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Text |
Quellenangaben |
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II. Physicalische Abhandlung.
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1. Von der Krafft der Worte überhaupt.
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Dem ersten Ansehen nach wird es manchen Lesern
ungereimt vorkommen, von den
Worten, eine besondere Physicalische Abhandlung zu machen.
Allein wir
wollen uns kurtz
erklären,
daß wir dadurch nichts anders als den wichtigen
Satz |
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{Sp. 290} |
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verstehen, und zugleich ausmachen wollen: Ob Worte in der
Natur
Würckungen hervor bringen können. Dieß ist der
Grund der Überschrifft
von dieser Abhandlung.¶ |
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Nachdem man wahrgenommen, daß die Worte einer wohlgesetzten und gehaltenen
Rede die Krafft
hätten, die
Menschen
zu überreden, und mancherley
Gemüths-Neigungen in ihnen zu erwecken: so schrieb
man solches den Worten selbst zu, und gerieth auf die
Gedancken,
daß die Worte auch wohl andere wunderbare
Würckungen
haben könnten. |
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Die Pythagoräischen Weltweisen machten schon viel Wercks von den
Beschwörungen und gewissen Gesängen, womit sie Kranckheiten heilen wolten. |
Bruckers Fragen aus der philosophischen
Historie II Th. p. 183. |
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Wiewohl schon Homer, der eine geraume
Zeit vor dem
Pythagoras gelebt hat, gedenckt, daß jemand durch ein Gedicht oder
Gesang das Blut gestillet habe. |
Plinius in Historia Naturali Lib. XXVII.
Cap. II. |
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Überhaupt legten die Alten den Worten grosse Krafft
bey. Plinius
schreibt: Es hätten einige geglaubet, daß man
durch Beschwörungen die Töpffe zerbrechen und die Schlangen zerreissen könne.
Hiermit stimmt auch Virgil in der VIII Ecloge überein,
wenn er sich vernehmen lässet: |
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Frigidus in Pratis cantando rumpitur anguis. |
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Jetztgedachter Plinius führet auch die Worte aus den
Gesetzen der zwölf Tafeln an; Qui fruges excantasset:
So jemand die Feld-Früchte beschrien, oder durch Beschwörungen verdorben.
Hieraus siehet man, daß der Urheber dieser
Gesetze
sich eingebildet, es sey möglich, durch Worte oder Gesänge den Früchten
Schaden
zu thun. Beym Apulejus werden den Worten noch weit mehr
wunderbare
Würckungen
beygelegt: nehmlich daß man durch ein zauberisches Gemurmel die Flüsse in ihrem
Lauffe zurück halten, daß Meer binden, die Winde stillen, die Sonne aufhalten,
die Feuchtigkeit des Mondes herab ziehen, die Sterne ausreißen, den Tag
aufheben, die Nacht zurück halten könne, und was dergleichen wunderliche Träume
mehr sind. |
Apulejus de aureo Asino. |
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Dieser Heydnische Aberglaube herrschet noch heutiges Tages bey vielen, weil
sich immerdar Leute gefunden, die ihn vertheidigt, sich und andere überredet
haben, daß die Worte eine natürliche Krafft hätten, solche und dergleichen
Dinge
zu würcken. Plinius hätte sie schon eines bessern belehren
können, wenn sie nicht dazu geneigt gewesen wären, von wunderbaren Dingen gern
zu schwatzen, und sie lieber zu glauben, als zu untersuchen. Derselbe
schreibt
gleich im Anfange des angeführten Capitels: |
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„Es ist eine wichtige, aber
allezeit ungewisse Frage, ob die Worte, Gesänge oder Beschwörungen etwas
vermögen? Wenn es wahr ist, so wird man solches den Menschen zuschreiben müssen.
Allein kein kluger Mensch glaubt es. Der gemeine Mann nimmt zwar die Sache für
bekannt an; obgleich die Erfahrung damit nicht übereinstimmt.„ |
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Was Homer als ein Poet erdichtet, nehmlich daß das Bluten
durch einen Gesang gestillet worden, das glaubt man im Ernst, und will diese
Kunst auch |
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{Sp. 291|S. 159} |
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verstehen. Johann Agricola will in Österreich einen
Künstler angetroffen haben, von welchem er gelernet, einem jeden Blut-Fluß mit
dem Worte Oipulu zu stillen. Weil es aber für Aberglauben
hielt, wolte ers niemahls versuchen. Endlich traf er zu Naumburg einen
Rittmeister an, bey welchem das häuffige Bluten durch keine Mittel konnte
gestillet werden. Also bediente er sich des vorgedachten Magischen Kunststücks,
wodurch der Blut-Fluß gar bald curiret ward. So gedenckt auch Peter
Borell eines Obristen, der an einer unheilbaren Blutstürtzung kranck
gelegen, sobald aber ein Freund ihm etliche unbekannte Worte in einer Rosine zu
verschlucken gegeben, davon befreyet worden.¶ |
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Nicht weniger will man auch mit Worten die Schlangen zwingen, und sie durch
Beschwörungen auf einen Hauffen versammlen. In den Unterredungen vom
Reiche der Geister im I Theil, p. 491 findet man
davon ein paar besondere Exempel. Ein gewisser
Mann brachte alle Schlangen aus
der gantzen Gegend zusammen in ein Feuer, das in einem Magischen Kreise
angezündet war: da aber eine von denselben, welche grösser war, als die andern,
nicht hinein wolte: so ward er selbst durch wiederholte Beschwörungen
genöthiget, sich mit ins Feuer zu werffen, und zu verbrennen. Zu Saltzburg fand
sich einstmahls ein Beschwörer, welcher vor den Augen des gantzen
Volcks
alle Schlangen in eine Grube zusammen bannete und umbrachte. Endlich kam eine
Schlange, welche die andern an Grösse weit übertraf: diese lief an seinem Leibe
hinan, wickelte sich um ihn herum, wie ein Gürtel, und zog ihn mit sich in die
Grube hinein, da sich denn der Beschwörer selbst hat entleiben müssen. Sind dieß
nicht traurige Mordgeschichte, welche man auf den Märckten absingen könnte! |
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Man will ferner durch Worte die Geister beschwören, Haß oder
Liebe zuwege zu
bringen, die unvernünfftigen Thiere bannen, Feuersbrüste löschen, allerhand
Kranckheiten heilen, und solche
Dinge
ausrichten, die durch natürliche Mittel nicht können bewerckstelliget werden.
