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Dominium, das
Eigenthums-Recht, ist nach seiner
Beschreibung ein Recht, diejenigen
Güter, die als
Mittel zur
menschlichen
Unterhaltung dienen, und nicht durch ihre Unerschöpflichkeit, ohne Zuthuung
derer
Menschen, vor alle Menschen zulangen, an sich selbst aber haltbar sind,
beständig allein, und mit Ausschliessung anderer zu nutzen und zu
gebrauchen,
damit die unerträglichen Beschwerlichkeiten, die in Ansehung der nothdürftigen
Erhaltung derer Menschen durch die
weltlichen Güter aus der Beybehaltung der
ursprünglichen Gemeinschafft aller
Dinge unausbleiblich erfolgen werden. |
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Gliederung |
Wir
wollen die Betrachtung über diese
Materie in nachfolgender
Ordnung
anstellen: Erstlich wollen wir die
Sache mit ihren
Umständen dergestalt
erklären, daß wir nach der
theorie einmal die
Natur, hernachmals die
Objecte dieses Eigenthums-Rechts, und endlich, wie solches kan erlangt oder
verlohren werden; nach der
Praxi aber, wie man sich dißfalls in seinen
Thun und Lassen zu verhalten habe, zeigen werden. Hierauf wollen wir von dem
Ursprung des Eigenthums und seiner
Nothwendigkeit, wie und warum nehmlich
solches eingeführet worden, handeln. |
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Theorie: |
Wir sehen also |
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Natur |
1) |
worinnen eigentlich das Eigenthums-Recht
bestehet, nehmlich in einen beständigen Besitz und
Gebrauch einer
Sache,
mit Ausschlüssung aller andern. Einige machen einen
Unterscheid inter Proprietatem und
Dominium. Proprietatem
nennen sie dasjenige Eigenthum, welches
unvollkommen
ist: indem die Nutzung und Gebrauch derer
Güter andern überlassen worden sind. |
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Wir wollen aber unten, da wir zeigen werden, daß das Dominium
entweder Simplex oder ein Condominium ist, diese mit mehrern
erörtern. |
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Besitz |
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Hier nehmen wir das Dominium als ein Dominium überhaupt an.
Zu diesen gehören nun drey Stücke: als erstlich der Besitz. Ohne eine
Sache zu
besitzen, oder ohne dieselbige jemals besessen zu haben, ist es
unmöglich, sich
ein Eigenthums-Recht
vorzustellen. Der Besitz ist die Beschaffenheit einer Sache, da man dieselbige in seiner
Gewalt hat, in der Absicht, sie vor sich zu
behalten. |
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Nun ist zwar nicht
nöthig, daß man bey dem Eigenthume eine
Sache
würcklich
besitze, sondern man kan den Besitz derselben andern überlassen, doch mit dieser
Einschränckung, daß man das
Recht dieselbige wiederum zu besitzen, nicht
gäntzlich fahren lasse. Wenn wir nun also den Besitz andern überlassen wollen,
so wird
nothwendig dazu erfordert, daß wir dasjenige, welches wir andern geben
wollen, erst selbst haben
müssen. Derowegen denn zum Eigenthume erfordert wird,
daß man die Sache entweder würcklich besitze, oder doch besessen habe, mit der
zurückbehaltenene Absicht, dieselbige ins künftige wiederum zu besitzen. |
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Weil aber der Besitz der Anfang des Eigenthums-Rechts ist, so entstehet
dahero ein
Recht, nach welchen der Besitzer einer
Sache
vermuthlich vor den
wahren
Eigenthums-Herrn gehalten wird, so lange, als ein andrer sein auf diese
Sache habendes Eigenthums-Recht genugsam erwiesen hat. Gleichfalls ist der
Besitz das Mittel, die
Güter, welche die
Menschen zu ihrer
Nothdurft von nöthen
haben, zu
gebrauchen in Ansehung des
Standes der
Natur. Sie
leben nemlich mit
einander |
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{Sp. 1216} |
