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Text |
Quellenangaben |
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Winter, ist die kälteste von den vier
Jahres-Zeiten, da die
Tage am kürtzesten sind.¶ |
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Nahmen des Winters in andern
Sprachen:¶ |
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Lateinisch heisset der Winter
Hyems, Bruma;
Frantzösisch
Hiver; im
Hebräischen [1 Wort
Hebräisch] |
Hohel. II, 11, |
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und [1 Wort Hebräisch] von [1 Wort
Hebräisch] schänden, schmähen, weil der Winter
die
gantze Erde gleichsam schändet, indem er sie
ihres Zierraths beraubet, |
1 B. Mosis VIII, 22. |
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Er heisset auch |
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- [hebräischer Text] die
Zeit der Kälte,
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- Sprüchw. XXV, 10.
- Buch der Weish. XVI, 29:
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- Sprüch-W. XXVI, 1.
- 2
Sam. XXIII, 10.
- 1 Chron. XII,
22.
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Und im
Griechischen hat er den Nahmen
Cheimon vom regnen, weil die Regen-Zeit in den
Morgen-Ländern in den Winter einfällt, |
- Matth. XXIV, 20.
- 2
Tim. IV, 21.
- Hohe-Lied II, 11.¶
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Des Winters
Anfang und Ende.¶ |
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Wie überhaupt der gemeine
Mann die vier
Jahrs-Zeiten in keine so genaue
Schrancken
einzuschliessen pfleget; also bestimmt er auch die
Zeit des Winters nicht so eigentlich, wie es
billig
seyn
solte. Denn er
nennet Winter, wenn es kalt
ist, daß es schneiet und gefrieret, daher, wenn
man wahrnimmt, daß es zu einer Jahrs-Zeit, noch
nicht gefrieret, oder schneiet, da sonst dergleichen
geschehen, so pflegt man zu sagen: es wolle gar
nicht Winter werden; und so macht man es auch
mit den übrigen Jahrs-Zeiten. |
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Denn wird es warm, daß die Pflantzen und
Bäume wieder grünen können, so nennt man es
den
Sommer, und wenn die Kälte wieder ihren
Abschied nimmt, und warm zu werden anfängt,
den
Frühling, daß also dieser der mittlere
Stand
zwischen Winter und Sommer sey, gleichwie
derjenige, der zwischen Sommer und Winter
stehet, da die Wärme sich zu
verlieren anfängt,
und die Kälte herbey kommt, der
Herbst genennet
wird. |
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Doch weil nach solcher gemeinen Abtheilung
ein
Jahr nicht wie das andere ist, so hat man sich
billig bemühet, um etwas
gewissers zu haben, daß
man denen vier Jahrs-Zeiten genauere
Schrancken setze, und weil man gesehen, daß die
Sonne dieselbige verursache, so hat man den
Grund ihrer Abtheilung von ihrer Bewegung
hergenommen. Es nimmt nemlich der Winter
seinen Anfang bey uns um den ein und
zwantzigsten
December, und währet drey
völlige
Monat, nemlich so lange als die Sonne in dem
Zeichen des Steinbocks, des Wassermanns und
der Fische läufft.¶ |
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Arbeit eines
Hauß-Vaters zur Winters-Zeit.
¶ |
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Obgleich der Winter vor die müßigste Jahres-Zeit gehalten wird, so findet doch ein
fleißiger
Haushalter auch im Winter seine Arbeit, die er
ohne mercklichen Schaden nicht versäumen
kan.¶ |
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{Sp. 879|S. 453} |
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Anzeichen von der Beschaffenheit des
Winters.¶ |
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Wenn die Witterung von einer Jahrs-Zeit auf
die andere
geurtheilet, oder doch
gemuthmasset
werden kan,
soll auf einen warmen, feuchten und
nassen Herbst ein trockener langwühriger Winter
folgen; Hingegen ein schöner klarer
Herbst einen
windigen Winter bringen. |
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So das Laub lang hinein in den Winter an den
Bäumen bleibet, soll es ein Vorbote eines frühen
Winters seyn. |
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Wenn die Vögel im Herbst sehr feist sind, soll
ebenfalls ein kalter Winter folgen. |
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Wenn die Haasen im Herbst sehr feist
befunden werden, ingleichen, wenn der Hüpauf an
denen gebratenen Gänsen mehr weisses als
braunes hat, soll es einen Winter mit vielen
Schnee geben. |
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Eines langen Winters Vorboten sollen ferner
seyn; |
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- Wenn die Eichbäume sehr viel Eicheln
tragen;
- Wenn viel Hornissen und Bremen vor dem
Ausgang des
Octobers erscheinen, ingleichen
wenn es nicht recht verwittert; das ist; wenn der
December oder auch wohl der
Jenner nicht rechte
gewöhnliche Winters-Art, mit vielem Frost, Schnee
und Kälte haben, so sollen solche Witterungen
dagegen mit Hauffen in den
Februar und
Mertzen
fallen; und also nach den bekannten Sprichwort:
Grüne Weyhnachten, gerne weisse Ostern
geben.