Wer ein Zeugniß verlangt, daß man durch Gesänge die Liebe erwecken könne, der
beliebe nur die angeführte VIII Eckloge des Virgils zu
lesen. |
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Einige wollen Leute gesehen haben, die mit gewissen Worten oder
Beschwörungen wilde Thiere aufhalten und zwingen können, daß sie den Schuß des
Pulvers erwarten müssen. Sobald die Ratten nur ihre Stimme höreten, müsten sie
gantz bestürtzt und unbeweglich stehen bleiben, daß man nur die Hände
ausstrecken und sie umbringen dürfte. Die Leute mögen sie wohl gesehen haben,
die sich dessen gerühmt; es wäre aber besser, wenn sie die
Sache
selbst gesehen hätten, alsdenn könnte man ihnen Glauben beymessen. |
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Ein artiges Kunststück ist es, wenn vorgegeben wird, daß die Jäger, wenn sie
eine Hyaenam oder Vielfraß auf der Spur hätten, allezeit schreyen:
Ich sehe sie nicht, wodurch das Thier bewogen würde, getrost
auf das Netze zu lauffen; sobald es aber darinne gefangen, rufften die Jäger:
Ich sehe sie. Hierauf wolte das Thier davon lauffen,
verwickelte sich aber nur |
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{Sp. 292} |
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mehr und mehr in den Netzen, und fiel also den Jägern in die Hände. |
Amphitheatr. Mag. Univ. Sect.
X, p. 523.¶ |
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Bey dem Plinius findet man Hist. Natur. Lib. XXVIII.
Cap. II, daß gewisse Worte wider Feuersbrunst an die Häuser geschrieben
worden, da man den aus dem Festus erlernet, daß es die Worte,
Arse Vorse, gewesen. Diesen ahmen die Juden nach, indem sie
gewisse Worte oder
Nahmen
der Engel an die Giebel ihrer Häuser
schreiben,
um sie dadurch für Feuer-Schaden zu bewahren. Sie haben noch ein anderes Mittel
zum Feuerlöschen, nehmlich das sogenannte
Zeichen Aghela, welches sie auf den Boden eines
Brodts schreiben, oder auf einen Zettel geschrieben in das Brodt backen, solches
aufbehalten, und bey entstehender Feuersbrunst mit einem besondern Segenspruch
zum Löschen ins Feuer werffen. |
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Der gelehrte Römer Cato giebt vor, wenn jemanden etwas
verrenckt ist; so könne es durch folgendes Mittel wieder zurecht gebracht
werden: Nimm ein grünes Schilf-Rohr, vier oder fünf Fuß lang, schneide es der
Länge nach auf, und laß des zweene
Personen
also flach an die Hüften halten: hernach fange einer gegen den andern an zu
singen: S.F. Motas, Vaeta, daries dandaries, Astataries, dissunapiter,
bis sich das Rohr wieder krümmet und hohl wird: wirf etwas Eisen darauf, und
wenn das Rohr wieder rund, und ein Theil das andere anrühret: so nehme es mit
der rechten Hand, und schneide es mit der lincken von einander, binde es auf das
verrenckte oder gebrochene Glied, so heilet es. |
Johann Baptista Porta Mag. Natur. Lib.
XX. Cap. 8. |
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Es sind noch andere, theils unverständliche, theils verständliche Worte
wider ein und die andere Kranckheit im Gebrauch. Insonderheit glaubt man, daß
Worte, welche vor- und rückwärts gelesen, gleichlautend sind, eine besondere
Krafft
haben. Als z.E. Sator, Arebo, tenet, obero, rotas. Daß man nicht
truncken werde, soll man folgenden Vers: |
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Jupiter his alta sonuit clementius Ida, |
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öffters heimlich bey sich
sprechen. Die Juden geben vor, das Nacht-Trincken
sey gefährlich, und mache den
Menschen
blind. So aber jemand Durst hat, soll er das
Hebräische Wort Schebriri,
welches ein gebrochen Gesichte oder plötzliche Blindheit bedeutet, auf die Art,
wie das Abracadabra geschrieben, am Halse tragen; so wird die
Blindheit einen jeden Tag so abnehmen, als man die
Buchstaben von oben an sich
mindern siehet, bis das eine und das andere gantz vergehe. Peter Borell
berichtet, daß ein
Kopf, der voller Würmer gewesen, von einem
Bauer,
nachdem man viele Mittel vergeblich gebraucht, durch gewisse Worte, die er bey
Abbrechung einiger Artichblätter
gesprochen, geheilet worden. |
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Die abergläubischen
Weiber und Gärtner treiben mit den Worten auch vielen
Aberglauben. Jene, wenn sie ihren Lein-Saamen ausstreuen, bedienen sich zum
Theil schändlicher Worte, damit der Flachs desto länger werde. Diese, wenn sie
den Petersilien-Saamen säen, pflegen denselben zu verfluchen, damit er davon
desto eher und stärcker aufwachsen soll.¶ |
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{Sp. 293|S. 160} |
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Mehrere Exempel von der
Krafft
der Worte anzuführen wird hier nicht nöthig seyn: daher wir zur Untersuchung der
Gedancken,
die sich die Gelehrten davon gemacht haben, schreiten. |
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Die Heyden, welchen wir die ungemeine und ausserordentlichen
Würckungen
der Worte zu dancken haben, leiteten solche Würckungen von den
Geistern her,
die sie als Götter verehreten. Ihre Pfaffen machten viel Prahlens, wie sie
durchs Gebet und Beschwörungen die Geister zwingen könnten, daß sie thun müsten,
was sie von ihnen begehrten, und was sonst natürlicher Weise von keinem
Menschen
konnte verrichtet werden. |
