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Würckungen der kalten Winter-Lufft in und an
dem menschlichen Cörper; wie auch die dabey
dienliche Lebens-Art.¶ |
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Von der Kälte und der kaltmachenden
Materie, ist bereits im XV
Bande,
p. 21 und 142
überhaupt gehandelt worden; Daher wir in diesem
Artickel nur von den
Würckungen der kalten
Winter-Lufft in und an dem
menschlichen
Cörper,
wie auch von der dabey dienlichen
Lebens-Art
reden wollen. |
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Wirkungen |
Von der Wärme ist bekannt, daß sie durch die
schnelle
Bewegung einer
gewissen höchst
subtilen
Materie entstehen
soll, welche die
erwärmende
genennet wird, und womit alle
Cörper
in der
gantzen
Natur versehen sind. Auf gleiche
Art haben einige die Kälte von der
Gegenwart
einer besondern Materie, welche man die
Kältende nennen
müste, herleiten
wollen; allein,
es hat unter andern der scharfsinnige
Herr
Professor
Hamberger in
Jena, in seiner Physick, §
494 kurtz aber nach seiner Art
gründlich
gewiesen, daß diese Lehre unbegründet und
falsch sey. |
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Es geht vielmehr die einstimmige
Meynung
der
geschicktesten Naturkündiger dahin, daß die
Kälte nichts positives sey, und in der
That nichts
anders, als einen geringen Grad der Wärme
vorstelle. Daher ist es in der Natur-Lehre ein
unumstößlicher
Satz, daß kein Cörper in der
Welt
vollkommen kalt seyn könne; sondern, wenn man
den kältesten Cörper beschreiben will, so ist es
derjenige, der entweder am wenigsten von der
erwärmenden Materie bey sich hat, oder in
welchem dieselbe am schwächsten beweget wird.
Die Kälte muß also als das Gegentheil von der
Wärme angesehen werden, und folglich müssen
ihre Würckungen der Wärme entgegen gesetzet
seyn, doch kan man von beyden nichts
bestimmen, als relative, oder in
Gegeneinanderhaltung mit andern Cörpern. |
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Wir nennen dasjenige warm, was wärmer ist,
als der
Theil unsers
Leibes, den es berühret; und
hingegen kalt, was kälter ist, als der Theil, den es
berühret; und auf solche Art kan dem einen etwas
kalt vorkommen was dem andern warm deucht.
Diesemnach heißt eine Winter-Lufft diejenige, so
einen weit schwächern Grad der Wärme besitzet,
als unsere Cörper, und die folglich bey der
unmittelbaren Berührung unsers Cörpers
denselben etwas von der bey sich habenden
erwärmenden Materie entziehet, auch uns daher
die
Empfindung einer Kälte beybringet. |
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Die zu Erhaltung unserer Gesundheit
bequemste |
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{Sp. 889|S. 458} |
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Lufft muß temperirt, mithin weder zu heiß,
noch zu kalt seyn. Gleichwie wir aber einen
gewissen Grad der Wärme ohne Beschwerde
ertragen können, und uns allererst darüber
beklagen, wenn sie uns über diesen Grad
beygebracht wird; also verhält es sich ebenfalls
mit der Kälte. Eine übermäßige Winterkälte thut
also unserer Gesundheit sowohl
Schaden, als
eine übermäßige Sommerhitze; und wollen wir
daher in diesem
Artickel die
schädlichen
Würckungen einer übermäßigen Winterkälte in
dem menschlichen Cörper erklären, zugleich aber
die Mittel anzeigen, durch welche man dieselben
abwenden kan. |
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Gleichwie eine heisse Lufft sehr ausgedehnet
und leicht ist, mithin auf unsern Cörper nicht sehr
drücket; also ist im Gegentheil eine kalte Lufft sehr
condensirt, dichte und schwer, mithin äussert sie
ihre Würckungen auf unsern Cörper nicht allein
vermöge ihrer Kälte an und für sich selbst, durch
welche sie uns etwas von der bey uns habenden
erwärmenden Materie entziehet, und ihre
Bewegung gewissermassen schwächet, sondern
auch vermöge ihrer Schwere und Dichtigkeit,
durch welche sie stärcker auf den Cörper
drücket. |
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Es ist leicht zu begreiffen, daß die
Würckungen sowohl der Lufft überhaupt, als ins
besondere der kalten Winterluft, sich zuförderst
und hauptsächlich an denen
Theilen äussern
müssen, welche ihrer
unmittelbaren Berührung
vor andern ausgesetzet sind; dergleichen sind die
äusserliche Haut und die Peripherie des
gantzen
Cörpers, insonderheit in denen Gegenden, welche
entweder gantz blos von der
Lufft berühret
werden, als das Angesicht; oder in welchen der
Umlauff des Geblütes natürlicher Weise am
schwierigsten geschicht, als die Hände und
Füsse, und besonders die Spitzen der Finger;
ferner die inwendige Nase und ihre sämmtliche
Höhlen, so mit der Schleimhaut, welche im
Lateinischen
Membrana pituitaria seu
Schneideriana heisset, überzogen sind; nicht
weniger der gantze inwendige Mund, Halß,
Lufftröhre, die Lunge, der Magenschlund und der
Magen. |
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Immittelst, obgleich diese Theile, nach der
allgemeinen
Erfahrung, die Würckungen der
Winterkälte zuerst empfinden; so bleibet es doch
nicht allemahl allein bey denenselben, sondern
bey fortdaurender Kälte leiden auch die übrigen
innerlichen Theile, dergestalt, daß sich ihre
Gewalt endlich auf den gantzen Leib erstrecken
kan. |
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Bey dem allen hat gleichwohl die vorsichtige
Natur, auch unter denen Theilen, welche der
unmittelbaren Berührung der Lufft ausgesetzet
sind, diejenigen, an denen von der Kälte mehr
Schaden und Gefahr zu
befürchten, in solche
Lage und Verfassung gebracht, daß sie dieselbe
nicht zu scharf empfinden, als nach Proportion die
übrigen
Örter. Wir
verstehen insonderheit die
Lunge und den Magen. Wenn die Lufft in die
Lunge kommen soll, so muß sie erst in die Nase,
und durch diese und den hintern Theil des Halses
gehen, mithin wird sie daselbst einigermassen
temperiret und erwärmet, dergestalt, daß diejenige
Lufft, so in die Lunge gelanget, alsdenn bey
weitem den Grad der Kälte nicht besitzet, welchen
sie kurtz vorher hatte, da sie die Nase berührete,
