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Text |
Quellenangaben |
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Waaren, (Eß-) |
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Darunter werden auch die Trinkwaaren oder
das Geträncke mit verstanden, und beyde
zusammen gesetzet, Esculenta ac Potulenta
genennet. |
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Sie bestehen aus allerhand Fleisch und
Fischen, Kräutern, Wurtzeln, Baum- Feld- und
Garten-Früchten, und aus alle demjenigen, was
GOtt sonst dem
Menschen zu seinem Unterhalte
aus der
Erde wachsen und das Wasser hergeben
lässet. |
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Solche Eßwaaren in Überfluß in einer
Stadt
zu haben, dafür solte billig jede
Obrigkeit sorgen,
und zwar um derer
Ursachen willen, die wir unten
anführen wollen, da von der
Ein-und Ausfuhr der
Eßwaaren soll geredet werden. |
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Der
Handel mit den Eßwaaren ist heutiges
Tages bey der hochgestiegenen Wollust und
Überflusse einer von den einträglichsten; doch
meinen wir nicht die höchstnöthigen und
unentbehrlichen Eßwaaren, als da ist Fleisch,
Fisch, Saltz, Korn, Brod, Butter, Speck, Zugemüse
und dergleichen, als welche der
Arme so wenig,
als der
Reiche entbehren kan; |
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{Sp. 46} |
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sondern wir reden von den delicaten Weinen
und Geträncken, von allerhand niedlichen und
seltsamen Speisen und Leckerbißlein, welche uns
von Fremden zugeführet, und mit
baarem Gelde,
das wieder dafür aus dem
Lande gehet, bezahlet
werden müssen. Ein sorgfältiger Hausvater
trachtet, so viel möglich, dahin, daß sein Haus
keinen Mangel an Eßwaaren leide; daher von ihm
zu rechter Zeit eingeerndtet, eingekaufft und
eingeschlachtet wird. |
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Die Vertheurung in den Eßwaaren geschiehet
entweder durch Mißwachs, Viehsterben, Krieg und
andere Land-Plagen, Verhinderung der Zufuhr
und den schädlichen Vor- und Aufkauff
eigennütziger Leute, welche zum
Nachtheil des
gemeinen Wesens ihren
Nutzen daraus
suchen. |
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Vielmahls werden auch ungewöhnliche, und
der Natur zuwider scheinende
Dinge zu
Eßwaaren, gemacht, dergleichen unter dem
Artickel:
Verschluckte Sachen, im XLVII
Bande,
p.
1708. u.f. wie auch in dem Artickel,
Menschenfresser, im XX Bande, p. 751. u.f.
erzählet worden. |
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Ein gewisser
Schrifftsteller, Joachim Strupp, Doctor der Artzney weyland zu Geilhausen, theilet in
seiner neuen Speisekammer und Speisekeller, in
bevorstehenden Hungersnöthen,
Landestheuerungen und Kriegsläufften, die
Eßwaaren der
Menschen, durch welche sie
ordentlicher und ausserordentlicher Weise ihr
Leben erhalten können, folgender
Gestalt ein. Als
nehmlich: |
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In vielerhand Saamen. Dergleichen sind |
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- der Weitzen,
- Dünckel oder Speltz,
- die Gerste,
- Haber,
- Buchweitzen,
- Erbsen,
- Kichern,
- Bohnen,
- Wicken,
- Türckischer Weitzen,
- Linsen,
- Hirse,
- Reis,
- Mohnsaat,
- und dergleichen einfacher Saame
mehr.
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In gewisse Baumfrüchte. Als in |
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- Birnen,
- Äpffel,
- Pflaumen,
- Kirschen,
- Mispeln,
- Quitten,
- Mandeln,
- Castanien,
- Nüsse,
- Eicheln,
- Feigen,
- Weintrauben,
- und so weiter.
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In Kräuter, Wurtzeln und
Gewürtze, deren
vielfältige
Arten schon anderwärts angeführet
worden. |
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In Säffte und Liquores. |
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In das Fleisch der Thiere, und was an Butter,
Milch, Käse und Eyern von denselben
herkommt. |
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Und endlich in unnatürliche Sachen, als da
sind Baumrinden, Sägespähne, Asche,
Erde und
Sand, und sogar die Excremente. |
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In etlichen wohl eingerichteten
Städten wird
zuweilen unter schwerer
Strafe der benachbarten
Bauerschafft auferleget, von ihren Eßwaaren
nichts auf dem Lande zu
verkauffen, sondern alles
in die erste ihnen vorkommende Stadt zu bringen,
und daselbst feil zu biethen. |
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Was das Gewürtz betrifft, gehöret solches,
weil es nicht von
Gott zur Sättigung des
Leibes
erschaffen, eigentlich nicht unter die
Eßwaaren, |
Arg. Lit. V. de pen.