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Als die Vestalische Jungfrau Tuccia ihre unverletzte
Keuschheit
beweisen wolte, richtete sie ihre Gebete oder Beschwörungen erst zu
den
Göttern, oder etwa zu ihrer Abgöttin Vesta,
und trug darauf Wasser in einem Siebe. Das konnte ja nicht natürlich zu gehen:
also glaubte man, daß es durch Hülffe eines Geistes geschehen. |
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Von den Egyptiern berichtet Celsus, wie sie gelehret, der
menschliche
Cörper
würde nach der Zahl der himmlischen Zeichen durch eben so viel, nemlich 36
Geister,
curiret, deren jeder ein gewisses Glied beherrsche, und beschütze, auch seinen
besondern
Nahmen hätte. Wenn man nun diese Geister anrieffe und beschwöre: so
könnte dadurch das schadhaffte Glied wieder geheilet werden. |
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Fragt man, wie es mit diesen und dergleichen Dingen zugegangen, wovon bey
den heydnischen
Scribenten
so viel Prahlens gemachet wird: so halten wir davor, daß theils die Erzehlungen
nicht gar zu glaubwürdig sind, theils aber die Pfaffen dabey ihre gewöhnliche
Betrügerey angebracht, und wo sie ja zuweilen mit ihren Beschwören etwas
ausgerichtet, solches entweder dieser Betrügerey, oder einem ohngefehren
Zufalle, oder wenn sie damit Patienten geheilet, derselben Gesundheit dem guten
Vertrauen auf das ungewöhnliche Mittel zuzuschreiben sey. Anders kan man hiervon
als ein Christ nicht urtheilen. Wolte man den Teuffel zu Hülffe nehmen: so ist
kaum zu glauben, daß
GOtt ohne dessen Zulassung dieser verdammte Geist nicht das
geringste thun kan, ihm werde die
Freyheit
gegeben haben, solche wunderbahre Dinge zu thun, und dadurch die
Heyden in seinem
Dienste zu
erhalten. |
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Die Klügsten unter den Heyden hegten von den Beschwörungen nicht so hohe
Gedancken,
als wir uns zuweilen davon machen, sondern hielten sie für Gedichte und
Betrügereyen. Des Plinius
Meynung haben wir schon oben vernommen. Der Herr von
St. Andre führet auch ein paar Stellen aus dem Plato
und Aristoteles an, welche dahin gehen, daß die Beschwörungen
ein Gedichte der Poeten, und leichtgläubiger
Weiber sind. Es ist indessen zu
verwundern, daß es unter den Christen Leute gegeben, die sich das heydnische
Wesen gefallen lassen, und von den Sternen, die sie für beseelt halten, die
Krafft
der Worte herleiten. Wir wollen davon den Agrippa vernehmen. |
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„Wenn man,
schreibt er, durch Gesänge oder Gebete die
Krafft
eines Sterns oder
Geistes
herbey ziehen will: so soll man fleißig erwegen, was ein jeder Stern für Kräffte
und
Würckungen habe: die muß man mit in die Gesänge bringen, sie loben, erheben,
und groß machen, auch dasjenige rühmen, was der Stern zu bringen, und mit seinem
Einflusse zu verrichten pflegt: hingegen |
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{Sp. 294} |
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muß man verachten, und geringe machen, was er pflegt zu
verstöhren, und zu hindern: man muß mit Bitten und Beschwören um dasjenige
anhalten, was man gern hätte; was man aber will verhindert und abgewandt wissen,
das soll man verabscheuen, und wacker darauf schelten. Solchergestalt muß man
ein zierliches und wohlgesetztes Carmen verfertigen. Die Magi wollen ferner, daß
man die Sterne beschwören und anruffen müsse durch ihre Nahmen, durch ihre
Wunderwercke, Lauf und Bahn in ihrem Kreise, durch ihr Licht, durch die
Herrlichkeit ihres Reichs, Gnade und Klarheit, die sich in ihnen befindet, durch
ihre grosse und wunderbahre Kräffte, und dergleichen mehr." |
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Diese
Gedancken
sind bloß heydnisch, weil man den Sternen im Heydenthume gewisse
Geister
zuordnete, und sie durch Beschwörungen, dieses oder jenes zu thun zwingen wolte.
Könnte aber nicht der Teuffel dasjenige verrichtet haben, was die Heyden ihren
Göttern zugeschrieben? In solcher
Einbildung stehen viele, die daneben glauben,
der Teuffel sey noch jetzt Urheber derjenigen
Würckungen die man durch gewisse
Worte hervorzubringen vermag, und zwar in
Krafft eines Bündnisses, daß der
Beschwerer mit dem Teuffel errichtet, dessen
Zeichen die Worte wären. Was aber
die Heyden betrifft: so finden wir nirgends, daß sie mit dem Teuffel ein Bündnis
gemacht hätten. Sie verehreten zwar gewisse Geister, worunter sie auch einige
für böse hielten: aber von einem Bündnisse mit diesen Geistern sind keine Spuren
anzutreffen. Wenn sie Hülffe von ihnen verlangten: so suchte man sie durch
Gebete, Beschwörungen, Opffer und dergleichen Ceremonien zu bewegen. Niemand
aber berief sich jemahls auf ein Bündnis, wodurch die Geister wären verpflichtet
gewesen, Hülffe und Beystand zu leisten. Also reimt sich der Einfall von dem
teuffelischen Bündnisse nicht hieher. |
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Man vermuthet vielmehr, weil die Heyden die Beschwörungen als etwas
Gottesdienstliches ansahen, daß die Pfaffen dabey ihre gewöhnliche Betrügerey
angebracht, und den Leuten weiß gemacht, wie sie damit grosse Dinge ausrichten
und die
Götter zwingen könnten. Wenn auch zuweilen auf gewisse Worte
und Beschwörungen eine
Würckung
erfolget ist: hat man sich aus Einfalt überreden können, daß solches von den
Worten herkäme, da es sich doch nur durch einen ungefehren Zufall also begeben.
