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Text |
Quellenangaben |
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Zweifel,
Lat.
Dubitatio, ist derjenige
Zustand
des
menschlichen Verstandes, da derselbige
ungewiß ist, zu welcher Seite er sich in dem
Urtheil von einer
Sache determiniren sollen.
Eigentlich zu
reden, zeiget der Zweifel nicht
sowohl eine
Würckung, als vielmehr einen
Stand
des menschlichen Verstandes an. |
Walchs Philosoph.
Lexicon.¶ |
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Derjenige
Mensch also, dessen Verstand sich
in einem solchen Zustand befindet, heisset daher
ein Zweifler, Lat. Scepticus.¶ |
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Wir wollen diese
Materie von dem Zweifel und
den Zweifler, in dreyen besondern Haupt-
Abschnitten,
Philosophisch, Theologisch und
Juristisch abhandeln.¶ |
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A) Philosophische Abhandlung.¶ |
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I. Betrachtung des Wortes Zweifel.¶ |
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Das
Worte:
Zweifel, scheinet nicht ein
ursprüngliches, sondern ein hergeleitetes und
zusammengesetztes Wort zu seyn, nehmlich von
zwey und fehlen, das ist, in zweyen
Dingen fehlen;
oder zweyfach von einem Dinge urtheilen; oder,
wie Stadenius in Vocibus Bibliorum … will:
Zweifeln ist im
Griechischen distazein von
dis und
staō, gleichsam auf einem Scheidewege stehen;
und auf solche Weise ist auch das Deutsche Wort:
Zweifeln, von zwey und fall, da man von einer
Seite zur andern wancket und zweifelt,
zusammengesetzet. |
Steinbachs vollständiges
Deutsches Wörter-Buch.¶ |
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II. Haupt-Begriff des Zweifels und Zweiflers.¶ |
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Alles was
wahr ist, läst sich dencken, denn da
es objektivisch wahr ist, so kan es subjektivisch
gefast werden. Das Falsche, weil es in sich
widersprechend: folglich ein Unding ist, so kan es
von keinem Subjecte gedacht werden, weil sich
davon keine Vorstellung machen läst. Es ist an
dem, daß man die Falschheit dencken kan, allein
nur |
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{Sp. 1016} |
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durch den Gegensatz der
Wahrheit, und den
Gründen und Kennzeichen, welche den wahren
Satz bestimmen, der uns die Unmöglichkeit des
Falschen durch die Gegeneinanderhaltung,
darleget. Daraus begreiffet man die unrichtige
Verbindung oder Trennung der
Begriffe und die
Abweichung von den ächten
Erkenntniß-Sätzen
aller Wahrheiten, folglich die Falschheit. |
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Wer das Falsche, unter der
Einbildung des
Wahren, zu dencken vermeynet, der irret.
Niemand muß sich vorstellen, als wenn die
Irrenden glaubten, daß ihr Irrthum nicht Wahrheit
sey. Die betrübte
Erfahrung giebt uns den
täglichen
Beweis
davon. Diese armen
Seelen
rühmen sich der richtigsten
Gedancken, und sie
glauben so gewiß ihren falschen Satz zu
gedencken, als der, welcher in der würcklichen
Einsicht des wahren stehet. Sie rühmen sich der
Beweis-Gründe, des Beweises der Gewißheit und
Überzeugung so wohl als der, welcher dieß alles
in der
That besitzet. |
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Der subjectivische Zweifel gehet einen
andern Weg. Er nimmt an: daß ihm, so wie er itzo
ist, die Verhältniß der
Begriffe, die Grund-Sätze
mit ihren Folgen, und die objektive Gewißheit und
Wahrheit unbegreifflich sey. Auch dieses setzet er
von der Falschheit und Ungewißheit. Dahero
entziehet er seinen gäntzlichen Beyfall den
Vorstellungen der Dinge. Und so wenig er etwas
bejahet, so wenig verneinet er solches. Wer
vorgiebt, daß er so wenig die Wahrheit als die
Falschheit von etwas dencken könne, der zweifelt,
Der Zweifel ist also nichts anders, als eine
Zurückziehung der Bejahung und
Verneinung. |
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Der Zweifler ist die
Person welche bekennet:
ich bin von etwas nicht subjectivisch gewiß; ich
kan so wenig die Wahrheit als Falschheit von
dem, welches einige gewiß als wahr oder falsch
erkennen wollen, gedencken. Es ist nicht
ausgemacht, ob die Dinge, die sich mir vorstellen,
so würcklich ausser meiner Vorstellung sind. Ich
finde Gründe, die mich bald zu der Bejahung, bald
zur Verneinung antreiben, und auf beyden Seiten
gleich starck arbeiten. Ich habe in mir keine
Überzeugung von dem, was ausser mir seyn soll,
und ich kan meinen Gedancken von etwas so
wenig das
Wort
reden, als entziehen, und darum
urtheile ich von nichts, sondern entziehe meinen
Beyfall dem einen so wohl wie dem andern. |
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Solche Personen finden bey jedem
Dinge
eine gleiche Menge von
Bewegungs-Gründen zur
Bejahung und Verneinung. ihre
Sprache ist bey
Untersuchung der Dinge: Wir wissen es nicht; es
ist ungewiß; wir können so wenig die
Möglichkeit
als
Würcklichkeit der Dinge überzeugend fassen
wir suchen die Wahrheit der Dinge zu
ergründen;
bis Dato haben wir sie nicht gefunden; die
Gründe
führen unsere Einsicht zur Aufhebung unseres
Urtheils; es kan seyn; es kan auch nicht seyn; wir
können uns so wenig zur Rechten als zur Lincken
wenden, und darum keine Parthey ergreiffen:
Kurtz alles ist uns ungewiß, unerkenntlich und
unsern
Seelen unbegreifflich. |
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Sextus Empiricus … Lib. I, Pyrrhoniarum
hypotyposium, hat uns die Ausdrücke der Zweifler
unter den Griechen gesammlet. Sie sind: [zwei
Zeilen griechischer Text]. Und la Mothe le Vayer
unter dem |
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{Sp. 1017|S. 522} |
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Nahmen Horatius Tubero hat sie in dem
Gespräche: de la Philosophie Sceptique p. 71. der
Berlinischen Ausgabe 1744, alle sorgfältig
zusammen getragen.¶ |
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Wir reden hier blos von der innern
Gestalt
des Zweifels, und wie er in einem Subjecte
arbeitet; nicht aber von der Absicht und den
Beschaffenheiten derselben. |
Simonetti Sammlung
vermischter Beyträge zum Dienst der Wahrheit,
Vernunfft, Freyheit und Religion, Bd. I, p. 136.
