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Text |
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Studiren,
Studien, Studere,
Studium, ist eine
Erkänntniß
der
nützlichen
Wahrheit, da man sich
der göttlichen und
weltlichen Sachen eben darum
erkundigen lernet, daß man
GOttes-Ehre, des
Nächsten
Nutz, und hierbey seine
eigene
Glückseeligkeit befördern kan. |
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In besondern
Verstande aber wird es von
denen gesaget, welche sich angelegen seyn
lassen, eine von den sogenannten vier Facultäten
in ihrem gantzen Zusammenhange, oder auch nur
eine und die andere
Wissenschafft insbesondere,
und recht aus dem
Grunde zu erlernen. Viele
meynen zwar, daß denen Studien mit guten
Fortgang obzuliegen, nichts mehr erfordert werde,
als
unverdrossener Fleiß; Allein es ist damit allein
nicht ausgemacht, wo man nicht weiß, wie der
Fleiß anzuwenden sey. Gracian in seinem Oracul,
und mit ihm Herr D. Müller, welcher solches
ubersetzet, und mit Anmerckungen vermehret,
thut in der zweyhundert und neun und
zwantzigsten Maxime, der dritten Centurie, einen
Vorschlag, wie man seine
Leben mit
Vernunfft
eintheilen solle. |
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Den ersten Aufenthalt
befiehlt er bey denen
Todten zu nehmen, das heißt: man solle in den
ersten Jahren, darinne man nach der
Gelehrsamkeit trachtet, aus guten
Büchern, die
Sprachen, Poesie, schönen
Wissenschafften, |
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{Sp. 1201|S. 614} |
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Philosophie, Mathesin, und Oratorie lernen.
Die andere Tagereise soll denen Lebendigen
gewidmet seyn. Das ist: man solle trachten,
Erfahrung zu erlangen, damit die Wissenschafft,
welche wir in dem ersten Theile des Lebens durch
den Umgang mit den Todten erlanget, in dem
andern Theile des Lebens durch den Umgang mit
den Lebendigen durch lebendige Exempel
bewehret werde. Die Erfahrung wird theils durch
unser eigenes, theils durch fremde Exempel
erlanget. Die Mittel dieser letztern theilhafftig zu
werden, sind so wohl
vernünfftig angestellte
Reisen, als auch mit
Verstand gelesene Historien.
Den driten Absatz des Lebens soll man nach
Graciani
Regel mit sich selbst zu bringen. |
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Die letzte Glückseeligkeit des Lebens aber
beruhe im Philosophieren. Wie der erste Absatz
der Jahre zur Erlernung guter Wissenschafften,
und der andere einer klugen Bewährung
derselben durch die Erfahrung bestimmet war, als
ist der letzte dem würcklichen Gebrauch und
Nutzen desselben gewiedmet. Dieser ist
zweyerley; daß wir nehmlich theils der
Welt durch
unsere erlangte Wissenschafft und gute
Erfahrenheit nützliche
Dienste leisten, theils auch
unsere eigene so wohl äusserliche als innerliche
Glückseeligkeit dadurch befördern mögen. |
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Gracian siehet nur auf den letzten Punct, und
verstehet durch das Philosophiren diejenigen
weisen Betrachtungen, dadurch wir zum Behuff
unserer innerlichen Glückseeligkeit, den letzten
Endzweck aller zeitlichen Güter erkennen, und
lebendig in uns empfinden, daß alle zeitliche
Dinge uns weiter nichts angehen, als insofern wir
sie würcklich mit einer freudigen Gemüths-Ruhe
und Zufriedenheit als wahre
Güter geniessen
können, daß also diejenigen Dinge, welche
entweder zu einer beständigen Gemüths-Zufriedenheit nichts beytragen, oder deren wir
nicht theilhafftig werden können, unserer wahren
Glückseeligkeit ohnbeschadet zu entbehren
sind. |
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Alles was von dem Studiren weiter kan
gesaget werden, kommt auf drey Stücke an: Auf
die Person, welche studiret: Auf die
Sache, die
man studiret, und auf die Mittel, deren man sich
darbey bedienen kan. |
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Person |
Was erstlich anlanget die Person, welche
studiret, so kommt die Frage führet: Wer studiren
soll? Es sind alle
Menschen zur Ausbesserung
ihrer
Seelen
verbunden, damit sie sich in solchen
Stand setzen, darinnen sie
GOtt und der Welt
dienen können. Solche Ausbesserung ist
entweder eine allgemeine, die alle Menschen
angehet, welcher ohne Unterscheid dahin
anzuweisen, daß sie lernen, ihren Verstand zu
brauchen, und die
