| Stichworte | Text | Quellenangaben | 
|  | Majestät, Majestas, ist 
ein 
				Lateinisches
				Wort |  | 
|  | {Sp. 535|S. 301} |  | 
|  | und  
				bedeutet bey den alten 
Scribenten die 
Würde, den 
Vorzug, das
Ansehen; die neuern aber 
			verstehen dadurch eben 
dasjenige, was die Griechen [griech. Text]; die Lateiner |  | 
|  | 
	rerum summam, rerum 
imperium, summum imperium, arbitrium rerum omnium, vim imperii, summum rerum 
judicium, summam potestatem  |  | 
|  | genennet, | siehe 
	Bosius in introduct. in 
notitiam rerum publicarum … Hertius in elem. prudent. 
civil. … und Reinhard in theatr. prud. eleg. … 
				 | 
|  | Es heisset demnach die Majestät seinem innern und eigentlichen 
Wort-Verstande nach nichts anders, als das höchste 
Ansehen, die oberste 
Hoheit 
und 
				Gewalt im 
						Staate, welche ein jeder Souverain, er sey gleich ein 
			König, 
freyer  
				Herzog oder 
				Republic, besitzet. |  | 
|  | Bey der 
				Sache selbst, von der man in dem 
natürlichen Recht, auch nach 
einiger Lehr-Art in der 
Politic handelt, ist insonderheit auf vier Stücke zu 
sehen; was die Majestät sey, wie man sie eintheile, wer dieselbige habe, wie sie 
erlanget werde und aufhöre? |  | 
| 1. Wesen | Erstlich haben wir zu untersuchen was die Majestät sey? Grotius
de jure belli et pacis … nennet sie potestatem summam, cujus actus 
alterius iuri non subsunt, ita ut alterius voluntatis humanae arbitrio possint 
reddi. Welche Beschreibung zwar |  | 
|  | 
	Kulpisius
	in Collegio 
Grotiano … Graswinckel ad Grotium … Böcler ad Grotium …  |  | 
|  | billigen; sie ist aber nicht nur etwas dunckel, sondern auch nicht so genau 
abgefasset. |  | 
|  | Ziegler  
de iuribus majest. … 
			sagt, sie sey 
suprema potestas regendi civitatem. Thomasius aber in 
jurisprudentia divina … beschreibt sie also, daß sie sey die höchste 
Gewalt 
der 				
				
				Unterthanen 
				Thun und Lassen zu 
				
				regieren, und mit denen, die ausser der 
				Republick sind, im 
				Nahmen derselben Krieg und 
				Friedens-Sachen vorzunehmen, den 
Endzweck der Republick zu erhalten. Andere geben die Sache kürtzer, daß die 
Majestät die höchste Gewalt überall in einem 
						Staat sey. Diese Beschreibung 
wollen wir zum 
				Grunde legen, und daraus die Beschaffenheit der Majestät etwas 
genauer betrachten, wobey wir auf drey Stücke zu sehen haben |  | 
|  | 
	
		| 1) | auf die Beschaffenheit dieser  
Gewalt 
		selbst. |  
		|  | Ist sie die höchste; so folget, daß sie auch unumschränckt seyn müße, so daß 
die hohe Obrigkeit niemanden als 
				
				GOtt dem Herrn allein wegen ihres 
				Thuns und 
Lassens Rechenschafft geben dürffe. Denn wenn dieses wäre; so könnte sie nicht 
die Höchste seyn, weil man alsdenn einen Obern über sich hätte. Wird ein 
				Herr an 
die Fundamental-Gesetze eines 
		Landes gewiesen, oder ist dem andern mit 
Lehns-Pflicht verwandt, oder begiebt sich ein schwächerer 
				Stand unter eines 
mächtigern Schutz; oder ein 
		Regent muß dem andern eine jährliche Pension geben; 
so muß man sehen, ob solche 
		Verbindlichkeit eine Unterwerffung mit sich führet? 
Denn wenn dieses ist; so hat man nichts mehr denn den äusserlichen Schein der 
Oberherrschafft. |  
		|  | Doch können auch solche Verbindlichkeiten bestehen, daß sie mit keiner 
Unterwerffung verknüpffet, in |  |  | 
|  | {Sp. 536} |  | 
|  | 
	
		|  | welchem Fall die Majestät in ihrer 
		Krafft bleibet. Aus dieser Independentz folget weiter, daß 
				Fürsten, die niemand 
als 
				