u.ff.¶ |
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III. Eintheilungen des Zweifels und der
Zweifler.¶ |
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Aus der Geschichte ist bekannt, daß man
viele wackere
Männer zu der Zahl der verhaßten
Zweifler darum gezählet, damit man unter dieser
Anklage andern ihren
Nahmen verhaßt machen
möchte. Es giebt Leute, die mit einer
dogmatischen Zufriedenheit dieses und jenes als
wahr ausruffen. Über diese
Art von
Menschen
klagen alle Jahrhunderte. So bald als ein
gegründetes Wissen nicht so gleich in gewissen
Gewohnheits-Wahrheiten seinen Beyfall geben,
oder durch Gegengründe wanckend machen will:
so rechnet man solches zum verwerflichen
Zweifel. Wir wissen nicht, ob diese Art der
Verleumdung nur zu den finstern
Zeiten der
Scholasticker im Gebrauche gewesen. Uns kommt
es so vor, daß man heut zu Tage darüber noch
klagen müsse. Das Zweifeln ist in der Römischen Kirche
sehr verhaßt. Und unter den
Protestanten giebt es
keine geringe Anzahl, die wider allen Zweifel,
besonders in der Religion, eifern. Der Eifer wider
die Zweifler hat ohnstreitig die Vielheit dieser
Antipoden der Dogmatiker hervorgebracht. Dies
wird sich bald zeigen. |
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Man findet hie und dort in den
Schrifften
gelehrter Männer die Eintheilung dieses
zweifelnden
Geschlechts.
Buddeus, der uns eine
Abhandlung von dem moralischen Zweifel in
seinen Analectis Historiae Philosophiae …hinterlassen, berührt derselben Eintheilung.
Auch handelt er in seinem
Buche
de Atheismo et
Superstitione … von dieser
Materie. Peter von
Viliemandy in Scepticismo debellato, und Wilhelm
Heinrich Beckher in Schediasmate de eo …
(Königsberg 1724 in 4.) … theilen die Zweifler
gleichfalls unter gewisse Benennungen ein.
Dieses findet man auch in andern Schriften, die
von dem Zweifel handeln, |
siehe
-
Struvens
Bibliothec. Philosoph. ex edit. Kablii …
- Bruckers Histor. Philosoph.
- und Jacob Wilhelm Feuerlins zwey Dissertationen, sowohl
de dubitatione Cartesiana … (Jena 1711), als auch in quantum
Cartesio Atheismus atque Scepticismus possint imputari? (Jena 1712).
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Der schon gelobte und berühmte
Herr Christian Ernst Simonetti eröffnet seine
Gedancken hierüber, in seiner Sammlung
vermischter Beyträge zum Dienste der Wahrheit,
u.s.w. Bd. I … in folgenden
Worten: Die Zweifler
machen vier Haupt- |
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{Sp. 1018} |
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Classen aus, welche man wiederum in Unter-
Classen theilen kan. Einige zweifeln sowohl an
der
Gewißheit der objectivischen als
subjectivischen Wahrheit einige geben die
objectivische zu, und zweifeln nur an der
subjectivischen. Einige geben in einer gewissen
Verhältniß die gewisse objectivische und
subjectivische Erkenntniß zu, und in einer andern
leugnen sie dieselbe. Und die letzte Classe
zweifelt nur zuerst, um die Wahrheit desto besser
zu fassen. Diese letzten, wenn man richtig reden
will, gehören eigentlich zu der rechten Gattung der
Zweifler, wenn man sie als Pyrrhonisten erweget. Sie
sind durch eine kleine Verleumdung dazu
gekommen. |
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Der Zweifel hat nicht mehr als zwey Wege,
die er betreten kan. Er kan auf sich selbst sehen,
und wie in ihm die äusserlichen Dinge vorgestellet
werden, oder er kan auf die Dinge, die ausser ihm
sich darstellen, Acht haben. Der Zweifel theilet
sich so ein, wie die Wahrheiten sind, daran er
zweifelt. Die Wahrheit ist objectivisch und
subjectivisch. Eben so verhält es sich mit dem
Zweifel. Alle Dinge lassen sich in einer gewissen
Verhältniß erwegen. Der Zweifel gleichfalls.¶ |
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(1) Eintheilung des Zweifels in den
Academischen, Pyrrhonischen, Aristotelischen,
Cartesianischen, Verulamischen, und der neuen
Pyrrhonisten.¶ |
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Betrachtet man den Zweifel erstlich in
gewissen Personen, die man als Stiffter gewisser
Arten von Zweifler ansehen muß, so bekommt er
davon die Benennung und Eintheilung.¶ |
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(a) Der Academische Zweifel.¶ |
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Arcesilaus, der Stiffter der sogenannten
mittlern, und Carneades, der Urheber der
sogenannten dritten Academie, bestimmen die
Secte der Academischen Zweifler, und man kan
eines jedes Zweifeln zu einer gewissen Art
rechnen, |
siehe Bruckers Histor.
Philosoph. unter dem
Nahmen dieser beyden
Männer. |
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Der erste, nehmlich Arcesilaus, hielt dafür:
Alles was man durch die
Sinnen und mit dem
Gemüthe fasse, sey ungewiß. Pomponius Mela …
nennet ihn deswegen den berühmten
Vorsteher
der nichts bejahenden
Academie (Nihil affirmantis
Academiae clarissimum Antistitem). Cicero
spricht
von ihm also: [vier Zeilen lateinischer Text]. |
Man sehe auch Voßium de
Philosoph. sectis … und Menagium ad Diogen.
Laert. …¶ |
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Der andere, nehmlich Carneades ließ zu, daß
in den
Dingen selbst etwas Gewisses und
Wahres
sey, aber er leugnete, daß der
Mensch solches
erkennen könnte. Auch darinn soll er von dem
Arcesilaus im Zweifeln unterschieden seyn, daß,
ob er gleich seinen Beyfall zurück behielt, er
dennoch das
Wahrscheinliche und
Unwahrscheinliche zuließ, welches jener leugnete.
