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Zedler: Knecht, ist diejenige Person [4] HIS-Data
5028-15-1065-7-04
Titel: Knecht, ist diejenige Person [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 1078
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 530
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
Nationale Unterschiede (Forts.)
  Deutsche
 
  Eintritt in die Knechtschaft
 
  Kriegsgefangene
  Slawen
  durch Gesetz
  durch Wildfang
  Einteilung
  Benennungen
  Vergleich mit den Römern
  Dienste
  Zinsknechte
  Verkauf und Überlassung
  Flucht

Stichworte Text Quellenangaben
Deutsche Die Teutschen haben ebenfalls von denen ältesten Zeiten her ihre Knechte gehabt,
  • Caesar de Bell. Gall. ...
  • Tacitus de Mor. Germ. ...
Eintritt in die Knechtschaft Jedoch mag deren Anzahl anfangs nicht allzustarck gewesen seyn, welche sich aber in folgenden Zeiten ungemein vermehret. Denn bey denen Teutschen wurden Knechte  
 
1) die im Krieg gefangene,
 
 
2) welchen die Gesetze die Freyheit benahmen,
 
 
3) welche sich freywillig in die Knechtschafft er-
 
  {Sp. 1079|S. 531}  
 
  geben entweder wegen Armuth oder aus Devotion gegen die Kirchen oder endlich durch Verspielung ihrer Freyheit, welche schon die ältesten Teutschen auf das Spiel zu setzen pflegten,
Tacitus l.c.
 
4) welche sich mit einem Knechte oder Magd verheyratheten,
 
 
5) welche von einem Knechte oder einer Magd, oder aber auch nur von einen von beyden, ob gleich eines von den Eltern frey gewesen, erzeuget wurden.
Kemmerich Access. Instit. ...
Kriegsgefangene Was die im Krieg gefangene anbelanget, so haben solche die Teutschen eben wie andere Völcker zu Knechten gemacht. Nun aber ist bekannt, daß die alten Teutschen beständig mit Kriegen beschäfftiget gewesen, entweder mit auswärtigen Nationen oder unter sich selbst. Zu denen erstern gehören die vielen Schlachten, welche sie mit denen Römern gelieffert, aus welchen insonderheit der von denen Cimbris und Teutoribus mit denen Römern geführte Krieg, Livius Epitom. ...
  Die Varianische Niederlage Tacitus Annal. ... Seneca Epist. 27. Lansius Orat. ...
  Ferner die vielen Kriege, so die Francken, Alemannen und Sachsen mit denen Römern geführet, als unter denen Kaysern Probo und Constantio.
  • Vopiscus in Probl. 14.
  • Zosimus III, 1.
  • Mamertinus Panegyr. ...
  • Julianus Imp. Epist. ad Atheniens.
  allhier zu bemercken, in welchen allen sehr viele von der Römischen Armee zu Knechten derer Teutschen gemacht worden.  
  Von denen innerlichen Kriegen derer Teutschen ist hier hauptsächlich zu gedencken derjenige, welchen die Francken unter dem Könige Clodovaeo im Jahr 491. geführet, darinnen erstere die gantze mächtige Nation der Alemannen überwunden, und zu ihren Knechten gemacht.
  Daher man noch heutiges Tages so viele leibeigene Bauren in Schwaben und Bayern findet. Auf gleiche Weise machten sich die Francken an die Sachsen, nahmen insonderheit unter dem Kayser Carolo M. deren sehr viel gefangen und vertheilten sie in andere Lande.
  • Eginhardus Vit. Caroli M. ...
  • Annales Francici apud Lambec. Comment. ...
  • Annales Hildeshem. ...
  • Annales Laurisheim. ad an. 804.
Slawen Gleiche Bewandniß hat es mit denen Wenden oder Slaven, und denen unter diesen Namen begriffenen Völckern gehabt, welche Henricus Auceps und die folgende Kayser und Herzoge zu Sachsen mit langwierigen Kriegen gäntzlich überwunden, und in Polen, Böhmen und in ganz Teutschland herum vertheilet, welche man in die allerhärteste Knechtschafft verstossen, so daß man biß diesen Tag einen Knecht, welcher in harter Dienstbarkeit stehet, einen Slaven oder Sclaven nennet.
  • Wittichindus Annal. I.
  • Ditmarus Chron. ...
  • Schaten. Annal. Paderborn. ...
  • Helmoldus Chron. Panor. ...
  • Wip-
  {Sp. 1080}  
   