				GOtt über sich haben, an keine menschliche Gesetze gebunden sind. Weil sie 
				Menschen sind, stehen sie unter dem göttlichen 
				Gesetzen, indem sie GOtt als 
ihren Ober-Herren anzusehen haben, menschliche Gesetze aber können sie deswegen 
nicht verbinden, weil sie als die höchste 
		Obrigkeit keiner menschlichen 
		Bothmäßigkeit unterworffen sind. |  
		|  | Daß etliche unter der 
		Krafft des 
				Gesetzes eine Richtschnur abzugeben, und 
unter der Krafft die 				
				
				Unterthanen zu zwingen, oder inter vim legis directivam 
und coactivam, einen Unterscheid machen wollen, und fürgeben daß ein 
				Fürst in so weit unter dem menschlichen Gesetz stünde, so ihm solches zu einer 
Richtschnur diene, dieses ist gantz ungegründet. Denn man kan sich kein Gesetz 
ohne die  
		Verbindlichkeit 
		einbilden, und daher geht’s nicht an, daß das Gesetz als ein Gesetze 
		eine Richtschnur seyn könne, ohne eine Verbindlichkeit zu haben, |  | welches mit mehrern
Buddeus in 
diss. de principe legibus 
humanis, sed non divinis soluto ausgeführet wobey auch zu lesen 
Roetenbeccius in dissertat. super quaestione: an princeps sit 
solutus legibus civilibus? Altd. 1684. | 
|  | 
	
		|  | Aus Klugheit nehmen sie die Gesetze, die sie ihren  				
				
				Unterthanen  
		vorgeschrieben, selbst in acht, damit sie durch ihr Beyspiel das 
				Volck 
		desto eher zum 
				Gehorsam bewegen mögen. Den Grund-Gesetzen kommen sie 
		zwar nach, wie aber selbige keine eigentliche Gesetze sind, sondern 
		vielmehr eingegangene Verträge und Vergleiche; also geschicht dieses nur 
		wegen des natürlichen Gebots, daß man die Verträge halten soll. |  
		|  | Es ist weiter aus dieser Independentz die ungegründete 
		Meinung der 
		Monarchomachorum oder Regiments-Stürmer zu ersehen, welche meinen, daß 
		Regenten 
unter dem 
				Gerichte des 				
				Volcks stehen müsten, so nicht nur höchst ungereimt 
sondern auch gefährlich. Ungereimt ist dieses Vorgeben, weil solches was 
widersprechendes in sich fasset, daß das Volck, welches sich dem Regenten 
unterthänig gemacht, noch eine 
				Gewalt über demselbigen haben will, ein 
				
				Unterthan 
aber seyn und die Gewalt zugleich haben, geht nicht an. |  
		|  | Gefährlich ist diese 
		Meinung, weil sie Gelegenheit zur Rebellion geben kan, 
indem sich unter dem Volcke allezeit wideriggesinnte befinden, die wider den 
		Regenten 
		schädliche Anschläge schmieden, und das Volck anreitzen könnten, daß es 
von dem 
			Könige Rechenschafft seines 
				Thuns und Lassens forderte. So heissen auch 
die 
				Gründe nichts, die sie vor ihre 
				Meynung anführen. Denn wendet man ein, indem 
das Volck der hohen Obrigkeit diese 
				Gewalt auftrage, so müste es auch selbige 
haben, weil man einem nichts geben könnte, was man nicht selber habe, so 
antwortet man: Das Volck gebe dem 
		Oberherrn die höchste Gewalt nicht 
cumulative, daß es solche zugleich behalte, sondern privative daß es 
dieselbe verliere. Und ob wohl das 
				Volck die höchste Gewalt, die es dem 
				Fürsten 
übergiebt, virtualiter oder der 
		Krafft nach hat; so kan man doch nicht 
			sagen, daß solche bey denselben formaliter sey. Dannenhero ist auch der 
Unterscheid ohne allen 
				Grund den etliche unter der Real- und Personal-Majestät 
machen, wovon besondere 
				Artickel. Man lese Groti- |  |  | 
|  | {Sp. 537|S. 
302} |  | 
|  | 
	