Bayle in Dict. hist. crit. V. Carneades, lit. B. will
diesen Unterscheid nicht gegründet finden; und
Huet de la Foiblesse |
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{Sp. 1019|S. 523} |
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de l'esprit humain … zeiget, daß ihre
Meynung übereinstimmend gewesen.¶ |
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(b) Der Pyrrhonische Zweifel.¶ |
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Pyrrho ist der Heerführer der vornehmsten
Zweifler, die man Pyrrhonisten nennet. Diese
Secte, die man auch die Scepticker heißt, haben
auch die
Nahmen: der
Sucher, Forscher,
Unschlüßigen, und der Unbestimmenden
erhalten.¶ |
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Pyrrho setzte das höchste Gut in der
Gleichgültigkeit. Nach diesem angenommenen
Satze muste er auf sein Lehr-Gebäude kommen,
oder vielmehr des Arcesilaus seines annehmen,
und nach seiner Absicht etwas anders einrichten.
Denn wer alles vor gleichgültig halten will, der
muß nothwendig dem einen vor dem andern
keinen Beyfall widmen, folglich zweifeln. Und aus
eben dieser Quelle muß man die
Wort des
Diogenes Laertius von dem Pyrrho erklären …
[ein Satz Griechisch]; er setzte, nichts sey schön
und heßlich, nichts gerecht und ungerecht. Man
kan sich keinen bessern
Begriff von den Lehren
der Pyrrhonisten machen, als wenn man folgende
Schrifft, die einige dem
le Clerc zuschreiben,
nachlieset: Les hipotiposes … 1725. in 12.¶ |
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Einige haben zwischen den Academischen
und Pyrrhonischen Zweiflern keinen Unterscheid
finden wollen, den andere hingegen annehmen.
So hat Ascanius Abderites nach des Diogenes
Laertii Zeugnis B. IX. … unter beyderseits Lehren
keinen Unterscheid finden wollen. Bayle giebt
solchen zu, wie die Note A in dem angeführten
Artickel darlegt, und
Huet zeiget im angezogenen
Buche … wie man solchen betrachten
müsse. |
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Wenn man von den alten deutliche und
bestimmte Erklärungen hätte, so könnte man
diese Streitfrage richtiger aus einander setzen.
Indessen ist es höchstwahrscheinlich, daß Pyrrho
von dem Arcesilaus und Carneades in einigen
Sätzen abgewichen, theils weil man den Pyrrho
zum Urheber einer eigenen Secte gemachet;
theils weil einige
Schrifftsteller das Verschiedene
ihrer Lehren vorgetragen, welches gewiß nicht
geschehen wäre, wenn man in den ältesten
Zeiten
den Unterscheid unter beyden nicht
würcklich
eingesehen. Von ihrem Unterscheide schreibt
Aulus Gellius …: [acht Zeilen lateinischer Text].
Sextus Empiricus giebt auch diesen Unterscheid
an: Arcesilaus hielt die Zurückziehung des
Beyfalls vor natürlich gut, hingegen die Bejahung
ihrer natürlichen Beschaffenheit nach, vor
böse;
aber Pyrrho meynte, beydes schiene nur gut oder
böse, |
siehe Voßium de
Philosophorum sectis, und Jonsium de
Scriptoribus Histor. Philosoph. …¶ |
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{Sp. 1020} |
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Die Haupt-Characters dieser Art Zweifler ist
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- die Allgemeinheit, indem sie an allen zweifeln;
- die
Dauer, indem sie solche beständig fortsetzen,
und sich keinen Grentz-Ort ihres Zweifels
annehmen;
- und endlich die Vereinigung des
objectivischen und subjectivischen Zweifels,
indem sie über beydes zweifeln.
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Siehe übrigens den Artickel:
Philosophie, im
XXIX
Bande,
p. 1853.¶ |
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(c) Der Aristotelische Zweifel.¶ |
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Man erwege auch den Zweifel, so, wie ihn
Aristoteles gelehret hat. Dieser sagt in seinem VII
Buche von den
Categorien: von einem jeglichen
Dinge zu zweifeln ist nützlich. Man beschreibet
den Aristotelischen Zweifel: als eine Bemühung
des Verstandes, einen Satz auf verschiedene Art
zu erwegen, den Beweis und Gegenbeweis zu
führen und so lange an des Satzes Richtigkeit zu
zweifeln, bis er entweder wahrscheinlich, oder
demonstrativ behauptet worden. |
Man sehe hievon die
angezogene
Schrift des
Beckhers und die
Catheder-Abhandlung des Herrn D.
Feuerleins. |
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Uns wundert, daß man dieses erst dem
Aristoteles beygeleget. Denn vom Anfang des
vernünfftigen Geschöpffes, hat eine jede endliche
Vernunfft also verfahren müssen. So lange als die
Seele die Beweisgründe von gleicher Stärcke,
sowohl vor den
Satz als Gegensatz findet, muß
sie nothwendig ihren Beyfall zurück halten, das ist
zweifeln. Und da hat uns Aristoteles nichts Neues
gesagt, wenn er seinen Zweifel auf die Art
gedacht hat; denn es ist so richtig noch nicht, als
einige meynen, daß er soll gedacht haben: Der ist
ein Thor, der anders verfährt. |
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Wenn man alles prüfen soll, um das Beste zu
behalten: so muß man nothwendig eins gegen das
andre halten. Die
Gründe, die vor und dawider
sind, prüfen, und das Überwiegende dem
Nichtwichtigen vorziehen. Unter diesem
Untersuchungs-Geschäffte muß der Weise ein
Sucher, Forscher und Zweifler seyn. So
ehrwürdig
Aristoteles einigen als ein Dogmaticus vorkommt,
so bleibet er es doch nicht, wenn man seine Sätze
näher beleuchtet, und dahero gehöret er würcklich
unter die verdeckten irrigen Zweifler; wenigstens
bahnen seine Lehr-Sätze, wie Buddeus l.c. …
sehr wohl angemerckt, darzu den Weg. |
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Er
sagt ausdrücklich: das, was eigentlich
gut
oder böse ist, kan nicht bestimmet werden,
sondern wir durch das
Gesetz, durch die
Übereinstimmung der meisten, und nicht durch die
natürliche Beschaffenheit der
Dinge
festgesetzt. |
Siehe des Aristoteles Lib. I.