Affecten im Zaum zu halten;
oder eine besondere, die auf gewisse Profeßionen
und Künste gehet; weil aber dieselbigen entweder
Gelehrte, oder Ungelehrte sind, so fragt sichs:
Wer jene erlernen; oder studiren soll? |
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Man hat sich hierinnen vornehmlich nach
seinem natürlichen; aber auch
moralischen
Umständen zu richten. Nach den natürlichen
Umständen muß man das gehörige
Naturell zum
Studiren haben, welches die
Kräffte des
Verstandes, und die Neigung des
Willens in sich
fasset. Denn auf eine Profeßion sich legen,
heisset so viel, daß man diejenigen Habitus oder
Fertigkeiten erlange, die zur Vollführung der in der
Profeßion vorfallenden Geschäffte erfordert |
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{Sp. 1202} |
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werden. Alle Habitus aber sind
Geschicklichkeiten unserer natürlichen Kräffte, die
wir durch Fleiß und Mühe erlanget haben. Gehet
iemand seinem Naturell nach, daß er dasjenige
ergreifft, wozu er sich von
Natur schickt, und am
meisten Lust hat, so folget er dem natürlichen
Ruff. |
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Doch sind die
moralischen Umstände nicht
aus den Augen zu setzen. Zu solchen gehöret der
Umstand des menschlichen
Geschlechts, daß
einige Manns- andere
Weibs-Personen sind. Daß
Weibs-Personen studiren können, daran wird
niemand zweiffeln. Denn die Natur theilt auch
offtmahls diesem Geschlechte hinlängliche
Fähigkeiten mit; und wir haben Exempel vieler
gelehrten
Frauenzimmer. Sie sind auch an sich
dazu verbunden, wenn das gehörige Naturell
vorhanden. Indem aber die Absicht GOttes ist,
daß sie vornehmlich dem Hauß-Wesen vorstehen
sollen, so haben sie sich auch vornehmlich um
solche
Dinge zu bekümmern, und wo sie studiren,
solches nach diesen moralischen Umständen
einzurichten. |
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Gleichen Unterscheid finden wir auch in
Ansehung des
Standes, da die Studien eines
Printzens, der einst
regieren soll, eines Cavalliers
und eines Menschen vom Bürgerlichen Stande auf
gantz verschiedene Art einzurichten sind. Der
König in Engelland, Jacobus
I. gab in dem Tractat
donum regium seinen Printzen diese Regel:
Eruditum te esse volo, tanquam regem, non
tanquam professorem, welches sehr
klug
gesprochen war. |
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Zum Studiren wir zwar
Geld ordentlich
erfordert; deswegen aber haben sich die
Armen
nicht schlechterdings davon abhalten zu lassen,
wenn sie sonst das gehörige
Naturell dazu haben.
Die Exempel können auch hier den Ausschlag
geben. Die
Erfahrung lehret aber auch, daß viele
auf
hohe Schulen ziehen, die weder Mittel ihre
Absichten zu erreichen, und auf eigne Kosten
daselbst zu leben; noch sonderbare Fähigkeiten
zu den Wissenschafften besitzen. Daher wäre es
sehr dienlich, wenn man nicht alle ohne
Unterschied in die Zahl der Studirenden
aufnehmen möchte; sondern nur diejenigen, die
nicht von allen Mitteln dazu entblösset sind; und
hernach diejenigen von den Dürfftigen, die mit
besondrer Fähigkeit versehen sind. Diese letztern
wären alsdenn mit Stipendien und freyen Tischen
zu versehen, auch unter desto genauerer Absicht
zu halten, damit der Zuschub des
gemeinen Wesens ihnen nicht vergeblich gereichet würde:
So würde man nicht soviel verdorbene Studirende
überall finden, die entweder aus Mangel der Mittel
nichts haben lernen können; oder die kein
Geschicke gehabt, etwas zu fassen; oder denen
von andern weit ungeschicktern die Stipendien
und freyen Tische gleichsam geraubet
worden. |
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Sache |
Vors andere müssen wir auch sehen auf die
Sachen, die man studiret. Ein Mensch muß etwas
lernen, damit er
GOtt und der
Welt dienen kan,
nach welchem
Principio zu entscheiden ist, was er
vor Wissenschafften ergreiffen soll. Man hat
unnütze Wissenschafften, die zur Beförderung der
menschlichen Glückseeligkeit und der Ehre
GOttes nichts beytragen, wohin die Scholastische
Philosophie, das Nativität-Stellen, die Geomantie,
die Chiromantie, Traumdeuterey und dergleichen
gehören. Wer sich darauf leget, |
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{Sp. 1203|S. 615} |
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versündiget sich, indem er niemanden damit