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Die Fischer haben dieses Gemerck, so auch
von der
Erfahrung bestätiget wird und nicht
leichtlich fehlet, indem sie aus der Leber eines im
December gefangenen Hechtes von dem
künfftigen Winter urtheilen: nemlich; wenn die
Hechtleber gegen dem Gallenbläslein zu, das ist
von hinten breit, von vorne aber spitzig und
schmal ist, so
bedeutet es einen harten und
langen Winter. |
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So haben auch die
Bauern gleichfalls die
Gewohnheit, aus der Miltz ihrer im December
geschlachteten Mastschweine von des Winters
Beschaffenheit zu urtheilen; sie verfahren aber
damit also: Wenn die Miltz durchgehends
gantz
gleich dicke ist, so
sagen sie, daß ein starcker
Winter kommen werde ist; ist aber die Dicke nur
aufwärts gegen dem Rückgrade zu sehen, so soll
die Kälte sich allererst im Ausgange des Winters
äussern; ist die Miltz in der Mitten groß, so werde
der mittlere
Theil des Winters scharff eintreffen; ist
aber die Miltz abwerts gegen dem Bauch dicke, so
werde nur bloß die Kälte um den Anfang des
Winters mit einem rauhen Frost sich spühren
lassen:¶ |
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Ursachen des Winters.¶ |
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Es hat der
Herr
Baron von
Wolff eine
Considerationem physico-mathematicam hiemis 1709, dem
Drucke unterworffen, welche auch in
Thümmigs meletematibus varii et ratioris
argumenti … und in des Herrn Barons von Wolff
gesammleten kleinen Philosophischen Schrifften,
… zu lesen. |
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Ob er nun wohl in solcher absonderlich die
Ursachen und
Würckungen des im Jahr 1709
gewesenen harten Winters anführet; so handelt er
doch zugleich auch überhaupt von dem Winter
und dessen Haupt-Ursachen, die wir hier aus
solcher
Schrifft anführen wollen. Er schreibet: |
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Es ist gantz ohnstreitig, daß die Ursache, wie
des
Lichtes, also auch der Wärme, |
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{Sp. 880} |
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deren die
Einwohner des
Erdbodens von der
gütigen Natur geniessen, in der Sonne zu suchen
sey. Wir setzen zum voraus, daß schon aus den
Haupt-Sätzen der
Grund-Wissenschafften bekannt
seyn
müsse, wie sich kein
Unterscheid in der
Würckung bemercken lasse, als lange alle
Umstände der Ursache einerley bleiben. |
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Da es nun aus der Erfahrung offenbar
genung ist, daß auf dem Erdboden nicht immer
einerley Wärme von der Sonne erreget werde: so
hat man die Ursache solcher Verschiedenheit zu
untersuchen. Man muß aber solche in der
veränderten Stellung entweder der Sonne gegen
den Erdboden, oder des Erdbodens gegen die
Sonne setzen. So
wollen wir dann diejenigen
Veränderungen, welche theils durch den
Fleiß der
Sternkündiger bemercket worden, theils wir aus
eigener Erfahrung haben, hier erzehlen. |
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Die Sternkundigen haben aus der
verschiedentlich bemerckten Grösse des
Durchmessers (diametri) der Sonnen
abgenommen, daß sie in den kürtzesten
Tagen
um etliche 1000 Deutsche Meilen dem Erdboden
näher sey, als bey Anfang des Sommers. Daher
es einem wunderlich vorkommen
möchte, daß die
Sonnen-Strahlen bey der Sonnenwende (solstitio) im Winter nicht so erwärmen, als im
Sommer. Und
ob wir schon bald andere Ursachen anführen
werden, warum dieser Nähe der Sonne
ohngeachtet, die
Krafft ihrer Strahlen im Winter
geringer seyn muß, als im Sommer: so hat es
doch nicht an
Gelehrten gefehlet, denen man
Erkenntniß natürlicher Dinge und Schärffe des
Verstandes nicht absprechen kan, welche
vermeynet, es hintere die Nähe der Sonne, wenn
sie der Erde am nächsten ist, daß die Kälte des
Winters so hefftig nicht seye, als sie sonst seyn
würde. |
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Wenn wir aber aus der Sehekunst (Optica)