Leg. |
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Weil aber des Menschen Lust allbereit so
hoch gestiegen, daß man nichts mehr ohne
Würtze essen will, so ist kein Zweiffel, daß
dasselbe nunmehro auch den Eßwaaren
zugerechnet werden könne. |
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Nothwendig ist es auch in einer Stadt, daß
den Verkäuffern der Eßwaaren nicht ihr
Wille
gelassen werde, die von ihnen zum Kauff
gebrachten Eßwaaren so hoch zu halten, als sie
wollen, sondern sie müssen sich dießfals der von
der Obrigkeit gesetzten Tax-Ordnung
unterwerffen. |
Bes.
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{Sp. 47|S. 37} |
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Wie denn solche Taxsetzungs-Gewalt auch
den Magistratibus municipalibus zukommt. |
Dinner de Just. rer.
… |
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Hingegen ist zum Einkauffe der Eßwaaren
ordentlicher Weise jedermann, und wo die Noth
und das
gemeine Beste nicht ein anders erfordert,
und einige Fremde besonders ausschlüsset,
zuzulassen, und kein Unterscheid unter
Vornehmen und Geringen zu machen: weil der
Contractus Emtionis Venditionis,
Juris Gentium,
einem jeden Menschen zu kauffen vergönnet
ist. |
- Grot. de J.B. et P. …
ebendaselbst Ziegler, de J.N. et G. …
-
Carpzov, …
- Marqu. de Mercat. …
- Mev. …
|
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Und können auch die
Einwohner bey
befahrender
Kriegs- Sterbe- und theuren
Zeit
wider
Willen zu gnugsamer Einkaufung der
Eßwaaren und Provision auf eine
gewisse Zeit
gezwungen werden. |
- Ziegler, am
angeführten Orte,
- Carpzov im gedachten Resp. …
-
Struv, …
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Ob auch schon ein jeder essen und trincken
kan, wo er will, so kan doch die
Obrigkeit auch
hierinne Ziel und Mas vorschreiben, und
verbiethen, daß ausser der Stadt und auf dem
Lande niemand zur Lust esse und trincke, damit
hierdurch der Stadt-Accise und dem Ungelde
nichts abgehe. |
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Unbillig ist auch nicht, daß zu Einkauffung der
Eßwaaren die
Bürger vor den Fremden
zugelassen, und diese nicht eher zum Einkauffe
zugelassen werden, bis nach dem Verlauff einer
gewissen Zeit, und da die öffentliche Marckfahne
oder Wisch gefallen. |
- Stamm. de Serv.
pers. …
- Carpzov am angeführten Orte, …
- Brunnemann, …
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Auch kommt den
Edelleuten über das
Getraide ihrer Bauern und andere
Sachen, so sie
auf den Marckt tragen wollen, ordentlicher Weise
kein Vorkauff zu, es sey denn durch
Gewohnheit
oder Vertrag ein anderes hergebracht. |
- Carpzov, …
- Mev. …
- Carpzov, …
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Ob auch schon niemand zum
Verkauff kan
gezwungen werden, so ist doch ein anders von
denenjenigen zu sagen, welche ihre
Waaren auf
den Marckt bringen, und zum Kauffe
auslegen, |
Brunnem. ad Lib. … |
|
Ja es können die Bauern gezwungen werden,
ihre Eßwaaren in die Stadt zu bringen, |
- Lib. II. de Nund.
- Marqu. de Mercat. …
-
Struv, …
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Was auch die Art und Zeit betrifft, wenn
solche Eßwaaren sollen verkauffet werden, so kan
selbige die Obrigkeit bestimmen. Also siehet man,
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- daß die Bürger an etlichen
Orten Bier brauen,
aber nicht Maasweise ausschencken, sondern
andern nur Faßweise verkauffen dürffen;
- daß man
die auf den Marckt gebrachten Sachen nicht
sitzend, sondern stehend verkauffen muß;
- daß
man über eine gewisse Nachtzeit weiter kein Bier
auszapffen darf,
- und so ferner.