nutzen kan, und also seine
Zeit übel
anwendet. |
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Mit solchen Dingen muß man diejenigen
Wissenschafften nicht vermengen, welche an sich
nützlich, durch die Fehler der Menschen aber
unnützlich und eitel werden, welchen Unterscheid
Heinrich Cornelius Agrippa in dem bekannten
Buche de incertitudine et vanitate scientiarum,
nicht gnug in Acht genommen. Denn er
schmeisset die nützlichen und unnützlichen
Künste und Wissenschafften in eins zusammen,
und trägt bey Abhandlung der nützlichen Künste
kein Bedencken, dasjenige, was als Fehler der
Menschen, die sie mißbrauchen, anzusehen, den
Künsten und Wissenschafften selbst
beyzumessen. |
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So legt man sich denn billig auf nöthige und
nützliche Wissenschafften. Doch die Menge
derselben ist groß, daß ein Mensch sich
ohnmöglich auf alles legen kan. Wenn auch
iemand dieses thun wolte, so würde er nicht
klüglich handeln, indem er seine Kräffte und
Arbeit
in allzu viele Dinge zerstreuen muß, daß er in
keinem keine allzu grosse Geschicklichkeit
erlangen, noch dem andern dienen kan, als wenn
er sich mit allen Kräfften auf eine Sache
geleget. |
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Auf diese Art ist nöthig, eine gewisse
Wissenschafft zur Haupt-Profeßion zu erwehlen.
Bey solcher
Wahl darff man keine eitlen Absichten
haben, noch dem Triebe der verderbten
Neigungen und Affecten folgen, wie es denn auch
eine Thorheit ist, wenn
Eltern ein
Kinde im
Mutter-Leibe der Theologie widmen, welches bisweilen
geschehen, und davon man Schmids Dissert. de
theologis Deo in utero consecratis, lesen kan.
Denn sie können ja nicht wissen, ob sich das Kind
dazu schicken werde; was aber
GOtt desfalls mit
dem |
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- Jeremia Cap. I, 5.
- Johanne dem Täuffer
Malach Cap. II, 1. Cap. IV, 5. Luc. Cap. I, 13.
seqq.
- und Paulo Galat. Cap. I, 15. 16.
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gethan, das ist nicht zu unsrer Nachahmung
aufgeschrieben. Es können auch die Kinder
dadurch nicht verbunden werden. |
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Der sicherste Grund ist, daß man sich nach
seinem
Naturell richtet, und eine solche Profeßion
erwehlet, wozu man sich am besten schicket, und
am meisten Lust hat. Denn auf die Art kan man
am meisten vor sich bringen, und sich in Stand
setzen, seinem Nächsten rechtschaffne Dienste
zu leisten. Sollte man sich auf Anreitzen
unordentlicher Affecten, oder auf unbedachtsames
Einrathen anderer auf was geleget haben; so man
bey reiffer Überlegung befindet, es sey dasjenige
nicht, wozu einem GOTT und die Natur
bestimmet, so handelt man dem
Willen GOttes
und der
Klugheit gemäß, wenn man, da man kan,
bey Zeiten umkehret, und eine Wissenschafft
ergreifft, dazu man von Natur geschickter ist. |
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Mit der Haupt-Profeßion muß man die Neben-Wissenschafften
verknüpffen, welche zur
gründlichern und leichtern Erlernung jener dienen,
so die
Philosophie und schönen Wissenschafften
sind. Doch kan man auch diese zu seiner Haupt-Wissenschafft erwehlen; wenn man etwa
gesonnen ist, GOTT in dem Schul-Stande zu
dienen. |
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Mittel |
Drittens muß man sich auch bey den Studiren
um die Mittel bekümmern, wenn |
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{Sp. 1204} |
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man seinen
Zweck der
Gelehrsamkeit
erlangen will. Denn sich einen Endzweck
vorsetzen, aber sich nicht zu den Mitteln
bequemen wollen, ist eine Narrheit. Solche Mittel
sind überhaupt zweyerley denn man lernet etwas
entweder durch Hülffe anderer; oder durch seinen
eigenen Fleiß und Bemühung. Andere können uns
hierinnen dienen bald durch ihre
Unterweisung,
wohin der Gebrauch der
Schulen, niedriger und
hoher gehöret; bald durch ihre Discourse in
Gesellschafften, daher die Conversation mit den
Gelehrten auch als ein Mittel anzusehen ist; bald
durch ihre
Schrifften, und da müssen wir die
Buücher haben. |
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Die Mittel, dabey es auf unseren eignen Fleiß
ankommt, sind das Meditiren und das Excerpiren.