Ethic. ad Nicom. … |
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Man muß das, als das Beste und
Wahre
annehmen, welches nach der meisten
Meynung
davor gehalten wird; und das, als das Falsche,
worinnen man uneins ist, und die
Menschen nicht
zusammen stimmen, fahren lassen. Diesen
gefährlichen
Gedancken sind sehr viele unter den
alten und neuen
Weltweisen gefolget; und durch
sie ist der elende Beweis-Grund: communis opinio
Doctorum entstanden. Der Aristotelische Zweifel
ist nichts anders, als die Zurückziehung des
Beyfalls und der Vereinigung, um die beste
Meynung zu entdecken, und das, welches |
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{Sp. 1021|S. 524} |
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die äusserlichen Gesetze am
wahrscheinlichsten als wahr, falsch, gut, oder
nicht gut, bestimmen, anzunehmen. Man betriegt
sich, wenn man sich überredet, Aristoteles habe
den Zweifel zur Entdeckung der
Gewißheit und
würcklichen
Wahrheit, als ein Hülfsmittel
angesehen. Huetius l.c. … rechnet ihn deswegen
zu den Zweiflern.¶ |
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(d) Der Cartesianische Zweifel.¶ |
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Aus der Geschichte der
Weltweisheit ist
bekannt, wie hefftig man über den
Cartesianischen Zweifel gestritten. Er hat seine
Ankläger und Vertheidiger. Die angezogene
Beckhersche
Schrift stellet uns solche in einem
kurtzen
Begriffe sehr wohl dar, in der Einleitung:
de scriptoribus Vitae Doctrinaeque Cartesii. Der
Herr D. Feuerlein bemühet sich, in den
angeführten beyden Catheder-Abhandlungen, die
eigentliche Beschaffenheit desselben zu
bestimmen. Im §. 7. Diss. 1. heist es:[4 Zeilen
lateinischer Text]. Siehe auch Diss. 2. §. 2. allwo
er zeiget, wie die Cartesianische Verneinung zu
betrachten, und daß Gaßendus solche mit recht,
in seiner Dubit. 1. ad Med. 2. vorgerücket. Er,
Feuerlein, untersuchet dessen
Natur und meynt,
daß der Cartesianische Zweifel, eigentlich eine
Verneinung und kein Zweifel sey. Man kan sich
diesen philosophischen Zweifel nicht deutlicher
vorstellen, als wenn man Cartesium selbst
reden
läst. Er
sagt: |
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Weil wir als Kinder gebohren sind, und wir
mancherley Urtheile über die, in die Sinnen
fallende Dinge, ehe wir den gantzen Gebrauch
unserer Vernunfft besitzen, gemacht haben: so
werden wir durch viele Vorurtheile von der
Erkenntniß des Wahren abgezogen: von welchen,
wie es scheint, wir nicht anders befreyet werden
können, als wenn wir an allem dem, bey welchem
wir den geringsten Anschein der Ungewißheit
finden, uns in unserem Leben einmahl zu zweifeln
befleißigen. |
Siehe Princip. Philosoph.
Cartesii … |
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Die
Worte sind: [7 Zeilen lateinischer Text].
An einem andern Orte
spricht er: Ich werde
endlich zu bekennen genöthiget, daß sich bey
allem dem, welches ich ehedem wahr zu seyn
geglaubet, der Zweifel anbringen lasse; und auf
diese Gedancken bin ich nicht ohne Überlegung
und durch flüchtige, sondern durch wichtige und
nachgedachte Gründe gekommen. Dahero habe
ich geurtheilet, daß wenn ich wolte etwas
gewisses finden, ich demselben, sowie dem
offenbahr falschen, meinen Beyfall genau
entziehen müsse. |
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In seinen Medit. de prima Philosophia Med. 1.
stehen diese Worte: [eine Zeile lateinischer
Text] |
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{Sp. 1022} |
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[5 Zeilen lateinischer Text]. Hieraus erhellet,
daß der Cartesianische Zweifel nichts anders sey,
als: eine solche ernsthaffte Zurückziehung des
Beyfalls, die der gleichet, welche man, bey dem
offenbar falschen, beobachtet. |
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Der Cartesianische Zweifel bestehet also, wie
die Beckhersche Schrift wohl beobachtet hat, nicht
in einer Verneinung, sondern in einem würcklichen
Zweifel, den aber Cartesius darum durch solche
Ausdrücke: als verwerfen, ablegen, vor falsch
halten, umstoßen u.d.g. bemercket hat, um
dadurch die eigentliche Natur und Einrichtung
dieses Zweifels, von dem Pyrrhonischen, und
Aristotelischen, zu unterscheiden. Die
Pyrrhonisten zweifelten, um beständig zu zweifeln
ob etwas wahr oder falsch sey. Cartesius zweifelt,
damit sein Zweifel die Wahrheit entdecken möge;
und damit der Zweifler in solcher
Arbeit desto
gegründeter verfahre, so soll er sich vorstellen, als
wenn das, worüber gezweifelt wird, falsch
sey. |
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|
Der Aristotelische Zweifel suchet nur die
Sache von beyden Seiten zu prüfen, um die
wahrscheinlichste
Meynung und den Beyfall der
meisten, als die
wahren anzunehmen. Cartesius
erkannte diesen schlüpfrichten Weg sehr wohl,
und darum suchte er seine
Gedancken vom
Zweifel, lieber etwas hart auszudrücken, damit
man dadurch
erkennen möchte, daß sein Zweifel
nicht etwas spielendes, oder dem Haufen der
Beypflichter und
gelehrten Aussprüche
Nacheilendes sey. |
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Wer den Cartesianischen Zweifel genau
erweget, der wird folgende Beschaffenheiten
dabey entdecken, die oben gelobter
Herr Simonetti l.c. … in folgende kurtze Sätze
gefasset:¶ |
|
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Erstlich. Man muß aufrichtig, ernsthaftig und
gründlich zweifeln, weil man bey dem Dinge, daß
man vor wahr oder falsch gehalten, oder uns
andre als wahr und falsch vorgetragen,
Merckmahle des Gegentheils zu entdecken
vermeynet.¶ |
|
|
Zweytens. Man muß darum zweifeln, damit
man dadurch zur innern
Empfindung des Wahren
und Falschen komme, und man sich der
Gewißheit und der eigentlichen Beschaffenheit
seiner Vorstellungen von etwas, bewust
werde.¶ |
|
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Drittens. Man muß über ein jedes zweifeln,
welches nur auf einige Art und Weise ungewiß
gemacht werden kan.¶ |
|
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Viertens. Man muß nur einmahl in seinem
Leben über eine
Sache zweifeln, weil man nicht
eher die Untersuchung von der Gewißheit
derselben, als bis man davon überzeuget worden,
aufheben muß.¶ |
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Fünftens. Das Zweifeln ist eine
Handlung, die
das
Gemüth zur Gewißheit der
Dinge leitet, und
die
Wahrheit derselben zu fassen zubereitet.¶ |
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Sechstens. Das Zweifeln entdecket nicht an
und vor sich die Gewißheit des Wahren und
Falschen, darzu gehören die
Gründe der
menschlichen
Erkenntniß.¶ |
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Siebentens. Der Zweifel ist ein
Mittel, die
Vorurtheile abzulegen, welche die gewisse
Erkenntniß aufhalten.¶ |
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{Sp. 1023|S. 525} |
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Achtens. Der Zweifel führet zur
Gemüthssicherheit und befestiget den
Verstand
wider
Meynung,
Wahn und
Muthmassung. |
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Neuntens. Der Zweifel ist nur denen
anzurathen, welche die
Geschicklichkeit einen
Beweis zu fassen, besitzen. |
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Zehntens. Der Zweifel muß sich nicht auf die
Dinge, die in beständiger Übung im bürgerlichen,
natürlichen, und sittlichen
Leben sind, sondern
vornehmlich auf die Betrachtung der
metaphysischen Wahrheiten richten, und sich
dahero nicht an die
Würcklichkeit der Dinge, die
aus ihren
Gründen bereits bekannt sind,
wagen. |
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Eilftens. Der Zweifel muß jederzeit von einem
aufrichtigen Vorsatze, die Beweise vor die
Wahrheit und wider die Falschheit anzunehmen,
begleitet werden. |
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Zwölftens. Der Zweifel muß die Objecte,
welche über die
Krafft seiner Einsicht sind, nie
zum Gegenstande seiner Untersuchungen
machen. |
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Dreyzehntens. Der subjectivische Zweifel
muß mit dem objectivischen nie vermischt werden,
und darum muß er nicht von dem ersten auf den
letzten schliessen. |
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In diesen
Sätzen findet man die eigentliche
Beschaffenheit des Cartesianischen Zweifels, den
niemand tadeln wird, der ohne Vorurtheil die
Sachen zu untersuchen gewohnt ist.