um so viel mehr, da sie bey ihrem Durchgange
durch die Lufftröhre ebenfalls noch einige
Erwärmung bekommt. Und so ist es |
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{Sp. 890} |
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auch mit der Lufft beschaffen, welche wir mit
dem Speichel und andern im Halse befindlichen
Fruchtigkeiten mit hinter in den Magen
schlucken. |
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Die Nase ist demnach ein Theil, welcher die
schädlichen Würckungen der Winterkälte, so
dieselbe sonst in der Lunge, im Magen, ja
gewissermassen selbst im Halse äussern würde,
etwas abwendet; und daher kommt es, daß
diejenigen, welche entweder aus übler
unanständiger
Gewohnheit, oder wegen einer
Verstopffung der Nase, mit offenem Munde Athem
holen müssen, bey herumgehenden Flüssen weit
eher böse Hälse, oder den Husten davon tragen,
als andere, die mit zugemachtem Munde, nach
der natürlichen Ordnung, durch die Nase Lufft
holen. |
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Diese bekommen bey vorfallender Erkältung
desto leichter den Schnupffen; wenn sie sich aber
bey demselben, daferne die Nasenlöcher
verstopffet sind, weiterer Erkältung aussetzen; so
können sie ebenfalls den Husten und einen bösen
Halß davon tragen: woraus zugleich die
Ursache
erhellet, wie der Schnupfen zu einem dazu
kommenden bösen Halse und Husten würckliche
Gelegenheit geben könne. |
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Nun
fraget sich es: Worinne denn eigentlich
die Würckungen der Winterkälte bestehen? Von
der Sommerhitze ist bekannt, daß selbige unsere
natürliche Wärme verstärcket, die festen Theile
aber auftreibet und ausdehnet: vermöge des
Gegentheils folget demnach hieraus, daß die
Winterkälte unsere natürliche Wärme schwächet,
die festen Theile aber verengert und zusammen
ziehet; wie solches durch die Erfahrung bestätiget
wird. |
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Gleichwie nun von der Ausdehnung und
Auftreibung der Gefässe diejenigen
Veränderungen und Beschwerden, so man bey
grosser Hitze empfindet, füglich können
hergeleitet werden; also ist im Gegentheil die
Zusammenziehung der Gefässe und festen Theile
überhaupt der
Grund, aus welchem die von der
Kälte erfolgenden Veränderungen fliessen, und
erkläret werden können. |
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Man darff aber nicht dencken, daß die Kälte
solche zusammenziehende
Krafft an und für sich
selbst äussere, sondern es gehet solches auf
folgende Art zu: Bey der Wärme sind die Gefässe
von den darinne befindlichen lockeren und
ausgebreiteten Säfften ausgedehnet, und
aufgetrieben; die Lockerheit und Ausbreitung der
Säffte rühret von der schnellen Bewegung der
darinne enthaltenen erwärmenden Materie her.
Diese ziehet sich in gesetztem Falle in die
äusserliche Lufft, mithin fallen die Theilgen,
woraus die innerliche Lufft und unsere Säffte
bestehen, gleichsam zusammen, kommen näher
an einander, und werden verdicket. Indem also die
Ausbreitung der Säffte gehoben wird; so fället die
Ursache der Ausdehnung in den Gefässen weg,
mithin ziehen sie sich, vermöge ihrer natürlichen
Elasticität zusammen, und werden enger. |
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Nachdem wir also gewiesen, daß die
Zusammenziehung der Gefässe nicht von der
Kälte, an und für sich selbst,
gewürcket wird,
sondern von der Entziehung der erwärmenden
Materie entstehet, welche aus dem Cörper in die
kalte Lufft dringet; so wollen wir vorjetzo noch die
Folgen der Zusammenziehung nacheinander
anführen: |
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Es wird solchergestalt |
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1) |
der menschliche Cörper
bey der Kälte gewissermassen stärcker und
munterer. |
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Diesen
Satz wird
hoffentlich kein
Mensch in
Zweiffel ziehen, und
man kan die
Wahrheit desselben nicht deutlicher
einse- |
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{Sp. 891|S. 459} |
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hen, als bey
denenjenigen, die von der Hitze kraftlos und
abgemattet worden. Denn wie werden dieselben
nicht erquicket und augenscheinlich gestärcket,
wenn sie bey solcher Ermattung an einen kühlen
Ort gelangen, oder einen kühlen Trunck
bekommen? Wenn ein Mensch nach dem Schlafe
sich in einer warmen Stube befindet, so pfleget er
anfänglich insgemein matt und träge zu seyn;
wenn er aber in eine kühle Lufft kommt, oder sich
mit kaltem Wasser wäschet, so wird er
augenblicklich frischer und munterer: vieler
anderer täglich vorfallender Exempel zu
geschweigen. |
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Gleichwie es nun eine
ausgemachte
Sache ist, daß die Mattigkeit und
Entkräfftung, so man bey der Hitze erleidet,
hauptsächlich von der übermäßigen Ausdehnung
und der daher folgenden Erschlappung der festen
Theile herrühret; also folget im Gegentheil, daß
die Ursache der Stärcke und Munterkeit, welche
man bey der Kälte empfindet, in der stärckern
Zusammenziehung der festen Theile bestehet. Es
bekräfftigen dieses auch unter andern diejenigen
Kranckheiten, welche eine verstärckte
Zusammenziehung der festen Theile zum Grunde
haben: Denn die Theile, welche dergleichen
verstärckte Zusammenziehung erleiden, haben
allezeitweit mehrere Kräffte und Stärcke; wie man
bey convulsivischen Zufällen gewahr wird. |
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Jedoch, man muß hierbey
bemercken, daß nur eine mäßige Kälte den
Cörper munterer machet: denn sonst ist es
bekannt, daß, wenn dieselbe gar zu starck, und
der Mensch dabey ohne Bewegung ist, vielmehr
eine Schläfrigkeit daraus erfolget, welche, wenn
man in solcher Kälte ruhig verbleibet, sich nicht
allein in einer
würcklichen, sondern auch in einen
solchen Schlaff verwandelt, aus welchem man
nicht wieder erwachet, und der folglich ewig
bleibet; davon in Folgendem die Ursache soll
angegeben werden. |
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Die vermehrte Stärcke der