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in einer Communione negativa. Ein ieder hat das Recht, alle Sachen so
lange zu besitzen als er sie brauchet, und bey diesem Besitze, welcher sich auf
den Gebrauch gründet, kan er die andern von der
Sache ausschliessen. So bald er
aber eine Sache nicht mehr gebrauchet, und sie also ferner zu besitzen nicht
nöthig hat, so kan ein anderer, der ein gleiches Recht hat, die Sachen in Besitz
nehmen. |
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Müller im Rechte der Natur. … |
Auschließlichkeit |
2) |
erfordert das Eigenthum ein
Recht, alle andere,
beständig und auf alle Art und Weise, wenn man
will, von dem Besitze und
Gebrauche einer
Sache ausschliessen zu können. |
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Und endlich |
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Nutzen |
3) |
gehöret der
Nutzen und der
Gebrauch einer Sache
als eine
Wirckung zu dem Eigenthume. Dieser muß so unumschränckt seyn,
daß man die Sache nicht nur zu seinem
eigenen Nutzen anwenden, sondern
auch dieselbe an andere überlassen, verpfänden, und sich seines
Eigenthums durch den
Verkauf gäntzlich entäussern könne. |
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Einteilung |
Das Dominium wird in Dominium eminens und vulgare, in
das hohe und gemeine
eingetheilet. |
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Dominium eminens |
Das Dominium eminens soll darinnen bestehen, daß eine
gantze
Gemeine oder diejenige
Person, bey welcher die
Majestät ist, so viel
Recht über die
Güter eines ieden ins besondere habe, daß
sie selbige im Fall der
Noth wegnehmen, und sie zum
gemeinen besten anwenden könne. |
Der Urheber dieser
Eintheilung ist sonderlich
Grotius de Jure Belli … |
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Nachgehends sind viele Streitigkeiten entstanden, ob dieses
Recht seinen
Grund habe oder nicht. Joh. Frid. Horn. vertheidigte
dasselbige, Wilhelm Leyser hingegen war demselben zu wider. |
Diese Streit-Schriften sind unter dem
Titel: Wilhelmi
Leyseri pro Imperio contra dominium eminens 1673. zusammen
gedruckt
herausgekommen. |
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Leysern sind
Ziegler in
Not. ad Grotium p. 46. et de Juribus Majestatis I. 4. §. 14.
Thomasius in denen Anmerckungen über den
Huber de Jure Civitatis … beygefallen. Dieser
letztere will sonderlich einen
Unterscheid inter
Imperium et Dominium
gemacht
wissen, indem das erstere, und nicht das letztere dem
Fürsten
eingeräumet würde: ungeachtet er in Jurisprudentia Divina … sich
erkläret, daß er keinen hinreichenden Grund sähe, warum man die Eintheilung
in Dominium eminens und vulgare verwerffen wolle. |
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Andre hingegen sind auf die Seite des Grotii und
Horns
getreten, und behaupten, daß ein
Fürst über die
Güter derer
Unterthanen eine
solche
Gewalt habe, daß er dieselben im Nothfalle zu dem
gemeinen Besten
anwenden könnte. Dieses wäre gar nicht wider die
Billigkeit, wenn man nur
gewisse Einschränckungen hinzu setze. Der Nothfall müsse nemlich also beschaffen
seyn, daß er der äuserste wäre, so, daß keine andre
Mittel sich zu helffen
könten angegeben werden. Hiernächst
müste auch demjenigen, welchem was wäre
genommen worden, eine anderweitige Wiedererstattung geschehen. Wie solches
Böcler in einer besondern
Dissertation de Dominio eminenti,
die seinem Commentario über des Grotii Jus
Belli et Pacis einverleibet worden, behauptet. Es hat sich aber
Böcler ohne
Noth Weitläufftigkeit gemacht, und wenn es zur Sache kömmt,
so
weiß er selbst nicht, was er
sagen soll. |
-
Kulpisius in Collegio Grotiano p.
14.