Cartesius
Zweifel, ist ein scharfes Untersuchen der
Dinge in
ihrer metaphysischen Wahrheit, Güte,
Vollkommenheit und
Gewißheit, so wie sie sich
der endliche
menschliche
Verstand vorstellt, und
vorstellen kan. Er überschreitet die Grentzen der
endlichen Denckungskrafft nicht. Er dringet nicht
mit dummdreisten Schritten in das Unendliche. Er
will nicht die Höhe, Tiefe, Breite und Länge der
Dinge, die über den menschlichen Verstand sind,
ausmessen. Mit dem Übernatürlichen und
Geheimnißvollen hat er nichts zu thun. Sein
Gegenstand ist das, was der endliche
Geist
begreifen, und in seiner Gewißheit
erkennen
kan. |
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|
Wir begreifen nicht, wie man diesen
Philosophen zu einem
Atheisten desfalls hat
machen wollen. Denn wenn er auch an
Gottes
Würcklichkeit gezweifelt hätte, welches er doch
nicht gethan, so muß man bedencken, daß er
darum subjectivisch gezweifelt, um objectivisch
recht gewiß zu werden. Ist dieß was
Böses? Heist
dieß so gleich ein Ding leugnen, wenn man auf
eine Zeitlang an dessen
Seyn oder Nichtseyn
zweifelt, um die Gründe, die es erhärten, desto
schärfer zu prüfen? |
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Es haben auch einige
Gelehrte wohl
bemerckt, daß Cartesius nicht an Gottes
Würcklichkeit an und vor sich, sondern nur an die
Beweise und Gründe, welche die
Existentz Gottes
darlegen sollen, gezweifelt. Wenn man ihm
vorwirfft, er habe doch seine Sätze nicht
behutsam genung vorgetragen, und ein Pyrrhonist
und Atheist könnte daraus zu seiner
Beschönigung vieles anführen; ja, es könnten
auch einige dadurch auf die atheistischen und
sceptischen Wege verleitet werden: so dünckt
uns, diesen Vorwurf zu retten, so müsten alle
Lehrarten und
Schriften aufgehoben werden, weil
noch keine entstanden sind, welchen man dieses
nicht vorwerfen könne. Sind sie gleich nicht alle
die gelegentliche
Ursache, doch |
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{Sp. 1024} |
|
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auf eine unschuldige Art, zum Unglauben
geworden, so haben sie doch dem Aberglauben
Vorschub gethan. Und zwischen beyden ist der
Unart kein so grosser Unterscheid. Der Grund,
den man also wider Cartesium anführet,
beweiset
nichts, weil er mehr, als er beweisen soll,
beweiset. |
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Die übrigen Antworten, welche Cartesius
rechtfertigen, übergehen wir darum, weil man
solche sehr leicht entkräfften wird, sobald man nur
die Quellen der Beschuldigungen entdecket, und
bedenckt, wie es die Christen mit dem Worte
Gottes machen. |
Simonetti Sammlung
vermischter Beyträge zum Dienst der Wahrheit,
u.s.w. Bd. I, p. 148 u.ff.¶ |
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Indessen wollen wir doch die widrigen
Urtheile, welche über den Cartesium sind gefället
worden, kürtzlich berühren. Man kan sie füglich in
drey Classen bringen:¶ |
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Einige haben daher, daß er gemeynt, man
müsse an alles, folglich auch an der
Existentz
Gottes zweiffeln, Gelegenheit genommen, ihn der
Atheisterey zu beschuldigen, deren wir drey
anführen wollen. |
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Der eine ist Gisbert Voetius, der ein
geschworner Feind des Cartesius war, und sich
äusserst bemühete, alle Leute zu bereden, man
habe an dem Cartesius ein vollkommenes Muster
eines Atheisten, wider welche Beschuldigung er
eine weitläufftige Epistel aufgesetzet, und
darinnen querelam apologeticam … vorgestellet,
welche nach seinem
Tode
Samuel Maresius unter
dem
Titul:
Magni Cartesii manes ab ipsomet
defensi, herausgegeben. |
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Der andere ist Martin Schoockius, der
Professor der
Philosophie zu Gröningen war, und
auf Anstifften des gedachten Voetius folgende
Schrifft:
Philosophia Cartesiana …, zum Vorschein
brachte, darinnen er ihm nicht nur eine heimliche
Atheisterey Schuld giebt; sondern auch zwischen
ihm und dem Vaninus eine Vergleichung anstellen
will. Hierauf hat Cartesius in einer Dissertatione …
geantwortet, wie man denn auch berichtet, daß
Schoockius nachdem er deswegen vor der
Obrigkeit verklaget, zu dem Bekenntniß
gezwungen worden, er habe dem Cartesianus zu
nahe gethan. |
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Der dritte ist Rutger Loenius, ein Medicus,
von welchem herausgekommen sind: Selecta
philosophica prooemialia Cartesianorum ... Im
Jahr 1724 kamen, wie oben schon gemeldet, zum
Vorschein M. Wilhelm Heinrich Beckhers schediasma critico-philosophico-litterarium …
Worinnen man sich des Cartesius angenommen,
und ihn wider die Beschuldigung der Atheisterey
vertheidiget. In dem folgenden Jahre 1725
schrieb
zu Königsberg wider dieses Schediasma Johann
Caspar Such- |
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{Sp. 1025|S. 526} |
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land Dissertationem metaphysicam sistentem
Cartesium … darinnen er darzuthun sich bemühet,
man habe
Ursach, daß man den
Cartesius unter
die
Atheisten zähle.¶ |
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Andere haben ihn des Scepticismi verdächtig