annehmen, es verhielten sich die Entfernungen
dessen, was man siehet, wie die contangentes der
erscheinenden Grössen, und was öffters von den
Verständigen in der Sehekunst von der
Zertheilung des Lichts, von dem hochgelehrten
Gregorius aber, öffentlichen
Lehrer der Stern-Kunst in dem Savilianischen Stifft zu Oxfurt in dem
vortrefflichen
Werck der Anfangs-Gründe einer
nach der Natur-Lehre und Meß-Kunst
eingerichteten Stern-Kunst (Element. Astronomiae
physicae et geometricae) im 48ten Satz des 1ten
Buches von einer jeden Krafft, welche sich von
dem Mittel Punct aus in geraden Linien rings
herum gegen alle Gegenden ausbreitet, erwiesen
worden ist, es verhalte sich die Wircksamkeit der
Strahlen umgekehrt, wie die Entfernung von dem
Ort, da sie herkommen, wenn das übrige einerley
ist: so finden wir nach derjenigen Art, welche
unten mit einem Beyspiel erläutert wird, daß der
Unterschied, welcher aus der Veränderung der
grösten Nähe und Ferne bey Erwärmung unserer
Dunst-Kugel (atmosphaerae) und Erdbodens
entstehet, vor nichts zu halten sey. |
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Es ist also die
Meynung dererjenigen
abgeschmackt, welche die Ursachen der
ausserordentlichen Witterungen auf dem
Erdboden zu
erklären, ihre Zuflucht zu einer
ungewöhnlichen Veränderung der Entfernung
unsers Erdbodens von der Sonne |
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{Sp. 881|S. 454} |
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nehmen. Denn da niemahls eine
Zeit
gewesen, zu welcher ihrer so viele mit dem
trefflichsten
Werckzeug zugleich an
verschiedenen
Orten sich darauf geleget, die
Himmels-Begebenheiten zu bemercken, als jetzo:
So ist es wohl nicht
möglich, daß eine
ungewöhnliche Veränderung in der scheinbaren
Größe des Durchmessers der Sonne sich solte
ereignet haben, welche von ihnen nicht bemercket
worden wäre. |
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Bisher aber hat sich keiner von ihnen nicht
einmahl träumen lassen, daß der scheinbare
Durchmesser der Sonne ausserordentlich größer
oder kleiner erschienen wäre; denn von
dergleichen Erscheinung stehet weder in den
Abhandlungen der Königlichen Englischen
Societät, noch in den Geschichten und
Erläuterungen, (histoires et memoires) der Königl.
Academie der Wissenschafften zu Paris, noch
andern Begebenheiten der Gelehrten, welche alle
Monate herauskommen, nur das mindeste,
ohnerachtet alle Himmels-Erscheinungen
(phaenomena) mit Fleiß darinnen angemercket
werden. |
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Da nun die gewöhnliche Veränderung mit
dem scheinbaren Durchmesser der Sonne in
Absicht auf den Einfluß in die Erwärmung vor
nichts zu halten ist, so kan auch keine
unmerckliche Veränderung der Entfernung
zwischen der Sonne und Erde, wenn sie schon
geschähe, eine merckliche Veränderung ihres
Einflußes in die Erwärmung des Erdbodens
verursachen. |
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Noch weiter kommen diejenigen von dem Ziel
ab, welche aus völliger Unwissenheit der Stern-Kunst
erdichten, der Erdboden hätte seine Lage in
Absicht auf den Himmel verändert, und sey doch
noch immer in einer Weite von der Sonne
geblieben. Denn diese Veränderung würde nicht
allein die Höhen der Sonne und der Sterne,
sondern auch die Länge der
Tage und
Nächte
ändern, so gar, daß es nicht nur den
Sternkündigern, sondern auch dem unwissenden
Pöbel in die Augen fiele; dergleichen aber, soviel
man
weiß, weder in dem Winter des 1709ten
Jahres noch jemahls zuvor, bemercket worden
ist. |
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Nicht allein aus dem Bemerckungen der
Sternkundigen, sondern auch des gemeinen
Mannes ist bekannt, daß die Sonne nicht einen
Tag so hoch über uns stehe als den andern,
sondern bald mehr, bald weniger. Und zwar hat
man aus den
Regeln der Stern-Kunst und
Gründen der Erdmeß-Kunst, (principiis
Geograph.) daß die Sonne, vom Eintritt in den
Steinbock an, bis zum ersten Grad des Krebses
immer näher zu unserm Scheitel komme;