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Dieses ist aber etwas
Unbilliges, daß die
Bürger ihren Wein, Bier und andere Eßwaaren
nicht eher verkauffen sollen, bis die Obrigkeit die
ihrigen los worden, |
Carpzov … |
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Der Ort, wo die Eßwaa- |
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{Sp. 48} |
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ren hinzubringen, ist auch dem
freyen Willen
der Obrigkeit überlassen, welche wohl thut, wenn
sie, wo es möglich, jeder
Art von Eßwaaren ihren
gewissen Platz anweiset, daß die Fleischbäncke
besonders seyn, an andern Orten das Geflügel,
das grüne Zeug, das Obst, und so fort jedes
seinen Platz habe, und dadurch offenbar werde,
wo eines und das andere zu suchen. Denn, daß
man sich nach Belieben hinstelle, oder solche
Eßwaaren hausiren herumtrage, oder den Bauern
vor dem Thore aufpasse, und ihre Sachen, ehe
sie noch auf den Marckt kommen, aufkauffe, ist
nicht zu dulten. |
|
Esswaren als Geschenk |
Nun folget die Erörterung der Frage: Ob ein
Richter wohl befugt sey, von denen vor ihm
streitenden Partheyen, Eßwaaren als ein
Geschencke anzunehmen? Stryk, in seiner
Dissert. de Gustu
schreibet, daß ein Richter
Lege
Julia Repetundarum könnte belanget werden, der
wegen des Urtheilspruches Geschencke
genommen; Wenn es auch gleich von derjenigen
Parthey gewesen wäre, die eine gerechte Sache
gehabt: weil es doch das Ansehen einer
Bestechung gewinne. L. II. §, ult.
ff. de Condict. …
wird ein Unterschied darinne gemacht; und einige
Rechtslehrer sagen, daß die Annehmung eines so
Wenigen, und zwar nur so viel an Eßwaaren, als
in den nächsten Tagen könne verzehret werden,
nicht verdächtig mache, noch verbothen sey. |
Modestin, in Lib. Plebiscito
… |
|
Wohl aber, wenn er in Fraudem legis so viel
annehmen wolte, daß er daraus durch den
Wiederverkauff ein ziemliches Stücke
Geld lösen,
oder auch seine Haushaltung lange Zeit damit
unterhalten könnte, welches eben so viel sey, als
wenn er mit baarem Gelde wäre bestochen
worden: Denn was die Xenia belanget, welche
denen in die
Provintzen ausgesandten
Obrigkeitlichen Personen von den Leuten selbiger
Provintz pflegten gegeben zu werden, wie aus L.
solent … zu ersehen; so wäre solches nur soviel
an Eßwaaren gewesen, als in den nächsten
Tagen hätte können verzehret werden; wie denn
das
Wort
Xenium selbst in dem
Griechischen
nichts anders, als ein Geschencke zu bedeuten
pflege, so man fremden ankommenden Gästen
reiche, damit nehmlich solche, wenn sie von der
Reise ermüdet, und ihre Haushaltung sogleich
nicht anrichten könnten, doch unterdessen zu
essen haben möchten. |
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|
Daher auch die Weise entstanden, daß man
in grossen Städten vornehme
Herren und
Abgesanndten mit Eßwaaren und Erfrischungen zu
beschencken pflegte; welches aber unsere Richter
nicht auf sich ziehen könnten, als welche zu
Hause ihre Geschäffte verrichteten, und nicht auf
der Reise begriffen wären; Commissarien und
abgeschickte Richter, die in Commißion
ausreiseten, möchten sich solches einiger massen
zueignen. Aber auch dieses wäre nach dem
bürgerlichen Rechte nicht zuzulassen: weil unter
den Praesidibus et Rectoribus Provinciarum ein
Unterscheid zu machen wäre, in so weit sie
obrigkeitliche Personen, oder auch Richter wären.