		|  | um de Jure belli et pacis … welcher die übrigen 
Schein-Gründe, die sie gegen die unumschränckte Gewalt der höchsten Obrigkeit 
vorbringen, übern Hauffen wirfft. |  
		|  | Ausser der Dependentz fliesset auch ausser der 
		Natur und Beschaffenheit der 
höchsten Gewalt dieses, daß die 
		hohen Obrigkeiten geheiligte 
		Personen sind, an 
denen sich niemand vergreiffen darff, und das nennt man die inuiolabilitatem, 
auch Sanctitatem principum. Durch das natürliche 
				Gesetz hat zwar ein ieder 
				Mensch das 
	Recht, daß ihn niemand 
		beleidigen darff, welches aber einem 
				Fürsten 
in weit höhern Grad zukömmt der hier nicht nur als ein Mensch, sondern auch als 
ein Fürst anzusehen, an dessen Sicherheit nicht nur wegen der Wohlfahrt und 
Erhaltung der 
				Republick viel gelegen, sondern auch um deßwegen mit dem grösten 
Fleiß zu erhalten, weil sie immer den Anfällen 
			böser Leute zum Ziel stehen, die 
den 
						Staat, oder die 
				Regierung gerne verändert sehen. |  
		|  | Hier finden sich zwey Abwege, die man zu vermeiden hat. Auf derer einem die 
		Monarchomachi stehen, daß man einen 
				Fürsten der nicht recht 
				
				regiere, vor 
				Gericht 
fordern, straffen und absetzen könne, wie vorher schon angemercket worden. Auf 
dem andern aber befinden sich die Machiavellisten, welche solche Lehr-Sätze 
hegen, daß ein Fürst regieren könnte, wie er wollte, wenn auch 
		Land und Leute 
darüber zu 
				Grunde gehen sollten. Doch wie weit man sich einem gottlosen 
		Regenten 
wiedersetzen könne, dieses soll unten in dem 
				Artickel: Tyrannen, 
		gezeiget werden, |  | dahin unter andern Schneiders 
				
Diss. de 
illicita contra principem vitae defensione 
				Halle 
				1702. gehöret. | 
|  | 
	
		| 2) | müssen wir das Object, darauf sich die höchste 
				Gewalt der 
		hohen Obrigkeit erstrecket, erwegen, welches alles ist, was sich in dem 
				
				Staat 
		befindet, als die 
		Personen der 				
				
				Unterthanen, ihr 
				Thun und Lassen, und ihr 
		Haab und 
				Güter, soweit es der 
		Endzweck des 
				gemeinen Wesens erfordert. 
		Denn wie die Erhaltung des Staats eine höchste Gewalt, also muß sie sich 
		auch über alles erstrecken. |  
		|  | In Ansehung der Personen könnte man die Frage untersuchen: ob auch die 
				Geistlichen der 
		weltlichen Obrigkeit unterworffen? welches die Papisten läugnen. 
Weil sie aber aus Theologischen Grundsätzen zugleich muß entschieden werden, so 
halten wir uns dabey nicht auf. So viel 
				erkennet die 
		