- Wilhelm Grotius in Enchiridio …
-
Pufendorf de Jure Nat. …
- Willenberg in Sicilimentis …
-
Bud-
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{Sp. 1217|S. 634} |
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Dieser
gantze Streit läufft endlich auf einen
Wörter-Krieg hinaus. Denn daß
ein
Fürst eine solche
Gewalt, die
Güter seiner
Unterthanen zu gebrauchen, habe,
darinnen sind beyde
Theile einig, und ist also ihr
gantzer Streit, ob diese
Gewalt ein Dominium oder ein
Imperium müsse
genennet werden. Will man nun diese besondere Gewalt eines Fürsten ein
Dominium eminens nennen, oder dieselbe überhaupt unter dem Imperio
verstehen, so läufft es in der That auf einerley hinaus. |
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Dominium vulgare |
Das Dominium vulgare kan wieder in Ansehung, daß ihrer zwey
Herrn von
einer
Sache seyn können, in das Dominium simplex oder conditionatum
sive Condominium eingetheilet werden. |
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Condominium |
Das Condominium ist gleichfalls
entweder condominium coordinatum oder Communio positiva, welche,
wenn sie durch einen Pact beyder Partheyen, um mit einander in
Gesellschafft auf
gleichen Gewinst und
Verlust zu treten, geschlossen wird, Contractus
Societatis genennet wird. Wenn sie hingegen ohne einem
Contract,
z.E. durch Erb-Recht, durch Schenckung eines dritten enstehet, so heist sie
Communio incidens. |
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Condominium subordinatum |
Oder es ist das Condominium ein Condominium subordinatum, da
der eine das Dominium directum oder das Ober-Eigenthum vor sich behält,
dem andern aber das Dominium utile oder das Unter-Eigenthum, welches in
dem
Nutzen und Gebrauche einer
Sache besteht, überlässet. Von dem eigentlichen
Ursprunge dieser Eintheilung, hauptsächlich aber, ob das
Wort Directum
Lateinischer oder
Teutscher Abkunft sey, handeln curieux die
Gundlingiana XII. 2. |
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Indessen ist dieses der
Grund von der Eintheilung in Dominium plenum
und minus plenum, und kan dahero auch die
Distinction inter
proprietatem et dominium hergeführet werden. |
Müller im Rechte der Natur … |
Objekt |
Was zum andern das
Objectum des Eigenthums anlanget, so werden drey
Stücke dazu erfordert. |
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Mittel zur menschlichen Erhaltung |
Erstlich
muß das Object des Eigenthums ein
Gut,
das ist ein zu
menschlicher Erhaltung entweder mittelbares oder
unmittelbares
Mittel seyn. Nun besteht die
Natur eines Mittels darinne, daß es um seines
Zweckes willen, nicht aber der
Zweck um des Mittels willen sey, und daß also das
Mittel, da es
nöthig, dem Zwecke aufgeopffert werden könne. Da sich nun dieses
in Betrachtung des unveränderlichen
Standes der
natürlichen Gleichheit aller
Menschen von dem Menschen nicht
sagen lässet, so ist klar, daß ein Mensch von
Natur unfähig sey, dem Eigenthume eines andern Menschen unterworffen zu werden,
man müste dann mit der Zweydeutigkeit des
Wortes Eigenthum spielen
wollen. |
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nicht unerschöpflich |
Zum andern so muß das Object des Eigenthums ein Gut seyn, das nicht
schon an sich selbst durch seine Unerschöpfflichkeit ohne Zuthun derer Menschen
vor alle Menschen zulange. Denn was ist es nöthig, ein Eigenthum bey solchen
Dingen einzuführen, wo über dem
Gebrauche derer
Sachen keine Streitigkeit
entstehen kan, dergleichen das grosse Welt-Meer zwischen
Europa, Asia, Africa
und America ist. Dieses ist in Ansehung des Gebrauches an und vor sich selbst,
und ohne Zuthuung der Menschen unerschöpfflich. |
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Weil aber eine
Sache zu vielerley menschlichen Nutzungen dienlich seyn kan,
von denen die eine unerschöpfflich, die andre aber nicht ist, so kan eine Sache
in
unterschiedenen Absehen, Theils in der ursprünglichen Gemeinschafft
geblieben, Theils dem Eigenthume |
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{Sp. 1218} |
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unterworffen seyn. So sind die Flüsse in Ansehung des
Rechts, Wasser zu
schöpffen, allen gemein; in Ansehung aber des Rechts, darinnen zu fischen, dem
Eigenthume unterworffen. |
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haltbar |
Drittens, so muß das Object des Eigenthums eine haltbare Sache, das
ist, die von
Menschen besessen und bewahret werden kan, seyn. Da sind nun
gleichfalls bey einigen
Sachen etliche Nutzungen haltbar, andere hingegen nicht,
und also zum
Theil in dem Eigenthume, zum Theil annoch in der Communione
primaeva. |
-
Pufendorf de Jure Naturae …
- Thomasius Jurispr. Div. …
- Müller
in dem Rechte der Natur …
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Unter diejenigen
Dinge, welche nur zum Theil haltbar sind, gehöret das Meer.