In diesem letztern Falle wolten einige
Rechtslehrer, daß sie sich, um Argwohn zu
vermeiden, alles Geschenckenehmens enthalten
solten. |
L. un. §. 1.
Cod. de Contr. …
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|
Je- |
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{Sp. 49|S. 38} |
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doch wäre diese gemeine, und obgleich nicht
im bürgerlichen, doch im
geistlichen Rechte,
c.
statutum 11. §. insuper de Rescript. in 6.
gegründete
Meinung die beste: Daß
nehmlich |
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1) |
wie oben schon gemeldet,
eine mäßige Portion von Eßwaaren, die nur auf
etliche Tage zulänglich, ein Richter wohl
annehmen könne; Es würden aber unter solchen
mäßigen Eßwaaren verstanden, wenn etwan
jemand mit einem Haasen, Caninichen,
Rebhuhne, Phasane, Muräne, Lachse, oder
etlichen Bouteillen Weine aufgezogen käme, und
solche dem Richter verehren wolte, dabey sich
ein gewissenhaffter Richter von selbst schon
bescheiden würde, was, und wie viel er annehmen
könnte, und würde er dabey auch aus der
Person
des Überreichenden die behörige Menge solcher
Eßwaaren schon zu beurtheilen wissen. |
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2) |
So schränckten einige
auch obige Meinung auf solche Richter ein,
welche keinen gewissen Gehalt, oder Salarium
hätten, |
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bes. Paris de Puteo, Tr. de
Syndicat. unter dem
Worte
Potulenta, |
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und dahero das
Recht
umsonst zu sprechen nicht schuldig wären; es sey
denn, daß ihnen ein gewisser Sold versprochen
worden. Allein diese Einschränckung, saget unser
Schrifftsteller, dürffte wohl schwerlich in Praxi
Bestand haben. |
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3) |
Geht obige Meinung auch
dahin, wenn die Eßwaaren dem Richter freywillig,
ohne daß er sie fordert, gegeben würden; wie
denn auch alle Eßwaaren, ex mera liberalitate, freywillig solten geschencket werden, welches
auch ex d. l. 6 §. fin.
ff. de Off. Procons.
abzunehmen ist, wenn daselbst gesaget wird:
Xenia non esse producenda ad munerum
qualitatem. Welches Bachov in seinem Commentario über benannten
Legem gar wohl
folgender gestalt erkläret: Quod sine necessitatis
lege offerenda sint esculenta: Daß dergleichen
Eßwaaren ohne Zwang, blos aus gutem
freyen
Willen könnten gegeben werden.
Munera
hingegen, oder
Gaben, legte das bürgerliche
Recht den Leuten als eine Schuldigkeit, auch
wider ihren
Willen auf; wie hiervon ein Mehreres in
besagter Dissertation de Jure Sensuum zu
ersehen: |
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|
Woselbst auch c. 4. n. 49. die Frage
vorkomme: Ob, wann eines
Ortes
Obrigkeit,
wegen besorgender Theurung, Frucht
aufgekauffet, und solche in ihrem Provianthause
aufgeschüttet hätte, selbige Frucht aber mit der
Zeit alt würde und verderben wolte, solche wohl
mit neuer und frischer Frucht könnte vermischet,
und folglich den
Bürgern
verkauffet werden? Die
Antwort darauf heißt: Ja, denn wenn eine
Gemeine, zuvor an dem durch das Aufschütten
gesuchtem
Nutzen
profitiret hätte, so wäre sie ja
auch schuldig, den Schaden mit übertragen zu
helffen. |
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|
Nun kommen wir auf die Ein- und Ausfuhre
der Eßwaaren: Was jene anlanget, so ist sie theils
eine höchstnöthige, theils eine unnütze und zu
entbehrende
Sache. Höchstnöthig ist grossen
Städten, daß ihnen von dem umliegenden
Lande
auf den Strömen und Flüssen, und auch zur See
von nahe und ferne dasjenige, was an Speisen
und Geträncke zum Unterhalte des
Lebens nöthig
ist, zugeführet, und dazu von der
Landes- oder
Stadt-Obrigkeit, alle Gelegenheit gemacht werde:
Denn wie schlecht ist es in grossen Städ- |
|
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{Sp. 50} |
