Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
Ursachen der Entstehung |
Von denen
Ursachen, aus welchen der Atheismus entstehet, handelt
Buddeus l.c. … ingleichen Reimmann
l.c. §. 7. und werden deren
unterschiedene angegeben, als |
|
|
- der Hochmuth,
- die böse
Erziehung,
- der Umgang mit gottlosen Leuten,
- die Lesung Atheistischer
Schrifften,
- die unvorsichtige und verkehrte Art zu
studiren,
- das böse
Leben derer
Christen, sonderlich derer Theologorum,
welches nicht mit der Lehre
übereinstimmet,
- die unterschiedenen Secten der Christlichen Religion;
- die gar zu hefftigen, und alle Maaß überschreitenden Streitigkeiten von
Theologischen Dingen,
- und endlich selbst die Art den Atheismum zu widerlegen, wenn
der
Verfasser
gleich eine
gute
Meinung
hat, und nur um die Schärffe seines
Verstandes
zu zeigen neue, dabey aber auch zugleich schwache, oder dunckle
Gründe
hervorbringt.
|
|
|
Eigentlich aber können zwey Haupt-Ursachen angegeben werden, bey denen die
übrigen oben angeführten entweder Caussae Auxiliares sind, oder unter
diesen beyden zugleich können mit begriffen werden. Nemlich:
|
|
|
bey denen gröbern Atheisten ist die Haupt-Ursache
ihres
Irrthums die Unwissenheit von göttlichen Dingen, wenn dieselbe mit einem
verkehrten
Willen
verknüpfft ist. Daß wir unter denen gröbern Atheisten Leute,
die ihre
Vernunfft nicht zu
verbessern gesucht haben,
verstehen, haben wir schon
oben
erinnert. Lebt nun ein solcher
Mensch in seinen
Sünden dahin, und er fühlt
etwan einige
Gewissens-Stiche, so
weiß er sich nicht zu helffen. Die Lehren von
dem
Christenthum, deren Zusammenhang er niemahls eingesehen, sind ihm nicht
genungsam überzeugend. Die Neigung zum
Bösen stellet ihm dieselben so harte vor,
und er sucht sich davon als von einem Joche zu befreyen. Die Vernunfft kan ihm
auch nicht die rechten Wege weisen, indem dieselbe niemahls ihren Aufenthalt in
ihm gehabt hat.
|
|
|
Hierbey ergreifft er nun das nächste, das beste, um sein
Gemüthe zu befriedigen. Er verwirfft das
Ansehen
GOttes, und ziehet demselben das Ansehen verkehrter
Lehrer
vor. Ihre
Sätze können sich mit seinem
Leben
vertragen, und weil er also ein Pulster vor seine Sünde findet, so
glaubt er
alles, was er nur zum Behuff seiner
Meinung
halb höret, und davon er selbst nicht den geringsten Zusammenhang einsiehet. Er
bestehet hartnäckig auf seiner
Meinung, denn weil er dieselbe ohne
Vernunfft gelernet hat, so kan ihm durch die Vernunfft das
Gegentheil nicht erwiesen werden, und die Verachtung des Wortes GOttes, ist sein
Haupt-Satz, daß also dieses auch keine
Krafft
in ihm haben kan.
