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Quellenangaben
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Scheingründe zur Rechfertigung |
Eben diese
vernünfftigen
Ursachen werden
auch zweifelsohne zureichend seyn, die Schein-Gründe zu widerlegen, mit welchen
unbefugte Nachdrucker ihr gewinnsüchtiges Unterfangen zu beschönigen suchen. |
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Ehre Gottes |
Das
vornehmste, wodurch sie ihren
schändlichen
Geitz zu bemänteln, und
demselben ein recht heiliges
Ansehen zu geben pflegen, ist die vorgewendete
Beförderung der
Ehre
Gottes. Der
Zweck ist an und vor sich selbst sehr edel.
Allein die Mittel, deren sich unbefugte Nachdrucker zu dessen Erhaltung
bedienen, heben denselben vielmehr auf. |
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Es erhellet solches
gantz deutlich aus einem
richtigen
Begriffe, den man sich hierbey von der
Ehre Gottes machen
muß. Die Ehre Gottes
befördern, heißt nichts anders, als dem
vollkommensten
Wesen in allem gehorchen, das
ist, die von ihm geordnete Subordination derer
Zwecke und Mittel die höchste Richtschnur seines
Lebens seyn lassen, und sich bemühen, seine
Handlungen mit dieser weisen und
gerechten
Ordnung von
Tage zu Tage in
völlige
Übereinstimmung zu bringen. Keine
That muß so
geringe seyn, bey welcher ein vernünfftiger
Mensch nicht jetzt gedachte göttliche Ordnung vor
Augen zu haben, und derselben vor seinen
eigenen
Lüsten die Ehre und den
Vorzug zu
geben,
verbunden seyn
solte. Derjenige, welcher
dieser
Verbindlichkeit ein Gnüge leisten
will, muß
in der
Erkänntniß der göttlichen natürlichen
Gesetze und in dem reinesten
Gehorsam gegen
ihn besonders starck seyn. Und es ist also die
schändlichste Verlästerung der Ehre Gottes, die
Erwehnung derselben zur Bemäntelung
unvernünfftiger Thaten, zur Beschönigung
arglistiger und unbefugter Unternehmungen zu
mißbrauchen, die weder in göttlichen noch
weltlichen Rechten
Grund haben, und deren
Absicht vielmehr ist, andern das ihrige
abzulocken. |
Siehe August Friedrich
Müllers Einleitung in die Philosophischen
Wissenschafften in der Metaphysick … |
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Mit was vor
Gewisse können demnach
unbefugte Nachdrucker vorgeben, daß sie Gottes
Ehre befördern, das ist, dem
göttlichen Willen den
reinesten Gehorsam erweisen
wollen, durch ein
Vornehmen, welches dem göttlichen Willen und
der weisesten Ordnung desselben schnurstracks
entgegen ist. Was Gottes natürlicher und
geoffenbahrte Wille dißfalls von ihnen fordere, und
wie unverantwortlich sie den- |
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{Sp. 69|S. 52} |
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selben übertreten, ist oben schon zur Gnüge
gezeiget worden. Der Grund ihres Unternehmens
ist der schädlichste
Geitz. Gott und dem Mammon
zugleich zu
dienen ist
unmöglich. Wo sichere
Merckmahle vorhanden sind, daß man dem
letztern seines Nächsten gerechte
Vortheile
aufopffere, da liegt gantz deutlich am Tage, daß
man dem erstern schon längst Dienst und
Gehorsam aufgesaget habe. |