|
|
ten, sonderlich für das
Armuth bestellet,
wenn, wegen der schlimmen Wege, oder des
gewesenen Mißwachses, des Viehsterbens, oder
weil Armeen im Lande liegen, welche alle
Eßwaaren aufkauffen und verzehren, oder wenn
die Stadt gar belagert und von den Feinden
geschlossen ist, keine Lebensmittel
hineinkommen können; denn, wo sich zu solcher
Zeit kein wohl versehenes Magazin oder
Provianthaus in der Stadt befindet, so läuffet es
auf traurige Zufälle hinaus, wie an dem belagerten
Jerusalem, Numantia, Münster in Westphalen,
und andern Städten mehr zu sehen. |
|
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Es wird aber die Einfuhre erleichtert, wenn
man den Zuführenden leidlich und höflich
begegnet, wie also der erste Schiffer, der mit
frischen und neuen Heringen in
Hamburg nach
Johannis ankommt, von E.E. Hochweisen Rathe
daselbst ein neues Kleid, und etwas an
Gelde zur
Verehrung zu gewarten hat. Oder, wie einstmahls
der Pabst bey grossem Kornmangel in Italien, den
Courier, der ihm die Zeitung gebracht, daß die
Hannseestädte einige Schiffe mit Korn beladen,
der Stadt Rom zum Besten abgesandt hätte, mit
tausend Kronen für solche gute Zeitung
beschencket hat. So muß auch der Zoll nicht
muthwillig erhöhet werden, damit beydes, sowohl
Fremde, als eigene
Unterthanen nicht
abgeschrecket werden, nach der Stadt zu fahren,
oder sich wo anders hin mit ihren Waaren
begeben mögen. |
|
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Ferner, so sind die
schändlichen
Monopolia
und Propolia zu meiden: weil manches Land oder
Stadt seine Eßwaaren wohlfeiler und häuffiger
haben würde, wenn die Fremden ungehinderte
Zufuhr thun, und was sie bringen, nicht an die
Monopolisten liefern dürfften. |
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|
Der schändliche
Vor- und Aufkauff hindert
auch die Einfuhr um ein Merckliches: weil solche
Vorkäuffer aus Eigennutz getrieben, offt die
Eßwaaren im Lande einkauffen, und dieselben
anderwärts, ihrem Vaterlande zum
Schaden,
hinschaffen, dadurch denn abermahls der
ordentlichen Einfuhre ein nicht geringer Abbruch
geschiehet; zugeschweigen was für andere
Zufälle solche verhindern können. Denen allen
aber von einer sorgfältigen Obrigkeit und
Landesväterlichen
Herrschafft
muß vorgebauet,
und selbige aus dem Wege geräumet
werden. |
|
|
Eine unnütze und leicht entbehrliche Einfuhr
ist diejenige, da solche Waaren zugeführet
werden, welche nur zur Üppigkeit und Wollust
dienen, dergleichen denn von allen Orten und
Enden in unser liebes Deutschland mehr als zu
viel einkommen, da uns doch die
Natur so viel
gegeben, daß wir, ohne einige fremde Zufuhre
aus andern Ländern, uns gar wohl behelffen
könnten. |
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Endlich so kommt auch bey der Einfuhre der
Eßwaaren, die Ausfuhre zu bedencken, und
welche von beyden die andere in dem Werthe
übertreffe. Es wird zwar jener in unterschiedlichen
Ländern und Städten, die sonderlich kein grosses
Erdreich, wie etwan Holland und einige
Reichsstädte, haben, viel grösser als diese seyn,
und in Ansehung dessen mehr Geld für ein- als
ausgeführte Eßwaaren ausgegeben werden;
hingegen ersetzet solcher Länder und Städte
mehrere Ausgabe für Eßwaaren der
Handel mit
andern
Waaren, und die
Manufacturen, von
welchen sie mehr einnehmen, als |
|
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{Sp. 51|S. 39} |
|
|
dafür ausgeben. Wo sich aber dieser
Vortheil
nicht findet, und gleichwohl mehr für
einkommende Eßwaaren, wenn es auch gleich
nur solche wären, die zur Üppigkeit dienen,
ausgegeben, als für die ausgehenden wieder
eingenommen wird, da kan es nicht anders seyn,
als daß endlich der Mangel des baaren Geldes in
einem Lande von Jahren zu Jahren überhand
nehmen und durchgehends einreissen muß. |
|
|
Es ist die Ausfuhr der Eßwaaren anzusehen
als eine zuläßige, und als eine verbothene: Jene
