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Zedler: Knecht, ist diejenige Person [1] HIS-Data
5028-15-1065-7-01
Titel: Knecht, ist diejenige Person [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 1065
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 524
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
Einwilligung
Pflichten
Stand
Ursprung
  Dummheit
  Laster
Einteilung
  vollkommene Knechtschaft
 
  Verkauf
  Kinder
  unvollkommene Knechtschaft
  öffentliche und private Knechtschaft
Aufhebung

Stichworte Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Knecht, ist diejenige Person, welche sich zu einem Herrn zu unermeßener Arbeit verdinget, davor ihren Unterhalt zu haben.  
Einwilligung Es kan niemand ohne seiner freyen Einwilligung zu einem Knecht gemacht werden, daß wenn gleich unter denen Knechten ein Unterscheid, daß einige leibeigen; andere nur gedungene Knechte sind, so müssen doch auch die erstern darein willigen.  
  Eben das zwischen einem Herrn und Knecht getroffene Pactum hält die Rechte und Pflichten eines Knechts in sich. Er kan von seinem Herrn fordern, was er ihm versprochen, nemlich seinen Unterhalt und bedungenen Lohn, auch wann er sich auf gewisse Zeit vermiethet, daß er ihn abziehen lasse, folglich wann er ihm Unrecht thun will, kan er sich demselben widersetzen, und sich in seinem Rechte schützen, sich auch, wenn kein ander Mittel da ist, mit der Flucht davon machen. Denn da ein Theil nicht hält, was er in dem eingegangenen Vergleich gewilliget, so ist auch der andere an sein Versprechen nicht gehalten.  
Pflichten Die Pflichten eines Knechtes sind, daß er mit aller Treue den Nutzen seines Herrn befördere, ihm folglich den gebührenden Gehorsam leiste, und alle anbefohlene Verrichtungen mit gehörigen Fleiß verrichte.  
Stand Der Stand darinnen eine solche Person lebet, wird die eigentliche Knechtschafft genennet, und ist also die Knechtschafft derjenige eingeführte Stand, darinnen Jemand vermöge eines Vergleichs eines andern Herrschafft unterworffen, und ihm als ein Dienst-Bote zu dienen gehalten ist, und darvor seinen Unterhalt empfängt.  
Ursprung Es mag solcher Stand ohne Zweiffel anfangs durch freywillige Verträge seyn eingeführet worden. Unter andern hat die Bedürffniß, welche nach dem eingeführten Eigenthum entstanden, darzu Anlaß gegeben. Denn einige hatten groß Vermögen, und ein weitläufftiges Hauß-Wesen, daß sie allein nicht alles bestreiten konnten, und musten sich daher um Leute umsehen, die ihnen in der Erwerbung und Verwaltung derer Güter an die Hand giengen; andere aber wurden durch die Armuth gedruckt, und konnten sich selbst nicht ernähren, folglich hatten sie nöthig Leute zu suchen, die ihnen Arbeit und vor die Arbeit Unterhalt gaben.  
  Es kan aber auch seyn, daß Eltern ihre Kinder, die sich nicht selber ernähren können, andern zu ernähren  
  {Sp. 1066}  
  überlassen, welches vielleicht auch eine Gelegenheit zur Knechtschafft gewesen, die ohnedem noch durch andere Umstände, als durch derer Leute Dumheit und Einfalt, die von andern mit List in solchen Stand gesetzet worden, kan seyn veranlasset worden, gleichwie auch hauptsächlich durch Krieg, wenn man Gefangene bekommen, und solche entweder aus Erbarmung oder seines eigenen Vortheils willen, weil man gesehen, wie nützlich die Knechte wären, beym Leben erhalten. Daher §. 3. Inst. de jur. pers. der Lateinische Name Servus a servando hergeführet wird.  
  Die Vernunfft stellt sich die Gründe vor, wodurch die Menschen zu diesem Stande haben können bewogen werden; ob es aber in der That im Anfange so hergegangen, kan man wegen Mangel derer historischen Nachrichten nicht gewiß sagen, wie Treuer über Pufendorff de Offic. Hom. et Civ. p. 397 angemercket hat.
  Der Grund dieser Gesellschafft ist der Vertrag, den Herr und Knecht mit einander machen, welche Einwilligung nicht nur von solchen Knechten, die sich aus freyen Willen in die Knechtschafft begeben, sondern auch von denen, so im Krieg gefangen werden, erfordert wird, weil sie noch als Feinde anzusehen sind.  