festen Theile bey einer mäßigen Winterkälte
äussert sich nicht allein bey den äusserlichen
musculösen, und zu den willkührlichen
Bewegungen gewidmeten Theilen; sondern auch
an den innerlichen, und ins besondere an dem
Magen. Daher hat man |
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2) |
bey der Winterkälte
bessern Appetit und eine stärckere
Verdauung. |
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Solchergestalt ist
bekannt, daß man im Winter nicht allein weit
stärckern Appetit hat, als im
Sommer, und daß
man selbst im Sommer des
Abends, wenn es
kühle ist, besser essen kan, als des
Mittags bey
der Hitze; sondern man kan auch in der That bey
der Kälte harte und unverdauliche Speisen besser
verdauen, und man verdirbt sich den Magen nicht
so leicht, als bey heissen Wetter. |
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Daher bemercket man
auch ferner, daß die
Einwohner kalter
Länder
gröbere und härtere Speisen, nicht weniger
dickere und stärckere Geträncke mit mehrerem
Appetit geniessen, und weit besser vertragen
können, als diejenigen, so in heissen Ländern
wohnen, da es folglich schon der
Gebrauch mit
sich bringet, daß man gröstentheils nur leicht
verdauliche Speisen und dünne Geträncke
geniesset. |
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Aus diesem Grunde ist
leicht zu begreiffen, warum diejenigen, so in
einem warmen Lande
geboren, und an weiche
Speisen gewohnet sind, wenn sie in ein kälteres
Land kommen, und härtere Speisen zu essen sich
genöthiget sehen, insgemein den Magen
verderben, und in solche Kranckheiten verfallen,
welche eine üble Verdauung zum Grunde
haben? Immit- |
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{Sp. 892} |
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telst gehet es auch denen
nicht besser, die in einem kalten Lande
gröstentheils grobe Speisen zu essen gewohnt
gewesen, wenn sie in ein warmes Land und
weiche Diät kommen. Sie werden mit Übelkeiten,
Brechen und andern Magenbeschwerden
behafftet, weil ihr Magen nicht so viel zu arbeiten
kriegt, als ihm nach seiner Art zukommt. |
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Der alte Hippocrates
schreibet
Sect. I. Aphoris. 15. ausdrücklich:
Ventres hyeme et vere natura sunt calidissimi; in
his igitur temporibus etiam alimenta plura
exhibenda; innatum enim calorem majorem
habent, nutrimento igitur copiosiore indigent etc.
Die Erklärung dieses Satzes könnte ohngefehr
folgende seyn: Im Frühjahre und im Winter haben
die innerlichen Theile, oder die Eingeweide des
menschlichen Cörpers, und insonderheit der
Magen, eine grössere Wärme; deswegen hat der
letztere mehr Nahrung nöthig, und folglich muß
man des Winters mehr essen. |
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Daß der Magen und die
innerlichen Eingeweide überhaupt im Winter mehr
Wärme, oder, wie man im gemeinen
Leben zu
reden pfleget, mehr Feuer haben, ist an und für
sich selbst eine unstreitige Wahrheit, und werden
wir die Ursache davon in Folgendem angeben.
Weil nun die
Alten
glaubten, daß die Eingeweide
ihre
Verrichtungen, vermöge ihrer natürlichen
Wärme, eigentlich ausübten; so haben sie daraus
dererselben gute Beschaffenheit hergeleitet, die
man zu unsern
Zeiten von ihrer Spannung
herführet. |
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Vornehmlich und
zuförderst bringet die Winterkälte |
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3) |
an der äusserlichen Haut oder Peripherie unsers
Cörpers eine
Zusammenziehung zuwege, welche nach ihrem
verschiedenen Grade entweder nur die Gefässe
und die äussersten nervichten Fasern, so
zwischen der wahren Haut und dem Oberhäutlein
liegen, betrifft; oder die wahre Haut selbst mit
einnimmt; oder auch so gar bis auf die
musculösen Theile dringet; und nach diesem
verschiedene Grade der Zusammenziehung an
der Haut, bemercket man auch verschiedene
Veränderungen an derselben. Denn solchergestalt
erreget |
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α) |
eine gelinde Kälte nur an den äussersten unter
dem Oberhäutlein liegenden Gefässen und Endungen der Nerven eine
Zusammenziehung; und diese, in soferne sie sich an den nervichten Fasern
befindet, verursachet ein überlauffendes Frösteln, oder
so genanntes Griesseln, welches öffters über den
gantzen Leib gehet. Wenn aber benannte Gefässe zusammen gezogen und
zugeschnüret werden; so lassen sie keine Feuchtigkeiten in sich, und es
kan keine Ausdunstung erfolgen. Daher wird |
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a) |
die äusserliche Haut trocken,
wie ein Reibeisen, weil ihre natürliche Feuchtigkeit und Schmeidigkeit
eigentlich durch die ausdunstenden Feuchtigkeiten muß erhalten werden; |
b) |
blaß, weil gar kein Blut in die
äussersten Gefässe gelangen kan, von welchen sonst die Röthe der Haut
entstehet; |
c) |
beym Anfühlen kalt, weil kein
gehöriger Umlauff des Geblütes, von welchem die Wärme des Leibes
herrühret, geschehen kan; |
d) |
eingefallen, weil die
Feuchtigkeiten, die sonst durch ihre Anhäuffung in den äussersten
Gefässen eine Ausdunstung der Haut zuwege bringen, nicht hineingelassen
werden. Und aus diesem Grunde erscheinet der Cörper bey der Kälte nicht |
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{Sp. 893|S. 460} |
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allein kleiner zu seyn, sondern er ist es auch in
der That; dergestalt, daß die Kleider, Schuh, Handschuh und dergleichen,
die bey der Wärme zu enge waren, bey der Kälte weit genung werden; |
e) |
Es entstehet eine Gänsehaut,
weil sich die nervichten Fasern und Warzen, bey entledigten Gefässen
gleichsam zusammen kräuseln. Deswegen auch die Finger bey der Kälte
gewisser massen taub werden, und man kein deutlich Gefühle hat. |
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Wenn aber die Kälte etwas stärcker ist, so
dringet die daher folgende Zusammenschnürung weiter, und nimmt |
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β) |
die wahre Haut selbst mit ein; und alsdenn