geschiehet, wenn ein Land, so an Korne und
Weinbaue, Fischfange, Jagden, Viehzucht,
Honigbau, Feld- Baum- und Garten Früchten, und
andern Dingen, die zur Erhaltung des
menschlichen Lebens nöthig sind,
reich ist, nahe
und ferne gelegenen Ländern, die an
obgedachten Sachen Mangel leiden, zu Wasser
und zu Lande Zufuhr thun kann, non enim fert
omnia omnis Tellus. |
|
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Hic Segetes, illic veniunt felicius uvae,
Arborei
foetus alibi, atque injussa virescunt
Gramina,
nonne vides, croceos ut Tmolus odores,
India
mittit Ebur, molles sua Thura Sabaei. |
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|
Und die Kauffmannschafft würde sonst nicht
lange bestehen, oder so viel tausend Menschen
sich davon ernähren können, wenn nicht einer
dem andern seines Landes Früchte zuführen, und
dem Mangel des andern von seinem Überflusse
aushelffen, auch zugleich einen freundlichen
Wechsel und Tausch solcher Dinge anstellen
wollte, die so wohl zur Nothdurfft, als
Beqvemlichkeit des Lebens dienlich seyn können,
und zu welchen man auch ausländische Speisen,
Delicatessen und Geträncke zählen kan. Also
muß |
|
|
- das engbegriffene Holland sein Korn aus
Pohlen, Preussen, Liefland, Irrland und Moscau,
zuweilen auch gar aus der Barbarey;
- die an der
Ost-See liegenden Städte ihre Weine aus
Franckreich,
- fast halb Europa ihre gesaltzenen
und gedörreten Fische aus Holland, Norwegen
und Schweden;
- Nieder-Sachsen sein Schlacht-
Vieh aus Jütland, Bornholm, Schonen, und das
eingesaltzene Fleisch aus Curland,
|
|
|
und so andere Länder mehr ihre Bedürfnisse
aus diesem oder jenem Lande, als den Rheinwein
vom Rheinstrome, viel Früchte, Öl und Wein aus
Italien, Spanien und Portugall herholen. |
|
|
Und alle diese Länder würden übel daran
seyn, wann ihnen, da sie solche Waaren in
Überfluß in sich erzielen, solte verbothen seyn,
solche auszuführen, und Handlung damit zu
treiben. Denn obgleich die Einfuhr in manchem
Lande könnte entbehret werden, zumahl, wenn
man sich mit denenjenigen Gaben, welche die
gütige Natur giebet, wolte begnügen lassen, und
nach fremden Schleckereyen nicht lüstern wäre;
so lässet sich doch die Ausfuhr nicht zwingen,
noch versperren: weil die
Einwohner sonst nicht
wissen solten, wo sie mit alle dem, was ihnen ihre
Viehzucht, Feld- und
Ackerbau getragen,
hinsolten; wie wir denn schon sehen, daß die
Holländer in Ost-Indien, wenn der Pfeffer und die
Nägelein, oder ein anderes Gewürtz daselbst wohl
geräth, und mehr Vorrath ist, als sie vermeinen,
daß in
Europa abgehen werde, solche lieber bey
gantzen Hauffen verbrennen, als daß sie, we-
|
|
|
{Sp. 52} |
|
|
gen der Menge, eine Wohlfeile darein bringen
solten. |
|
|
Ein
Landesherr gewinnt auch bey der
Ausfuhre: indem dadurch stattliche Geldsummen
an Zoll in seine Einnahme fliessen, und die
Unterthanen in
Handel und Wandel gesetzet
werden, daß sie hernach die
Auflagen und
Steuren so viel besser abtragen können. |
|
|
Hingegen wird die Ausfuhr auch wieder
gehemmet und verbothen, wann selbst Mangel im
Lande ist, oder Krieg besorget wird, und die
Magazine dazu angefüllet werden müssen; wenn
man den Reichs-Feinden dadurch suchet Abbruch
zu thun, oder andere wichtige
Ursachen hat,
warum man ihnen keine Abfuhr gestatten will. Und
zwar ist dieses so wohl dem
natürlichen, als
Völcker- und Kriegs-Recht gemäß, und alten
Herkommens. Denn daß bey den Römern das
Ausführen der Eßwaaren schon sey verbothen
gewesen, erhellet aus den
Rescripten der
Kayser,
des Valentinians und Gratians, |
L. I.
Cod. quae … |
|
in folgenden
Worten:
Ad Barbaricum
transferendi vini, olei et liquaminis nullam
quispiam habeat facultatem, ne Gustus quidem
causa, aut Usus Commerciorum, aus welchen
Gesetze zu ersehen, daß man den Barbarn keine
Eß- noch Trinckwaaren habe zu führen
dürffen, |
bes. L. II. pr.