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Gottes Ordnung verlangt von ihnen, ihren
Nächsten zu lieben, als sich selbst, aber nicht
weniger, als sich selbst, noch viel weniger aus
verderbter Eigenliebe zu hassen. Derjenige liebet
seinen Nächsten weniger, als sich, ja er hasset
ihnen sogar, der ihm seine
Rechte,
Vortheile,
Freyheiten u.s.w. raubet. Wer dieses
thut,
widerstrebet der göttlichen Ordnung, und eben
hierdurch schändet er Gott, statt daß er ihn zu
ehren vorgiebt. Und solchemnach ist und bleibet
das unverschämte Vorgeben unbefugter
Nachdrucker von Beförderung der Ehre Gottes
entweder nur ein pöbelhafter Ausdruck einer
heiligen Einfalt, oder, welches ihren
wahren
Absichten wohl am gemässesten seyn dürffte,
eine verführerische Schmincke scheinheiliger
Boßheit. |
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Förderung des gemeinen Besten |
Der Ehre Gottes setzen insgemein unbefugte
Nachdrucker die Beförderung des
gemeinen Bestens an die Seite. Wir wollen
untersuchen, ob
und wie sie diesem an und vor sich
gantz
billigen
Vorsatze ein Gnüge thun. Zwey
Umstände sind
es, die hierbey ihren eitlen Absichten zum
wenigsten im Anfange ein
gutes äusserliches
Ansehen geben. Sie vermeynen dadurch des
Nächsten
Nutzen zu befördern, wenn sie einmahl
ihren Nachdruck wohlfeiler, als die rechten
Verleger die Original-Exemplarien, geben, andern
Theils
nützliche
Bücher, die aber nicht mehr, oder
sehr wenig zu haben wären, desto häuffiger unter
die Leute bringen
wollen. |
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billiger |
Was das erste anbelangt; so geben sie sich
hierbey alle nur ersinnliche
Mühe, rechtschaffene
Verleger der grösten Ungerechtigkeit zu
beschuldigen, daß sie ihre Verlags-Bücher so
hoch hinaus trieben. Sie aber
rühmen sich vor
ihnen einer recht milden Christlichen
Liebe, da sie
vermöge eines scheinbaren Vorgebens einen
ansehnlichen Vortheil lieber missen, als ihren
Nächsten die Erkauffung guter Bücher schwer
machen wollen. Die
Worte sind zwar schön; allein
das darunter versteckte Gifft ist desto gefährlicher.
Freygebig zu seyn von geraubtem, etwas wohlfeil
zu geben, daß einem selbst nicht theuer zu stehen
kommt, ist eine schlechte Probe Christlicher
Liebe. |
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Es ist eine gantz leichte
Sache, daß
unbefugte Nachdrucker ihre
Waare wohlfeiler
geben können, als die
rechtmäßigen Verleger. Der
Aufwand ist bey jenen nicht so groß, als bey
diesen, gewesen. Rechtmäßige Verleger haben
einen ansehnlichen Theil ihres
baaren
Geldes auf
die Befriedigung derer
Verfasser, auf Anschaffung
saubern Papiers, auf Verfertigung neuer
Schrifften, und andere hierbey vorfallende
Nothwendigkeiten verwenden
müssen.
Nachdrucker haben mit dem Verfasser nichts zu
thun, und da derselbe vor seine
Mühe schon
befriedigt ist, brauchen sie davor nicht das
geringste aufzuwenden. Vor das übrige sind sie
besorgt, indem insgemein bey nachgedruckten
Wercken die Sauber- |
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{Sp. 70} |
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keit des Druckes und Papiers, ingleichen die
gehörige Accuratesse gar sehr gesparet wird.