Denn obwohl der weite Oceanus, dessen wir oben gedacht haben, auf keine
Weise von einem
Volcke kan besessen werden, so können dennoch die, dem
Lande
nahe gelegenen Stücke, unter die Bewahrung und die daher entstehende
Herrschafft
gebracht werden. Hieher sind die Streitigkeiten de Dominio maris
entstanden. |
- Bosius de comparanda …
- Böcler in Comment. …
-
Kulpisius in
Collegio …
-
Struv. Biblioth. …
- Hochstetter in Colleg. …
- Willenberg in Sicilimentis Juris Gentium
…
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Erlangung |
Drittens sehen wir nunmehro die Art und Weise, wie das Eigenthum kan erlangt
oder verlohren werden. |
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Die Ausleger des
Römischen Rechts
reden von dreyerley natürlichen
Arten, das
Eigenthum zu erlangen, als der Occupatione,
Accessione, und Traditione. Hievon ist erstlich überhaupt zu mercken,
daß das Römische Recht viele von seinen
Verordnungen in diesem Stücke vor
natürliche
Gesetze ausgiebet, welche doch dasselbe nicht sind. |
Grotius de Jure Belli … |
Akzession |
Hernachmahls, so ist die Accessio nicht vor eine besondre Art, das
Eigenthum zu erwerben, sondern vielmehr vor einen
billigen
Effect eines
erworbenen Eigenthums zu halten. Es fließt dieselbige aus dem schon vorhandenen
Rechte, die Haupt-Sache, deren Zugehörungen oder accessoria man erwirbt,
allein und mit Ausschliessung andrer zu gebrauchen. Die meisten
Exempel der
Accession, die insgemein angeführet werden,
z.E. Specificatio, Adjunctio,
Satio, Implantatio, Scriptura, Pictura, Inaedificatio, sind offenbarliche
Fälle, da einer dem andern sein Eigenthum unter
billigen Bedingungen abzutreten
genöthiget ist, und also vielmehr
Arten der Traditionis, als daß sie
derselben könten entgegen gesetzt werden. |
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Okkupation |
Also bleiben nur zwey Modi Dominium adquirendi übrig, nemlich
Occupatio und Traditio, jene ist der
Ursprung, diese aber die
Fortpflantzung des Eigenthums. Was die Occupation anbelanget, so ist zum
Voraus zu setzen, daß sie nicht in der blossen
That, sich einer
Sache allein und
mit Ausschliessung andrer, die doch gleiches
Recht haben anzumassen, bestehet.
Diese kan noch nicht gnug seyn, ein Recht zu machen, sondern es wird hiezu zum
wenigsten die stillschweigende Einwilligung derer andern, die gleiches Recht
dazu haben, erfordert. Dahero wollen einige zu der Occupation, welche ein
stillschweigender Vertrag ist, den ausdrücklichen Vertrag, nemlich die Theilung,
annoch hinzusetzen. |
Müller im Rechte der Natur … |
Teilung |
Wenn man aber die
Sache genauer betrachtet, so wird man finden, daß man die
Division vor keinen Modum adquirendi Dominium originarium halten
könne, indem, wenn eine Sache |
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{Sp. 1219|S. 635} |
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soll
getheilet werden, die Einnehmung derer Theilenden allemahl erst vorher
gehen muß, und also dieses vielmehr eine Traditio certe cujusdam partis
ist. |
Walch Phil. Lexic. p. 669. |
herrenlose Güter |
Da nicht alles, was des Eigenthums fähig ist, so durchgehends unter das
Eigenthum hat gebracht werden können, daß nicht ein und anders Herrnloses Gut
hätte übrig bleiben
sollen; so ist kein
Zweifel, daß die ursprünglichen
Arten,
das Eigenthum zu erlangen, nicht nur bey der ersten Einführung des Eigenthums
Statt gefunden haben, sondern auch noch ietzo nicht unkräftig sind.
Pufendorf
de Officio …meynet daher, die
Menschen
hätten eben dadurch nach einmahl eingeführten Eigenthume ihre stillschweigende
Einwilligung gegeben, daß sich ein ieder dererjenigen
Dinge, die noch nicht
unter das Eigenthum gebracht worden, anmassen könne. |
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Dieses hat zwar in dem
Stande der natürlichen Freyheit seine gute
Richtigkeit, was aber den Stand der
weltlichen
Reiche anlangt, so hält
Griebner nicht ohne allen
Grund davor, daß sich nicht ein ieder, aller,
in einem
Reiche sich dem Scheine nach Herrnloß befindenden
Güter, anzumassen und
einzunehmen, das
Recht habe, sondern es sind vielmehr dergleichen
Güter der
obersten Herrschafft unterworffen, und kan dieselbe wegen derer Einnehmung noch
etwas bestimmen. Grotius II …
sagt dahero:
In loco, cujus imperium jam occupatum est, jus occupandi res mobiles anteverti
potest lege civili. Ingleichen II. 8. §. 5. nachdem er von dem
Rechte, Vögel, Fische und Wild zu fangen,
geredet,
urtheilet er also : [9
Zeilen lateinischer Text]. |
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Tradition |
Der andre Modus adquirendi Dominium, welchen die Ausleger des
Römischen Rechts anführen, ist die Traditio. Das
Röm. Recht erfordert bey
der Abtretung des Eigenthums an einen andern nicht nur einen Vertrag, sondern
auch die
würckliche Uberantwortung oder Ubergebung der
Sache, |
l. 20.