  po Vit. Conrad. Salic.
  • Hackenberg Germ. Med. Diss. ...
  • Hertius Diss. de homin. propr. ...
  • Potgieser de Conditione et Statu Servorum ...
  • Mascov Diss. Orig. Jur. Publ. ...
  • Pfeffinger ad Vitriar. Jus publ. ...
  Von diesen Slavis kommen noch jetzo die vielen leibeigenen Bauern in Böhmen, Mähren, Schlesien, Brandenburg, Lausitz, Mecklenburg, Pommern etc.
  • Hackenberg l.c.
  • Böhmer Diss. ...
durch Gesetz Zu denen, welchen die Gesetze die Freyheit genommen, gehören die Wildfange, welche heut zu Tage in denen Rheinischen Landen der Churfürst von Pfaltz sich zueignet, ehemahls aber auch andern Fürsten z.E.  
  Butkens Trophées de Brabant ...
 
  • Albert. Badens. ad an. 1112.
  • Lambecius Orig. ...
   
durch Wildfang solch Jus Wildfangiatus zugestanden, Krafft dessen sie alle Fremde, welche sich in ihren Landen betreten liessen, und nicht aus dem Teutschen Reiche oder auch nur nicht aus selbiger Provintz Teutschlandes waren, und sich mit keinen Pass-Port versehen hatten, zu ihren Knechten machten.
  • Gundling Digest. ...
  • Estor de Ministerial. ...
  Ingleichen machten die Clöster diejenigen Personen, welche sich ein Jahr lang in ihren Gebiete aufgehalten, zu ihren Knechten. Diploma Conradi II. apud Mabillon. Seculo VI. ...
  Dergleichen Gewohnheit ist auf dem Hüttenberg bey der Wetterau, ferner in Algow.
  • Hertius Opusc. ...
  • Estor l.c. ...
  Es waren aber auch viele, welche sich freywillig aus besonderer Devotion denen Clöstern und Kirchen, besonders denen, welche grossen Heiligen zu Ehren erbauet worden, zu eigen ergaben. Mabillon. Praefat. Secul. Benedictin. ...
Einteilung Die Knechte bey denen Teutschen sind in 3. Classen eingetheilet worden, nemlich in  
 
1) Servos Regios oder Fiscales oder Fiscalinos, oder Homines Fisci, Teutsch: Königs-Leute, welche die praedia fiscalia und bona Domanialia derer Teutschen Könige und Kayser besorgten, und bessern Standes-Genossen als derer Privat-Personen ihre Knechte.
 
 
2) Servos Ecclesiasticos, Homines Ecclesiae, Teutsch:
  • Gottes-Leute,
  • Closter-Leute,
  • St. Petres-Leute,
  • des Heil. Creutz-Leute,
  • Kirchen-Leute,
  • Altar-Leute,
  deren insonderheit eine sehr grosse Anzahl gewesen.
  • Böhmer Diss. ...
  • de Gudenus Syllog. ...
 
  und
 
 
3) Servos privatorum.
 