Zum wahren und nützlichen Gebrauche
derselbigen wird erfordert auf einer Seite der
Fleiß, da man in seinem Gemüthe bereit ist, alles
zu thun, was zur Erlangung der Gelehrsamkeit
nöthig ist; auf der andern Seite die Klugheit, daß
man die Art und Weise verstehe, wie man die
Mittel so anwenden müsse, damit man auf eine
leichte Art zu seinem Zwecke komme. |
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Zu den Mitteln, welche dem Studiren
aufhelffen und dasselbe erleichtern, trägt die
Einrichtung der
Academien und
Schulen nicht
wenig bey. Wie diese beschaffen seyn müsse,
wenn man dem Studiren aufhelffen will, wird aus
folgendem erhellen. |
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Da derjenige, der andere etwas lehren will, es
selbst
verstehen, auch andern, was er verstehet,
mit guter Manier beyzubringen vermögend seyn,
über dieses allen Fleiß, der darzu erfordert wird,
anwenden muß; so müssen auf Schulen und
Academien solche
Lehrer bestellet werden, die
das ihrige wohl verstehen, die Gabe zu Lehren
besitzen, und von einem unermüdeten Fleiße
sind. Derowegen soll man keinen darzu
annehmen der nicht vorher in allen diesen
Stücken genungsame Proben abgeleget. Und
gewiß, es ist diese Vorsorge über alle maße
nöthig, sonderlich auf den
hohen Schulen, wo
man Wissenschafften und freye Künste lehret.
Denn da nach diesem in allen Ständen die
wichtigsten Ämter mit solchen Personen besetzt
werden, die auf Academien Wissenschafften und
freye Künste gelernet, so ist es ein grosses
Verderben für das Land, wo auf
Universitäten
untüchtige Leute sind, von denen man entweder
gar nichts, oder doch nichts rechtes, ja wohl gar
schädliches lernen kan; und es ist dieser
Schade
um so viel grösser und gewisser, je mehr die
lernenden gehalten sind, diese und keine andern
zu ihren Lehrern zu erwehlen. |
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Und damit man auch versichert ist, daß alle,
denen andern zu lehren obliegt, das treulich thun,
was sie zu thun vermögend sind, so hat man auf
Mittel und Wege zu dencken, wie man davon in
Erfahrung komme, auch überhaupt dergleichen
Anstalten zu machen, daß nicht leicht einer den
ihm gebührenden Fleiß unterlassen kan. |
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Lehrende |
Da das Lehren und Unterrichten eine
beschwerliche Arbeit ist, darüber man leicht
verdrießlich werden kan; so hat man darauf zu
dencken, wie man den Fleiß der
Lehrenden
unterhalten, und ihnen zu ihrer Arbeit Lust
machen kan. Zudem Ende hat man zu sorgen,
daß sie dabey ihr gutes Auskommen finden, |
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{Sp. 1205|S. 616} |
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wo nicht besser, doch eben so gut als in
einem andern Stande, dazu sie eben so wohl
geschickt wären. Denn gleich wie sie misvergnügt
werden wenn sie bey ihrer sauren und
höchstbeschwerlichen Arbeit darben sollen, da
andere ihres gleichen in ihren
Bedienungen bey
vielweniger oder doch bey weitem nicht so
verdrüßlichen Arbeit ein weit besseres
Auskommen haben: So sind sie hingegen in ihrem
Zustande zufrieden, wenn sie versichert sind, daß
sie sich nicht verbessern würden, ob sie gleich
eine andere Bedienung erhielten, dazu sie wohl
als zu der ihrigen geschickt werden. |
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Ingleichen hat man auch mit darauf zu sehen,
daß sie nicht weniger geehret werden, als alle
andere ihres gleichen, die zu andern Bedienungen
gezogen werden, zu denen sie so wohl als jene
geschickt wären. Denn so werden sie keine
Ursache finden, warum sie sich verändern wollen;
sondern wenn sie gleich unterweilen ihrer Mühe
überdrüßig werden, und sich in einen andern
Stand wünschen, so werden sie doch bald wieder
Muth fassen und nicht zu ändern verlangen, wenn
sie bedencken, daß sie keinen
Vortheil finden
können. |
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Absonderlich ist hiervor auf hohen Schulen zu
sorgen, wo man Leute zu Lehrern gebraucht, die
in Wissenschafften andern überlegen, und sie
wohl vorzutragen geschickt sind, und daher leichte
niedergeschlagen werden, wenn sie bey den
vortrefflichen Gaben, damit sie andern überlegen
sind, doch nicht so viel Vortheil haben können, als
andere, die ihnen viel nachgeben müssen, bey
ihren austräglichern Bedienungen. |
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Am allermeisten aber ist deswegen mit
hierauf zu sehen, weil diejenigen, welche die
Wissenschafften durch Lesen und Nachdencken
in Aufnehmen bringen sollen, ruhiges und