verstehet es sich von selbst, daß nicht allein die
Empfindung
der Kälte stärcker, sondern auch die Haut von aussen blasser, trockener
und eingefallener seyn müsse, weil der Umlauf des Blutes auch in den
Gefässen der Haut selbst sehr gehindert wird. |
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Hierbey aber fraget sich es: Warum die Haut an
denen Örtern, wo sie von der Kälte unmittelbar berühret wird, als im
Angesichte und an den Händen, bey solchem Grade des Frostes nicht blaß
bleibet, sondern roth, ja braunroth wird. |
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Von der Hitze ist bekannt, daß dabey die
äusserliche Haut röther wird: weil wegen der dabey vor fallenden
Auftreibung und Ausdehnung der Gefässe das Blut häuffiger in die
äussersten Röhren dringet, als bey natürlicher Wärme eigentlich zu
geschehen pfleget; und eine solche Röthe ist mit einer Wärme,
Feuchtigkeit und Ausdünstung der Haut
verknüpffet. Wenn aber die Haut
von der Kälte braun wird; so hat solches eine Stockung oder Stagnation
eines verdickten Blutes in den Gefässen der wahren Haut zum Grunde. Denn
da die Haut zusammen gezogen wird, so werden auch die in die selbe
sowohl hinein- als herausgehenden Gefässe zusammen gezogen und
eingeschnürt. |
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An dem Pulsadern kan diese Zusammenziehung so
starck nicht wohl geschehen, daß gar kein Blut durchfliessen solte; die
Blutadern aber können, wegen ihres weit schwächern Widerstandes,
dermassen zugeschnürt werden, daß wenig oder nichts durch dieselben
zurück kommen kan: mithin sammlet es sich häuffiger in den Gefässen an,
geräth in eine Stockung, und bringet solchergestalt eine veränderte
Farbe der Haut zuwege, welche dunckelroth, oder gar braun ist: weil das
stockende Blut, wie wir nachhero zeigen werden, durch die Kälte zugleich
gewisser massen verdicket und coaguliret wird; da hingegen die von der
Hitze herrührende Röthe blässer aussiehet, weil das unter dem
Oberhäutlein befindliche Blut mit vielen wäßrichen und lymphatischen
Feuchtigkeiten vermischet, verdünnet, und in beständigem Umlauffe ist. |
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Wenn diese in den Gefässen der Haut befindliche
Stockung des verdickten Blutes bey anhaltendem Froste eine Zeitlang
dauret, und so zunimmt, daß sie sich nicht allein an den tieffer
liegenden musculösen Theilen zugleich ereignet, sondern auch daß das
Blut in einen gäntzlichen Stillstand geräth; so erfolgen daher die
sogenannten Frostbeulen, oder das Erfrieren der Glieder, dessen höchster
Grad in einer würcklichen Absterbung oder kalten Brande des behaffteten
Theiles bestehet. |
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Und dergleichen Veränderungen geschehen
gemeiniglich entweder an denen Theilen, welche von der Kälte unmittelbar
berühret werden, und folglich |
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{Sp. 894} |
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deren Würckungen mehr ausgesetzet sind, als am
Angesichte, der Nase und den Ohren; oder an denenjenigen, darinne
natürlicher Weise der Umlauf des Blutes am schwächsten geschicht, und
die folglich den Würckungen der Kälte am wenigsten widerstehen können,
als an den Füssen. |
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Uns deucht, man könne die Begebenheiten und
Veränderungen, so man an den Frostbeulen oder erfrornen Gliedern
bemercket, lediglich aus den beyden Würckungen der Kälte, da sie
nehmlich das Blut verdicket, und die Gefässe zusammen schnüret,
ungezwungen erklären; und hat man daher unsers Erachtens im geringsten
nicht
nöthig
zu behaupten, daß von der Kälte einige starre Theilgen durch die
Schweißlöcher in den menschlichen Cörper hineindringen, und die Kälte
folglich in solchem
Verstand was positives, oder ein würckendes Wesen, (ens
activum) wie es einige
nennen,
ausmachte. |
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Wenn endlich die von der Kälte verursachte
Zusammenziehung |
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γ) |
bis auf die unter der Haut liegenden musculösen
Theile dringet; so erreget sie in geringerem Grade ein Klappern der
Zähne, ein Zittern und Beben des gantzen Cörpers, in stärckerem Grade
aber eine Art von Erstarrung. Das Zittern und Beben hat eine zwar
verstärckte und abwechselnde, doch zugleich gewisser massen
unvollkommene
und ungleiche Verrichtung der zur
Bewegung
eines Theils gewidmeten Musceln zum Grunde, welche von dem
ungleichmäßigen Einflusse der Säffte in dieselben herrühret. |
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So lange demnach die von der Kälte verursachte
Zusammenziehung der Musceln noch so beschaffen, daß sie zwar den Einfluß
des pulsädrigen Geblütes in dieselben nicht gäntzlich hemmet; gleichwohl
in grosse Unordnung und Ungleichheit setzet: so lange bleiben zwar die
Musceln in einer abwechselnden, und vermöge der daran geschehenen
Zusammenziehung, in einer verstärckten
Arbeit; sie ist aber wegen des
unordentlichen Einflusses des
ohnedem verdickten Blutes ungleich und unvollkommen, und kan sich
folglich durch keine deutliche Bewegungen, wie bey convulsivischen
Zufällen geschicht, äussern, sondern bringet ein Zittern, Beben und
Zähneklappern zuwege. |
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Wenn aber die Zusammenschnürung in den sämtlichen
Musceln zugleich, und so starck geschicht, daß der Einfluß des Geblütes
gäntzlich gehemmet wird: so erfolget eine Erstarrung, Tetanus,
Convulsio tonica, bey welcher, wenn sie lange anhält, der Leib
unbeweglich, und in der Stellung bleibet, die er zu solcher Zeit gehabt
hat, mit tödtlichen Ausgange: und dieses heißt, erfrieren, oder vor
Frost sterben, davon wir in folgendem noch etwas anzeigen werden. |
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Gleichwie die Kälte an den festen Theilen eine
Zusammenziehung würcket; also bringet sie |
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4) |
an dem Blute, oder an
den flüßigen Theilen überhaupt, eine
schädliche Verdickung zuwege.