Drucken sie gar fremde Bücher, nach der jetzigen
Mode, auf Subscription nach; so haben sie nicht
einmahl
nöthig, ihr
eigenes Capital anzugreiffen,
und die Interessen davon eine
Zeit lang
einzubüssen. Sie thun den Verlag von fremden
Gelde, und erwerben sich also mit leichter Mühe
ein neues Capital und dessen Interessen. |
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So ist es demnach leicht
möglich, ein Buch
wohlfeil geben zu können, dessen Verlag weder
so gar kostbar, noch auch den angemaßten
Verleger sauer angekommen ist. Man kan es
daher rechtmäßigen Verlegern keinesweges als
eine Unbilligkeit auslegen, wenn sie ihren Verlags-Büchern einen höhern Werth setzen, als mit
denen es eine gantz andere Bewandniß hat. Es
stehet ihnen ja nach allen Rechten, wie allen
andern Handelsleuten, frey, ihren Waaren einen
solchen Preiß zu setzen, dessen Zahlung ihnen
die angenehme
Hoffnung macht, den darein
gesteckten baaren Verlag, so bald als möglich,
wieder zu erhalten. Ein
billiger
Vortheil ist ihnen
gerne zu gönnen. Denn das ist die gerechte
Absicht, wie aller andern, also auch ihrer
Handlung. |
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Setzet man diese Umstände zum Grunde; so
wird nicht leicht ein vernünfftiger Mensch sich
beklagen, daß er ein
Werck von Wichtigkeit,
dessen Druck und Papier sauber und correct
besorget worden, einem redlichen Verleger zu
theuer bezahlt habe. Um desto weniger ist hierbey
abzusehen, wie doch durch dergleichen hohe,
aber darbey dem innern Werthe des Werckes
gemässe Preise, das
gemeine Beste den
geringsten Schaden leide. Allein was tragen denn
unbefugte Nachdrucker durch ihren wohlfeilen
Verkauff zu dessen Beförderung bey?
Gewiß
wenig, oder nichts. Alles kan in der
Welt nicht
wohlfeil seyn. Nur diejenigen wollen gern alles
wohlfeil haben, die den
wahren Werth der Sachen
nicht kennen, oder wo auch dieses ist, aus einer
unordentlichen Selbst-Liebe, lieber alles umsonst
hätten. Deren eitlen Absichten allzuviel
nachzugeben, heißt das gemeine Beste mehr
hindern, als befördern. |
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Vernünfftigen
Gelehrten geschiehet dadurch
der wenigste Gefallen, je nachtheiliger dergleichen
Unterfangen der gantzen
Gelehrsamkeit zu seyn
scheinet. Verfertiger tüchtiger Wercke können es
nicht anders als übel
empfinden, wenn ihre
Schrifften durch wohlfeilen Preiß verächtlich
gemacht werden. Sie
wissen mehr als zu wohl,
daß die meisten Menschen, und vielmahl nicht
ohne
Grund, also
schliessen: Was nicht viel
kostet, das ist auch nicht viel werth. Aus eben
dieser
Ursache ist es andern Gelehrten sehr
mißfällig, wenn
gute
Bücher, vermittelst schlechter
Preise, fast dem Maculatur gleich bezahlet
werden. Und dieses um desto mehr, da sie
wahrnehmen, daß die so wohlfeilen
Auflagen
verhuntzte und verstümmelte Nachdrucke sind.
Verständige Kenner bezahlen ein correct und
sauber Buch einem tüchtigen und redlichen
Verleger lieber etwas theurer, als einem Pfuscher
und Windmacher ein uncorrectes und überhin
gesudeltes wohlfeiler. Und wenn ein etwas
erhöheter Preiß ein
Schaden oder
Ubel zu
nennen
wäre; so würde es zum wenigsten erleidlicher
seyn, in dem Preisse übersetzt, als in der
Waare
betrogen zu werden. |
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{Sp. 71|S. 53} |
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Und gesetzt, daß durch wohlfeilere
Bücher-Preisse etwan denen
Armen einige
Erleichterung geschaffet werden könnte; so wird
der aus dieser Ursache unternommene
Nachdruck dennoch ebenso ungerecht bleiben,
als die reichen Allmosen eines Räubers von
gestohlnen
Gütern.