vergnügtes Gemüthes seyn müssen, indem
Unruhe und Misvergnügen das Nachdencken
stöhren. |
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Wenn man bey allen Academien dafür sorgte,
so würden nicht allein geschickte
Köpffe darauf
ihre Absicht haben, und sich lieber in dieser als
andere Bedienungen begeben, sondern auch
gerne und willig darinnen verbleiben, und sich
nicht nach andern umsehen. Man würde auch
jederzeit die besten Leute zu Lehrern bekommen
können, wenn sie nebst dem eigentlichen
Auskommen auch soviel
Ehre fänden, als sie mit
Verstande begehren könnten. Denn dieses sind
doch zwey Puncte, darauf die Menschen am
meisten zu sehen pflegen, wenn sie sich in
Bedienungen begeben sollen. |
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Vielleicht werden einige meynen, daß
Lehrende nicht allzu einträgliche Besoldung haben
solten, damit sie nicht nachläßig würden, und
desto weniger Zeit und Fleiß auf Unterrichtung der
ihnen anvertrauten Jugend anwendeten. Allein es
ist zu mercken, daß man hier die Einrichtung für
allen Dingen dergestalt zu machen hat, daß man
nicht anders sein reichliches Auskommen findet,
als indem man sein Amt treulich und fleißig
verrichtet: Welches nach denen besondern
Umständen auf vielerley Weise geschehen
kan. |
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Darnach sind auch gewisse Personen zu
setzen, die darauf Aufsicht haben, wie die
Lehrenden ihr Amt verrichten, damit man bey
Zeiten allen Mängeln abhelffen kan, die sich
etwan hier und dort ereignen dürfften. Über dieses
kan man auch dergleichen Anstalten machen,
dadurch nicht allein die Lehrenden
angehalten |
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{Sp. 1206} |
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werden, ihres Amtes entweder selbst treulich
zu warten, oder bey einigen sich ereignenden
dringenden Umständen durch andere, was ihnen
oblieget, zum Theil verrichten lassen; sondern
auch zugleich in Erfahrung kömmt, wie ein jeder
gethan, was ihm gebühret. |
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Man hat solche Personen zu erwehlen, die
durch abgelegte Proben vorher zur Gnüge
erwiesen, daß ihnen der Fleiß in Verrichtung ihres
Amtes kein Verdruß und keine Beschwerde,
sondern vielmehr eine Lust ist, auch sich vorher in
dergleichen Fliesse sattsam geübet. Es ist freylich
wahr, daß, je austräglicher die Bedienungen der
Lehrenden sind, je mehr sich Leute dazu finden
werden, die dadurch ihre
Bequemlichkeit
zu erhalten gedencken. Allein da man niemanden zu
einem Lehrer annehmen soll als der in allen
Stücken, die zu seinem Amte erfordert werden,
sattsame Proben abgeleget hat; so kan man gar
leichte verhüten, daß sich dergleichen Leute nicht
eindringen, wo es ein rechter Ernst ist, sie
abzuhalten. |
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Wollte man aber sagen, daß umso viel eher
durch Kunst der Gewaltigen sich ungeschickte
Leute in dergleichen Bedienungen bringen
würden, je mehrern
Vortheil sie darbey zu
gewarten hätten: So kan man zwar nicht läugnen
daß dergleichen Fälle möglich sind; jedoch würde
man fast keine gute Anstalt machen können, wenn
man sich davor fürchten wolte, daß sie durch die
wiedrigen Affecten der Gewaltigen können
gemißbrauchet werden. |
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Unterdessen bleibet es freylich wahr, daß
alsdenn die gröste Sorgfalt erfordert wird
Ungeschickte abzuhalten. Es lassen sich aber
durch hohe Hand dergleichen
Verordnungen
machen, daß auch nicht allezeit die Gewaltigen
durch Misbrauch ihrer
Macht das Gute verderben
können. Nehmlich hiervor muß mit in den
Statuten
und
Privilegien, die hohen Schulen ertheilet
werden, hinreichende Vorsehung geschehen. |
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Es haben auch Lehrende darauf zu sehen,
daß sie bey den Lernenden in gutem
Ansehnen
sind, das ist, daß die Lernenden in den
Gedancken stehen, sie
verstehen dasjenige, was
sie von ihnen lernen sollen, auf das beste. Denn
wer in den Gedancken steht, der andere verstehe,
was er ihn lehren soll, der glaubet auch, er müsse
das lernen, was er ihn lehret, und es auf die Art
anfangen, die er vorschreibet; folgends erweiset
er sich in dem, was er lernen soll, fleißig. |
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Hingegen wo man ein Mistrauen in die
Lehrenden setzet als wenn sie dasjenige, was er
andre lehren will, selbst nicht recht verstünde; von
dem wird man nicht annehmen, was er
saget
sondern ihn mit dem, was er vorbringet, nur