gemacht, vornehmlich aus eben der Ursache, weil
er seine
Philosophie von einem gäntzlichen und
allgemeinen Zweifel angefangen, und auf diese
Art in der
That den Scepticis, die er zu bestreiten
das Ansehen entweder haben wollen, oder es
auch im Ernste mag gemeynet haben, die Waffen
in die Hände gegeben, damit sie die
Gewißheit
aller
Dinge desto besser umstossen könnten, |
wovon Parckerus de Deo et
providentia disputat. … u. Huetius in censura
philosophiae Cartesianae … zu lesen.¶ |
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Beyde sind in ihren
Urtheilen allzu hart, indem
man ihn weder der Atheisterey, noch das
Scepticismi mit
Grund beschuldigen kan, wie
Herr Walch im Philosophischen Lexico, nicht unrecht
urtheilet; jedoch aber setzet er auch hinzu: |
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„Diejenigen Gründe, womit ihm verschiedene
zu entschuldigen gesuchet, als wenn er nicht im
Ernste an der Existentz GOttes gezweifelt;
sondern nur dergleichen vorgegeben habe, oder
als wenn sein Zweifel nur in einer Zurückhaltung
seines Urtheils und nicht in einer Verneinung
bestanden; oder daß er nur eine kleine Zeit
gedauret; oder daß er nicht so wohl an der
Existentz GOttes; als an der Stärcke der
Argumenten gezweifelt, können nicht alle
gebilliget werden, gleichwohl scheint uns die
Sache selbst hart zu seyn, wenn man ihn darum in
die Rolle der Atheisten setzen wolte, weil er
gemeynet, man müsse an alles zweifeln, ja weil er
auch an der Existentz GOttes selbst gezweifelt,
welches wir nicht leugnen können, weil solches
klar aus Meditat, 1. erhellet. Denn Zweifel ist an
sich selbst noch keine Verleugnung. Nun hat sich
Cartesius zwar darinnen vergangen, daß er
zweifeln und verneinen vor eines gehalten; dem
ohngeachtet ist er in solchem Zweifel nicht
beharret, und hat vielmehr die Wahrheit, daß ein
GOtt sey, angenommen. |
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Eben das läst sich auch wegen des
Scepticismi erinnern. Denn er ist nicht nach der
Art der Scepticorum immer in Zweifel geblieben,
sondern hat endlich ein gewisses Principium
angenommen, und gewisse Kennzeichen, das
Wahre von Falschen zu unterscheiden, gesetzet.
Um deswegen treffen diejenigen unserer Meynung
nach die Sache am besten, welche sagen, daß
Cartesius wegen des Zweifels weder der
Atheisterey noch des Scepticismi mit Recht könne
beschuldiget werden; er habe aber seine Lehre
davon unvernünfftig und gefährlich
eingerichtet. |
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Es war allerdings was unvernünfftiges, daß er
verlangte, man solte an alles zweiffeln, auch an
solche Dinge, die unmittelbar in die Sinne fallen,
welches zwar daher kam, daß er sich einbildete,
als wenn die äusserliche Sinne betrieglich, und
das war gleichfals was ungereimtes, denn lassen
wir die Betrieglichkeit der Sinnen zu, daß man sich
auf selbige nicht verlassen könnte, so muß daraus
ein beständiger Zweifel, oder Scepticismus
entspringen, nicht nur in Dingen, welche
unmittelbar die äusserliche |
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{Sp. 1026} |
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Sinne rühren, sondern auch die mit dem
Verstande begriffen werden, weil alle Ideen
ursprünglich von der äusserlichen Empfindung
herrühren. Gefährlich ist diese Lehre, weil sie bey
den Atheisten und den Scepticis dienlich seyn
kan, ob er gleich selbige nicht aus Vorsatz und
böser Meynung zu solchem Ende aufgesetzet
hat.„¶ |
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Man lese Feuerleins Dissertat. de dubitatione
Cartesiana …, Jenae 1711, welcher auch noch in
dem folgenden
Jahre eine andere geschrieben
unter dem
Titul:
In quantum Cartesio atheismus
atque scepticismus possint imputari, als einige
gemeynt hatten, er hätte in der erstern dem Cartesius zuviel gethan. Es können von dieser
Materie noch andere
Scribenten gelesen werden,
als |
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- Valentin Alberti de Cartesianismo …
- Mastricht
in gangraena novitatum Cartesianarum …
- Paschius de inventis novantiquis …
- Seligmann in
exercitat. Academicis …
- Buddeus in thesibus de
atheismo et superstitione …
- Villemandy in
scepticismo debellato …
- Walch in Histor. Logic. …
und in Parerg. Acad. …
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nebst einigen Dissertationen, als |
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- des Bahrius de Cartesio serio dubitante zu
Greyffswald 1693
- und des Mascovius de
problemate ....
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Siehe auch Bruckers Kurtze
Frage aus der Philosophischen Histor. VII Th.
...¶ |
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(e) Der Verulamische Zweifel.¶ |
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Der berühmte
Cantzler von Engelland,
Baco
von Verulamio, hat zu einer neuen Eintheilung des
Zweifels den
Nahmen gegeben. Dieser grosse
Mann suchte dem Wachsthum der
Künste und
Wissenschafften eine neue
Krafft zu geben, und
insonderheit war er bedacht, die Natur-Lehre auf
gewisse
Gründe zu befestigen. In seinem
Organo
novo rieth er den Naturforschern den Zweifel an.