Christliche
Buchhändler
werden schon wissen, wie sie hierbey sich derer
Armen
Nothdurfft annehmen
sollen. |
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Allein die rechte
Wahrheit zu entdecken,
dieses alles ist keinesweges die eigentliche
Absicht unbefugter Nachdrucker. Nicht das
gemeine Beste, nicht die Beförderung der
Gelehrsamkeit, nicht die Bedürfnisse derer Armen
haben sie sich zum Ziel gesetzt. Ein
gewinnsüchtiger Eigennutz ist der eintzige
Endzweck, den sie nur unter diesen Schein-Ursachen meisterlich zu verbergen wissen. Sie
suchen, wie Aristophanes in Equitibus
sagt, das
von einem andern gekochte und zubereitete
Essen höchstbegierig zu verschlucken. Sie sind
bemüht, rechtschaffnen Verlegern ihren
rechtmäßigen
Profit, als
unverschämte Brodt-Diebe, vor dem Maule hinweg zu nehmen, ihnen
die Käuffer unter dem Schein des
Rechten
abspenstig zu machen, und mit ihrem
Schaden
reich zu werden. Wie kan das nun eine wahre
Beförderung des gemeinen Besten seyn, welches
nur auf eiteln Eigennutz und auf fremden Schaden
abzielet. Sie sind daher grobe Übertreter nicht nur
des siebenden, sondern auch des zehenden
Gebotes. Und läßt sich von ihnen sehr wohl
sagen, was Lutherus in dem grossen Catechismo
… und zwar in der Erklärung des zehenden
Gebotes mit nachdrücklichen Worten
erinnert: |
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„Wir sollen wissen, daß Gott nicht haben will,
daß du dem Nächsten etwas, das ihm gehöret,
also entziehest, daß ers entbehre, und du deinen
Geitz füllest, ob du es gleich mit Ehren vor der
Welt behalten kanst. Denn es ist eine heimliche
meuchlinge Schalckheit und wie man spricht,
unter dem Hütlein gespielt, daß mans nicht
mercken soll. Denn ob du gleich hingehest, als
habest du niemand unrecht gethan; so bist du
doch deinem Nächsten zu nahe getreten, und
heisset es nicht gestohlen, noch betrogen; so
heisset es dennoch, des nächsten Gut begehret,
das ist, darnach gestanden und ihm abwendig
gemacht ohne seinen Willen, und nicht wollen
gönnen, das ihm Gott bescheret hat. Und ob ihr
erster Richter und jedermann lassen muß; so wird
dir es doch Gott nicht lassen. Denn er sieht das
Schalcks-Hertze und der Welt Tücke wohl,
welche, wo man ihr einen Finger breit einräumet,
nimmt sie einer Ellen lang darzu, daß auch
öffentlich Unrecht und Gewalt erfolgt.„ |
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Seltenheit der Bücher |
Was zum andern die vorgewendete
Seltenheit der Bücher anbelangt; so beruhet
dieselbe mehrentheils nur auf leerer
Einbildung.
Der
Verfasser des rechtlichen und Vernunfft-mäßigen Bedenckens von dem schändlichen
Nachdruck andern gehöriger Bücher mercket …
sehr wohl an: |
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„Es werde sich mehrentheils äussern, daß die
Buchführer viele auswärtige Schrifften nicht
suchten, die man in grosser Menge allda fände,
wo sie gedruckt sind. Viele wären zu faul, oder
hätten keine Correspondentz, oder auch keinen
Vorschuß an Gelde. Der Pater Simon erzehle in
seiner Bibliotheque Critique, daß des Le
Cointe |
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{Sp. 72} |
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Annales Francorum Ecclesiastici um billigen
Preiß zu Paris zu haben gewesen, ob man schon
in Holland, Deutschland und Engelland dieselben
vor sehr rar ausgegeben. |
Siehe auch §. 27 … |
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Nicht weniger bezeugen sonderlich von