				Vernunfft, daß, wenn die 
Gewalt die höchste seyn soll, so müsse sie sich auf alle Unterthanen und 
zugleich mit auf die geistlichen erstrecken: und die 
		Politici haben nicht ohne 
				Ursach gefraget: ob man 
			sagen könne, daß ein Päbstischer 
				Regent die höchste 
Gewalt habe? weil die Geistlichen in seinem 
				Reich einen grossen Theil ausmachen, 
die sich seiner 
				Herrschafft 
				entziehen. |  |  | 
|  |  |  | 
| 2. Einteilung | Wir kommen auf das andere Stück: wie man die Majestät eintheile ? welches 
auf unterschiedene und zum Theil ungegründete Art geschiehet. Denn |  | 
|  | 
	
		| 1) | ist die Eintheilung in majestatem realem et personalem bekannt, 
welchen Unterscheid insgemein die 
				
				Regiments Stürmer machen wie man unter andern 
aus dem Althusius in polit. … sehen kan. Jene sey die 
				Gewalt, die sich das 
				Volck vorbehalten |  |  | 
|  | {Sp. 538} |  | 
|  | 
	
		|  | hätte, wenn es etwa mit dem 
			Regiment nicht zufrieden wäre; dieser aber sey dieienige 
				Hoheit, die dem 
		Regenten 
		zukomme. Wie ungegründet aber diese Eintheilung sey, ist schon vorher 
		gezeiget worden, |  | davon man auch 
			lesen kan.
			Pufendorf
			in jure naturae et 
gentium … 
			Ziegler
			de iurib. maj. …  
	Horn de civitat. … 
			Böcler in institut politit. …
Hertium in element. prud. civil. … u. andere  | 
|  | 
	
		| 2) | Theilt man sie in majestatem absolutam und limitatam, davon jene 
sey, wenn ein 
				Regent an keine gewisse 
		
		Verordnung gewiesen, und nach eigenem 
Gutbefinden die 
				Regierung schlechterdings einrichten könnte, wie er wollte; 
wofern aber gewisse Grund-Gesetze vorhanden, darnach er sich zu richten, so 
werde dadurch die  
				Gewalt eingeschränckt, und das sey majestas limitata;
Becmann in meditat. politic. … erinnert, daß auch dieser 
Unterscheid nichts heisse, indem, wenn die Majestät eingeschränckt werde, so 
werde sie dependent, welches wider die 
		Natur der Majestät sey. |  |  | 
|  | 
	
		|  | Es kommt aber darauf an, auf was Art die Einschränckung geschicht. Denn 
bestehet sie nur darinnen, daß in einem 
				Reiche Grund-Gesetze da sind, die man 
nicht sowohl vor eigentlich so genannte Gesetze, als vielmehr beyderseits 
eingegangene Verträge und Vergleiche anzusehen hat; so thut dieses an sich der 
höchsten   
				Gewalt keinen Eintrag. Denn daß sie solchen Grund-Gesetzen nachkommen, 
dieses geschicht nicht wegen der 
		Krafft einer damit 
		verknüpfften 
		Verbindlichkeit, sondern wegen des freywillig aufgerichteten Vertrags, den man 
nach dem natürlichen Recht zu halten 
			verbunden ist. |  | Siehe Thomasium in jurisprud. diuin. … | 
|  | 
	
		| 3) | theilet man sie in majestatem perpetuam et temporariam, davon jene 
der Regent 
		
				Lebens lang hat, diese aber nur auf eine 
				gewisse Zeit besitzet. Es haben 
		zwar einige gezweiffelt, ob das eine Majestät sey, die an eine gewisse 
		Zeit gebunden; andere aber 
			sagen, daß es der höchsten   
				Gewalt gar nicht 
		entgegen sey, wenn man selbe nur eine Zeitlang habe, welches man auch 
		aus den Exempeln derjenigen Regenten sehen könnte, die ihre 
				Regierung 
		freywillig nieder geleget. Auf diesen Umstand pflegt man bey der Frage: 
		ob der Römische Dictator die höchste Gewalt gehabt? mit Zusehen wovon 
		oben unter dem
				Artickel
              Dictator im VII. Bande p. 796 u.ff. 
ein mehrers nachgesehen werden kan. |  |  | 
|  | 
	
		|  | Wenn man aber weiter fraget: ob die Curatores oder Vormünde der 
unmündigen 
			Königen die Majestät haben? so wird solches 
				billig geläugnet. |  | Siehe 
	Ziegler
	de jurib. maj. … Becmann in meditat. polit. … Hertium de 
tutela regia …  | 
|  | 
	