Er wolte, sie solten die Schätze der
Natur, mit
einem von Vorurtheilen, die er Götzen nennet,
befreyeten
Geiste untersuchen, und dahero an
denen bißhero angenommenen Hypothesen
zweifeln, den gemachten
Erfahrungen nicht
trauen, sondern alles nochmahls untersuchen und
prüfen. Der Verulamische Zweifel gehet demnach
|
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- auf die Physick,
- Erfahrung anderer in
natürlichen Entdeckungen,
- sinnliche und einzelne
Vorstellungen der Naturbegebenheiten,
- und will;
man soll seinen Beyfall den Sinnen entziehen und
nicht ohne genaue Nachspürung der Natur-Wege
so gleich Ja oder Nein, zu fremden, auch eigenen
Entdeckungen sagen.
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Joh. Clauberg de Dubit. Cart. … hat den
Unterscheid des Verulamischen und
Cartesianischen Zweifels untersuchet, der seinen
Haupt-Unterscheid darinn hat, daß Cartesius den
Zweifel in der Metaphysick, Baco aber in der
Physick, zur Erreichung der gewissen
Erkenntniß
erfordert hat.¶ |
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(f) Der neuen Pyrrhonisten Zweifel.¶ |
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Die neuen Pyrrhonisten oder Zweifler sind
von den alten in vielen Stücken unterschieden.
Sie |
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{Sp. 1027|S. 527} |
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bemühen sich, die Ungewißheit der
menschlichen
Erkenntniß zu behaupten. Sie
leugnen nicht die objectivische, sondern die
subjectivische
Gewißheit. Sie
sagen: Der Mensch
hat keine solche aufgeklärte und gewisse
Erkenntniß der
Wahrheit, dadurch er nicht nur, die
Wahrheit erkennet, sondern auch, daß er sie
gewiß erkannt habe, in einer wahren
Überzeugung stehen könnte. Alles hat nur einen
Schein des Wahren. Der Weise suchet das
Wahrscheinliche zu wehlen. Sie meynen zwischen
den Wahrheiten der
Vernunfft und der
Offenbarung entdecke sich ein Widerspruch. Sie
bauen auf die unterdrückte Vernunfft, des
geoffenbarten Glaubens, Wahrheit, Gewißheit und
Nothwendigkeit. Sie geben den Einwürfen der
alten Pyrrhonisten einen neuen Anstrich der
Stärcke. Sie bemühen sich die bishero
gebrauchten
Beweis-Gründe aus der Vernunfft, zu
schwächen und wanckend zu machen. Sie wollen
den Socratischen Satz: Dieß eine weiß ich, daß
ich nichts wisse, geltend machen. |
|
|
Man kan dieses aus dem 2 B. des Huets
Schrifft
de la foiblesse de l'Esprit am besten
erkennen. Will man von diesen
Männern mehr
Nachricht haben, so darf man nur den Peter de
Villemandy in Scepticismo debellato … nachlesen.
Allein dieser zählet viele dahin, welche dahin nicht
gehören. Wir wollen nur einige, die ohne
Widerrede, als Häupter der neuen Pyrrhonisten zu
bemercken sind, anzeigen.¶ |
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|
Franciscus Sanchez, der Medicin Professor
zu Toulouse, hat in seinen
philosophischen
Schrifften dem Zweifel das
Wort
geredet. Seine
Zweifel, die er den
Schlüssen der
Weltweisen
entgegen setzt, verrathen seine
Seele. Seine
Gedancken enthalten viel
Gutes. Des
Sanchez
vornehmste hieher gehörige Schrifft handelt: de
multum nobili et prima universali scientia, quod
nihil sciatur. Lugd. 1581. Hartnaccius hat solches
Buch 1665 mit der Widerlegung von neuem ans
Licht gestellt. Indessen findet man in seinen
übrigen Philosophischen Schrifften sehr viele
Stellen, welche seine
Meynung offenbaren.
Ausser der angeführten, sind noch drey
Tractätgen, die dazu gehören, als De Divinatione
per somnum …, die zusammen in Duodez in
Rotterdam gedruckt worden. Seine Schrifften
zusammen genommen machen einen Quart-Band
aus, der 1636 zu Toulouse an das Licht
getreten.¶ |
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|
Michael von Montagne, der sich durch seine
Belesenheit, erwecklichen Vortrag, sinnreiche
Gedancken und dreiste Ausschweiffungen in das
Reich der philosophischen
Wahrheiten, einen
grossen
Nahmen erworben, verräth seine
Neigung
zum zweifeln, in seinen Versuchen, die unter dem
Titel
Essais an das Licht getreten, sehr offt. Die
beste Ausgabe seiner Essais ist 1725 in 3 T. in 4.
zum Vorschein gekommen. Dieser Mann wird von
einigen gelobet, von andern getadelt, und als ein
weltgesinnter Mensch dargestelt. Th. Popeblount hat die
Urtheile über diesen Mann gesammlet in
censura celebr. Auctor. … und Teißier in seiner
Eloges des Savans gleichfalls. Malebranche de la
recherche de la verité … |
|
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{Sp. 1028} |
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|
… gehet etwas zu hart mit ihm um. Er
beschuldiget ihn unter andern, einer grossen
Neigung zum Zweifel. Hier vergißt sich
Malebranche, indem er noch hefftiger von der
Zweifels-Kranckheit, als Montagne, geplaget
wird. |
|
|
Man muß, wenn man ohne Vorurtheil dieses
Mannes Schrifften betrachtet, sagen, daß er
öffters das Reine mit dem Schmutzigen, und das
Ehrbare mit dem Unanständigen vorgetragen hat.
Allein seiner Offenhertzigkeit kan man diesen
Fehler darum vergeben, weil sie sehr viel Gutes
zugleich gesaget hat, und durch die Anstrengung
einer blühenden und witzigen Einbildungs- u.
Gedächtniß-Krafft, oder alles genau zu
bemercken, hingerissen ward. Bayle urtheilet von
ihm sehr wohl, Eclaircissemens … Dict. Histor. et
Crit. Sans suivre aucun Systeme aucune
methode, aucun ordre, il entassoit tout et fausiloit
ce qui lui etoit presenté par sa memoire. Des
Buddeus Gedancken sind in einigen Ausdrücken
zwar hart, aber in den meisten richtig. Sie lauten
also: [8 Zeilen lateinischer Text]. |
De Atheismo et Superst.
…¶ |
|
Frantz de la Mothe le Vayer ist ohne alle
Widerrede einer der fürchterlichsten Pyrrhonisten.