Will man das pactum implicitum zu Hülffe nehmen: so mag man zusehen,
daß man nichts ungereimtes behaupte. Der Haupt-Grund,
warum man hier den Teuffel nicht mit einbringen darf, ist sein Unvermögen, weil
er nicht im
Stande ist Wunder zu thun, welches doch seyn müste, wenn er solche
Dinge
ausrichten könnte, die theils über die Kräffte der Natur gehen, theils wegen
gewisser dabey vorkommender Umstände ihm zu bewerckstelligen nicht möglich sind.¶ |
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Nicht viel besser kommt man mit der
Einbildung fort, wenn nemlich der
Einbildung des Beschwörers die
Krafft
der Worte beygelegt wird. Hiervon macht man sich folgenden
Begriff: Das
menschliche
Gemüth soll eine Krafft haben, daß es, wenn es sich erst
vornimmt, und bey solchem Vorsatze steiff beharret, das vorhabende
Werck in der |
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{Sp. 295|S. 161} |
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That ausführe. Man erfordert aber darzu, daß das Gemüth desjenigen, in
welchen etwas gewürckt werden soll, durch Unglauben und Mißtrauen sich dem
Beschwörer nicht widersetze, sonst würde alle Mühe und
Arbeit vergebens seyn. Hieraus ist offenbahr, daß das
Hauptwerck auf die Einbildung nicht des Beschwörers, sondern des Patienten
ankomme. Man machet ohne Noth des Beschwörers Einbildung zur Haupt-Ursache,
da es doch vielmehr des Patienten Einbildung ist, die die Cur befördert. Wenn es
auch dem Beschwörer an einer starcken Einbildung mangeln solte, und er selbst zu
seinen Worten ein schlechtes Vertrauen hätte: so würde dennoch etwas können
ausgerichtet werden, wenn des andern Vertrauen darauf nur desto grösser wäre.
Von andern, welche schlechterdings, und ohne Absicht auf die
Gemüths-Beschaffenheit des Patienten, die Einbildung des Beschwörers zum Grunde
der
Würckungen
der Worte machen, wollen wir jetzo Kürtze halber nichts gedencken.¶ |
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Noch sind die Worte selbst übrig, zu welchen einige das Vertrauen haben, daß
sie an und für sich zuweilen denen darauf folgenden Würckungen genugsam
gewachsen sind. Man braucht theils unverständliche, und nichts bedeutende,
theils aber verständliche Worte. Mit den unverständlichen will Joh.
Bapt. van Helmout nichts zu schaffen haben: sondern erfordert dazu
verständliche, heilige, bittende oder gebietende Worte, welche denn seiner
Meynung nach das Blut stillen, die rote Ruhr und andere
Kranckheiten heilen sollen. Obgleich der Herr von St. Andre die
Würckungen
der Worte und Caracteren für pur lautere Mährchen, und erdichtete Fratzen hält:
so setzet er doch hinzu, |
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"daß wenn die Worte einige Würckung hätten, solches vielleicht
von den Lebensgeistern, welche die Personen, so sie aussprechen, von sich
spriehen, und von dem Eindrucke, welchen eben diese auf eine gewisse Art
ausgesprochene Worte in der Lufft und um die Cörper, die sie berühret machen,
herkommen könnte." |
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Was er von den Lebensgeistern
sagt, ist eben so richtig nicht. Sie bringen
zwar die Werckzeuge der
Rede in
Bewegung, aber es ist wunderlich, daß sie
zugleich mit davon fliegen; oder wenn es ja geschiehet, ob sie so häuffig
ausgespriehet werden, daß sie die ihnen beygelegten
Würckungen
solten können zu
Stande bringen. Was er aber von der durch die Worte bewegte
Lufft meldet, verdienet eine genauere Untersuchung. Davon erklärt er sich in
seinen Briefen von der Zauberey pag. 36. folgendergestalt: |
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"Die Worte bewegen den Augenblick die Lufft, da sie
ausgesprochen werden: die bewegte Lufft berühret das Gehör, aber auf
unterschiedene Weise, nachdem die Aussprechung unterschiedlich geschiehet, und
nachdem das Gehör auf diese oder jene Manier gerühret worden, danach entstehen
auch in uns unterschiedene Empfindungen, die uns angenehm oder verdrießlich
fallen, und uns zur Freude oder Traurigkeit bewegen." |
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Johann Webster gehet noch weiter, und
sagt, die durch die
Rede bewegte Lufft dringe sowohl in die poros der Haut ein, werde auch
in die Ohren, Nase und Lunge gezogen, nachdem sie durch mancherley Aussprechun- |
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{Sp. 296} |
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gen der Worte verändert worden. Hernach wären die ausgesprochenen Worte von
unterschiedlicher Beschaffenheit; nachdem die Lufft-Röhre, und übrigen
Instrumente der Rede beschaffen, auch das Temperament heiß oder kalt sey: so
würde der Stimme die
Krafft
eingedruckt, daß sie entweder subtil oder grob klinge. Es werde auch der Athem
erhitzt, wenn unterschiedliche
Sachen
ausgesprochen würden, welche denn, wenn man sie allein, oder in einem Reime
hersage, kalte Sachen erwärmten, worbey er denen Reimweise gesetzten Worten eine
besondere Krafft beylegt. |
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Der Herr von St. Andre ist auch der
Meynung, daß die durch Worte bewegte Lufft, welche das
Organon des Gefühls berühren, zu Hervorbringung solcher
Würckungen
etwas beytragen könne, wenn anders etwas wahres dabey zu finden. |
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Insgemein berufft man sich auf die Redner, welche durch ihre Worte allerhand
Affecten erregen; ingleichen auf die Vocal- und Instrumental-Musick, wodurch der
Mensch
bald frölich, bald traurig gemacht, bald zum
Zorn angefrischet, oder bald wieder
besänfftiget werden kan. |
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Nun zweiffelt zwar niemand daran, daß eine geschickte
Rede
Gemüther bewegen, und die Menschen überreden könne. Aber wie
gehet es damit zu? Es kommt dabey nicht auf die
Bewegung der Lufft an, die durch
das
Reden verursacht wird, sonst müste die allerungeschickteste Rede, wenn sie
mit vielen Schreyen gehalten würde, gleiche
Würckung thun, und die Menschen
überreden, welches aber wider die
Erfahrung ist, indem ein solcher Redner keinen
Beyfall erlangt, sondern sich nur lächerlich macht. Die Lufft ist nur das
Mittel, wodurch die Worte des Redners zu den Ohren der Zuhörer überbracht, und
die
Gedancken des Redners ihnen bekannt gemachet werden. |
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Was ist es aber, das die
Gemüther der Zuhörer in
Bewegung setzt? Gewiß nicht die
Worte an und vor sich, welche nur eine gewisse Bewegung der Lufft sind; sondern
in so fern dieselben eine gewisse Bedeutung haben, und den
Sinn des Redners kund
machen. Man siehet also wohl, daß hier eine
moralische und nicht physische
Würckung
vorgehe, wenn ein Redner
Gemüths-Bewegungen erweckt. Er bringt in seiner
Rede
Bewegungs-Gründe bey, die nach ihrer Beschaffenheit den
menschlichen Willen so und so lencken, welches etwas moralisches ist. |
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Hiervon ist aber nicht auf die physischen Würckungen ein
Schluß zu machen.