Benennungen Sonst aber werden denen Teutschen Knechten vielerley Benennungen von den Scribenten der mittlern Zeit beygeleget, als:  
   
  Ferner  
 
  • Servi Beneficiarii,
  • Bordarii,
  • Bubones oder Bubii, Teutsch: Buben,
  • Casales oder Casati,
  • Coloni,
  • Cossati oder Cotarii, oder Cottarii, oder Cotseti, Teutsch: Kottner, Kötter, Kotsaßen, Coßaten,
  • Gasindii, Teutsch: Gesinde,
  • Lassi oder Lazzi, Lati, Lidi, oder Liddones oder Liti ingleichen Luti oder Leuti,
  • Malmann, Maselmann, Mansionarii, Massarii,
  • Servi Nativi,
  • Oblati,
  • Obnoxii,
  • Originarii oder Originales.
  • Schalck,
  • Sclaven,
  • Smurdi,
  • Wildfänge etc.
  • Pfeffinger ad Vitriar. Jus ...
  • Potgieser l.c. c. 3.
  • Aaron. Matthaeus de Nobilit. IV. 23.
Vergleich mit den Römern Gleichwie die Teutschen in denen meisten Stücken ihre besondern Gebräuche gehabt, und diejenigen Gelehrten daher sehr irren, welche alles nach Römischen Begriffen beurtheilen wollen; also ist auch die Einrichtung der Knechtschafft bey denen Teutschen weit von derer Römer ihrer unterschieden gewesen. Zwar darinnen kommt sie bey beyden Völckern überein, daß des Herrn Gewalt sich sowohl über des Knechts Leib als Gut erstrecket, darunter auch das Jus Vitae et Necis begriffen gewesen, so sie aber in Gegentheil gantz anders als die Römer exerciret.  
  Tacitus l.c. 25. schreibt von ihnen: Verberare Servum ac vinculis et opere coercere, rarum. Occidere solent, non disciplinae ac severitate, sed impetu et ira vt inimicum, nisi quod impune.  
Dienste Die Dienste, welche die Knechte derer Teutschen ihren Herrn leisteten, sind gleichfalls gar sehr von denen Operis Servorum apud Romanos unterschieden. Denn da die Römer die meisten nur zu ihrer Commodität im Hauß-Wesen gebrauchten, so schreibt hergegen Tacitus l.c. von denen Teutschen zu seiner Zeit: Ceteris servis non in nostrum morem descriptis per familiam ministeriis vtuntur, suam quisque sedem, suos penates regit. Frumenti modum Dominus, aut pecoris, aut vestis, ut colono injungit, et servus hactenus paret, cetera domus officiae uxor et liberi exequuntur.  
Zinsknechte Ob nun wohl die Teutschen in folgenden Zeiten denen Römern einiger massen nachgeahmet, und einige Knechte und Mägde zu ihren Hauß-Wesen gezogen, welche die Scriptores der mittlern Zeit Gasindos oder non casatos nennen, so haben sie doch denen meisten besondere Häuser und Felder selbige zu bauen überlassen, von welchen sie ihre Zinßen gegeben, und dem Herrn gewisse Dienste sowohl mit der Hand als mit ihren Zug-Vieh geleistet, so noch heutiges Tages Frohn-Dienste genennet werden, und welche einige aus der Jurisdictione patrimoniali herführen wollen, so aber allerdings noch ein Uberbleibsel der Knecht-  
  {Sp. 1082}  
  schafft, auch an solchen Orten, wo die Bauren vor freye Leute gehalten werden, ist.
  • Thomas. Diss. cit. § 67, seqq.
  • Potgieser l.c. II, 3.
  • Balthasar. de Oper. subdit.
  siehe Landsiedeley T. XVI. p. 551.  
  Der Zinß, welchen die Knechte ihren Herren schuldig waren, bestund in Feld- und Garten-Früchten, in Vieh als Hünern, den Eyern, ja auch in baaren Gelde.
  • Potgieser l.c. 4.
  • Böhmer de libertate ...
  Wobey noch dieses zu bemercken würdig, daß die Knechte derer Clöster und Kirchen ehemahls auch noch dem Könige einen Zinß reichen musten Eckart Franc. Orient. ...
Verkauf und Überlassung Vermöge der Herrschafftlichen Gewalt haben die Teutschen ihre Knechte auch gar offt veräussert und einen andere Herren überlassen. Daher findet man, daß sie solche  
 
  • verpfändet.
  • Leg. Frision. ...
  • Lex Alaman. ...
  • Leg. Langobard. ...
  • Potgieser l.c. c. 7.
 