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Denn so wie bey der Hitze durch die verstärckte
Bewegung der erwärmenden Materie die kleinsten Theilgen, woraus unsere
Säffte bestehen, mehr aus einander getrieben, mithin die Säffte lockerer
und flüßiger gemacht werden; so wird im Gegentheil von der Kälte die
Bewegung der erwärmenden Materie geschwächet, mithin treten die
Theilgen, woraus die Säffte bestehen, dichter an einander, berühren sich
in mehrern Puncten, bleiben zum Theil an |
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{Sp. 895|S. 461} |
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einander hängen, und
daher entstehet ein gröberes, dickeres und
dichteres, oder condensirtes Blut: ja, daher
entstehet aus
Wasser Eiß, welches bey unserem
Blute unter andern deswegen nicht angehet, weil
durch den Umlauf, darinne es sich, so lange man
lebet, beständig befindet, der gäntzliche
Zusammenhang seiner Theilgen, der zur
Hervorbringung des Eisses gehöret, verhindert
wird. |
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Von einer sehr grossen
Hitze ist ferner zu bemercken, daß dadurch ein
dickes, grobes, grumplichtes, und scharffes Blut
hervorgebracht wird, dessen Theilgen so zähe
sind, daß sie sich mit keinen wäßrichen
Feuchtigkeiten vermischen, noch davon auflösen
lassen; allein es geschiehet dieses in solchem
Falle auf keine andere Art, als durch die dabey
vorfallenden, übermäßigen und anhaltenden
Schweisse, durch welche bey erweiterten
Schweißlöchern die dünnesten Feuchtigkeiten
häuffig dem Blute entzogen, die gröbsten und
zähesten aber zurückgelassen werden. Bey der
Kälte hingegen geschicht die Verdickung des
Blutes auf eine andere Art: Es bleiben die dünnen
und wäßrigen Säffte in dem Cörper zurücke, und
mit den übrigen groben und zähen Theilen des
Blutes in ihrer natürlichen Vermischung; sie
werden aber dichter mit einander vereiniget, und
erlangen einen gröbern und festern
Zusammenhang. |
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Daß die Kälte unsere
Säffte gröber, dicker und dichter machet, sehen
wir augenscheinlich nicht allein an dem aus dem
Leibe gelassenem Blute, welches bey der Kälte
sich weit geschwinder verdicket und gerinnet, als
in der Wärme; sondern wir werden auch solches
an lebendigen Cörpern gewahr, als bey welchen
sogar die unsichtbaren Dünste durch die Kälte
können sichtbar gemacht werden. Denn
diejenigen Dünste, welche bey der Ausdünstung
beständig aus der Lunge in die äusserliche Lufft
dringen, und bey einer auch nur mittelmäßigen
Wärme niemahls gesehen werden, siehet man ja
bey strenger Kälte in
Gestalt eines Dampfes gantz
deutlich aus dem Halse steigen. Und die Pferde,
welche starck gejaget worden, rauchen im Winter
bey der Kälte weit stärcker, als bey warmen
Wetter. |
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Gewiß, die Ausdünstung
sowohl aus der Lunge, als an der äusserlichen
Haut, ist im Sommer weit stärcker, als im Winter,
wir sehen sie aber bey warmen Wetter nicht: weil
die Dünste zu dünne, zu locker, und zu subtil sind,
sich auch unvermerckt in die Zwischenräume der
ebenfalls lockern Lufft hinein ziehen; da sie aber
bey der Kälte gröber werden, so erblicken wir
dieselben, ob sie gleich in der That sparsamer
abgehen. |
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Der Urin bricht und setzet
sich bey der Kälte weit geschwinder, als an einem
warmen Orte, und dieses darum: weil dessen
Theile dichter an einander treten, verdicket, mithin
schwerer werden, und daher zu Boden fallen;
welches bey der Wärme länger
dauret, weil die
Bewegung der erwärmenden Materie im Urine,
nebst der daher folgenden Flüßigkeit desselben
länger unterhalten, und dadurch die Vereinigung
der groben Theile länger verhindert wird; anderer
Exempel zu geschweigen. |
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Da die kalte Lufft nicht
allein die äusserliche Haut oder Peripherie unsers
Cörpers berühret, sondern auch in die Nase, den
Mund, Hals, Magenschlund, Magen, Luftröhre und
in die Lungen dringet; so würcket sie |
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{Sp. 895} |
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diesen Theilen ebenfalls
eine Zusammenziehung und Verdickung der
Säffte, jedoch, wie schon erwehnet worden, an
einem Theile stärcker, als an dem andern. |
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Und gleichwie nach dem
verschiedenen Grade der Kälte die daher folgende
Zusammenziehung an der äusserlichen Haut bald
gelinder, bald stärcker ist, mithin verschiedene
Würckungen hervorbringet: also bemercket man
auch solchen
Unterscheid an jetzt benannten
mehr innerlichen Theilen. Denn wenn
solchergestalt bey geringer Winter-Kälte die
Zusammenziehung an der Schleimhaut, so die
inwendige Nase überziehet, gelinde geschicht, so,
daß die Ausdünstungs-Röhren nicht sowohl
gäntzlich zugeschnüret, als vielmehr nur etwas
geprickelt, und in eine stärckere Verrichtung
gesetzet werden; so erfolget eine stärckere und
geschwindere Absonderung der schleimigen
Feuchtigkeiten in denenselben, und daher trieffet
die Nase bey der Kälte. |
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Aus eben dem Grunde
thränen bisweilen die Augen, wenn man in die
Kälte kömmt, weil wegen der Anreitzung und
gelinden Zusammenziehung, die davon an dem
Auge und an den Thränen-Gängen erfolget, diese
Feuchtigkeiten geschwinder und häuffiger
abgesondert werden; weswegen auch dererselben
Abfluß durch die Nase stärcker geschicht, mithin
das Trieffen der Nase vermehret wird. |
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Wenn aber die Kälte,
nebst der daher folgenden Zusammenziehung,
stärcker ist, und die Ausdünstungs-Röhren
vollends zugeschnüret werden, daß sie gar keine
Feuchtigkeiten durchlassen; so müssen alle
benannte Theile nach Proportion trocken werden.
Und daher entstehen catharralische Zufälle, oder
Flüsse, böse Hälse, Schnupffen, Heiserkeit,
Husten und dergleichen, und zwar um so viel
eher, wenn der Leib vorhero sehr warm und erhitzt
gewesen. |
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Da die kalte Lufft schwer
und dichte ist, so
muß sie
nothwendig auch nach
Proportion sehr
elastisch seyn; daher, wenn sie
bey dem Einathmen in die Lunge tritt, sie die
Lungenbläsgen zu starck ausdehnet, die zwischen
solchen Bläsgen liegenden Blutgefässe ungemein
zusammen drücket, und das Ausathmen schwer
machet. Man ersiehet hieraus die Ursache, warum
man bey sehr strenger Kälte eine eigene
Beklemmung auf der Brust empfindet, und nicht
frey Athem holen kan: wobey man, wenn man auf
sich selbst genau Achtung giebet, finden wird, daß
es nicht sowohl an dem Einathmen liege, als daß
man vielmehr die eingezogene Luft nicht
hinlänglich wieder herausstossen, oder loswerden
kan. |
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Da die bey dem
Einathmen in die Lunge tretende Lufft unter
andern den
Nutzen hat, daß sie das darinne
umlauffende erhitzte und gar zu locker gewordene
Blut gewisser massen abkühlet, etwas dichter und
zu ferneren Umlauffe geschickter macht; so
müssen diese Würckungen um so viel stärcker
erfolgen, je kälter die Luft ist, und daher geschicht
es allerdings, daß bey strenger Winter-Kälte das
Blut in der Lunge, statt der demselben nöthigen
Abkühlung, vielmehr eine widernatürliche
Condensation und schädliche Verdickung
erleidet. |
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Wenn nun solchergestalt
die kalte Lufft, vermöge ihrer Schwere und
Dichtigkeit, die Lungenbläsgen zu sehr ausdehnet,
und die Gefässe zu starck zusammen drücket;
vermöge der Kälte selbst aber das Blut zu sehr
verdicket wird; so lässet es sich gar leicht
begreiffen, |
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{Sp. 897|S. 462} |
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wie daraus gefährliche
Stockungen des Blutes und daher rührende
Entzündungen der Lungen entstehen können?