		| 4) | sey sie entweder usu fructuaria, wenn der König keine 
		Macht habe, 
das 
				Reich auf andere nach seinem Belieben zubringen, oder patrimonialis, 
wenn das Reich einem 
			eigenthümlich zustehet und man also das 
	Recht selbiges 
andern zu überlassen hat, welche Eintheilung nur bey Königreichen und 
		Monarchien 
		angehet. Man theilt sie auch in die regulaire und irregulaire, in die 
		ordentliche und ausserordentliche, |  | siehe Hertium in element. 
prud. civil. … | 
| 3. Subjekt | Drittens betrachten |  | 
|  | {Sp. 539|S. 303} |  | 
|  | wir das Subjectum der Majestät. Mit den 
Personen welche die höchste 
				Gewalt haben, hat es nicht allemahl einerley 
Bewandniß. Denn bißweilen ist sie in den Händen eines einigen 
				Menschen, welches 
die Monarchie heisset, bißweilen ist sie bey den Rath, dazu man einige Personen 
aus der 
				Republick erwählet, welches die Aristocratie ist, bisweilen kommt das 
			Regiment auf die allgemeine Versammlung aller und ieder Hauß-Väter an, und das 
ist die Democratie, oder wie sie sonst auch genennet wird, die Politie. |  | 
|  | Grotius de jure belli ac pacis … theilet das 
Subjectum der Majestät in commune und proprium. Jenes sey das 
				Volck, ehe das proprium bestellet werde, bey dem auch die Majestät 
ursprünglich gewesen, auch wenn das Subjectum proprium nicht mehr da sey, 
wieder dahin kommen, dieses aber, oder das proprium wäre der 
			König 
oder der Rath, | welche Eintheilung 
	billigen.Kulpisius in 
	Colleg. Grotian. 
.. Willenberg in sicilimentis juris gentium prudentiae …
	Becmann in meditation. politic. …  | 
|  | Einige Ausleger aber des Grotius als Felden, 
Ziegler, 
Henniger, Osiander, sind damit nicht zufrieden, und wenden unter andern 
ein, es wäre selbige so beschaffen, daß man leicht daraus eine zweyfache 
Majestät schliessen könnte. Ob nun wohl keines weges der 
				Sinn des 
Grotius dahin gegangen; so ist sie doch nicht nur was unverständlich, 
sondern kan auch Anlaß zu dem Irrthum derer, die eine doppelte Majestät 
statuiren, geben, oder doch darzu gemißbrauchet werden. |  | 
|  | Wenn die 
				Republick ohne Haupt ist wie bey einem Interregno, so stehet 
zwar die höchste 
				Gewalt bey dem  
				Volcke, aber nur vitualiter der 
Krafft 
nach, und nicht formaliter. Unerachtet aber in einem 
				gemeinen Wesen nach 
Beschaffenheit der unterschiedenen Vorfallenheiten und 
Regierungs-Formen die 
Macht und
				Gewalt der 
hohen Obrigkeit bißweilen ziemlich eingeschräncket wird; so 
ist doch diese Macht und Gewalt in Ansehung des gantzen gemeinen Wesens 
unumschräncket. Denn was in einen gemeinen Wesen von der hohen Obrigkeit, mit 
Einwilligung derer, welche vermöge der daselbst eingeführten 
Regierungs-Art 
darein zu willigen haben, und mit ihr zusammen das gantze gemeine Wesen 
vorstellen, beschlossen wird, darwider hat niemand auf 
				Erden
	Recht etwas zu 
			sagen, oder zu verhindern, daß es nicht geschehen, wenn er es nicht als eine 
Beleidigung seiner anzusehen hat. |  | 
|  | Nehmlich jedes gemeine Wesen hat seine  
Macht und  
				Gewalt vor sich, und kein 
Auswärtiger hat etwas darein zu 
			sagen, wenn ihm nicht durch dessen Gebrauch zu 
nahe getreten wird. Denn ein gantzes  
				gemeines Wesen wird wie eine 
Person 
angesehen, und viele verhalten sich gegen einander wie verschiedene einzele 
Personen. Gleichwie nun ein ieder 
				Mensch eine unumschränckte Gewalt und Macht 
hat, sein bestes zu befördern, und ihm niemand sich zu widersetzen 
	Recht hat, 
als wenn er seine Macht ihm zu 
Schaden mißbrauchen will: eben so hat ein jedes 
gemeines Wesen seine Macht und Gewalt, das 
				