ff. de
Publican. |
|
auch nicht einmahl zum Kosten oder
Versuche: weil nehmlich die Barbarn durch den
Geschmack süßer und delicater Weine sonst
hätten mögen angereitzet werden, das fruchtbare
Italien, welches solche stattliche Weine
hervorbringet, anzufallen; zumahl man davon
schon Exempel hatte, in denen die Longobarder
solchergestalt von dem Narsete, die Gallier aber
von den Etruscis in Italien gelocket worden; wie
von diesen letztern Liv. Lib. V. Histor. also
schreibet:
Gentem Gallorum traditur fama
dulcedinis frugum maxime vini, nova tum voluptate
captam alpes transiisse et invexisse in Galliam
vinum illiciendae gentis causa. |
Bes. Dionys. Gothofr. ad d. L.
1.
Cod. quae … |
|
Auch so gar keine Bouteille voll, |
Ripa, de Peste
… |
|
Ob nun wohl in besagtem L. I.
Cod. keine
eigentliche
Straffe darauf gesetzet war, so findet
man doch kurtz darauf in Synops. Basilicon. …
daß es die Bannisirung, ja sogar die Todesstrafe
verdiente, wenn jemand den Barbarn Wein
zuführen würde, um solche dadurch
hereinzulocken. |
|
|
Ob man sich nun wohl heutiges Tages, da
sich eine jede Nation in ihrem Lande schon
ziemlich angebauet, keines solchen Einfalls mehr
zu besorgen hat, und noch mancher Samojede
lieber seinen Fischtrahn als Spanischen Wein
säuffet, wie aus den Historien bekannt, und es
auch dießfalls heisset: |
|
|
Nescio quo natale solum, dulcedine cunctos
Ducit, et immemores non finit esse sui. |
|
|
So ist und bleibet doch die Ausfuhr der
Eßwaaren, sonderlich ins Grosse, das ist, bey
gantzen Schiffsladungen und Lastwägen
verbothen, wenn die Feinde dadurch wider uns
gestärcket, oder Krieg, theure Zeit, Mißwachs und
andere Unfälle besorget werden; Ferner, wenn
man das Vergeltungs-Recht auszuüben hat, auch
anderwärts die Zufuhr nicht sicher oder nutzbar
ist, vornehmlich, wenn der Landesherr seine |
|
|
{Sp. 53|S. 40} |
|
|
eigenen Magazine damit anzufüllen nöthig haben, und durch das allzuviele
Ausführen, sich im Lande selbst ein Mangel ereignen möchte. Aus welchen Ursachen
höchst löblich in einigen deutschen
Chur-
und
Fürstenthümern,
Städten
und
Provinzen
verordnet worden, daß jährlich, wie z.E. in der Danziger Pfund-Kammer
geschiehet, von den
Landes-Ständen,
Obrigkeiten und
Bürger-Ältesten
eine Untersuchung des vorhandenen Vorraths, und der jährlichen Landes-Bedürffniß
angestellet, und nach beyderseits Befinden alsdenn von der
hohen
Landes-Obrigkeit erst bestimmet wird, wie viel auszuführen gestattet seyn
soll oder nicht. |
Besiehe hiervon mit mehrern Paul Jacob Marpergers,
geographische, historische und mercatorische Beschreibung der
Chur-Brandenburgischen Länder … ingleichen den
Artickel:
Waaren. |
|
Sonst ist noch zu bedencken, daß die Eß-
oder essende Waaren, Merces esculentae; nach
Sachsen-Recht zum so genannten Mußtheile
gehören. Und wenn jemand in rechter Hungers-Noth, die er, oder sein
Weib und
Kinder leiden,
etwas von essenden Dingen zu stehlen genöthiget
würde, so sollen nach Maßgebung des 166.
Artickels der
P.H.G.O. wenn zumahl derselbe
Diebstahl groß und kündlich wäre, die
Richter und
Urtheiler wegen dessen Bestraffung sich bey
denen Rechts-Verständigen des
Rechten
belehren lassen, und Raths pflegen. Wenn aber
gleich ein solcher Dieb nach Beschaffenheit der
Umstände ohne
Straffe erlassen würde; so soll
ihm doch der Kläger wegen der wider ihn
erhobenen Klage nichts zu erstatten schuldig
seyn. |
Ibid. |
|
Siehe auch den Artickel: Merces esculentae,
im XX
Bande,
p. 890. |
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