verlachen. Solcher
Gestalt unterlässet man
entweder gar, was man von ihm lernen solte, oder
man wendet keinen rechten Fleiß an. Und dieses
ist eben die Ursache, warum man berühmte Leute
zu Lehrern nimmt, die sich nehmlich bey andern
schon in den Credit gesetzt haben, daß sie
dasjenige, was sie lehren sollen, für andern wohl
verstehen. Ja eben deswegen haben sich
Lehrende zu bemühen, daß sie dergleichen
Proben ablegen, wodurch sie einen solchen Ruhm
erhalten können. |
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Es hat aber dieses auch den
Nutzen, daß
mehrere angelocket werden, sich ihrer
Unterweisung zu bedienen; wodurch sie zugleich
ihren
Vortheil in Vermehrung ihres Ver- |
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{Sp. 1207|S. 617} |
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dienstes befördern. Damit sie sich aber bey
den Lernenden in dem Ansehen erhalten, darein
sie sich durch tüchtige Proben gesetzt haben; so
haben sie sonderlich in ihrer Aufführung, ja in
allen Mienen und Gebehrden alles sorgfältig zu
vermeiden, was ihnen anständig ist. Denn da
junge Leute für andern geneigt sind, an andern zu
tadeln, was sie unanständiges an ihnen sehen,
auch wo viele bey einander sind, ein aufgeweckter
Kopff die andern mit aufbringet; so machen sich
die Lehrenden durch eine ungeschickte
Aufführung in ihrem Wandel, in Mienen und
Gebehrden bald lächerlich, und verleiten die
Lernenden dazu, daß sie ihrer spotten: In
welchem Zustande die Lernenden entweder auf
die Gedancken gerathen, als wenn sie das Ihrige
nicht recht verstünden, weil sie meynen, ein
Verständiger könne sich nicht so aufführen; oder
sich wohl einbilden, als wenn dasjenige, was sie
lehren, Sachen wären, die nicht viel nutzen, und
man daher gar wohl entrathen könnte; ja
unterweilen wohl gar sich und andere überreden,
die Sachen, so sie lehrten hinderten eine gute
Aufführung und die Klugheit im Wandel: Woraus
denn ferner eine Verachtung der Wissenschafft
entstehet, und man zu lernen unterlässet, was
man sonst lernen würde und solte. Wer sich auf
unsern Deutschen hohen Schulen umsiehet, der
wird in der Erfahrung finden, daß dieses wahr
sey. |
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Da nun bey einem Lehrenden es so nöthig ist,
daß er bey den Lernenden ein gutes Ansehen hat;
so ist es auch höchst nöthig, daß, wenn viele
Lehrende die
Unterweisung der Jugend in
verschiedenen Künsten und Wissenschafften
zugleich besorgen, keiner unter ihnen etwas
vornehme, was dem andern verkleinerlich ist, und
demnach keiner den andern von den Lernenden
verachte, sondern vielmehr alles, was
nachtheiliges von ihnen gesagt wird, zum Besten
kehre. Wir sind darzu schon durch die
allgemeinen
Pflichten verbunden; aber hier kömmt
noch eine neue
Verbindlichkeit darzu, weil sonst
einer des andern seyn Amt unkräfftig machet. Man
findet leider! in der Erfahrung, daß nicht mit
geringem Nachtheile der Lernenden insgemein die
Lehrenden dieser Pflicht zuwieder handeln, und
einer des andern Ansehen auf allerhand Weise zu
verkleinern suchet. |
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Woraus denn ferner dieses Unheil erwächset,
daß unter den Lernenden Partheyen entstehen,
deren einige sich an diesen, andere an einen
andern hängen, und dadurch in einen Haß gegen
einander entbrennen, folglich bey allerhand
Gelegenheiten einer gegen den andern sich
wiedrig erzeuget. Was mehr vor Unheil heraus
kömmt, liegt nicht allein am Tage; sondern wer die
Menschen in ihrem
Thun und Lassen kennet, kan
es auch mehr als zu viel begreiffen. |
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Warum Lehrende einander zu verkleinern
trachten, kömmt gemeiniglich daher, daß sie an
Ehre und Einkünfften ungleich sind, ob sich gleich
in ihren Verdiensten dergleichen Ungleichheit
nicht befindet, sondern der öffters wohl gar das
Nachsehen haben muß, der die meisten
Verdienste hat. Hieraus entstehet Neid; und weil
dieser mit dem Hasse vergesellschafftet ist, so ist
man bereit, aus des andern Unglück Vergnügen
zu schöpffen und trachtet daher, ihm dergleichen
anzurichten. Derowegen |
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{Sp. 1208} |
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wäre es höchst nöthig, daß man Lehrer der
Ehre und den Einkünfften nach so viel möglich
gleich machte, oder, wo es nicht mit gutem
Grunde geschehen kan, doch darauf bedacht
wäre, daß diejenigen, welche eine Gleichheit zu
begehren befugt sind, wenigstens mit andern
gleiche Hoffnung hätten, sich zu verbessern.