Hippocrates rechnet demnach Sect. III. Aphor. 23.
die Lungen-Entzündungen mit allem
Rechte unter
die Winter-Kranckheiten; und diejenigen haben
nicht unrecht, welche einen langwierigen
Aufenthalt in sehr strenger Kälte zu den Ursachen
der fleischichten Hertzgewächse
zählen. |
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Von einer solchen
übermäsigen Verdickung des Blutes in der Lunge
kan bey grosser Kälte so gar ein plötzlicher
Tod
erfolgen; wie denn solchergestalt der unermüdete
Herr
Professor
Haller in Göttingen, in seinen
Noten zu den Boerhavischen Institutionen, …
unter dem
Worte
stringit, anzeiget, daß es in den
Nordischen Ländern bey sehr grosser Kälte sich
bisweilen zutrüge, daß Menschen und Vieh
plötzlich todt zur
Erden fielen, oder einen sonst
vorhergegangenen, oder dazu kommenden Zufall;
und daß solcher schleunige Tod keine andere
Ursache zum Grunde habe, als eine schleunige
Zusammenschnürung der Lunge und Gerinnung
des darinne umlauffenden Blutes: Denn auf solche
Art muß es nothwendig in einen Stillestand
gerathen, der Umlauff durch die Kammern des
Hertzens wird auf einmahl gehemmet, und darinne
bestehet der Todt. |
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|
Kan man uns nicht eines
Widerspruchs beschuldigen, da wir vorher
gesaget, die Lungenbläsgen würden durch eine
kalte Lufft zu starck ausgedehnet, und wir doch
die vornehmste Würckung der Kälte einer
Zusammenziehung der festen Theile
zugeschrieben, auch aus dem Herrn Haller
angeführet, daß die schleunige
Zusammenschnürung der Lunge die Ursache des
von strenger Winter-Kälte erfolgenden Todes seyn
könne? Wie reimet sich eine Zusammenziehung
und Ausdehnung zusammen? |
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Die Beantwortung dieses
Einwurffes wird hoffentlich aus folgender kurtzen
Betrachtung erhellen: Wenn wir natürlicher Weise
einathmen wollen; so muß zuförderst durch die
Verrichtung der dazu gewidmeten Musceln der
Raum der Brust etwas erweitert werden, und
alsdenn tritt die äusserliche Lufft durch die Nase,
den Mund und die Lufftröhre in die Lunge, und
dehnet die Lungenbläsgen insgesammt bis zu
einem gewissen Grade aus. Bey dem Ausathmen
muß diese kurtz vorher hineingedrungene Lufft
wiederum herausgestossen werden, und dieses
geschicht |
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1) |
durch die Verrichtung der
Musceln und Theile, welche die Brust verengern,
mithin von aussen die Lunge zusammen
drücken, |
2) |
durch den Einfluß des
pulsädrigen Blutes in die Lungenpulsadern,
vermöge dessen die Lungenbläsgen von aussen
gewisser massen zusammen gedrückt werden,
und |
3) |
durch die natürliche
Elasticität der Lungenbläsgen, vermöge welcher
sie sich von selbst etwas zusammen ziehen, oder
zusammen schnüren, wenn sie vorher
ausgedehnet worden. |
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Wenn dieses gehörig,
leicht und ohne Beschwerde geschehen soll, wie
es bey
guter Gesundheit erfordert wird; so muß
nothwendig eine Proportion zwischen der Gewalt
der Lufft, und der Verrichtung der Lungen, wie
auch der übrigen zum Athemholen nöthigen Theile
festgesetzt werden. Was insbesondere die Lufft
betrifft; so muß sie so beschaffen seyn, daß sie
bey |
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{Sp. 898} |
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dem Einathmen den
Widerstand der innerlichen Lufft der
Lungenbläsgen, und derer dieselbe umgebenden
Gefässe gewissermassen übertreffe, und folglich
eine gnungsame Ausdehnung der Lunge zuwege
bringe; doch muß sie im Gegentheil bey dem
Ausathmen der Würckung obbenannter Theile
nachgeben, und sich ohne sonderlichen
Widerstand aus der Lunge herausdrücken lassen;
und dieses hat man von einer so genannten
temperirten Lufft zu
hoffen. |
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Ist die Lufft zu leicht und
dünne, wie die heisse Lufft zu seyn pfleget, so hat
sie nicht Krafft genug, die Lungenbläsgen zur
Gnüge auszudehnen; und daher wird uns bey der
Hitze, insonderheit das Einathmen schwer, und
man ist genöthiget, öffters tief Athem zu holen.
