob der König alle Gewalt, oder nur den grösten Theil derselben hat; so hat auch ein König in Ansehung auswärtiger Staaten so viel Gewalt, als der andere, ob er gleich in Ansehung des Staates, den er regieret, nicht so viel Gewalt hat, als der andere, so gantz Souverain oder schlechterdinges unumschränckt ist.  
  Auswärtigen ist nichts daran gelegen, ob ein König ohne Einwilligung der Stände etwas thun und befehlen kan, oder ob er es mit Einwilligung der Stände thut. Es ist genug, daß es geschehen kan. z.E. wenn ein König ohne Einwilligung der Stände keinen Krieg anfangen darff; so gewinnen dadurch die benachbarten Staaten nichts, daß er mit ihnen den Krieg auf vorhergehende Einwiligung der Stände angefangen. Wollte man gleich sagen, daß benachbarte Staaten die Stände bestechen könnten, damit sie nicht in den Krieg willigen; so ist eben dieses zu besorgen, wo der König auch gleich ohne Einwilligung der Stände Krieg anfangen darff. Denn er hat doch seine Räthe, mit denen er die Sache überleget, und diese können noch leichter, als die Stände bestochen werden, weil öffters nur einer ist, der bey einem Herrn viel zu sagen hat; da hingegen einer von den Ständen so viel zu sprechen hat, als der andere, auch es hier auf die Anzahl derer, die mit einander einig sind, lediglich ankommet.  
  Die Fragen, die bey dieser Gelegenheit von einigen pflegen berühret zu werden, ob nehmlich Ketzer und Ungläubige, ingleichen die Weiber die höchste Gewalt haben können? untersuchet und beantwortet Becmann in Medit. Polit. …  
     

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Stand: 23. August 2016 © Hans-Walter Pries