hingegen von dem Eintritt in den Krebs an bis zum
ersten Grad des Steinbocks immer von unserm
Scheitel weiter weg rücke. |
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Wenn die Sonne dem Scheitel näher ist, so
sind ihre Strahlen nicht so schief. Denn wenn die
Sonne das Zenith berühret, welches nach den
Lehren der Erdmeß-Kunst in dem heissen Strich
Landes, (Zona torrida) geschiehet; so fallen die
Strahlen auf den Erdboden senckrecht: Wenn sie
aber von den Zenith weg ist, so gehen die
Strahlen von der senckrechten Linie ab. Nach
dem Winckel, welchen der Sonnen-Strahl mit der
Horizontal-Linie machet, misset man, wie schief
solches sey. |
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Es brauchet aber |
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{Sp. 882} |
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nicht viel
Beweises, daß die Strahlen je
schiefer sie sind, destoweniger erwärmen. Denn
man kan genung aus dem Gefühl abnehmen, daß
ein grosser Unterscheid zwischen der Wärme am
Mittag und am
Abend sey: Daß auch die Krafft der
Strahlen, bey dem Untergang der Sonnen
mercklich geschwächet werde, lässet sich zum
wenigsten daraus erkennen, weil man in sie, ohne
dem Auge Schaden zu
thun, sehen kan, nicht
anders, als wenn sie durch den Nebel ohne einige
Strahlen hindurch scheinet, ja die untergehende
Sonne thut den Augen nicht mehr, als wenn sie
durch die Regen-Wolcken durchscheinet. |
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Es ist aber klar, daß die Sonnen-Strahlen zu
Mittag mehr senckrecht, gegen Abend aber mehr
schief sind. Also ist kein
Zweifel, daß die Sonne,
wenn sie dem Scheitel näher ist, oder einen Tag-Kreiß beschreibet, der den Mittags-Kreiß in einem
Punct, welcher dem Scheitel näher ist,
durchschneidet, sie mehr erwärme, als wenn der
gemeinschafftliche Durchschnitt des Mittags- und
Tages-Kreises weiter von dem Zenith entfernet
ist. |
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Fraget man, woher es komme, daß die
schiefen Strahlen nicht so warm machen als die
senckrechten; so kan man eine doppelte
Ursache
davon angeben. Nemlich es lässet sich leicht
begreiffen, daß die schiefen Strahlen dünner, die
senckrechten aber dichter seyen. Denn setzen wir
eine gewisse Anzahl Strahlen zwischen gleich
entfernten Linien AB und CD: so ist offenbar, daß
die Linie BD kürtzer ist als BE: Also sind die
Strahlen in der Linie BD näher beysammen, in BE
weiter von einander. Die Versuche aber, welche
man mit den Brenn-Spiegeln und Gläsern machet,
weisen aus, daß die dichtern Strahlen eine
grössere Krafft zu erwärmen haben, als die
dünnen. Ferner muß man mercken, daß die
Wärme in einer
gewissen Art der
Bewegung
bestehe, in welche die kleinsten
Theilgen der
erwärmten
Cörper gesetzet worden sind. |
Man sehe unter andern noch
in Frantz Baylens Anleitung zur Natur-Lehre auf
den 231 u.f. Blat. |
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Also erwärmen die Sonnen-Strahlen unsere
Dunst-Kugel, (atmosphaeram) in so fern sie den
kleinsten Theilgen, auf welche sie stossen, die
Bewegung mittheilen. Es ist aber von
Johann
Alphons Borell in der
Schrifft von der
Krafft des
Stoßes, (de vi percussionis) in dem 46ten
Satz,
und andern Schrifften von dem Gleich-Gewichte
mehr erwiesen worden, daß die Krafft des
schiefen Stosses AB sich zu der Krafft des
geraden CB verhalte, wie der sinus des
Einfallwinckels (anguli incidentiae) ABH zu dem
sin. tot. das ist wie JK zu JB. Da sich nun dieser
Lehr-Satz auch auf die Sonnen-Strahlen, welche
die Dunst-Kugel und den Erdboden erwärmen,
deuten lässet; so hat es auch mit dem andern
Grund seine Richtigkeit, warum die Sonnen-Strahlen desto geringere Krafft zu erwärmen
haben, je schiefer sie einfallen. |
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Es ist ferner aus der Erfahrung bekannt, daß
die Wärme, welche einmahl dem Cörper
mitgetheilet worden ist, nicht so gleich aufhöre,
sondern daß vielmehr der Eindruck noch
fortdaure, wenn gleich der Stoß aufgehöret hat.