				gemeine Beste zu befördern, gantz 
unumschränckt, und kan niemand anders mit Recht sich dagegen auflegen so lange 
er nicht Schaden abzuwenden 
			verbunden ist. |  | 
|  | Die |  | 
|  | {Sp. 540} |  | 
|  | unumschränckte   
Macht und   
				Gewalt, die gemeine Wohlfahrt und 
Sicherheit zu befördern, wird eben die Majestät genennet. Da nun in der 
Monarchie dieselbe bey einem, in der Aristocratie bey einigen, in der Politie 
oder Democratie hingegen bey der gantzen 
				Gemeine anzutreffen; so ist die 
Majestät in der Monarchie auch nur bey einem, in der Aristocratie bey einigen, 
in der Politie oder Democratie bey der gantzen Gemeine, folgends in diesen 
beyden letztern, nehmlich der Aristocratie und Democratie getheilet. |  | 
|  | Jedoch wenn die vermischte 
Regierungs-Forme etwas von der 
Monarchie hat, daß 
man nehmlich ein einiges Ober-Haupt erwählet; so kan doch der gröste Theil der 
Majestät bey einem seyn. Wenn die Majestät entweder gantz oder doch grösten 
Theils bey einer 
Person ist; so nennet man sie einen 
			König. Und dannenhero 
werden Könige Majestäten genennet. Jedoch gehet es hier, wie mit andern 				
				Wörtern, 
daß die Unbeständigkeit im 
			Reden die Bedeutung des 
				Wortes unterweilen in etwas 
ändert. Denn es kommet nach diesem unter den 
				Völckern auch darauf an, ob 
derjenige, der in der That ein König ist, auch von andern davor 
				erkannt wird. 
Und es kan auch wohl geschehen, daß man einen für einen König 
				erkennet, der es 
doch nicht ist, weil er nur einen kleinen Theil von der Majestät besitzet. |  | 
|  | Wenn die Majestät unter viele getheilet ist; so sind sie alle zusammen, bey 
denen sie stehet, so viel als ein  
			König; keiner aber unter ihnen allein ist ein 
König, und daher kan man sie auch weder Könige, noch Majestäten nennen, indem 
man nicht einem allein beylegen kan, wovon ihm nur ein Theil gehöret. Eben so 
siehet man, daß in einer Politie oder Democratie, wo die Majestät bey der 
gantzen 
				Gemeine stehet, die gantze Gemeine daher auch als wie ein König 
anzusehen. |  | 
|  | Die Lande wo entweder die gantze, oder doch der gröste Theil der   
Macht bey 
einem ist, wird ein Königreich genennet. Andere Länder haben verschiedene andere 
				Nahmen, wobey es viel auf die 
			Gewohnheit zu 
			reden mit ankommt, bey welcher 
öffters die Einbildung die Oberhand hat. Derowegen, da wir hier bloß dasjenige 
untersuchen, was in der 
				Vernunfft, nicht aber in den Einbildungen der 
				Menschen 
gegründet ist; so wollen wir uns auch vor dieses mahl um die übrigen Nahmen 
unbekümmert lassen. |  | 
|  | In einer ieden  
Regierungs-Forme, sie mag  
				Nahmen haben, wie sie will, soll 
alles dasjenige geschehen, was die allgemeine Wohlfahrt und Sicherheit 
erfordert; hingegen unterlassen werden, was jene hindert und dieser zuwider ist. 
Da nun überall diejenigen welche beurtheilen müssen, was der gemeinen Wohlfahrt 
und Sicherheit zuträglich ist, 
Freyheit haben müssen; zu 
			befehlen und zu thun, 
was sie von dieser Beschaffenheit zu thun erachten: so ist in ieder 
Regierungs-Forme so viel Freyheit zu befehlen und zu thun, als in der andern. |  | 
|  | Derowegen weil die Freyheit zu befehlen, oder überhaupt etwas zu thun, die 
				Gewalt ist; so ist in einer  
Regierungs-Forme nothwendig so viel Gewalt, als in 
derr andern. Nehmlich ein 
				gemeines Wesen hat so viel |  | 
|  | {Sp. 541|S. 304} |  | 
|  | Gewalt, als wie das andere. Denn überall wird sie, wie aus dem besagten 
erhellet, durch die 
				Nothwendigkeit dessen, was die gemeine Wohlfahrt und 
Sicherheit erfordert, bestimmet, und gehet demnach so weit, als die 
Nothwendigkeit der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit selbst. |  | 
|  | Es ist wohl wahr, daß man in einem kleinen 
						Staate nicht so vielen zu 
			befehlen hat, als wie in einem grossen. Allein dieses machet die 
				Gewalt selbst 
nicht kleiner, noch grösser. Denn da die Gewalt nichts anders als die  
Freyheit  
zu befehlen ist, der aber, welcher vielen 
			befiehlet, nicht mehr Freyheit zu 
befehlen hat, als der andere, so wenigen befiehlet; so hat auch derjenige, 
welcher wenigen befiehlet, eben die Gewalt, so der andere hat, welcher vielen 
befiehlet. Und auf solche weise bleibet in einem kleinen Staate so viel Gewalt, 
als in einem grossen. |  | 
|  | Weil nun in einem jeden  
						Staate so viel
				Gewalt ist, als in dem andern; in 
einem Königreiche aber entweder die gantze, oder doch der gröste Theil der 
Gewalt bey dem 
			Könige stehet; ja in Ansehung auswärtiger Staaten es gleich viel 
ist, ob der König alle Gewalt, oder nur den grösten Theil derselben hat; so hat 
auch ein König in Ansehung auswärtiger Staaten so viel Gewalt, als der andere, 
ob er gleich in Ansehung des Staates, den er 
				