Alles, was die Musick würcket, ist eine
angenehme
Empfindung im Gehör: wie will
man hieraus schliessen, daß Worte die theils nichts heissen, theils nicht die
geringste Annehmlichkeit haben, solten so grosse
Dinge
thun? Wenn sie auch in den Ohren eines Patienten eben so anmuthig als die beste
Musick klängen: so stehet doch dahin, ob diese angenehme Empfindung von so
grosser Krafft
wäre, daß sie schwere Kranckheiten heilen könne. Unser Gesicht belustiget sich
vielfältig an diesen oder jenen Dingen: doch hat man nicht gehört, daß man den
Empfindungen des Gesichts, wie angenehm sie auch immer seyn mögen, die Krafft,
Kranckheiten zu heilen beygelegt hätte. Was haben |
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{Sp. 297|S. 162} |
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denn die Empfindungen des Gehörs hierinne für einen Vorzug.¶ |
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Worte die in eine gewisse
Ordnung gesetzt, oder darneben Reimweise verfasset
sind, auch mit einem gewissen Thone ausgesprochen werden, kurtz die Verse sind
ein Mittelding zwischen einer
Rede und Vokal-Music, weil sie mit beyden etwas
gemein haben. Da nun so wenig eine Rede, als die Musick dasjenige leisten kan,
was man von ihnen hoffet: so werden die Verse zu dergleichen wunderbaren
Würckungen
eben so wenig
geschickt seyn, welches keines weitern
Beweises bedarf. |
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Was soll man aber zu den
Erfindungen des Gefühls
sagen? Vielleicht sind
diese im
Stande in dem menschlichen
Cörper
solche
Veränderungen zu würcken, als die Genesung eines Krancken erfordert. Das
scheint noch weniger glaublich. Die
Empfindungen des Gefühls, wovon man solche
Würckungen
herleiten will, sind sehr schwach, so das man sie fast gar nicht mercket. Was
empfinden wir durchs Gefühl, wenn jemand
redet? Wie solten denn diese
Empfindungen so grosse
Krafft
haben? Die Empfindungen des Gehörs sind weit stärcker, indem die durchs
Reden
oder durch eine Musick bewegte Lufft das Gehör sehr starck afficirt. Gleichwohl
können sie keinen
Menschen
gesund machen: Darum werden es die Empfindungen des Gefühls noch weniger thun
können, weil sie sehr schwach sind, oder durch Worte wohl gar keine verursachet
werden. |
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Was Webster von Erhitzung des Athems vorgiebt, ist kaum der
Mühe werth, darwider etwas zu erinnern. Wer
verstehet nicht, daß wenn die Wärme
des Athems etwas thun solte, der
Redende das Maul nahe über den
Schaden halten
müste, damit die Wärme recht hinein käme, die sonst geschwind und im Augenblicke
verrrauchen würde. Könnte es die Wärme thun: so brauchte man dazu keine Worte:
es liessen sich ja die schadhafften Gliedmassen auf andere und bessere Weise
erwärmen. |
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So viel mag genug seyn, zur Widerlegung der
Meynung, daß die Worte an sich so wunderbare
Würckungen
thun solten.¶ |
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Wir müssen endlich noch hören, was die geheime Weisen von
Krafft
der Worte schwatzen, Sie lehren, die Worte hätten mit den
Dingen,
die sie bedeuteten, eine genaue Verwandtschafft, sie wären
Zeichen, und
Gestalten
der Dinge selbst, daher wenn sie ordentlich ausgesprochen würden, so läge
darinne die Krafft des
Wesens der Dinge verborgen, welche in der vernünfftigen
Seele durch den allgemeinen Saamen der Geschöpfe erstliche empfangen, und
hernach durch das ausgesprochene Wort gebohren werde. Die eigentlichen
Nahmen
der Geschöpffe wären Ausflüsse derselben, welche aller Orten gegenwärtig, und
die Kräffte der Dinge dem Wesen nach in sich fassen, also daß diese in den
Worten, gleich als in einem lebendigen Bildnisse vorgestellet werden. Denn gleichwie durch den Einfluß der Gestirne und deren
Eigenschafften,
nebst den übrigen Elementen, der grosse Schöpffer seine unterschiedenen Wercke
hervorbringt; also haben auch die unterschiedenen
Nahmen
der
Dinge von |
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{Sp. 298} |
|
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demselben ihrem
Ursprung, welcher nach dem Zeugnisse des Psalmisten die
Sterne zählet, und jedweden seine Benennung ertheilet; deswegen der Herr
Christus selbst
sagt: Eure Nahmen sind im Himmel angeschrieben. |
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Weil auch dem ersten
Menschen
alle natürliche
Wissenschafften von
GOtt eingegossen waren, daß er das
Wesen einer jeden
Sache
aus dem
Grunde
erkannte: so hat er ohne Zweiffel alle
Dinge
nach ihrer innerlichen Beschaffenheit benennen können. Diese
Nahmen,
die Adam den Thieren gab, hielten allerdings wunderbare
Geheimnisse der darunter verstandenen Sachen in sich. Und daher findet sich ein
gedoppelter Einfluß bey solchen Worten, wovon der eine von der Übereinstimmung
des obern Firmaments, der andere von der Benennung des nach dem Ebenbilde GOttes
erschaffenen Menschen herrühret. Wenn aber alle beyde in einem Worte zusammen
kommen: so ist auch in demselben eine gedoppelte
Krafft