C. de pactis. |
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Diese Tradition soll der eigentliche Modus adquirendi
Dominium, der Vertrag hingegen nur der
Titulus seyn. |
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Weil das
Römische Recht sich hin und wieder auf das Jus Gentium beruffet, so haben
sich die Ausleger viele Mühe gegeben, einen
Grund in dem
Natur- und
Völcker-Rechte zu finden, daß durch den blossen Vertrag der Veräußerung, ehe die
Tradition geschehen, noch nicht das Eigenthum als ein taugliches
Recht
auf den andern gebracht werde, sondern daß dieser sich nur an die
Person des
contrahirenden Theiles zu halten habe. |
L. 50 . D. de R. V. |
wirklicher Besitz |
Der erste
Grund, den sie anführen, ist dieser, daß das Eigenthum seinen
Ursprung von dem würcklichen Besitze genommen habe. Quod dominia rerum ex
naturali possessione coeperint. |
L. 1. … |
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Dieser
Schluß aber ist keinesweges richtig, indem ein
moralisches
Ding sehr offt aus einer zufälligen Veranlassung
seinen
Ursprung genommen haben kan, daß also die erste Veranlassung nicht zum
Wesen der
Sache selbst gehöret. |
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Der andre
Grund ist dieser, daß derjenige, der den würcklichen Besitz einer
durch Verträge veräuserten
Sache dem andern noch nicht abgetre- |
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{Sp. 1220} |
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ten, solches sonder Zweifel noch zu
thun gehalten sey, und also noch zur
Zeit das
Recht habe, eine
Handlung, die niemand als dem
Eigenthums-Herrn
zustehe, an der Sache zu
verrichten, nemlich sie dem andern zu überantworten.
Man könne also nicht
sagen, daß dem andern vor der Abtretung ein völliges
Dominium zustehe, und wenn auch der andre ein Dominium durch den
blossen Vertrag bekäme, so hätte er doch dieses nur in actu primo, nicht
aber in actu secundo. |
a Felde ad
Grotium … |
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Allein es ist ohne
Grund, daß die
Schuldigkeit etwas vermöge des Vertrages
dem andern
würcklich auszuantworten ein
Recht sey, welches ein dem Veräusernden
noch würcklich zustehendes Eigenthum anzeiget. Es ist vielmehr offenbarlich eine
Pflicht, die aus der allbereit geschehenen Abtretung des Eigenthums flüsset. Der
Veräusernde ist ja eben schuldig, die
Sache dem andern zu übergeben, weil sie
nach dem Vertrage nicht mehr sein, sondern des andern ist. Uberdieses, so
erhellet es ja eben daher
gantz deutlich, will der Veräusernde so fort nach dem
geschlossenen Vertrage der Veräuserung kein Recht mehr hat, die Sache ferner zu
nutzen und zu
gebrauchen, er wird vielmehr von solchem Recht durch das Recht
dessen, an den die Veräuserung geschehen, ausgeschlossen, dieses Recht aber, die
Sache auch vor der Ubergabe zu gebrauchen, und andre davon auszuschlüssen, kan
kein anders als das Eigenthums-Recht seyn. |
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Ferner, so ist auch denen
Sätzen derer Römischen Rechts-Lehrer dieses
zuwider, daß, wenn die
Sache verlohren gehet, sie dennoch vor der Ubergabe nicht
dem vorigen, sondern ihrem nunmehro neuen
Herrn verlohren gehet; welche
Conclusion das
Römische Recht billiget, so übel sie auch mit dessen
Principio, daß nemlich vor der Ubergebung das Eigenthum noch bey dem
Veräusernden sey, zusammen stimmet. Es ist also wohl am besten, es in diesem
Stücke zu halten mit dem Grotio II. …, wenn er
spricht: Ut vero traditio etiam requiratur, ex lege civili est, quae, quia a
multis gentibus recepta est, inproprie jus gentium dicitur. |
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Ob nun zwar also die würckliche Ubergabe vor keinen
natürlichen Modum
adquirendi Dominium zu achten ist, so muß doch die Traditio, in so
fern sie vor die Abtretung und Uberlassung seines
Rechts durch die Verträge
genommen wird, vor einen Modum derivativum erkant werden. |
Müller im Recht der Natur …
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weitere Arten des Gewinns |
Ob die Verjährung Usucapio sive Praescriptio, ingleichen das
Erb-Recht vor Modos adquirendi Dominium, welche in dem
Rechte der Natur
gegründet wären, können gehalten werden, oder nicht? dieses werden wir an ihren
besondern Stellen erörtern. |
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