Und daher ist es nicht zu bewundern, daß ein
Cörper, |
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{Sp. 883|S. 455} |
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welcher lange im Sonnenschein gelegen hat,
heisser wird, als einer, der nur kurtze Zeit
beschienen wurde. Denn da sich die Wärme nach
der Bewegung richtet, in welche die Sonnen-Strahlen die kleinsten Theilgen der Cörper
bringen, so muß nach den gemeinen Regeln der
Bewegung die Hitze von dem langen
Sonnenschein stärcker werden, in dem die
kleinsten Theilgen, welche von dem ersten Stoß
schon einen gewissen Grad der Geschwindigkeit
bekommen. Wenn also die Sonne lang über dem
Horizont bleibet, so wird die Hitze dadurch
vermehret. |
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Weil die Sonnen-Höhen in den Vormittags-Stunden immer zunehmen, hingegen in den
Nachmittags-Stunden wieder abnehmen; so ist es
offenbar, daß die Krafft der Sonnen-Strahlen biß
gegen den Mittag immer gröser, hingegen aber
von da an immer wiederum schwächer wird, wenn
die übrigen Umstände einerley sind. Doch ist die
Würckung der Strahlen Nachmittag grösser als
Vormittag, wenn sonst alles wieder einerley ist, in
so ferne nemlich ein Theil der Würckung, welcher
eigentlich dem Schein vom Vormittag noch
zuzuschreiben wäre, übrig ist. Daher die
Bemerckungen der Wetter-Gläser, wenn der
Sonnen-Schein nicht sonst gehindert wurde,
angeben, daß die Feuchtigkeit eine Zeitlang nach
dem Mittag, als um 2 Uhr höher zu stehen pflege,
als selbst zu Mittage, oder um 12 Uhr. Und da
man dieses täglich bemercken kan; so ist nicht
nöthig, daß es mit Beyspielen bekräfftiget
werde. |
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Übrigens ist daraus klar, daß wer sich auf
Bemerckung der Witterung legen will, das Wetter-Glas nicht so wohl um 12 Uhr, als vielmehr um 2
oder auch um 3 Uhr ansehen müsse, so er die
gröste Höhe der Feuchtigkeit jeden Tag
anzumercken begehret. Hier könnte man die Lehr-Sätze erklären, welche
Wolff von der Würckung
der Sonne erfunden hat; allein es mag genung
seyn, solche nur kürtzlich anzuführen. Es sind
aber folgende: |
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1) |
Die
Kräffte der senckrechten Sonnen-Strahlen
verhalten sich zu den Kräfften der schieffen, die auf eben dieselbe
Fläche fallen, in so fern sie von der Dichtigkeit (densitae)
herkommen, in einer zweyfachen
Verhältniß des secantis complementi
von dem Einfalls-Winckel (anguli incidentiae) CBD,
nehmlich des Winckels CBA zu dem sinu toto, |
2) |
Die Kräffte der schiefen Strahlen, in so ferne
sie von ihrer Dichtigkeit herkommen verhalten sich gegen einander wie
die Quadrate der Sinuum Angulorum incidentiae CBD. |
3) |
Die Kräffte der schiefen Strahlen in so ferne sie
von der Schieffe des Scheins, (obliquitate ictus) herkommen,
verhalten sich gegen die Kräffte der senckrechten, wie die sinus
der Einfalls-Winckel BCD. zu dem sinu toto. |
4) |
Eben diese Kräffte verhalten sich gegen einander,
wie die sinus der Einfalls-Winckel BCD. |
5) |
Die Kräffte der schiefen Strahlen, welche auf
eine Fläche fallen, in so ferne sie beydes von der Dichtigkeit und
Schiefe des Scheins Herkommen, verhalten sich gegen einander, nach einer
dreyfachen Verhältniß (ratione triplicata) der Sinuum
von den Einfalls-Winckeln BCD. |
6) |
Die Bestimmung der Würckung (actionis)
der Sonne auf einen
Tag, in so ferne die Krafft von der Dichtigkeit der
Strahlen herkommt, setzet die Quadratur der Rundung, darinnen die
Ordination zu der Grund-Linie, (welche |
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{Sp. 884} |
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ein halber Tage-Kreis (Semicirculus diurnus)
der Sonne ist,) sich wie die Quadrate der Sinuum von den
Einfalls-Winckeln in BCD verhalten, zum voraus. |
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7) |
Die Bestimmung der Würckung der Sonne auf einen
Tag hindurch, beruhet, wenn man auf die Schiefe des Stosses allein
siehet, auf der Quadratur der Cylindrischen Stücke, (ungularum
cylindricarum) |
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welchen Lehr-Satz der in der Meßkunst hocherfahrene
Halley in den Englischen Abhandlungen, (transactionibus) schon
vorgebracht, daraus es in dem 2ten
Theil
des Anhangs zu den
Leipziger
Actis Eruditorum
gesetzet worden ist. |
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8) |
Die Bestimmung der Sonnen-Würckung auf jeden Tag,
wie sie in der
Welt
sich ereignet, das ist, in so ferne sie zugleich auf die Dichtigkeit der
Strahlen und Schiefe des Scheins ankommt, richtet sich nach der
Quadratur der runden Stücke, (ungularum) deren Grund-Linie die
halben Tages-Kreise der Sonne sind, die Application aber in einer
dreyfachen
Verhältniß der Sinuum von den Einfalls-Winckeln
stehen. |
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Alle diese Mannigfaltigkeit der
Würckung
(actionis) der Sonnen-Strahlen, von welcher
bisher geredet worden, entspringet von der
täglichen
Bewegung der
Erd-Kugel um ihre eigene
Axe, und ihrer
jährlichen um die Sonne herum her.