|
|
|
Bey denen
gelehrten Atheisten ist hingegen der Hochmuth, neue und besondere
Wahrheiten zu entdecken, und alles mit ihrer
Vernunfft zu begreiffen, die eigentliche
Ursache
ihres
Irrthums. Es scheinet ihnen zu geringe zu seyn, dasjenige zu behaupten,
welches nicht nur der meiste
Theil derer Gelehrten, sondern auch der gemeine
Mann vor eine Wahrheit hält. Sie
müssen etwas zum Voraus haben, und fallen
deswegen auf solche
Meinungen,
welchen freylich niemand anders, als diejenigen, welche ebenso grosse Narren
sind, beypflichten können. Sie
gebrauchen sich nicht der Vernunfft, um zu sehen,
wie weit dieselbe gehe, und in wie ferne unsre
Erkäntniß durch die Offenbarung
müsse ergäntzet
|
|
|
{Sp. 2022} |
|
|
werden. Sie suchen nicht durch eine
vernünfftige Auslegung, die sich zu
widersprechen scheinenden
Schrifft-Stellen mit einander zu vereinigen. Sie bemühen sich auch nicht den
Zusammenhang der geoffenbarten und vernünfftigen
Sitten-Lehre zu zeigen. Ihre
Vernunfft ist die einige Richtschnur, nach der sie alles richten. Wir
nennen sie
mit
Fleiß ihre Vernunfft, da sie den
Namen
der gesunden Vernunfft im geringsten nicht
verdienet. Sie ziehen den weiten
Ruff, welchen sie durch so vielfältigen Widerspruch erhalten, dem sich nicht so
weit ausbreitenden
Ruhme eines frommen und redlichen
Mannes vor. |
|
|
Dieses sind die zwey Haupt-Ursachen,
aus welchen so viele
schädliche
Würckungen
entstehen. |
Von diesen letztern handelt
Buddeus in Thesibus de Atheismo … |
Elend und Unruhe der Atheisten |
In Ansehung dererjenigen selbst, die Atheisten sind, so gerathen solche nicht
nur in grosses Elend, in Betrachtung der Ewigkeit, sondern sie
empfinden auch
schon in diesem
Leben
eine grosse Unruhe. Denn worinnen sollen solche Leute ihre
Glückseligkeit
suchen? Vermeinen sie dieselbe in der Stillung und Ersättigung ihrer
Begierden
anzutreffen, so müssen doch dieselben, welche sich denen
Lastern ergeben,
gestehen, daß sie die Erfüllung ihrer
Neigung immer beunruhige, und daß sie
niemahls dasjenige erlanget haben, wornach sie gestrebet. |
|
|
Uber dieses, so ist es eine mit dem Atheismo
nothwendig
verknüpffte
Lehre, daß unsere
Seele
nach diesem
Leben
nichts sey. Da muß nun freylich ein solcher
Mensch
in die gröste Verzweiflung gerathen, wenn er sein höchstes
Guth, nehmlich die
Eitelkeit dieser
Welt
verlassen
soll. Gesetzt auch, daß ein Atheiste, aus Betrachtung der Ruhe seines
Gemüthes, auf dem Wege der
Tugend wandeln könne, so ist
dennoch vieles dabey zu bedencken. Denn eine
vollkommne
Gemüths-Ruhe durch die
Tugend zu erlangen, erfordert auch eine vollkommne Tugend; diese aber ist in
dieser Welt, geschweige denn bey einem Atheisten, dessen
Irrthum aus der
Untugend selbst entstehet, schlechterdings
unmöglich. Man nehme nur die
Hoffnung
eines zukünfftigen Lebens hinweg, und sehe, ob nicht auch, das allerbeste
Gemüthe träge und verdrossen werden wird, die Beschwehrlichkeiten, welche sich
bey der Tugend befinden, zu ertragen. Über dieses so sey auch dem wie ihm
wolle,
so ist doch die Furcht, in ein nichts verwandelt zu werden, ein so heftiges
Ubel, daß man unmöglich die Ruhe seines Gemüths dabey erhalten kan. |
|
|
Man mag also die Atheisten ansehen, auf welcher Seite man wolle, so findet man
nichts als Elend und Unruhe. Ja man höret sie selber über die Beschaffenheit der
menschlichen
Natur
klagen. |
|
Einfluss auf das Gemeinwesen |
Ob die Atheisterey einen Einfluß in das
gemeine Wesen
habe, und ob sie demselben
schädlicher sey, als der Aberglaube, ist eine
Frage,
worüber manche Streit-Schrifft gewechselt worden.
Plutarchus de Superstitione … hat zuerst den Aberglauben vor ein
noch verdammlicher Laster, als die Atheisterey gehalten. Hierauf hat
Bayle in denen Pensees diverses sur les
Cometes … ingleichen in der Continuation des pensees diverses …
und in der Response aux questions d’un Provincial. … dieses gleichfalls
behauptet, welchem
Thomasius in der
Einleitung zur Sitten-Lehre … gefolget, und endlich
Toland in Adeisidaemone dasselbe mit vieler
Freyheit
zu vertheidigen gesuchet. |
|
|
Mit dieser Frage hat sonderlich nachfolgender
Satz seine
nothwendige
Verbindung, daß die Atheisterey nicht nothwendig das Verderbniß der
Sitten nach
sich ziehe, |
welches Bayle in Pensees diverses sur
les Cometes l.c. behauptet hat. |
|
Wider diese erste
Schrifft des Bayle, welche 1682 bey |
|
|
{Sp. 2023|S. 1033} |
|
|
Gelegenheit des
an. 1680 erschienenen Cometens an das
Licht trat, gab
Peter Jurieu, nachfolgenden
Tractat 1691 heraus: Courte Reueue des Maximes de Morale … Hierauf
verantwortete sich Bayle wider den Jurieu in der Addition
aux pensees diuerses. Sonst haben wider Bayle
geschrieben |
|
|
-
Seckendorff in Christen-Staate in Additamentis
...