denen jetzigen Zeiten die
gelehrten Geschichte,
daß unbefugte Nachdrucker Bücher vor rar
ausgegeben, welche doch nach dem
öffentlich
gethanen Geständnisse ihrer
rechtmäßigen
Verleger bey ihnen annoch in zahlreicher Menge
vorräthig sind, oder deren neue
Auflage zum
wenigsten von ihnen selbst
gegenwärtig besorgt
wird. Allein gesetzt, es wäre ein Buch so
abgegangen, das wegen seiner Seltenheit die
Gelehrten eine neue Auflage wünschten; so
gebühret dennoch niemand, dem wahren Verleger
hierinnen vorzugreiffen, der sich seines Rechtes
an dem Druck desselben niemahls weder
ausdrücklich, noch stillschweigend, begeben. Es
erfordert vielmehr die
Schuldigkeit eines
Tugend-liebenden Buchhändlers, im Fall, daß ein rares
Buch häuffig gesucht wird, solches dem
rechtmäßigen Verleger in
Zeiten wissend zu
machen, der denn gar bald zu Ausfertigung einer
neuen Auflage Anstalt zu machen, und das
gemeine Beste hierunter zu befördern, kein
Bedencken tragen wird, als worzu er in diesem
Falle vor allen andern
verbunden und berechtiget
ist. |
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Verbietungsrecht der rechtmäßigen Verleger |
Und also gehet denn die tadelhafte Absicht
unbefugter Nachdrucker eintzig und allein dahin,
ihren Unternehmungen alles
Recht beyzulegen,
denen rechtmäßigen
Verlegern aber das ihrige,
und folglich alles Verbietungs-Recht wider sie,
gäntzlich abzusprechen. Sie geben vor, es könne
kein
Buchhändler ein
vollkommen Recht haben,
seine verlegten Bücher allein und mit
Ausschliessung anderer (privative) zu
drucken
und zu
verkauffen, weil erstlich die Bücher eines
öffentlichen und jedermann zustehenden
Gebrauchs (publici juris) wären, und solches die
Freyheit derer
Commercien aufhebe. Zum andern
hätten die Buchhändler, um ein tüchtiges
Verbietungs-Recht (Jus prohibendi) zu erlangen,
nöthig, deswegen besondere
Privilegien
auszubringen. Und drittens lieffe die gantze Sache
auf einen schädlichen Zwang-Kauff (Monopolium)
hinaus. |
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Freiheit der Wirtschaft |
Was den ersten Schein-Grund anbelangt; so
beruhet er auf dem heut zu
Tage leider allzu hoch
getriebenen
Satze, daß der Buchhandel, wie alle
Commercien, eine freye Handlung sey, und also
einem jeden frey stehe, Bücher drucken zu
lassen, und damit zu handeln. Allein die Freyheit
derer Commercien überhaupt, und also auch des
Buchhandels, ist so unumschränkt nicht, daß ihr
nicht aus
erheblichen Ursachen, und wo das
Beste des
gemeinen Wesens darunter leidet,
nöthige
Schrancken gesetzet werden könnten,
oder
solten. |
Siehe
- Müllers Einleitung in die Philosophischen
Wissenschafften, und zwar in die Politick …
- Caspar
Ziegler de Jure Commerciorum …
-
Carpzov in Jurispr. Consist. …
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So weit kan sich die Freyheit des
Buchhandels, welche doch, wie die Freyheit aller
Handlungen, die natürliche
Billigkeit zum Grunde
haben muß, nimmermehr erstrecken, daß man
einem andern seine eigenen Bücher, wie auch die
ihnen daran vor allen andern zukommenden
Rechte nehme, |
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{Sp. 73|S. 54} |
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und durch unbefugten Nachdruck einen
redlichen Verleger in unersetzlichen Schaden
bringe. Wenn auf solche Art die Bücher eines
öffentlichen Gebrauchs (publici juris) wären; so
dürffte es einem Nachdrucker nicht