Und alles das wird sich also, wie gemeldet worden
ist, verhalten, wenn die Sonne immer auf einerley
Weise scheinet, oder wenigstens die
Verschiedenheit ihres Scheins, in Absicht auf den
Einfluß in die Erwärmung der Erde vor nichts zu
rechnen ist. |
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Wir haben zwar die Beschaffenheit der Sonne
bisher noch nicht also
ergründet, daß wir
bestimmen könnten, ob immer gleichviel und
gleichkräfftige Strahlen heraus schiessen, indem
niemand noch als Villemotte in dem neuen Welt-
Bau oder neuen Erklärung der Bewegung der
Irrsterne, die zu Lion in Franckreich 1707
herausgekommen, im 6ten Hauptstück auf der
65ten und folgenden Seiten nach den Gesetzen
der Bewegung solche bisher aus
Gründen heraus
zubringen versuchet hat, und die Krafft, damit die
Sonne erwärmet, auszurechnen bemühet
gewesen ist: Doch ist offenbar genung, daß die
Flecken, welche sich immer auf den Sonnen-Teller sehen laßen, einen Theil der Strahlen
auffangen. |
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Es zeigen zwar die grossen Sonnen-Finsternissen, dergleichen die vom Jahr 1699 im
Herbst-Monat, ingleichen eine andere, welche im
May des 1706ten Jahres an denjenigen
Orten, wo
sie nicht total erschienen, bemercket worden ist,
zur Genüge, daß die Wärme um ein merckliches
vermindert werde, wenn die Sonnen-Strahlen von
einem dunckeln Cörper, der zwischen der Erd-Kugel und einem Theil der Sonne zu stehen
kommt, aufgefangen werden: Doch muß man
allerdings noch untersuchen, ob die Sonnen-Flecken, eine merckliche
Veränderung zu
verursachen, im
Stande seyen. Am 6
Jenner des
1709 Jahres haben sich in der Sonne 2 Flecken
sehen lassen, davon der grössere den 5ten
Februar noch nicht vergangen war; aber der
grössere war kaum den 40ten Theil so groß als
der Sonnen-Teller. |
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Wir wollen aber nun zusehen, ob diese
Flecken die Krafft der erwärmenden Sonne also
haben verringern können, daß man die Abnahme
auch an dem Wetter-Glaß verspüren können.
Setzt man den Flecken cir- |
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{Sp. 885|S. 456} |
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culrund; so hat er nur [Bruchzahl] Theil der
Sonnenstrahlen aufgehalten. Eignet man nun
einem Strahl eine eben so grosse Krafft der
Erwärmung zu, als dem andern; so ist die Krafft zu
erwärmen in der Sonne um einen
sechzehenhunderten Theil verringert worden. |
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Nun setzen wir ferner, daß der Durchmesser
der Kugel in dem Wetter-Glaß sich zu dem
Durchmesser der Röhre verhalte wie 1 zu 15,
und das 1 zugleich die Grösse eines Grades,
an der angemachten Eintheilung ausdrucke: so ist
die Grösse der Kugel, so ferne man die Verhältniß
des Durchmessers eines Circuls zu dem Umfang
annimmt wie 100 zu 314, 17. 6625 und die Anzahl
der Feuchtigkeit, welche auf einen Grad gehet
785: und solchergestalt enthält ein Grad
ohngefehr [Bruchzahl] von aller Feuchtigkeit. Solte
also die sämmtliche Feuchtigkeit in der Röhre
seyn, so müste sie 2250 Grade haben. |
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Am 6 Jenner, da der Flecken erschien, stund
die Feuchtigkeit in dem Wetter Glase 40 Grade
über der Kugel. Aber der Flecken verringerte die
Krafft der Erwärmung an der Sonne nur um einen
tausend sechshunderten Theil, wie erst vorhin
erwiesen worden. Setzet man nun, daß sich die
Ausdehnungen des Brandweins in dem Wetter-
Glas eben so, wie die Kräffte der Sonnenstrahlen
(gegen einander) verhalten: so ist auch um einen
tausend sechshunderten Theil weniger da
gewesen, als vorhanden hätte seyn müssen,
wenn der Flecken nicht da gewesen wäre. Theilet
man nun durch 1600: so kommt [Bruchzahl] Theil
heraus, um welchen das Ausdehnen verhindert
worden ist. Also kan man selbigen Flecken
nimmer den mercklichen Einfluß des Wachsthums
der Kälte zuschreiben, und wenn er auch nicht da
gewesen wäre: so würde dadurch die hefftige
Kälte nicht aufgehalten worden seyn. |
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Aus dem bisher gesagten ist klar, daß das
Steigen und Fallen der Wärme an einem Ort in
einem Jahre beständig wie in dem andern seyn
würde, wenn nicht die Würckung (actio) der Sonne
durch verschiedene Zufälle der Dunstkugel in
Unordnung gebracht würde. Da nun von solchen
vornemlich die Verschiedenheit der Witterungen
im Winter entspringet; so haben wir mit
Fleiß
ferner darauf vornemlich unsere
Untersuchungen
zu richten. |
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Wir mercken also an; erstlich die Würckung
(actio) der Sonnen-Strahlen werde von den
Wolcken und Nebeln verhindert, (aufgehalten).
