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Quellenangaben
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Privilegien |
Noch mehr suchen gewinnsüchtige
Nachdrucker ihr widerrechtliches Unternehmen
dadurch zu rechtfertigen, wenn sie über ihre
nachgedruckten
Auflagen von hohen Häuptern
besondere
Privilegien nicht so wohl
rechtmäßig
ausbringen, als vielmehr listiger Weise
erschleichen. Sie vermeynen hierdurch ein
höchstbilliges Vorrecht vor denen erlangt zu
haben, welche vor die ersten und folgenden
Auflagen ihrer
Bücher
gantz kein Privilegium
aufweisen können. Ja sie treiben ihr vermeyntes
Recht so hoch, daß sie auch diejenigen, so durch
ein
älteres Privilegium weit eher ein bestätigtes
Recht an ihrem
Eigenthum erhalten haben, davon
gäntzlich auszuschliessen suchen. Allein bey
genauerer
Untersuchung wird man befinden, daß
auch sogar dergleichen Privilegien unbefugten
Nachdruckern in beyden Fällen nicht das
geringste Recht geben können. |
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Es ist aus denen Rechten bekannt, daß
niemanden ein Privilegium gegeben werden
könne, wodurch einem andern ein
Schade
zuwächst |
Wernher in Obs. For.
… |
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Fürstlichen
Personen ist niemals in den
Sinn
gekommen, ihren
Verordnungen eine so
unmenschliche Gültigkeit beyzulegen. Sie sind
Väter des Vaterlandes. Sie
lieben ihre sämtliche
Unterthanen. Sie sind höchstbesorgt, ihrer
allerseits
Nutzen zu befördern. Diese
gerechte
und Landes-väterliche Vorsorge, so auf alle
Unterthanen gleich gerichtet ist, erlaubet ihnen
nicht,
Freyheiten
und Beleidigungen zu ertheilen, durch welche des einen
Vortheil mit des andern
Nachtheil befördert werde. Die
Kayser Thedosius
und Valens haben schon ehedem hierüber sich
sehr deutlich erkläret, |
L. 7.
C. de precib. Imper.
offer. |
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Hieraus folgert Trentacinquius in Var.
Resolut. … daß alle Privilegien gleichsam
stillschweigend die Clausul voraus setzten, dem
Rechte eines dritten unbeschadet. Nun sind
Bücher-Privilegien Bestätigungen derer Rechte,
welche Buchhändlern an ihren Verlags-Büchern
zukommen, wie in dem vorhergehenden des
mehrern erwiesen worden. Nachdrucker haben zu
denenselben niemahls ein Recht gehabt. So ist es
unmöglich, daß ihnen ein ertheiltes Privilegium
darzu eines geben kan. Der boßhaffte Nachdruck
setzt, wie gleichfalls in dem vorhergehenden
bereits ausgeführet worden, den
rechtmäßigen
Verleger in nicht geringen
Schaden. Würden
gewinnsüchtige Nachdrucker in der unersättlichen
Begierde, mit anderer Nachtheil ihre
Vortheile zu
vermehren, durch Begnadigungen hoher Häupter
unterstützet; so dürffte der Schade nur noch
grösser, dem
gemeinen Wesen selbst aber ein
noch weit unheilbarers Ubel daraus zugezogen
werden. |
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Wer diese
Umstände wohl
erwäget, wird nicht
ohne allen
Grund an der
Billigkeit solcher Bücher-Privilegien
zweifeln
müssen. Und eben dieses
scheint auch bey demjenigen |
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{Sp. 77|S. 56} |
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Falle Statt zu finden, da unbefugte
Nachdrucker sich mit neuern Privilegien wider
rechtmäßige Verleger schützen
wollen, so ältere
Freyheits-Briefe besitzen. Hier muß ohnfehlbar
das letztere dem erstern, welches noch darzu so
offt erneuert und bestätiget worden, nachstehen,
indem von der tieffen und
gnädigen Einsicht
hoher
Landes-Obrigkeiten nicht zu
vermuthen stehet,
dasjenige, was sie einem bereits gegeben, auch
dem andern zuwenden zu können, und zu
wollen. |
Siehe Leysers Medit. ad Dig.