- Pritius in Dissert. de Atheismo …
Leipzig 1695.
- Grapius in Dissert. An Atheismus …
- Idem in Theologia recenti controversa
…
- Abicht in Dissert. de Damno Atheismi in
Republ.
- Löscher in Praenotionibus Theologicis …
-
Buddeus in Thesibus de Atheismo …
|
|
|
Wider Tolanden sind sonderlich herausgekommen …Jac.
Fayi Defensio Religionis … und Elias Benoist
in Melange des Remarques Critiques … |
|
|
Was die erste
Frage anbelanget, ob die Atheisterey oder der Aberglaube dem
gemeinen Wesen
schädlicher sey, halten wir es in diesem Falle mit Stollen in
der Historie der Gelahrheit … Daß die Entscheidung dieses Streits
unnöthig sey,
weil alles beydes ein verdammlicher
Irrthum ist, welche
Meinung
auch Thomasius de Cautelis circa praecognita
Jurisprudentiae … heget. |
Wer die
Gründe
und Gegen-Gründe in dieser
Sache
sehen will, der schlage oben angeführte
Auctores auf, und sonderlich
Buddeum l.c. und J.
Georg. Abichts
Disp. de Damno Atheismi in
Republica.
Lips. 1703. |
|
Daß aber ein Atheiste auch äusserlich tugendhafft seyn, und die äusserlichen
Gesetze der Natur beobachten könne, solches erweiset
Wolff, in
Gedancken von der Menschen Thun und Lassen, … Wir lassen in diesem Stücke einem
jeden seine
Meinung,
und bemühen uns vielmehr als
Christen, und nicht als Atheisten, tugendhafft zu
leben, und das Gesetze der Natur zu vollbringen. |
|
|
Man siehet nun also wohl aus dem, was wir
gesagt haben, daß der
Atheismus in der
That ein grosses Elend sey, und also wird jeder, dem seine
eigene Wohlfahrt lieb ist, denselben verabscheuen. Sieht man andre in diesem
Irrthum stecken, so suche man sie auf bessere Wege zu leiten. Man lasse sich
aber seine Mühe nicht tauren, wenn dieselbe offtermahls vergeblich, indem dieser
Irrthum gemeiniglich mit der grösten Hartnäckigkeit
verknüpffet ist. |
|
Strafbarkeit |
An und vor sich ist die Atheisterey als ein
Irrthum nicht zu
bestrafen;
werden aber dergleichen Lehren ausgebreitet, und hierdurch andere Leute
verführet, so kan derselben Urheber vor einen Aufrührer angesehen werden, und
dahero mit gutem
Rechte
mit öffentlicher Straffe beleget werden. |
|
Geschichte |
Die
Historie von dem Atheismo ist sonderlich von |
|
|
- Jenkino;
- Thomasio in Hist. Philos. de Atheismo;
- Immanuel Webern in der Beurtheilung der Atheisterey,
Franckf. am Mayn. 1697.
- Ant. Reisero in Epistola de Origine
…
- Buddeo in Thesibus de Atheismo 1.
- und Reimmann in Hist. Univers. Atheismi Hildsheim
1725.
|
|
|
beschrieben worden; wohin auch |
|
|
- Morhof Polyhistor …
- Sagittarius in Introductione ad Historiam
Ecclesiasticam …
- Jo. Andr. Schmid in Supplementis
Introductionis Sagittarii …
- Fabricius in Bibl.
{Sp. 2024}
Graec. I, 8
|
|
|
zu rechnen sind. |
|
gefährlichste Schriften |
Vor die gefährlichsten
Schrifften in der Atheisterey werden gehalten: |
|
|
- Julii Caesaris Vanini Amphitheatrum providentiae
Divino-Magicum, Christiano-Physicum, nec non Astrologico-Catholicum;
adversus Veteres Philosophos, Atheos, Epicuraeos, Peripateticos, et Stoicos,
Lugduni 1615.
|
Siehe hiervon
Buddeum de
Atheismo … Reimmann Hist. Univers. Atheismi … |
|
- Thomae Campanellae Atheismus Triumphatus,
Rom, 1631. Paris, 1636, 4.
|
Siehe Buddeum l.c. …
Reimmann l.c. … |
|
- Benedicti Spinozae Tractatus
Theologico-Politicus de Libertate philosophandi.