Hierdurch würde man verhüten, daß nicht Leute,
die einer Facultät Nutzen leisten können, in eine
andre verlangten, wo man ihres gleichen, auch
wohl bessere eher haben könnte, als darinnen,
was ihnen zu lehren zuerst anvertrauet worden ist.
Hierdurch würde man auch verhüten, daß theils
die Lehrer selbst, theils auch die Lernenden einige
Wissenschafften nicht verachteten, oder
wenigstens für geringe hielten, und andere
dargegen mehr, als sichs gebührte, erhüben,
dadurch aber Anlaß gäben, daß ihnen
hinwiederum das Ihrige verkleinert wird,
sonderlich wo man mehr
Recht als sie dazu
hat. |
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Es pfleget auch wohl zu geschehen, daß aus
Hochmuth und Hoffarth einer den andern
verachtet. Damit nun dieses nicht geschehe, so
hat man zu Lehrern Leute zu nehmen, die zwar
ein ehrliebendes Gemüthe haben, aber doch nicht
ehrgeitzig sind, damit sie nicht mehr Ehre
verlangen, als ihnen gebühret, und sie nach den
Umständen haben können, darinnen sie sich
befinden. Es haben aber die Lehrenden, die aus
Hochmuth und Hoffarth einander verachten wohl
zu bedencken, daß sie dadurch ihrer wahren Ehre
selbst schaden. |
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Es ist auch viel daran gelegen, daß Lehrer
Liebe bey den Lernenden haben. Denn wenn die
Lernenden sie aufrichtig lieben, so werden sie
auch nichts vornehmen, was ihre Lehrer
misvergnügt machen, und hingegen alles thun,
was sie vergnügen kan. Derowegen weil sie gar
wohl begreiffen, daß es den Lehrern gefällt, wenn
sie die Lehren, so von ihnen vorgetragen werden,
hochachten, und sie sich im Lernen fleißig
erzeigen; so wird auch die Liebe sie antreiben,
ihre Lehren mit Hochachtung aufzunehmen, und
im Lernen sich fleißig zu erweisen. Hierdurch
haben nicht allein die Lernenden den Nutzen, daß
sie etwas lernen, und ihre Zeit nicht vergeblich
hinbringen; sondern die Lehrenden werden auch
dadurch aufgemuntert, sich selbst in der
Erkenntniß der
Wahrheit noch immer mehr zu
gründen. |
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Wenn demnach die Studirenden etwas
tüchtiges lernen sollen, so müssen die Lehrer
auch dafür sorgen, daß sie ihre Lehren nicht
verachten und entweder gar nicht anhören, oder
doch nur zu einem Ohre hinein, zum andern
wieder heraus lassen. Derowegen ist nicht alleine
nöthig, daß sie in Erfahrung kommen, wie die
Lernenden ihre Lehren fassen, sondern auch
zugleich vermögend sind, sie zum Lernen zu
verbinden: Das erste geschiehet durch
Examiniren, wenn sie nehmlich durch
geschickte
Fragen
erforschen, ob sie dasjenige
verstehen,
was sie gelernet, und wieder die Einwürffe, die sie
ihnen machen vertheidigen können. |
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Zu dem Ende wäre dienlich, wenn man
dergleichen Untersuchungen anstellte, theils ehe
die Lernenden die ihnen vorgetragenen Lehrern
durch ihren besondern Fleiß wiederhohlet, theils
nachdem diese Wiederhohlung geschehen. Im
ersten Falle würde man Gelegenheit bekommen,
theils ihre Fähigkeiten zu beurtheilen, theils auch
zu erkennen, ob sie wohl darauf Acht gehabt, oder
nicht: Im andern Falle |
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{Sp. 1209|S. 618} |
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hingegen würde der Fleiß bekannt, den sie
Studiren beweisen. |
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Ausser diesen Untersuchungen wäre auch
dienlich, wenn man ihnen Einwürffe machte, um
zu sehen, wie sie dieselben beantworten würden:
Woraus man am allermeisten erkennen kan, ob
einer eine Sache recht inne hat, oder nicht. Wer