verdriessen,
wenn Käuffer ohne
Geld aus seinem Laden alle
ihnen anständige Bücher, ohne etwas davor zu
entrichten, mit sich nähmen. So
unbillig ihnen aber
dieses scheinen würde, so unerlaubt ist ihr eigen
Vornehmen, da beyde Fälle darinnen mit einander
überein kommen, daß einer den andern seines
Eigenthums ohne Entgeld beraubet, und ihn
dadurch in Schaden setzt. |
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Im übrigen wird der freye Buchhandel
dadurch im geringsten nicht beeinträchtigt, wenn
ein Buchhändler weder gestatten kan, noch
will,
daß man seinen Verlag, ohne seine Einwilligung,
anderweit nachdrucke. Es bleibt ja andern
Buchhändlern das
Recht, von neuen Büchern so
viel zu verlegen, als sie wollen. Es bleibt ihnen
auch die Freyheit, die Bücher eines andern
Verlegers nach eigenem Gefallen zu
verkauffen,
nachdem sie dieselben von ihm gegen
baares
Geld oder andere
Waaren rechtmäßiger Weise an
sich gebracht haben. |
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Mangel an Privilegien |
Was zum andern den
Mangel
nöthiger
Privilegien betrifft; so giebt derselbe boßhafften
Nachdruckern so wenig ein Recht, als er denen
eigentlichen Verlegern ihr Verbietungs-Recht
zweiffelhafft macht. Sie schliessen hierbey
insgemein also: Wer ein wohl hergebrachtes
Recht (Jus quaesitum) vor sich hat, brauche
keines besondern Privilegii; Nun aber schafften ja
Buchhändlern dergleichen Freyheits-Briefe von
hohen Häuptern mit grossen Kosten an; So müsse
ihnen an und vor sich kein
vollkommenes
Recht
zustehen, ihre Verlags-Bücher allein und mit
Ausschließung anderer zu verlegen. |
Siehe des Herrn
von Ludewig
Praefat. ad Reliqu. MSC.
… |
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Es braucht aber nicht viel
Mühe, den Ungrund
dieses
Schlusses zu zeigen. Bücher-Privilegien
sind an und vor sich selbst so wenig nöthig, als
bürgerliche Gesetze wider den Diebstahl. Die
Pflicht, einem jeden das Seine zu lassen, und in
keinem Stücke an dessen freyen
Gebrauche
hinderlich zu seyn, kan und soll allen
vernünfftigen
Creaturen von Natur bekannt seyn. Wenn aber die
Boßheit derer
Menschen die
natürlichsten
Verbindlichkeiten zu beobachten, mutwilliger
Weise unterläßt, und hierdurch äusserliche
Unordnungen in dem
gemeinen Wesen entstehen;
so muß dem Unwesen durch nachdrückliche
Verordnungen derer
Obern gesteuert werden. Und
eben dieses ist der
Ursprung derer Bücher-Privilegien gewesen. |
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Die gewaltsamen und häuffigen Eingriffe
eigennütziger Nachdrucker in die
Rechte einiger
Verleger haben diese genöthiget, durch
Erheischung derer Privilegien ihre schon
würcklich
vorhandenen Rechte wider jene desto stärcker zu
befestigen. Dieses eben war auch die
Ursache,
warum Erasmus schon zu seiner
Zeit
dem
berühmten Frobenio solches
Mittel anrathen
müssen. |
Siehe
- Erasmus in Epist. ad
Pirckheimer.
- ingleichen Cheviller de l'Origine de
l'Imprimerie …
- ingleichen das Rechtliche
Bedencken von Nachdruck andern gehöriger
Bücher …
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So ist denn die Ausbringung derer Bücher-Privilegien mehr eine
nöthige Be- |
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{Sp. 74} |
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hutsamkeit, sein Recht zu erhalten, als ein
Mittel, selbiges erst zu erwerben. Eben dahin
gehet des berühmten Sächsischen Rechts-
Gelehrten, Benedict Carpzovs
Meynung l.c.