vorhanden, nemlich die natürliche, und diejenige welche von dem
freyen
Willen des Menschen herrühret, so offt ein solches Wort zu gewisser
Zeit, am
gehörigen
Orte,
mit aufrichtiger
Meynung und Absicht mit Ehrerbietigkeit und erforderten
Ceremonien ausgesprochen wird.¶ |
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Von allen diesen kan man sich keinen rechten Begriff machen, so
unverständlich ist alles. Was soll dieses heissen: Die
Nahmen
sind Ausflüsse der
Dinge;
Die Worte haben eine Übereinstimmung mit dem Firmamente; Die
Krafft
des
Wesens der Dinge liegt in dem Nahmen verborgen; Die Worte sind ein
lebendiges Bild der Dinge u.s.w. Wie dunckel ist dieses geredt! Sind die Worte
Ausflüsse der Sterne, oder gar des Wesens der Dinge, wie kommen Sie denn in den
Mund desjenigen, der sie ausspricht? |
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Was wir in der
Schrifft
von Adam lesen, der den Thieren
Nahmen
gegeben, gehöret nicht hieher. Denn es ist noch nicht ausgemacht: ob die den
Thieren aufgelegten Benennungen, nicht bloß willkührlich gewesen. Gesetzt aber,
Adam hätte einen und dem andern Thiere Nahmen gegeben, die dessen
Natur
und
Eigenschafften
einiger massen ausdrückten, als z.E. wenn er die Biene Debhorah genannt, von dem
beständigen Gesumme, daß sie machet; Dem Fische aber den Nahmen Dag gegeben,
weil er sich häuffig zu vermehren pflegt: so ist dennoch nicht abzusehen, wie
die Nahmen eines
Dinges, wenn sie einigermassen dessen Natur und Beschaffenheit
ausdrücken, das
Wesen und die
Gestalt der Dinge selbst seyn, und wenn sie
ausgesprochen werden, so grosse
Würckungen thun solten. |
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Betrachtet man die Worte nach ihrer eigentlichen Beschaffenheit, so sind sie
sie bloß ein Schall, und modificirte
Bewegung der Lufft, welche Bewegung gewiß
von so grosser
Würckung
nicht seyn kan. Es stehet auch hier die
Erfahrung
im Wege. Denn wenn die Worte an und vor sich etwas ausrichten könnten; so würden
sie bey allen ihre Würckung thun. Dieses findet sich aber nicht; sondern nur bey
ei- |
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{Sp. 299|S. 163} |
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nigen und zwar den wenigsten würcken sie etwas: bey den meisten aber gar
nichts. |
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Es ist also zu vermuthen, daß solche Würckungen von andern
Ursachen
als von den Worten an sich herrühren. Soll es dabey auf die
Bewegung der Lufft
ankommen: so widerspricht man sich selbst, indem man den geschriebenen Worten
gleiche
Krafft
beylegt. Ist das letztere wahr, und die geschriebenen Worte
würcken eben so gut als die ausgesprochenen: so muß es dabey nicht auf die Worte
selbst, als eine Bewegung der Lufft ankommen, welche sich bey den geschriebenen
nicht mehr findet. Man bedencke auch, daß die Worte nicht etwas fortdaurendes
sind; sondern so bald sie ausgesprochen worden, wiederum verschwinden; so ist
daraus offenbar, wie es mit ihrer physicalischen
Würckung
nicht viel zu bedeuten
habe. |
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Siehet man aber die Worte an, als
Zeichen, wodurch der
Mensch
seine
Gedancken
an den Tag legt: so bringen sie zu wege, daß ein anderer unsere
Meynung
verstehet, auch davon wohl gerühret wird. Allein
dieses ist eine
moralische
Würckung,
wovon sich auf die physische nicht schliessen läst. Es ist also alles ohne
Grund,
was man von Curen, die durch Worte geschehen wären, und vorgenommen werden
könnten, vorzubringen pfleget; viel weniger können dergleichen Mittel von einem
rechtschaffenen Christen gebraucht werden. Diejenigen welche sich auf einige
Gelehrten, welche den Worten einige grosse
Krafft
beylegen, und auf die Platonischen
Philosophen,
auf Juden und Cabalisten beruffen, sind nicht im
Stande ihre Meynung zu
behaupten. |
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Sonderlich hat dieses Ficinus in seinem
Buche de Vita
Coelit. gelehrt: wiewohl Mirandulanus das Gegentheil zu
erweisen gesucht hat. Ein gleiches ist auch von den Jüden und Cabalisten
bekannt, die so
unverschämt sind, und vorgeben, daß die Propheten,
Elias, Elisa, Esaias, Daniel, Samuel etc. eintzig und allein so viele
und so grosse Wunderwercke, durch die heiligen Hebräischen
Nahmen
verrichtet hätten. Ja es beruffen sich einige gar auf den Spruch Pauli,
wenn er Coloss. III, 17,
sagt: Alles was ihr thut mit Worten oder mit
Wercken, das thut alles in den Nahmen JEsu. Allein diese Paulinische Stelle
kömmt ihrer
Meynung gar nicht zu statten; weil in derselben keine solche
abergläubische Curen angerathen werden, und diejenigen können sich der schweren
Sünde nicht entledigen, welche Wort-Curen thun; Wenn sie auch gleich biblische
und heilige Worte gebrauchen. Dieses ist ein
schändlicher Mißbrauch, indem uns
die Bibel darzu nicht gegeben ist. |
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An und vor sich können also die Worte zu Vertreibung der Kranckheiten nichts
beytragen; sie mögen verständlich oder unverständlich, heilig oder profan seyn.
In verbis,
schreibet Gabriel Fontanus Medicin.