… |
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Daß aber dennoch dergleichen häuffig
gesucht und auch erhalten werden, lehret zu
jetzigen
Zeiten die
tägliche
Erfahrung. Allein was
sollen sie vor eine Gültigkeit haben, da man bey
deren Auswürckung die
wahren
Umstände
verheelet, und da sie also nur hinterlistiger Weise
(sub- et obreptitie) erschlichen sind? Es erfordert
ja der
Zustand einer wohleingerichteten
Republick, daß bey allen
Landes-herrlichen
Verordnungen zum Grunde geleget werde, was der
Kayser Zeno l. 7.
C. de divers. rescript. bey
seinen Verordnungen voraus gesetzet
wissen
wolte, nehmlich dafern das Vorgeben
dererjenigen, welche solche ausgebracht, mit der
Wahrheit
übereinstimmet. Bewährte Rechts-
Lehrer sind darinnen einig, daß auch derjenige,
welcher etwan durch allerhand Lug und Trug (per
sub- et obreptionem) über ein fremdes Buch ein
Privilegium erlanget, so wenig, als ein anderer,
dem Eigenthums-Herren das Seinige zu
entziehen, Fug und
Macht habe. |
Siehe das kurtz vorher
angeführte Leipziger Responsum. |
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Selbst die
Sächsischen Rechte haben in
diesem Falle dergleichen Privilegien alle Rechts-Krafft abgesprochen. |
Siehe die oben angeführte
Erl. Landes-Gebr. und andere Chur-Sächs.
Verordnungen l.c. |
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Zwar werden unbefugte Nachdrucker die
Meynung einiger Rechts-Gelehrten vor sich
anführen wollen, welche davor halten, daß ein
Landes-Herr wegen des ihm zukommenden
höchsten Rechts der Majestät zweyen
Personen
einerley Privilegien ertheilen könte, ohnerachtet
dem einen dadurch ein mercklicher
Schaden
zuwüchse. |
Leyser l.c. … |
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Weise und gerechte
Regenten im
Volcke
verlangen nicht, daß man ihrer Majestät einen
allzufreyen
Gebrauch beylege, welche die
Vorrechte der
göttlichen aufzuheben scheint. Sie
verlangen nicht durch ihre
Gesetze die
Verbindlichkeit der göttlichen Rechte zu
vernichten, welche die eintzige Richtschnur ihrer
eigenen
Handlungen, ja der
Grund ihrer Gesetze
sind. Solte aber solches ein oder das andere mahl
geschehen; so wird doch dadurch niemand ein
Recht zuwachsen, aus einer
gantz besondern
Begebenheit, welche nur als ein Abfall von der Regel anzusehen, gleich als wenn es die
allgemeine Regel selbst wäre, auf die schlechter
Dings
nothwendige Vergünstigung eigner
Thorheiten einen sichern
Schluß zu machen. |
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So wird auch eine andere Ausnahme, welche
Stryck in Us. Mod. Pandect. … von der
allgemeinen Regel macht, unbefugten
Nachdruckern kein zulänglicher Grund eines
vollkommenen Rechtes seyn können. Es
meynt
nemlich derselbe in dem angezogenen Orte, daß
kein |
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{Sp. 78} |
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Reichs-Stand befugt sey, das einem oder
dem andern
Buchhändler von Sr. Kayserl. Majest.
ertheilte Bücher-Privilegium aufzuheben, es wäre
denn, daß hieraus vor seine eigene
Unterthanen
ein mercklicher Schaden zu besorgen stünde.