… |
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Im übrigen wächst aus dem
Mangel eines
Privilegii dem Nachdrucker nicht das geringste
Recht zu. Welche
irrige Meynung ein ebenfalls
alter und
angesehener Rechts-Gelehrter, Adrian
Beyer, in dem kurtzen Berichte von der nützlichen
und fürtrefflichen Buchhandlung … also
widerlegt: |
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„Hats Zeit bis dorthin, möchte einer sagen,
und müssen die Buchhändler sich durch
Privilegien vorher bewahren; so folgt, wo deren
keines ist, wird der Nachdruck ungewehrt und
ungestrafft seyn. Nicht also, mein Freund. Der
Proceß ist in solchem Fall, da auf Privilegien
geklagt wird, schleuniger, (weil nemlich in solchem
Falle der langwierige und verdrüßliche Beweiß
des Interesse wegfällt, arg. §. 7. Inst. de verb.
oblig.) Die Hülffe ist nachdrücklicher, die Straffe
empfindlicher. Folgt aber darum nicht: Wo kein
Privilegium, da sey kein Recht, keine Hülffe, keine
Sünde, keine Straffe. Das natürliche Recht, die
Vernunfft, weiset einen jeden an, liegen zu lassen,
was nicht sein ist. Wird zwar um der Menschen
Boßheit, theils Dummheit, durch die Obrigkeit mit
angehängter Straffe verboten, war aber schon
vorhin nicht recht, stehlen.„ |
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Hieraus erwächst demnach folgender
unwidertreiblicher
Schluß: Wo eine Befestigung
eines
Rechtes statt findet, da muß schon ein
Recht vorhanden seyn, welches fest gestellet
werden kan. Denn von einem
Dinge, welches
nirgends zu finden, kan man ja nicht
sagen, daß
es diese oder jene
Eigenschafften an sich habe.
Bestätigt der
Landes-Herr durch Privilegien denen
Buchhändlern das Recht, ihren Verlag allein und
mit Ausschliessung anderer zu
drucken; so
müssen sie auch, solches zu
thun, vorher schon
ohne dergleichen Begnadigungen berechtiget
gewesen seyn. |
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Nun ist das letztere mit denen oben
beygebrachten
Beweiß-Gründen bereits zur
Gnüge ausgeführet worden. So muß denn hieraus
nothwendig folgen, daß also gestalten
Sachen
nach rechtmäßigen Verlegern ihr Recht, ihre
Verlags-Bücher allein zu drucken, und das daraus
fliessende Verbietungs-Recht auf keinerley Art
und Weise abgesprochen werden könne. Zwar ist
es an dem, daß Bücher-Privilegien insgemein nur
auf eine
gewisse Zeit
verliehen werden. Und eben
hieraus werden vielleicht unbefugte Nachdrucker
folgern, daß das Recht derer Verleger nicht
unwiderruflich, mithin nicht
vollkommen sey. Allein
deswegen hört doch ein wahrhafftes Recht nicht
auf, ein Recht zu seyn, wenn es gleich dem
Landes-Herrn nicht gefällig ist, dasselbe weiter zu
bestätigen. |
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Kan so denn gleich ein rechtmäßiger Verleger
nicht aus einem besondern Rechte klagen; so
findet er doch in dem allgemeinen bereits
hinlänglichen Grund darzu. Zudem zielet die
Wiederruffung solcher Privilegien eigentlich nur
auf einen sich eräugnenden Mißbrauch
desselben. |
Carpzov l.c. … |
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Die
Erfahrung lehrt hingegen, daß, wenn
dieser wegfällt, die auch nur auf gewisse Zeiten
verliehene Privilegien auf gebührendes Ansuchen
wiederum er- |
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{Sp. 75|S. 55} |
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neuert, und auf mehrere
Jahre hinaus
erstreckt werden. Welches
gewiß nicht geschehen
würde, wenn denen Verlegern an der Sache
selbst kein Recht zukäme. |