Antihermet. Sect. III, Cap. V, p. 179. nullam esse vim sanandi morbos,
welchem Delrio Lib. I, Quaest. 3. beypflichtet:
Nulla vocabula vim habent naturalem, vulnera vel morbos sanandi vel noxia alia
depellandi. Und Quintus Serenus Sam- |
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{Sp. 300} |
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monicus, welcher sonst den Worten grosse
Krafft
beylegt, hat endlich aus Überzeugung seine
Meynung ändern, und
schreiben müssen: |
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Multa praeterea verborum monstra silebo:
Nam febrem vario depelli carmine posse,
Vana superstitio credit. |
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Die Jüden werffen zwar ein, daß die Christen selbst den Worten eine grosse
Krafft
beylegten. Sie
sagen: Ihr sprecht Worte über das Wasser; so muß es Tauffe seyn,
die alte Sünde waschen, und neugebohrne
Menschen
machen. Ferner: ihr macht Brod und Wein mit Worten zu
Leib
und Blut. Ihr legt die Hand dem Sünder aufs Haupt, und sprecht ihn von Sünden
loß etc. Allein wir wollen Luthern Tom. VIII, Jenens. p.
128. hierüber vernehmen, woraus wir sehen werden, daß die Juden die Christliche
Lehre hier gar nicht
verstehen, und also nicht
reden solten. |
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„Kürtzlich zu überlauffen,
schreibt er, sagen wir Christen also: das Wasser nichts denn Wasser ist, Wort
nichts, denn ledige blosse Buchstaben sind, thun und helffen über ihre Natur
nichts, vielweniger würcken sie göttliche Werck in uns; Denn Wasser und
Buchstaben machen keine Tauffe etc. Aber weil GOtt gebothen, und befohlen hat,
daß wir sollen unsere Hand und Zungen hinzu thun, und das Wasser über den
Taufling giessen mit Worten oder Buchstaben, die er befohlen hat, darzu
verheissen, und uns versichert aufs allergewisseste, daß er selbst mit seiner
göttlichen Gnade und Krafft dabey seyn will und solches Wort selbst thun. |
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Hie greiffestu, daß wir Christen dem Wasser und Buchstaben
keine göttliche Krafft geben, auch nicht sagen, daß unser Thun sey: sondern
bekennen, daß es GOttes allein sey, und bleibe, der solches will, solcher Weise,
die ihm gefallen, nemlich durch Wasser und Wort, oder Buchstaben erzeigen, und
an uns beweisen. Das heissen nicht ledige Buchstaben, oder blos Wasser das die
Kuh sauft, sondern darinne GOtt sich verbindet, daß er an uns, und durch uns,
als sein Werckzeug seine Gnade und Krafft wolle üben.„ |
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Hieraus siehet man offenbar, daß es ein abergläubisches Wesen sey, wenn
unverständige
Menschen
durch Worte Kranckheiten oder andere Unglücksfälle vertreiben, wollen, oder
gewisse Zettul, worauf gewisse Worte geschrieben, wider diese und jene
Kranckheit an den Halß hängen, und tragen, da sie doch zu Hebung der Kranckheit
natürlicher Weise nichts beytragen können. Daher
schreibet Midorerus:
„solche Buchstaben, barbarische unverständliche
Wörter und
Zeichen sind des Teufels Grammatick und Donat, darinne er seine
Schüler auf seiner
Academie informiret.„ Und
Paracelsus, ein grosser Liebhaber und Verteidiger solcher Torheiten,
schreibt, wie Alsatius a Cruce Centur. III, de Quaesit. per
epist. fol. 268. berichtet: syrupos et apozemata esse medicinam
hominum, verba et characteres daemonum. |
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Wir wollen uns hierbey nicht länger aufhalten; sondern noch etwas¶ |
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{Sp. 301|S. 164} |
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2. Von gefrorenen und eingeschlossenen Worten
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beyfügen, welche
Materie so wenig Gründliches und so viel Ungereimtes bey
sich führt, als die vorige. Es machen sich einige von den Worten die verkehrten
Gedancken,
daß sie durch die Kälte vor der Zerstörung und gäntzlichen Verschwindung könnten
bewahrt, oder auch in ein gewisses Behältnis eingeschlossen, und zu seiner
Zeit
wieder hervor gesucht werden. Von dem erstern führet Michael Piccart
eine artige Geschichte aus dem Balthasar del Cortegiano
in der Philosophia Altdorph. Disput. XVI, Coroll. 4 an: |
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„Es wären an dem Nieper-Flusse
einige Moscowitische und Pohlnische Kaufleute zusammen gekommen, und indem sie
zu beyden Seiten des Flusses gestanden, mit einander geredet, hätten aber
einander nicht verstehen können, weil ihre Worte wegen der sehr strengen Kälte
alsobald eingefroren. Nachdem es aber wieder aufgethauet, hätte sich ein
Gemurmel und Schall der Worte hören lassen.„ |
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Daß dieses eine ungemeine Fabel sey, braucht keines
Beweises, weil jeder
weiß, daß die Worte eine gewisse
Bewegung der Lufft sind, und da die Lufft nicht
frieren kan, auch die Worte nicht frieren können. Wir leben durch die Lufft,
indem wir sie einziehen, und wieder ausathmen. Solte sie frieren: so müsten
Menschen
und Vieh in den kalten
Ländern zur
Winters-Zeit
sterben, weil keine flüßige Lufft vorhanden seyn würde, die sie
einziehen können. Über dieses ist es eine thörichte Sache, daß sich diese
wunderbare Geschichte um Nieper-Fluß soll begeben haben, da doch die
nördlichsten Gegenden dieses Flusses ungefähr mit der
Marck Brandenburg einerley
Polus-Höhe haben, und es deswegen daselbst nicht kälter seyn kan, als hier. Man
muß sich indessen wundern, warum den Kaufleuten nicht gar das Maul zugefroren,
welches noch eher möglich gewesen wäre, als daß die Worte eingefroren, und das
Maul offen blieben. Vielleicht ist der Fluß so breit gewesen, daß einer des
andern Worte nicht hat verstehen können. Da hat es nun die Kälte gethan. Und
weil die Worte eingefroren waren, haben sie ja wohl wieder aufthauen müssen:
Daher hat man erdichtet, es hätte sich nachher ein Gemurmel, und Schall dieser