  • vertauschet, welches nach dem stilo medii aevi Concambium genennet wird.
  • Charta 3. 22. et 24. ap. Goldast Scriptor. ...
  • Potgieser l.c. c. 5.
 
  • Gregor. Turonens. III. 15.
  • Leg. Wisigoth. ...
  • Leg. Longob. ...
  • Marculf Formul. II. 22.
  jedoch durffte solches nicht ausserhalb Landes geschehen.
  • Canon. IX. Concil. Cabillon.
  • Lex Alaman. ...
  • Capitul. Caroli Calvi c. 34.
  • Potgieser l.c. c. 26.
Flucht Entlieff bey denen Teutschen ein Knecht, so konnte sich solchen der Herr zueignen, wo er ihn fand, ohne daß ihm einer solchen vorenthalten dürffen, und so sich Jemand unterstand, dergleichen zu thun, wurde er um 40. Solidos bestrafft, Lex Alamann. Tit. 84.
  und wie es sey gehalten worden, wenn es ein Servus Ecclesiae gewesen, ist Lex Alamann. Tit. 20. nachzulesen.  
  Es durffte auch einem solchen entlauffenen Knecht niemand keinen Vorschub thun.
  • Leg. Burgund. ...
  • Leg. Wisigoth. ...
  vielweniger zur Flucht veranlassen,
  • Lex Salica
  • Lex Bajuwar. ...
  Die Flüchtigen verfolgten die Herren mit Steck-Briefen, Marculfi Form. 19.
  Wolte sich ein solcher dem Herrn oder dem, der ihn vindiciren sollte, widersetzen, konnte ihn dieser, ohne in Straffe zu verfallen, tödten. Leg. Longob. ...
  Doch hatten sie auch ihre Frey-Städte, wo sie sicher hinfliehen konnten, ohne daß sich die Herren an ihnen vergreiffen durfften, bevor er von dem Priester an den Herrn ausgeantwortet wurde,
  • Lex Alamann. Tit. III.
  • Leg. Longob. ...
  welche Gewohnheit die Teutschen ohne Zweiffel von denen Römern, nachdem sie die Christliche Religion angenommen, beybehalten. Potgieser l.c. 10.
  Wenn ein Knecht von einem andern Herrn vorenthalten wurde, oder gar vorgab, als ob er kein Knecht sondern ein freyer Mensch sey, so konnte der Herr die Vindicationem, welche in alten Documenten das Besetzen, Besatzung-Recht, Satz-Recht genennet wird, anstellen, welches gemeiniglich vor dem Grafen geschahe.
  • Marculf. Form. ...
  • Capitul. ...
  • Datt de Pace ...
  behauptete er  
  {Sp. 1083|S. 533}  
  er sey frey, kam es wohl bißweilen zwischen beyden Partheyen zu einem solchen Vergleich, daß der Knecht zwar vor einen freyen Menschen erkläret wurde, doch aber einen Stuck Geld oder sonst etwas von seinen Vermögen erlegen muste. Charta 8. ap. Goldast Script. Rer. Alamann.
  Blieb aber der Knecht beständig darauf, er sey frey, und der Herr solches nicht gnugsam erweisen konnte, stund es letztern frey, jenen zum Duell heraus zu fordern, um dem Streit ein Ende zu machen, wie der Kayser Otto II. im Jahr 983. auf dem Reichs-Tag zu Verona verordnet. Potgieser l.c. 11.
     

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Stand: 18. August 2013 © Hans-Walter Pries