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Verhinderung eines Monopols |
Aus diesem allem wird zugleich erhellen, daß
drittens die
gantze
Sache keinesweges auf einen
schädlichen Zwangkaufff (Monopolium) hinaus
lauffe. Dahin gehet
vornehmlich die
Meynung des bereits angeführten
Jenaischen Responsi …
Selbst die Beschreibung eines Zwangkaufffs
widerspricht dem
irrigen Vorgeben derer, welche
es davor gehalten
wissen
wollen. Die Rechts-Gelehrten
verstehen darunter einen Kauff oder
Verkauff solcher Sachen und
Waaren, deren
Handel und Vertrieb sonst einem jeden ohne
Unterschied zustehet, dessen sich aber jemand
gantz allein anmasset. |
Lüder Mencke in Theor. et
Prax. Pandect. … |
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Nunmehr
fraget es sich
billig, ob denn der
Druck und Verlag eines
Buches, worzu ein
Verleger sich allein ein
Recht erworben, ein
dergleichen und sonst einem jeden freystehendes
Gewerbe
genennt zu werden
verdiene? Woran
man ein Eigenthum hat, das ist sonder Streit
ausser dem
Stande der Gemeinschafft. Nun
stehet einem rechtmäßigen Verleger an dem
Buche, welches er von dem
Verfasser erhandelt
hat, vermöge eines besondern Vergleichs das
Eigenthum zu, wie oben bereits ausführlich
dargethan worden. So
muß denn hieraus gantz
unfehlbar folgen, daß andern
Buchhändlern daran
kein Recht der Gemeinschafft zukomme. Mithin
kan die Befugniß eines rechtmäßigen Verlegers,
sein eigenthümliches Buch allein und mit
Ausschliessung anderer drucken zu können, kein
schädlicher Zwangkauff genannt werden. Alsdenn
aber würde es diesen verhaßten
Namen
verdienen, wenn ein oder der andere Buchhändler
sich allein das Recht, alle Bücher seiner
Stadt,
worinnen er
lebt, zu verlegen, anmassen, oder
keinem Buchhändler seine Verlags-Bücher zum
Verkauff um einen billigen Anschlag überlassen,
und also allen Profit allein ziehen
wolte. |
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Allein alle diese
Umstände schicken sich zu
gegenwärtigem Falle nicht. Folglich gehört er auch
nicht zu dem so genannten Zwangkaufffe. Aber
gesetzt, welches doch als
wahr zuzugeben nicht
nöthig ist, es wäre solcher auch von der Art; so ist
ja bekannten Rechtens, daß auch dergleichen,
wenn es das
gemeine Beste erfordert, gar wohl
erlaubt sind. Daß aber in gegenwärtigem Falle das
gemeine Beste starcken Antheil daran nehme, hat
sonderlich Carpzov l.c. … gar wohl
ausgeführet. |
Siehe auch
- Ziegler de Jur. constit. monopol. …
- Lederer ad l. un. C. de monopol. …
- George Werner de Monopol. …
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Hingegen hebet sich der gar zu vielen
Handelsleuten freygelassene Verkehr derer
Sachen und
Waaren, sobald er schädlich zu
werden beginnt, von selbst auf. So muß denn der
Zwangkauff, welcher den
Nutzen der
Handlung
selbst zum
Grunde hat, weder schädlich, noch der
guten Verfassung eines
gemeinen Wesens
zuwider seyn können. Und so muß denn auch das
rechtmäßigen Verlegern unprivilegierter Bücher
wider die allzu gewinnsüchtigen Nachdrucker
zukommende Verbietungs-Recht fest und
unbeweglich stehen. Um desto |
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{Sp. 76} |
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mehr aber wird diese Meynung dadurch bestärckt, da man die gründlichsten
Rechts-Aussprüche zweyer
berühmten
Facultäten
Sachsenlandes, der
Leipziger
und Wittenberger, vor dieselbe anführen kan, |
wovon das erste in Bergers
Elect. Discept. For. … das andere aber in Wernhers
Obs. For. … befindlich ist. |
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