Denn dafern diese eines Buchs vonnöthen hätten,
solches aber von dem ersten
Verleger um einen
billigen Preiß nicht erhalten könnten; so sey kein
Zweifel, daß nicht ein jedweder
Fürst in seinem
Lande jemanden die Erlaubniß geben könnte,
eben dieses Buch zum
Gebrauch und Besten
seiner Unterthanen nachzudrucken. Denn da ja
die Stände berechtiget wären, sogar eines und
das andere wider die allgemeinen
Reichs-Gesetze
in ihren Ländern anzuordnen, wenn sie anders
befinden, daß ihrer Unterthanen
Nutzen
und Bestes darunter leide; warum solten sie solches nicht vielmehr auf den Fall
zu
thun
Macht haben,
wenn es nur den Vortheil einer oder der andern
Privat-Person anbetrifft? Jedoch sey sothane
Gewalt nur in die
Grentzen seines Landes oder
Gebietes einzuschräncken. Widrigen falls aber
müsse sich der Verkäuffer desselben, wenn er
solches nehmlich ausser gedachtem
Bezircke zu
Marckte brächte, gefallen lassen, nach dem Inhalt
des Kayserlichen Privilegii bestraffet zu
werden. |
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Es wird also unbefugten Nachdruckern wenig
oder nichts helffen, auf
Privilegien zu trotzen, die
von ihnen bloß betrüglicher und hinterlistiger
Weise erschlichen worden. Und
rechtmäßige
Verleger werden sich weder an ihre vergebene
Warnungen zu kehren, noch vor dem angedrohten
Schaden zu fürchten, die geringste
Ursache
haben. Es ist GOtt Lob! noch Recht im Lande. Es
sind noch weise und gerechte
Personen, die es
handhaben. Redliche Buchhändler leben als treue
Unterthanen der
gewissen Zuversicht, hohe
Landes-Obrigkeiten werden sie bey ihren Rechten
und Freyheiten allergnädigst zu schützen wissen.
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Erlaubnis des Verfassers |
Auch selbst die gegebene Erlaubniß des
Verfassers einer
Schrifft kan unbefugten
Nachdruckern kein
Recht geben, rechtmäßigen
Verlegern den
Vortheil anderweitiger
Auflagen zu
entziehen. Derjenige, so an einer
Sache einem
andern was
vergönnen
will,
muß daran selbst
annoch ein Recht haben. Wo man sich hingegen
an derselben alles Rechts willkührlich begeben,
da hat man zugleich auch dieser
Freyheit
entsaget. Alle Ertheilung der Erlaubniß geschiehet
durch Pacte oder Verträge. Einem andern durch
einen neuen Vergleich an einer Sache etwas zu
vergönnen, welches den freyen Gebrauch eben
derselbigen Sache, so man durch einen vorher
geschlossenen Vertrag jemand eingeräumet,
völlig aufhebt, ist ein gantz und gar ungültiges
Unternehmen. Wie soll demnach die Erlaubniß ein
sicherer Grund eines zu erwerbenden Rechts
werden, welche selbst widerrechtlich ist?
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Ein
Gelehrter behält wohl das Recht des
Eigenthums an seiner
gelehrten
Arbeit. Allein das
Buch selbst, als eine cörperliche Sache, hat er um
ein gewisses
Geld an einen Buchhändler
verkaufft
und ihm
würcklich übergeben. Das ihm sonst
zukommende Recht, es zu verlegen,
drucken,
wieder auflegen zu lassen, und damit nach
eigenem Gefallenen zu handeln, hat er zugleich
an denselben abgetretten, wie oben |
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{Sp. 79|S. 57} |
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bereits erhärtet worden. Er hat also, weil er
völlig hievor abgefunden ist, nicht mehr die
geringste Freyheit
übrig, damit nach
eigenem
Gefallen fernerweit zu verfahren. Ja es hat einen
Widerspruch bey sich, das Recht einer neuen
Auflage einem andern Buchhändler zu
überlassen, davon man nach vollzogenem
Vergleich mit dem erstern selbst ausgeschlossen
wird. Folglich kan unbefugten Nachdruckern die
Erlaubniß der Verfasser nicht zu statten kommen,
welche selbst eine vorgegebene und denen
Rechten zuwider lauffende Handlung ist. Denn
hier trifft ein, was der alte Jurist Paulus in l. 29.
ff.
de R.J. denen Rechten gemäß zu seyn erachtet.