				regieret, nicht so viel Gewalt hat, 
als der andere, so gantz Souverain oder schlechterdinges unumschränckt ist. |  | 
|  | Auswärtigen ist nichts daran gelegen, ob ein  
			König ohne Einwilligung der 
				Stände etwas thun und 
			befehlen kan, oder ob er es mit Einwilligung der Stände 
thut. Es ist genug, daß es geschehen kan. z.E. wenn ein König ohne Einwilligung 
der Stände keinen Krieg anfangen darff; so gewinnen dadurch die benachbarten 
						Staaten nichts, daß er mit ihnen den Krieg auf vorhergehende Einwiligung der 
Stände angefangen. Wollte man gleich 
			sagen, daß benachbarte Staaten die Stände 
bestechen könnten, damit sie nicht in den Krieg willigen; so ist eben dieses zu 
besorgen, wo der König auch gleich ohne Einwilligung der Stände Krieg anfangen 
darff. Denn er hat doch seine Räthe, mit denen er die 
				Sache überleget, und diese 
können noch leichter, als die Stände bestochen werden, weil öffters nur einer 
ist, der bey einem  
				Herrn viel zu sagen hat; da hingegen einer von den Ständen so 
viel zu 
			
			sprechen hat, als der andere, auch es hier auf die Anzahl derer, die mit 
einander einig sind, lediglich ankommet. |  | 
|  | Die 
				Fragen, die bey dieser 
				Gelegenheit von einigen pflegen berühret zu 
werden, ob nehmlich Ketzer und Ungläubige, ingleichen die 
				Weiber die höchste 
Gewalt haben können? 
				untersuchet und beantwortet Becmann in 
Medit. Polit. … |  | 
|  |  |  |