- Item, Ejusdem Ethica;
|
Siehe Buddeum l.c. … |
|
- Franciscus Cuperus de Arcanis Atheismi revelatis.
|
Siehe Buddeum l.c. … |
|
|
|
Gegner |
Dererjenigen, die wider den Atheismum geschrieben haben, sind nicht
wenig. Ausser denselbigen, welche überhaupt von der natürl. Gottes-Gelahrheit,
oder von der
Wahrheit der Christlichen Religion geschrieben haben, von welchen
letztern siehe Fabricium in Biblioth. Gr. V,
8. sind nachfolgende zu mercken, welche die Atheisterey insgemein widerleget
haben: |
|
|
- Anonymus in dem Traité contre
les Athees, les Deistes, et les nouveaux Pyrrhoniens.
|
Stollens Historie der Gelahrheit … |
|
- Bentley in Stultitia et Irrationabilitate
Atheismi, welches Jablonsky ins
Lateinische
übersetzt. Berlin 1696. Auch ist eine
Deutsche Ubersetzung zu
Hamburg
1715.
in 8. herausgekommen;
|
Stolle l.c. n.e. |
|
- Biermanns Impietas Atheistica;
-
Buddei
Theses de Atheismo et Superstitione,
welches
Buch vor allen andern zu lesen ist;
- Georg. Cheine in Principiis
Philosophicis Religionis Naturalis;
|
|
|
- Sam. Clarck Demonstratio Existentiae et
Attributorum Dei, welches Jenkinus, Thomasius ins
Lateinische
übersetzet, und seiner Historiae Atheismi beygefüget hat. Altdorf
1703. in 8.
|
Stolle l.c. n.g. |
|
- La Crose Dissertation sur l’Atheisme et
sur les Athees modernes, welche er p. 250. seinen
Entretiens sur divers sujets de litterature, de Religion, et de Critique
1711. einverleibet hat;
|
|
|
- Cudworths
Tractat the true intellectual
System, of the uniuerse, aus welchem Mr. Le Clerc die
Histoire des Systemes des anciennes Athees gezogen, und seiner
Bibliotheque Choisie … einverleibet hat;
|
Stollen l.c. §. 35. |
|
- Fenelon Demonstration de l‘ Existence de
Dieu, Amsterdam 1713. und Deutsch zu Hamburg 1714. mit Fabricii
Vorrede;
|
Stolle l.c. §. 28. |
|
- Frommanni Atheus stultus … Tübingen,
1713. in 4to.
- Nehemias Grew. Cosmologia Sacra,
London 1701. in fol.
- Theoph. Großgebauers
Praeseruativ wider die Pest derer heutigen Atheisten;
- Matthäus Hall von dem Ursprunge der Welt und denen
Menschen, welches Heinrich Schmettau, nebst einer
Vorrede vom Atheismo,
aus dem Deutschen übersetzet, und an. 1701. in 8. herausgegeben
hat.
|
|
|
- Jaqvelot de l'Existence de Dieu,
Haag 1697. in 4.
|
Stollen l.c. §. 27. |
|
- Jo. Lassenii besiegte Atheisterey,
Hamburg 1673. in 8.
- Henr. Morus, welcher in seinen
Operibus nicht nur wider den Spinozam insonderheit, sondern
auch ein Antidotum adversus Atheismum geschrieben hat;
- Jo. Müllers
Atheismus devictus, Hamburg 1672. in 4.
- Wilhelm Nichols Collatio cum Atheista. 5.
Bände, London 1696… in 8.
- Osiandri Exercitatio de notitia Dei
...
{Sp. 2025|S. 1034}
…;
|
|
|
|
Siehe Stollen l.c. … |
|
- Raphson Demonstratio de Deo. London
1710.
in 4. und
Leipzig 1712. in 8.
|
Stolle l.c. n.h. |
|
- Spitzelii Scrutinium Atheismi
Historico-Theologicum, Augspurg 1663. in 8.
- Ejusd. Epistola ad Henricum Meibomium de
Atheismi Radice. 1666. in 8.
- Ej. Epistola ad Antonium Reiserum de
Atheismo eradicando. 1669. in 8.
- Gisbert Voet Tom. I. Disputationum …
- Burgero de Volder Disputationes
Theologicae contra Atheos.
- Tobiae Wagneri Disputationes Theologicae
contra Atheos.
|
|
|
Der berühmte Engländer, Robert Boyle,
hat sich nicht nur in diesem Stücke mit seiner Disqvisitione de Natura ipsa
bekannt gemacht, sondern auch in seinem Testament ein
gewisses Vermächtniß
dazu ausgesetzet, daß jährlich eine Predigt wider die Atheisten
gehalten, und die
Schrifft
von den Schmähungen dergleichen Lästerer befreyet werden
soll. |
|
|
|
|