Denn wenn man die Sonne im Winter durch den
Nebel ansiehet: so schimmert selbst in dem
Mittags-Circul ihr Teller nur wie ein weises Tuch
gantz blaß, und ohne einigen Glantz, und was sie
gerad bescheinet, bekommt noch weit weniger
von ihren Strahlen einen Schimmer. Und wenn die
Nebel oder Wolcken dünn sind, daß der Glantz
der durchscheinenden Sonne den Augen noch
unerträglich ist; so hat auch das, was sie
bescheinet, nur einen geringen Glantz. |
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Daraus erhellet genungsam, daß alsdenn
weniger Strahlen auf unsere untere Dunst-Kugel
fallen: und darum müssen noch weit weniger
darein kommen, wenn dicke Wolcken die Sonne
völlig aus dem Gesichte entziehen. Und wer kan
daran |
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{Sp. 886} |
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zweifeln? Daß die Wolcken und Nebel
hindern, damit nicht so viel Strahlen in die untere
Dunst-Kugel kommen. Denn Wolcken und Nebel
ziehen sich aus den gesammleten Dünsten
zusammen. |
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Die Dünste sind Wasser-Bläßgen, die im
Winter und auch gar im
Sommer in der obern
Gegend der
Lufft zu Eiß werden. Also werffen sie
viele Strahlen gegen den Himmel zurück, welches
die
Zahl der Strahlen nothwendig vermindert. Da
nun Wolcken und Nebel die Zahl der Strahlen,
welche die unsere Dunst Kugel erwärmen,
verringern[1]; so ist auch die Hitze bey neblichten
und trüben Wetter nicht so groß, als sie seyn
würde, wenn Wolcken und Nebel weg wären. Und
weil die einmahl gefaste Wärme nicht gleich
aufhöret: so muß die Wärme desto mehr
nachlassen, je längere
Zeit der Himmel mit
Wolcken überzogen ist. |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: verrinnern |
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Wolcken und Nebel sind nichts anders als
gesammlete Dünste. Also lässet sichs leicht
begreiffen, daß auch |
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2) die durch die Dunst-Kugel,
(atmosphaeram) zerstreuete Dünste, und die man
mit den Augen nicht wahrnimmt, im Wege stehen,
daß nicht viele Strahlen in unsere untere Dunst-
Kugel gelangen. Und daraus lässet sich die
Himmels Begebenheit
erklären, welche die
Königl.
Academie der Wissenschafften zu Paris
bewundert hat, |
wie deren Geschichte vom
Jahr 1705 in der 10 Bemerckung zur Natur-Lehre
auf der 50ten Seite der Holländischen Ausgabe,
ausweisen. |
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Es hat nehmlich Herr Homberg bemercket,
daß bey schwülender Hitze die Krafft der
Brennspiegel kleiner sey, als wenn die Sonne,
nachdem es starck geregnet zuerst den
Erdboden
wieder beleuchtet. Denn die Sonne macht durch
die Wärme die Ausdünstungen rege, welche,
wenn sie durch die heitere Lufft zerstreuet waren,
einen Theil der Strahlen auffangen. Dannenhero
fallen weniger Strahlen in das Brenn-Glaß, als
wenn selbige Ausdünstungen weg wären. Allein
wenn der Regen aus der Dunst-Kugel herab
gefallen ist; so stürtzt er so wohl die Dünste, als
übrigen Ausdünstungen mit sich herab, und macht
die Lufft rein. Daher sind keine Hindernisse mehr
vorhanden, welche die Sonnenstrahlen aufhielten;
und was ist es Wunder, wenn eine vielfältige Krafft
stärcker würcket? |
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Wendet man ein, wie es gleichwohl komme,
daß weniger Strahlen die Lufft mehr erwärmen,
als viele: so ist die Antwort leicht. Denn, anders zu
übergehen, was eine weitläufftigere Ausführung
erfodert; so ist aus dem obigen bekannt, daß die
Lufft die einmahl empfangene Wärme nicht gleich
verliere und also durch eine geringere Krafft zu
einen grössern Grad der Hitze gelange, wenn sie
schon einige hat: als durch eine grössere, wenn
sie keinen oder wenigstens einen geringerm hat.