Was einmahl oder bald Anfangs schadhafft oder
mangelhafft ist, das kan durch die
Länge der Zeit
nicht wieder
gut werden. |
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Gewohnheit |
Nunmehr ist noch die letzte, aber ebenfalls
sehr zerbrechliche Stütze übrig, auf welche
gewinnsüchtige Nachdrucker ihr vermeyntes
Recht zu gründen suchen. Sie beruffen sich
nehmlich noch auf eine durchgängige
Gewohnheit. Und der
Herr von
Ludewig trägt kein
Bedencken, ihnen l.c. gleichfalls seinen Beyfall zu
gönnen. Zwar ist wohl nicht zu
läugnen, daß das
unbefugte Bücher-Nachdrucken nunmehr leider
bey denen sonst so redlichen
Deutschen
allerdings zu einer fast durchgängigen
Gewohnheit geworden sey. Die vielfältigen
Exempel davon liegen in denen
gelehrten
Geschichten fast
wöchentlich am
Tage. Sie ist
auch durch eine ziemliche Länge der Zeit bey
nahe so gut, als verjähret. Und dennoch ist dieses
alles nicht vermögend, dieselbe genugsam zu
berechtigen. Die
vornehmste
Eigenschafft, die
hierzu
nöthig ist, ermangelt. |
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Es erhellet aus dem
gantzen Zusammenhang
dessen, was bis anhero von dieser
Materie
beygebracht worden, daß diese Gewohnheit der
Gerechtigkeit und Ehrbarkeit zuwider laufe. So
wenig nun die gröbsten Verbrechen der jetzigen
Welt, welche schon von
undencklichen Zeiten biß
hieher häuffig ausgeübet worden, eben dadurch
die Natur einer zu
Recht beständigen Gewohnheit
annehmen können; eben so wenig kan solches
von der allen Rechten widerstreitenden
Gewohnheit des Bücher-Nachdrucks
gesagt
werden. Es heißt auch hier nach dem bekannten
Sprüchwort der
alten
Deutschen: Tausend Jahr
Unrecht ist keine Stunde recht.
Schande vor
Buchhändler, welche Deutsche heissen
wollen,
und doch nichts von der alten Deutschen Treue
und Redlichkeit besitzen. |
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Literatur |
Ein mehrers hiervon siehe
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- in der 1732 zum
Vorschein gekommenen Charletanerie der
Buchhandlung, welche den Verfall derselben durch Pfuschereyen,
Pränumerationen, Auctionen, Nachdrucken, Trödeleyen, u.d.m. befördert, von
zwey der Handlung beflissenen unpartheyisch untersucht;
- desgleichen in dem Schreiben eines Buchhändlers aus Europa an
einen andern berühmten Buchhändler in Deutschland, die kürtzlich
herausgekommene Charteque: Charletanerie der Buchhandlung, betreffend, dem
Druck überlassen von Antoine de St. Genoveve;
- ferner in denen unpartheyischen Gedancken über zwey schändliche
Pasquille, betitelt 1) der Char-
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{Sp. 80} |
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letanerie der Buchhandlung, 2) Schreiben eines Buchhändlers aus Europa
an einen Buchhändler in Deutschland, Hamburg, 1732. |
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- wie auch in dem Rechtlichen und Vernunfftmäßigen Bedencken eines
JCti, der unpartheyisch ist, von
dem schändlichen Nachdruck andern gehöriger Bücher,
Halle
1726;
- nicht weniger in dem Jenaischen
Responso Juris, sammt völligen
Beyfall dreyer Juristen-Facultäten (zu Giessen, Helmstädt und
Erfurt) worinnen dargethan wird, daß denen
Auctoribus derer in Druck
gegebenen Bücher, und deren Cessionariis,
welche von hohen Obrigkeiten keine Privilegien darüber ausgewürckt,
kein Monopolium solchen Bücher-Verkauffs zustehe, noch vor weltlichen
Gerichten ein Recht zukomme, andern den Nachdruck solcher Bücher zu
verbieten, oder wider selbige um Bestraffung anzusuchen. Erfurt
,1726.
- und endlich in eines aufrichtigen Patrioten unpartheyischen
Gedancken über einige Quellen und Würckungen des Verfalls der jetzigen
Buchhandlung, worinnen insonderheit die Betrügereyen der
Bücher-Pränumerationen entdeckt und zugleich erwiesen wird, daß der
unbefugte Nachdruck unprivilegirter Bücher ein allen Rechten
zuwiderlauffender Diebstahl sey. Schweinfurt ,1733.
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