Das Feine seines
Geistes; die Weitläufftigkeit
seiner Belesenheit; die witzige Einkleidung seines
Vortrags; die glückliche
Erfindung, seinen
Gedancken ein
angenehmes Feuer zu geben; das
Spielende, Sinnreiche und das scharffsinnige
Aufsuchen der artigsten
Materien, geben ihm ein
angenehmes Ansehn, welches ihn unsern Augen
sehr würdig darstelt. Er schreibt offenhertzig, frey,
scharff und nachdrücklich. Bayle in Dict. Histor. et
Critiq. v. Vayer. hat über seinen Vortrag, in
Absicht gewisser unanständiger
Dinge, sehr wohl
geurtheilet. |
|
|
Die
Schrifft, wodurch er unter andern seine
sceptische
Neigung an den
Tag geleget, ist das
fünffache Gespräche, daß er unter dem
angenommenen
Nahmen
Oratius Tubero ans
Licht gestelt hat. Herr Prof. Kahle hat eine neue
Ausgabe dieser Gespräche besorget, und solche
mit einer Widerlegung der sceptischen
Philosophie begleitet. Sie führen den
Titel:
Cincq
Dialogues faits â l'imitation des Anciens par
Oratius Tubero, etc. a
Berlin 1744. 8. In den
beyden ersten, wendet er alle seine
Krafft dahin
an, um das Ungewisse der Dinge zu
behaupten.¶ |
|
|
Wir übergehen den Hobbes und
Malebranche, die gewiß ihre Beyträge dem
Zweifel geliefert haben. Des Huet und des
scharffsinnigen Bayle wollen und müssen wir mit
wenigen gedencken. Wir wollen den letzten zu
erst erwegen.¶ |
|
|
Dieser vortreffliche
Mann, nehmlich
Peter
Bayle, hat ohne Widerrede, wenn man seine
Worte, so wie sie da liegen, erweget, den
strengen Zweiflern das Wort geredet. Allein auf
die Art ist er auch ein Manichäer, ein
Atheist, ein
Materialist und auch ein |
|
|
{Sp. 1029|S. 528} |
|
|
Christ, weil er deren
Gründe und
Sätze
gleichfalls vorträgt. Wer ein Pyrrhonist in
philosophischem
Verstande seyn soll, der kan
unmöglich zugleich ein Manichäer, Materialist,
Epicuräer,
Atheist und dergleichen seyn. Weil
diese alle gewisse Sätze als
wahr, ausgemacht
und gewiß annehmen, und dahero so wohl die
objectivische als subjectivische
Gewißheit,
zulassen, folglich dessen Gegensatz, welchen die
Zweifler behaupten, nicht zulassen; so muß und
kan der Pyrrhonist dahin unmöglich gerechnet
werden. |
|
|
Da nun aber Bayle zu der Zahl der neuen
Zweifler von sehr vielen gerechnet wird; so muß
folgen, daß er kein Manichäer, Atheist, Epicuräer,
und Materialist seyn kan. Wir
reden hier
bedingungsweise, und behaupten nur, daß die
Irrthümer nicht alle zugleich in einem Subjecte
seyn können, folglich in diesem Manne nicht
gewesen sind, wie die Beschuldigungen angeben,
Was braucht man den Bayle nach gewissen
gemachten Folgen zu beurtheilen? Man darf nur
seine desfalls gemachten Entschuldigungen
lesen. Sie stehen p. 616 u.s.f. seines Wörterbuchs
von 1730. |
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Hernach, so folget nicht: wer da gestehet,
daß die gemachten Einwürffe der Manichäer von
der
Vernunfft nicht können aufgelöset werden: wer
sie nicht auflöset und sie in ihrer Stärcke
vorträget, der ist ein Manichäer und redet ihnen
das
Wort. Eben so ist es mit den Pyrrhonistischen
Sätzen beschaffen. Muß ein Criticus kein
aufrichtiger Mann seyn. Soll der die Irrthümer nicht
mit ihren Gründen vortragen, der sie dem andern
bekannt machen will? Wie wird man sie kennen
lernen; und wie wird man die Waffen zu ihrer
Bekämpfung suchen und männlich gebrauchen,
wenn man sie uns verhüllt, verstümmelt und nicht
so wie sie sind, darleget. |
|
|
Wenn nun der, welcher sie uns nach seiner
Einsicht redlich bekannt macht, ihre Scheinkette
nicht lösen kan; ja! durch neue Sätze, die ihm sehr
wichtig scheinen, bestärcket, und darum seine
Unruhe als ein Criticus,
Philosoph und
Geschichtschreiber offenbaret, folget daher, der
Mann gehöret zu der boßhafftigen Zahl derer,
welche solche Abwege hartnäckig betreten? Wer
so folgert, muß uns zugestehen, daß ein Feldherr,
der seinem Monarchen, die Stärcke seiner Feinde
vorstellt, vergrössert, und alles hervorsucht,
dadurch ihm der Feind unüberwindlich vorkommt,
ja dem Monarchen sagt, daß ihm die Stärcke der
Feinde so groß scheine, daß dessen Armee sie
nicht überwinden, schlagen und zur
Gefangenschafft bringen könne oder werde, zu
dem Feinde gehöre, und heimlich ihre Parthey
ergriffen habe. Nimmermehr wird man wider
diesen General also schliessen können. Es kan
seyn, daß er mit den Feinden einen verborgenen
Anschlag gemacht, daß er zu der Zahl der
heimlichen Feinde des Monarchen gehöre, und
daß er die Stärcke des Feindes aus Arglistigkeit
vergrössere: aber dieß folget nicht schlechterdings
aus seinem
Vortrage und Rath, sondern muß aus
andern Umständen erwiesen werden. Und wer es
daraus erzwingen will, der handelt wider alle
Billigkeit und Menschenliebe. Dieß Bild erläutert
sehr das Verfahren des Bayls und seiner
Ankläger.¶ |
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Des
Bischoffs Huets
Buch von der
Schwachheit des
menschlichen Verstandes, ist
unserer Ein- |
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{Sp. 1030} |
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sicht nach weit gefährlicher, als alles, was
Bayle
geschrieben hat. Indem er der Religion eine
Brustwehr zu bauen scheinet, so untergräbt er sie
auf die feinste Art. |
Siehe Schlossers Scepticismum fidei eversorem contra Huetium,
Wittenberg 1725. |
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Warum gehet man mit diesem so säuberlich
oben, da man jenen auf alle Weise fürchterlich
abmahlet? |
- Simonetti Sammlung
vermischter Beyträge, I Band, …
- Bruckers Histor.
Critic. Philosoph. IV Band, Th.
I.¶
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