Worte hören lassen.¶ |
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Johann Baptista Porta ist bey Gelegenheit des Sprachrohrs
auf den Einfall gerathen, daß er die Worte in Röhren einschliessen, und also in
die Länge aufbehalten wolte. Hier ist die Stelle aus seiner Magia naturali
Lib. XVI, Cap. 12: |
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„Darüber hatte ich mir
vorgenommen, die Worte in der Lufft, ehe sie gehöret werden, mit bleyernen
Röhren aufzufangen, und so lange verschlossen fortzuschicken, daß endlich, wenn
man das Loch aufmachte, die Worte heraus fahren müsten. Denn wir sehen, daß der
Schall eine Zeit braucht, bis er fortkommt; und wenn er durch eine Röhre gehet,
daß er mitten könne verhalten werden. Und weil es etwa darinne was ungelegen
fallen möchte, daß die Röhre sehr lang seyn müste: so könnte man die Röhren in
die Runde Circkelweise krümmen, und also die Länge ersparen, und nur wenig Platz
damit ein- |
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{Sp. 302} |
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nehmen.„ |
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Der ehrliche
Mann hat nicht bedacht, daß die Worte eine
Bewegung der Lufft
seyn, die nicht lange dauret, sondern geschwinde zu Ende gehet. Wenn er nun
gleich die Lufft, wodurch die Worte fortgebracht werden, eingeschlossen hätte:
so würde doch diejenige Bewegung, welche ihr durch das
Reden gegeben worden,
bald aufgehöret haben, folglich die Worte verschwunden seyn, eben wie sie in
freyer Lufft verschwinden und aufhören. Die Worte sind eine
Schreib-Art des Schalles,
folglich eine zitternde Bewegung der Lufft, welche immer mehr und mehr abnimmt,
und endlich gar aufhören muß. Dieses kan man daraus schliessen, weil der Schall
nur auf eine gewisse Weite empfunden wird. |
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Wie kan man sich vorstellen, daß die Worte eine geraume
Zeit solten können
erhalten werden? Denn entweder die
Bewegung der Lufft, welche die Worte zu dem
Gehör bringt, höret alsdenn auf, oder nicht. Höret sie auf: so möchten wir
wissen, wodurch bey der Eröffnung der Röhre eben dieselbe Bewegung wieder
hervorgebracht werde. Höret sie nicht auf: so müsten sich die Worte in der
verschlossenen Röhre beständig hören lassen, und vielfältig wiederholet werden.
Dies möchte einigen Schein haben, wenn man sich die
Sache
wie ein Echo vorstellt, da nemlich die Worte von einem Ende der Röhre zu dem
andern wieder zurück schalleten, und also bis zur Eröffnung der Röhre erhalten
würden. Man muß aber bedencken, daß nicht alle und jede Örter einen Wiederschall
zurück geben; sondern nur die, welche von besonderer Beschaffenheit und
Einrichtung sind. Daher steht es dahin, ob man die Enden der Röhren so
einrichten könne, daß von dar die Worte so zurück prallen, wie sie eingefallen
sind. Allem Ansehen nach ist es wegen Enge der Röhren nicht möglich.¶ |
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Von den Worten muß die zuerst ausgesprochene Sylbe allemahl eher an das Ende
der Röhre kommen, als die andere. Wenn man nun auch nur ein zweysilbiges Wort in
der Röhre aufbehalten wolte: so würde die erste Sylbe schon wieder zurück
kehren, wenn die andere erst ankommt, da würden sie in einem so engen Raume
einander nicht ausweichen können, sondern die determinirte
Bewegung der Lufft,
worinne die Worte bestehen, alsobald in Unordnung gerathen. Zu geschweigen wie
diese Bewegung der Lufft, bey dem Hin- und Wiederfahren, ohnedem in Unordnung
gerathen müste, und nicht eben dieselbe bleiben könnte. Was ist es nöthig,
dieses weiter auszuführen, da sich das Loch der Röhre, worinne man die Worte
gesprochen, nicht einmahl so geschwinde wird zustopfen lassen, als die Worte
werden aufgehöret haben, und bereits verschwunden seyn.¶ |
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Mit diesen eingeschlossenen Worten kommt sehr wohl überein, was die Poeten
von Worten erdichtet, welche in die
Erde
geredet, mit dem Schilfe aufgewachsen, und sich hernach deutlich hätten hören
lassen. Als die beyden heydnischen Götter, Pan und
Apollo, in einen Wettstreit geriethen, wer unter ihnen beyden mit
seinem Instrumente die beste Musick machen könte: so erwehlten sie den
Midas, König in Phrygien, zum |
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{Sp. 303|S. 165} |
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Schiedsmann. Dieser gab den Hirten-Gott Pan vor den Gott
der Musen gewonnen, welches dem Apollo dergestalt verdroß, daß
er dem Midas ein Paar lange Esels-Ohren an den
Kopf wachsen ließ. Diese langen Ohren wusste Midas
meisterlich zu verbergen; und es wuste niemand darum, als seyn Leib-Balbier, der
durffte nichts
sagen, und konnte es gleichwohl nicht verschweigen. Daher gieng
er auf das Feld, machte eine Grube, und ruffte die Worte hinein; Midas
hat Esels-Ohren, worauf er das Loch wieder zumachte. An diesem
Orte
wuchs hernach Schilf hervor, in welchem obgedachte Worte gleichsam
eingepflantzt, und wenn der Wind das Rohr bewegte, konnte man deutlich darinne
die Worte vernehmen: Midas hat Esels-Ohren. |
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Mit solchen ungereimten
Meynungen ist in den alten Zeiten die
Welt
gantz erfüllt gewesen, und die Zeiten unserer
Väter sind in diesem Stücke nicht
viel anders beschaffen gewesen. Es wäre auch noch erträglich, wenn diese und
andere thörichten Erzehlungen nur unter dem Pöbel wären stehen geblieben: Allein
die Gelehrten haben sich sogar damit befleckt, und was noch erstaunender ist, so
hat man die vortreffliche Natur-Lehre mit dergleichen abgeschmackten Meynungen
unbrauchbar gemacht. Wie groß der
Vorzug
unserer Zeiten hierinne sey, ist leicht zu
erkennen, in welchem dergleichen
Fabeln gar keinen Werth mehr haben.¶ |
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