Wenn aber die Lufft nach Proportion unsers
Cörpers zu dichte und zu schwer ist; so ist ihre
ausdehnende Krafft, zumahl wenn sie in einem
wärmern Ort kommt, wie die Lunge ist, weit
stärcker, sie dehnet daher bey ihrer Einathmung
die Lungenbläsgen zur Gnüge, und öffters über
die Gebühr aus, es hält aber schwerer, daß sie
wieder herausgetrieben werden soll, wenigstens
muß es durch eine verstärckte Arbeit der
Lungenbläsgen, des Hertzens, und aller übrigen
zum Ausathmen gewidmeten Theile geschehen;
mithin fället uns alsdenn das Ausathmen
schwehrer. |
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|
Die kalte Lufft, wenn sie in
die Lunge dringet, würcket, vermöge ihrer Kälte,
eine Zusammenziehung der Lunge, und zwar
vornemlich derjenigen Theile von derselben, so
sie unmittelbar berühret. Diese sind eines Theils
die Ausdünstungs-Röhren, von deren
Zusammenziehung eine sparsamere Ausdünstung
erfolget, obgleich die abgehenden Dünste von der
Kälte dichter gemacht, und sichtbar werden;
andern Theils die Lungenbläsgen selbst, als das
eigentliche Behältniß der eingeathmeten Lufft, und
von deren ihrer Zusammenziehung folget, daß sie
ihrer Ausdehnung stärcker widerstehen. |
|
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|
|
Wenn es nun möglich
wäre, daß eine kalte Lufft zugleich leicht und
dünne wäre, oder daß, wenn wir bey
beschriebener Verfassung der Lunge eine uns
gewöhnliche und temperirte Lufft genössen, die
Lungenbläsgen dennoch in benanntem
Zustande
und Zusammenziehung verblieben; so würde eine
solche Lufft nicht vermögend seyn, dieselben
hinlänglich auszudehnen, und folglich würde uns
das Einathmen ungemein schwer fallen, wie man
an einigen
Arten von der trocknen Engbrüstigkeit,
Asthmate sicco, gewahr wird, da die Patienten in
warmen Wetter einen viel schwerern Athem
haben, als bey der Kälte. |
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Allein die gütige Natur ist
gar zu sehr auf die Erhaltung ihrer Cörper
bedacht, und wenn etwas vorfällt, das ihnen
Schaden zufügen könnte, so ist es doch
gemeiniglich zugleich mit solchen
Umständen
verknüpfft, welche den Schaden, wo nicht
gäntzlich abwenden, dennoch sehr erträglich
machen; und es würde daher eine ziemlich
weitläufftige Abhandlung erfordern, wenn wir unter
andern zeigen wolten, wie die Natur so wohl in der
grossen als kleinen Welt, ihre Cörper vor der Kälte
bewahre? |
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|
Die kalte Lufft würcket
eine Zusammenziehung an unsern
Lungenbläsgen, und diese bekommen dadurch
mehr Kräffte, so wohl ihrer Ausdehnung zu
widerstehen, als auch nachher nachdrücklicher
sich |
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{Sp. 899|S. 463} |
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|
zusammen zu ziehen.
Dieses ist
nothwendig: denn da die ausdehnende
Krafft einer kalten Lufft, wenn sie an einen
warmen Ort kommt, ungleich stärcker ist, als einer
temperirten; so würde es schlecht um unsern
Athem aussehen, wenn der Widerstand der
Lungenbläsgen bey der Kälte nicht stärcker
würde, als er bey einem temperirten Wetter
ist. |
|
|
|
|
Bey der Kälte schadet uns
demnach der verstärckte Widerstand unserer
Lungenbläsgen nichts; es kan dadurch die
hinlängliche Ausdehnung der Lunge, mithin das
Einathmen nicht verhindert werden, weil die kalte
Lufft, vermöge ihrer Dichtigkeit und Schwere,
mehr drücket, und stärcker ausdehnet. Da
hiernächst zur Heraustreibung einer solchen
schweren Lufft aus der Lunge die Lungenbläsgen
mehr Kräffte haben müssen, und sie dieselben
durch ihre Zusammenziehung bekommen; so
erhellet, wie dieselbe auch zu einem hinlänglichen
Ausathmen nöthig sey. |
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|
|
|
Was demnach die Lufft
durch ihre Kälte schlimm zu machen scheinet,
machet ihre Schwere wieder gut; und das Unheil,
welches wir von ihrer Schwere zu
befürchten
hätten, wird durch ihre Kälte abgewendet. Man
siehet also hieraus |
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1) |
wie ferne bey der Kälte so
wohl eine Zusammenziehung der Lunge, als auch
eine grössere Ausdehnung der Lungenbläsgen
ohne Widerspruch statt finde, und wie |
2) |
bey einer mäsigen Kälte
dem ohngeachtet ein freyes und gleichmäsiges
Athmen geschehen könne. |
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|
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|
Allein, wenn die Krafft des
einen Cörpers ungleich stärcker wird, als der
Widerstand des andern; so muß der letztere
nothwendig unterliegen, und nachgeben. Wenn
die Winter-Kälte gar zu strenge ist; so dehnet sie,
vermöge ihrer Schwere, unsere Lungenbläsgen
gar zu starck, und über ihre natürlichen Grentzen
aus. Nun ist bekannt, daß wenn ein fester
elastischer Theil des menschlichen Cörpers weit
über seine natürlichen Grentzen, ultra sphaeram
elasticitatis, ausgedehnet wird, er die Krafft
verliere, sich zusammen zu ziehen. Eben dieses
muß auch an unsern Lungenbläsgen statt
finden. |
|
|
|
|
Wenn dieselben bey gar
zu strenger Kälte zu starck ausgedehnet werden;
so hält es schwer, und es muß eine nach
Proportion ziemlich verstärckte Würckung derer
zum Ausathmen gewidmeten Theile
dazukommen, so sich hinlänglich zusammen
ziehen sollen, mithin ist das Ausathmen bey
strenger Kälte mühsam. Ja, wenn endlich bey
dem äussersten Grade der Kälte, dergleichen wir
Gottlob! in unsern Gegenden nicht zu
vermuthen
haben, die Lungenbläsgen auf einmahl
dermassen ausgedehnet werden, daß sie sich gar
nicht wieder zusammen ziehen können; so kan
auch kein Ausathmen erfolgen, mithin muß ein
plötzlicher Tod entstehen, um so viel mehr, da
zugleich durch eine solche Kälte das in der Lunge
umlauffende Blut aufs äusserste verdicket, und
ausser Bewegung gesetzet; hiernächst aber die
Blutgefässe, welche die Lungenbläsgen gleich
einem Netze umgeben, dermassen zusammen
gedrücket werden, daß sie sich, wegen ihrer
gäntzlichen Entledigung, plötzlich zusammen
ziehen, und den Einfluß des pulsädrigen Blutes,
welcher oberwehnter massen zum Ausathmen
vieles beyträget, vollends verhindern. |
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Wer demnach auf
erwehnter Art vor Kälte plötzlich
stirbt, der
stirbt |
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{Sp. 900} |
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im Einathmen, an einer
übermäßigen Ausdehnung der Lungenbläsgen,
welche ohnerachtet solcher Ausdehnung,