Also ist selbst die Hitze, durch ihren Wachsthum,
ihrem weiteren Wachsthum zu wider. |
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Es hindern vor das 3te die hefftigen Winde
auch die Würckung der Sonnen-Strahlen, welches
so bekannt ist, daß man, die Hitze zu vertreiben,
einen Wind durch die
Kunst zu erregen pfleget. Es
soll aber genauer
untersuchet werden, warum der
Wind die Erwärmung hindere? |
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Wir nehmen also aus der Natur-Leh- |
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{Sp. 887|S. 457} |
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re an, daß der Wind eine Bewegung der Lufft
sey[1]; und daß nicht immer eben dieselbige Lufft
an einem Orte bleibe, sondern es komme bald
dieselbige von uns anders wohin, bald anders
woher zu uns. Geschieht es, daß die kleinen
Theilgen der Dunst-Kugel, welche nicht so
erwärmet sind, als diejenigen, welche
weggetrieben werden, zu uns gelangen, und wenn
sie einen Theil der Wärme angezogen, wiederum
weggewehet werden, und daß andere kältere an
ihre Stelle kommen; so muß die Würckung der
Sonnenstrahlen, wie oben gesaget worden,
allerdings geringer seyn, als sie sonst seyn würde,
wenn dieses Hinderniß nicht vorhanden
wäre. |
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HIS-Data: korrigiert aus: rsey |
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Die Fälle, in welchen er kältere Lufft und
Dünste herwehen muß, können leicht bestimmet
werden. Nemlich |
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1) |
geschiehet es, wenn er
über sehr hohe Berge oder vom
Lande, so mit Eiß
und Schnee bedecket ist, herkommet, daher
Winterszeit Ost- und Norden die Kälte vermehren,
vornemlich wenn sie viel gefrorne Theilgen
mitbringen. |
2) |
Wenn er aus einer Gegend wehet, da die Sonne niemahls
senckrecht zu stehen kommt, daher auch selbst im Sommer der Nordwind kalt zu
seyn pfleget. |
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Doch muß man mercken, daß auch selbst diese Winde verschiedene Grade der
Kälte haben, nachdem nemlich an denjenigen Orten, daher sie die Lufft zu uns
treiben, die Wärme grösser oder geringer ist, und die Würckungen der Sonne
daselbst mehr oder weniger befördert oder gehindert werden. |
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Vielleicht aber hindern die Winde nicht allein
die Wärme, und vermehren hingegen die Kälte, in
soferne sie immer eine zum erwärmen
unschickliche
Materie mitbringen, sondern auch
insofern sie die Wärme selbst zerstreuen. Denn
die Wärme bestehet in einer gewissen Bewegung
kleiner Theilgen, (molecularum): Hingegen der
Wind ist ebenermassen eine Bewegung der Lufft
Theilgen, (machinularum aerearum); begiebt es
sich nun, daß die Bewegung der gantzen Lufft-Theilgen der besondern Bewegung einiger kleinen
Theilgen, daraus jene bestehen, zuwider wäre: so
höret die sonst warm-machende Bewegung auf,
und die Lufft wird kalt. |
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Ob aber dergleichen Streit der Bewegungen
in der Lufft
möglich sey; kan man nicht
gewiß
sagen. Es bekommt aber daher einen Schein, weil
die
Lufft in der Stube durch einen gemachten
Wind kalt wird, dahin diejenige
Machine gehöret,
welche in Böcklers Schau-Platz auf der 83ten
Seite vorgestellet wird. Gleichwie aber in diesem
Wercke viele Machinen vorkommen, welche
gantz und gar
unmöglich sind; und noch mehrere,
welche von der
Vollkommenheit, dazu sie schon
lange gediehen, noch weit entfernet sind: also
hätte man auch einen noch weit bequemere
Verfertigung von einer abkühlenden Machine
ausdencken können. |
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Endlich scheinen die hefftigen Winde auch
selbst dadurch die Erzeugung der Wärme zu
hindern, daß sie die kleinen Theilgen, (molecula)
darauf die Strahlen fallen müsten, ihnen
entreissen, daß sie entweder gar nicht, oder doch
mit einem nicht so kräftigem Stoß getroffen
werden. |
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Aus dem bisßher vorgebrachten erhellet, was
denn zur Erregung der Kälte im Winter zusammen
kommen |
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{Sp. 888} |
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könne. Nemlich auf Seiten der Sonne wird
eine grosse Entfernung von unserm Scheitel, und
eine kleine Verweilung über dem Horizont; auf
Seiten des Erdbodens aber erfordert, daß die
Dunst-Kugel voll Ausdünstungen, und von
Wolcken schwer sey: auch daß die Winde von
Osten und Norden vornehmlich hefftig wehen. Am
allermeisten aber ist
nöthig, daß die
Würckungen
der Sonne sowohl lange, als auch vornehmlich zu
der
Zeit
gehindert werden, wenn[1] die
Ursachen
der Kälte zusammen kommen. |
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HIS-Data: korrigiert aus: wen |
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