sich gegen Einwürffe, die er vorhin noch nicht
gehöret hat, wohl vertheidigen kan, der muß sie
auch wohl inne haben. Ja man solte sie nach
diesem auch vor sich Einwürffe machen, und ihre
Zweiffel, die ihnen bey den vorgetragenen Lehren
einfallen, vorbringen lassen, damit man ihnen
dieselben benehmen, und sie ihrer
Meynung
gewiß machen kan. |
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Wenn ein Lehrer auf solche Weise die
Fähigkeit der Lernenden und ihren Fleiß genau
erkannt hat; so ist er auch in dem Stande, in
seinem Vortrage sich darnach zu richten, damit er
weder durch die Kürtze unverständlich, noch
durch allzu grosse Weitläufftigkeit beschwehrlich
wird. Wie die Dunckelheit
Verdruß erreget; so
erwecket im Gegentheile allzu grosse
Weitläufftigkeit nicht geringere, absonderlich bey
denen, die einen grossen Eiffer haben, bald viel
zu lernen. |
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Das Lehrer auch
Gewalt haben müssen,
Lernende zu verbinden, ihre Lehren mit Bedacht
anzuhören und fleißig zu wiederholen, begreifft
man leicht. Denn ohne dieses pflegt es zu
geschehen, daß die Lernenden entweder eine
Sache gar verachten, u. nicht einmahl sie
anzuhören kommen, oder doch wenigstens nicht
recht darauf Acht haben, noch mit Fleiß
wiederholen. Wo Lernende vor sich
verstehen,
was ihnen gut ist, und eine Lust zu lernen haben,
da braucht es dieser
Verbindlichkeit nicht:
Hingegen wo sie nicht wissen, was ihnen gut ist,
und Gelegenheit sich ereignen kan, daß sie durch
ungegründete Vorstellungen abgehalten werden
zu lernen, was sich gebührete, da wird sie
hauptsächlich erfordert. |
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Und es dannenhero ein grosses Verderben,
wenn man den Lernenden hierinnen völlige
Freyheit
überlässet, daß sie zu ihrem grossen
Schaden entweder gar nicht lernen, was ihnen
höchst nöthig und nützlich wäre, oder doch zur
Unzeit, indem sie nachsetzen, was vorhergehen
solte, und zuerst lernen, was sich zuletzt zu lernen
gehörete. Aus welcher Unordnung erfolget, daß
sie mit vielem Fleisse und Bemühung nichts
gründliches lernen, auch dasjenige, was sie
endlich ins Gedächtniß fassen, nur obenhin zu
lernen mehr Zeit und Mühe anwenden müssen,
als sie sonst eben dasselbe aus dem Grunde zu
lernen nicht nöthig hätten. |
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Die tägliche Erfahrung bekräfftiget dieses auf
unsern
Universitäten, und es ist nicht nöthig,
solches durch Gründe zu erweisen. Es ist zwar
nicht zu läugnen, daß wenn die Lehrer Gewalt
haben, die Freyheit der Lernenden im Lernen
einzuschräncken, ebenfalls viel Unheil daraus
erfolgen kan, wofern sie nehmlich selbst nicht
verstehen, was einem zu lernen dienet, der sich
durch gründliche Wissenschafft zu einer künfftigen
Lebens-Art zubereiten will. Allein diesen Fehler
kan man sehr leicht abhelffen, wenn man durch
gute
Gesetze vorschreibet, was ein jeder zu
lernen hat, und in welcher
Ordnung er studiren
muß: Hingegen den Lehrern so wenig verstattet,
etwas aus
Ungehorsam gegen die
Obrigkeit, von
der sie ihr Amt haben, nach ihrem eigenen
Dünckel darinnen zu |
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{Sp. 1210} |
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ändern, als man den Lernenden erlaubet, nach ihrem eigenen Gefallen ihr
Studiren einzurichten. Uneingeschränckte
Macht,
andere zu verbinden, ist allezeit gefährlich, und muß niemand überlassen werden:
Es folget aus Unverstande, Irrthum und eigennützigen Absichten gar leicht ein
schädlicher und Land verderblicher Mißbrauch. |
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