Dummheit Es ist dieser Stand nicht von Natur, nach der alle Menschen auch an Macht und Gewalt einander gleich sind. Es setzet zwar Procleus in denen Anmerckungen über den Pufendorff de Offic. ... zum Principio, daß nach dem Göttlichen Willen ein Verständiger einen Dümmern befehlen, und ein Unverständiger sich von einem Weisen sollte regieren lassen, und schließt daraus, daß die Knechtschafft in der Natur von der Dummheit und Unwissenheit derer Leute entstanden, und müsten also diejenigen eines andern Knechte werden, welche keinen Verstand hätten, sich selbst fortzubringen, und unvermögend und arm wären.  
  Aus welchem Principio schon Aristoteles Politic. L. 2. und Euripides Iphig. in Aulid. denen Griechen eine Herrschafft über andere Völcker, welche wegen ihrer Dummheit gleichsam zu Knechten gebohren worden, zuschreiben. Allein solches Principium geht nicht. Ein Verständiger ist wohl verbunden, einem Unverständigen Vorstellungen zu thun, die sich aber nur als Rathschläge, und nicht als Befehle verhalten, zu welcher Macht, einem zu befehlen, ein mehrers erfordert wird.  
  Inzwischen weil durch diesen Stand das Interesse des menschlichen Geschlechts befördert wird, so ist derselbe dem natürlichen Recht nicht zuwider.
  • Böhmer de Statu ...
  • Noodt Comment. ad D. ...
  Denn wolte man einwenden, es werde durch denselbigen die natürliche Gleichheit aufgehoben, so antworten wir: Wenn Jemand mit gutem Willen sich zu einer Ungleichheit verstehet, so kan er sich nicht beschweren, daß ihm unrecht geschehe. So wird auch nicht einmahl die natürliche Gleichheit aufgehoben. Denn die Gleichheit in Ansehung derer Menschen bleibet, daß wenn gleich Jemand ein Knecht ist, so behält er doch alle  
  {Sp. 1067|S. 525}  
  Rechte, die ihm als Menschen zu kommen, und geht dißfalls zu gleichen Theilen mit seinem Herrn, daß wir aber einander auch an der Gewalt gleich seyn solten, ist eben nicht nöthig.  
Laster Es reicht auch der Einwurff nicht hin, daß die Laster derer Menschen darzu Gelegenheit gegeben, weil die Laster derer Menschen diesem oder jenem Stand selbst nicht dürffen beygemessen werden. Bey so gestalten Sachen ist dieser Stand von GOtt selbst gebilliget worden, welches nicht allein aus dem Exempel Abrahams, und anderer Heiligen, die Knechte hatten, sondern auch daraus erhellet, was die Apostel im N.T. ausdrücklich hiervon gelehret, Buddeus Instit. Theol. Moral. ...
Einteilung Man pflegt die Knechtschafft einzutheilen in Servitutem perfectam et imperfectam.  
vollkommene Knechtschaft Jene nennet man, wenn man sich zu einem gewissen Herrn auf Lebens-Zeit vermiethet. Ein solcher Knecht muß vermöge seines getroffenen Vergleichs geschehen lassen, daß ihm der Herr nach seinen Gefallen Arbeit aufleget wie er will, und alles, was der Knecht dadurch erwirbet, vor sich behält; auch so sich der Knecht in seiner Arbeit nachläßig aufführet, solchen durch harte Mittel zu seiner Pflicht anhält, doch hat ein Herr auch hierinnen Maaße zu halten und auf des Knechts Kräfften und Gesundheit zu sehen, alsdenn ist eine solche Servitus perfecta an sich denen Göttlichen Gesetzen nicht zuwider. Denn muß man gleich Lebenslang Dienste thun; so hat man Lebenslang seinen Unterhalt, wie Grotius de Jur. ... wohl erinnert.
Verkauf Thomasius Disp. de Homin. prop. et liber. Germ. behauptet auch, daß dergleichen Knechte eben wie die in Kriege gefangene an andere Herren könnten verkauffet werden, welches aber Pufendorff de Jur. N. et G. mit guten Grunde verwirfft, weil diejenige, so sich von freyen Stücken in des andern Knechtschafft, obgleich auf gantze Lebens-Zeit begeben, bloß auf den Herrn, mit dem er contrahiret, nicht aber auf einen andern gesehen.  
Kinder Ob die Kinder, welche von solchen und im Krieg gefangenen Knechten gezeuget werden, auch Leibeigene des Herrn sind? darüber sind die Gelehrten nicht einig. Viele halten dieses da vor, und meynen, der Herr über den Leib sey, der sey auch Herr über die Leibes-Frucht, welche von solchem Leibe komme, wie dann auch daßelbe Kind gar nicht geboren seyn würde, wenn der Herr sein Kriegs-Recht brauchen, und die Mutter umbringen wollen. Es hätten die Eltern eines solchen Kindes vor sich nichts eigenens, und müste daher solches von des Herren Gütern ernähret werden; weil nun der Herr einem solchen Kinde so lange vorher, ehe es zu seinen Diensten zu gebrauchen, den Unterhalt gäbe, so könnte sich solches wieder des Herrn Willen der Knechtschafft nicht entziehen.  
  Dieses ist die Meynung des Grotii de Jure ... und von seinen Auslegern des  
 