dennoch dabey starr und steif bleiben, und also
eine starre Zuschnürung behalten. Wenn man
Gelegenheit hätte, dergleichen von strenger Kälte
auf erwehnte Art plötzlich gestorbene
Personen zu
öffnen; so würde man die Wahrheit dieser
Meynung durch den Augenschein bekräftiget
sehen; und man könnte die Richtigkeit derselben
annoch durch verschiedene, so wohl bey
gesunden als krancken Personen, während der
strengen Kälte vorfallende Begebenheiten
bestätigen, wenn es uns vorjetzo nicht so
weitläufftig schiene, und uns von unserem
Endzwecke abzöge. Wir wollen daher nach dieser
kleinen Ausschweiffung in Erzählung der
Würckungen einer kalten Winterlufft weiter
fortfahren. |
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In dem bey der Kälte die
Peripherie unsers Cörpers zusammen gezogen
ist; so wird dadurch |
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6) |
die Ausdünstung
vermindert, und bisweilen gar gehemmet. |
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Die Wahrheit hiervon
lehret der Augenschein; und gleichwie es in der
Artzneykunst überhaupt eine ausgemachte Sache
ist, daß alle Menschen nach Proportion im Winter
weniger ausdünsten und schwitzen, als im
Sommer: Also haben die von vielen
Ärtzten
angestellten Versuche und gemachten
Anmerckungen in Ansehung des Landes
dargethan, daß die Einwohner heisser Länder,
(wie unter andern Sanctor in seiner Medicina
statica von den Italienern sehr mühsam und
ausführlich beschreibet) eine weit stärckere
Ausdunstung haben, als diejenigen, so in kalten
Gegenden leben. |
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Von solcher verminderten,
oder gar gehemmten Ausdunstung aber erfolgen
ferner verschiedene üble Würckungen: Denn |
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a) |
verlieret dadurch die äusserliche Haut ihre
natürliche Weiche und Schmeidigkeit, wenn sich nun selbige bey gehemmter
Ausdunstung verlieret, so muß die Haut hart, trocken, und barsch werden,
ja zugleich aufspringen; welches eben diejenigen Beschwerlichkeiten
sind, davor sich insonderheit das schöne
Frauenzimmer
bey der Kälte am allermeisten
fürchtet, und ihre zarten Hände am
sorgfältigsten davor zu bewahren suchet. Jedoch dieses wäre an und für
sich selbst wohl der geringste Schaden. |
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b) |
Bey verminderter oder gar gehemmter Ausdünstung
geschehen die Absonderungen der Feuchtigkeiten und Unreinigkeiten an den
innerlichen Theilen um so viel stärcker, insonderheit aber die
Absonderung des Urins. Denn gleichwie im Sommer, wegen der alsdenn
verstärckten Ausdunstung und der übermäßigen Schweisse, der Urin
sparsamer abzugehen pfleget; also bemercket man im Gegentheil des
Winters, und bey der Kälte durchgehends einen weit häufigern Abgang des
Urins. |
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Und hieraus ersiehet man
abermahls, wie sorgfältig die Natur auf die
Erhaltung unsers Cörpers bedacht sey: Denn was
würden wir nicht für Beschwerden und
Kranckheiten auszustehen haben, wenn die
überflüßigen und zum Theil unreinen Dünste und
Feuchtigkeiten, welche natürlicher Weise
unaufhörlich durch die Haut verrauchen, bey
gehemmter Ausdunstung, nicht einen andern Weg
fänden, durch welchen sie gewisser massen
abgeführet werden könnten. Wir brau- |
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{Sp. 901|S. 464} |
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chen hierbey nicht weiter Zeugniß: Denn die
Erfahrung
lehret, daß, wenn nach langwieriger Erkältung der Urin, wegen eines
innerlichen Fehlers, nicht gnungsam abgehet, man entweder einen
Durchfall bekommt, durch welchen die wäßrigen Feuchtigkeiten
weggeschaffet werden, oder man verfällt bey dessen Ausbleiben in die
schwersten Kranckheiten. |
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c) |
Bey zusammengezogener Peripherie unsers Leibes,
und der daher gehemmten Ausdunstung müssen die innerlichen Theile und
grössern Gefässe nothwendig mit mehrern Säfften angefüllet werden, und
daher wird die Arbeit des Hertzens und der Gefässe, mithin der Umlauff
verstärcket. Denn wenn sich das Blut in den innerlichen Theilen
häuffiger ansammlet; so wird es in grösserer Menge in die Kammern des
Hertzens getrieben; und alsdenn bringet es die natürliche Elasticität
der festen Theile mit sich, daß sich das Hertz mit grösserer Krafft
zusammen ziehet, um das empfangene häuffigere Blut wieder heraus zu
stossen. |
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Die Würckung der Gefässe aber muß der Arbeit des
Hertzens proportioniret seyn; und wenn folglich diese stärcker
geschicht, so muß sie auch an jenen verstärcket werden; welches alles
bey der Kälte um so viel eher erfolget: Weil das Blut bey derselben so
wohl an der Peripherie des Leibes, als in der Lunge abgekühlet und
dichter gemacht wird, daher es die Gefässe nicht so sehr ausdehnet, und
ihrer Verrichtung um so viel weniger widerstehet. Solchergestalt hilfft
sich der Cörper bey der ihm bevorstehenden Gefahr abermahls selbst. |
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Da die gantze Masse des Geblüts bey zugeschnürten
äusserlichen Theilen sich gröstentheils in den innerlichen aufhalten
muß, und da zugleich das Blut gewisser massen verdicket ist, und man
folglich dencken solte, es müsse dadurch dessen ordentlicher Umlauff
geschwächet, und zu
schädlichen Stockungen Gelegenheit gegeben werden;
so hilfft sich die Natur durch die verstärckte Arbeit der festen Theile.
Vermittelst derselben geschicht der Umlauff geschwinder, stärcker und
lebhaffter, und hierdurch wird das Blut in einer proportionirten
Flüßigkeit erhalten, mithin die zu befürchtenden Stockungen abgewendet. |
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Bey solchen lebhafften Umlauffe behalten die
innerlichen Theile und Eingeweide hinlängliches
Vermögen,
die ihnen zukommenden Verrichtungen mit Nachdruck auszuüben; sie haben
eine grössere Wärme oder Feuer: Weil der Umlauff des Blutes in
denenselben hurtiger und lebhaffter geschicht, deswegen
Hippocrates angezeigter massen mit gutem Grunde behauptet,
quod ventres hyeme sint calidiores; und mit einem Worte, diese
verstärckte Arbeit der festen Theile wehret und hindert die schädlichen
Würckungen der Kälte, indem sie an dem Cörper eine Wärme unterhält,
welche der äusserlichen Kälte gewachsen ist. |
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