  • Zieglers p. 291. 292.
  • Henniges p. 488.
  • Willenbergs Sicil. ...
  • Pufendorffs Jur. ...

    {Sp. 1068}

    ...
  • Thomasius Jurisprud. ...
  • Huber. de Jure ...
 
  Wie wohl andere von dieser Meynung abgehen. Buddeus Elem. Phil. pract. ... lehret das Gegentheil, und führet an, so lange die Kinder nicht in die Knechtschafft gewilliget, so könnte sich auch Niemand über sie eine Herrschafft anmaßen; und ob sie wohl von dem Herrn Wohlthaten genoßen, so folge doch weiter nichts daraus, als daß sie davor danckbar seyn müsten; sich aber davor in die Knechtschafft zu begeben, wäre deswegen noch nicht nöthig. Diese Gedancken läst Barbeyrac über den Pufendorff [1] Jur. Nat. ... dem Urtheil des Lesers anheim gestellet seyn, worauf aber Buddeus Instit. ... antwortet, er glaube, so lange sein Grund fest stehe, daß keine Knechtschafft sey, wo keine Einwilligung vorhergehe, so lange werde Niemand etwas wichtiges dawieder aufbringen können.
[1] HIS-Data: korrigiert aus: Pfuffendorff
  Es zeugt auch Proeleus l.c. p. 269. warum eben die Einwilligung erfordert werde, in dem nach dem Rechte der Natur ein jeder Mensch frey geboren werde, und sey keiner verbunden, eines andern Schuld zu bezahlen, oder Satisfaction vor dessen Verbrechen zu geben, an welchem Orte er auch auf die Gründe antwortet, die Pufendorff vor die Gegenseitige Meynung angeführet, die mehr nach dem Römischen, als nach dem Natur-Recht behauptet werde.  
unvollkommene Knechtschaft Die unvollkommene Knechtschafft wird genennet, wenn man sich nur auf eine gewiße Zeit, oder unter gewißen Bedingungen, oder zu gewißen Diensten vermietet, wie Grotius de Jur. ... saget.
öffentliche und private Knechtschaft Man pflegt auch sonst die Servitutem einzutheilen in publicam, wenn sich ein Volck der Herrschafft eines andern Königs, oder Volcks gäntzlich unterwirfft; und in privatam, welche bey privat-Personen Statt hat. Hochstetter Colleg. ...
  siehe Herrschafft. Tom. XII. p. 1800. seqq.  
Aufhebung Auf was Art aber die Knechtschafft aufgehoben werde, zeiget  
 
  • Pufendorff l.c. ...
  • Wernher. Elem. ...
  • Gerard. Delineat. ...
  • Griebner Jurisp. ...
  • Kulpisius Colleg. ...
  • Thomasius l.c.
  • Coler. Parerg. ...
  • Constant. Landus Enarr. c. 19.
 
     

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Stand: 13. April 2023 © Hans-Walter Pries