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Quellenangaben |
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Kebs-Weib,
nennen
die
Teutschen,
was nicht eine blosse, meist ohne Absicht
Kinder zu
zeugen,
nur ein und andermahl aus
Geilheit mißbrauchte
Weibes-Person,
doch aber auch nicht ein recht
ordentliches
Ehe-Weib
ist, sondern eine Beyschläfferin beständigerer Art
bedeutet
mit der auch Kinder gezeugt werden. |
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Bey denen alten
Juden
und
Heyden
waren sie sehr gemein, und unter andern hierinnen von denen heutigen
Concubinen,
Maitressen
oder Beyschläfferinnen
unterschieden,
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- daß sie ein ordentliches Verbündniß mit ihren
Männern
hatten:
- Daß es keine Schande
war solche Bey- oder Neben-Weiber zu
halten:
- Daß ihre Kinder vor ehrlich gehalten wurden:
- Und daß endlich ein
Mann, sowohl das Kebs-Weib als derer Kinder mit
Gelde abfinden
muste.
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Genes. 25. 6. |
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Von denen ordentlichen Ehe-Weibern aber wurden sie darinnen nicht weniger
unterschieden,
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- daß sie ihnen gehorchen und folgen musten als ihren Gebieterinen, wie das
Beyspiel der Hagar
Genes. 16. 9.
beweiset:
- Daß sie nicht an der
Ehre ihres Mannes
Theil
nahmen:
- Daß sie keine Morgen-Gabe, wie die
rechtmäßigen Ehe-Weiber bekamen:
- Daß
ihre Kinder nicht mit denen aus ordentlicher Ehe gleich Erbtheil empfiengen.
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Genes. 25. 6. |
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- Daß sie einige
Dienste
verrichten musten, wie Davids Kebs-Weiber, denen bey
seiner Flucht vor Absalom das
Haus zu bewahren aufgetragen war,
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2. Sam. 15. 16. |
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- daß sie nicht mit solchen
Sollemnitäten heimgeführt wurden, als die
ordentlichen Weiber.
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Wie sie von denen eigentlich und in besondern
Verstande, so genannten
Concubinen, als denen Beyschläfferinnen
lediger Personen, abgehen, siehe
Concubine
Tom. VI. p. 914.. |
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Bey denen Morgenländischen Völckern,
Christen und Ungläubigen ist die Art
Kebs Weiber zu haben |
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{Sp. 369|S. 196} |
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noch im
Gebrauche. Denn, wenn sich einer
seines Gewerbes wegen an einem fremden von
Hause entfernten
Orte lange aufhalten muß, pflegt
er sich daselbst eine Weibs-Person zur
Beywohnung zu dingen, die zugleich treulich vor
sein Haus-Wesen sorget. Wenn er nun nach Hause
kehret, giebt er ihr den versprochenen
Lohn,
welcher bißweilen so
reich ist, daß sie dadurch eine
anständige
Heyrath treffen kan. |
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Woher das
Wort Kebs-Weib seinen
eigentlichen
Ursprung habe sind
verschiedene
Meynungen. Einige
wollen es von cugus und dieses
von Gauck oder Kuckuck herleiten, weil derselbe
seine Eyer in anderer Vögel Nester leget. Andere
von dem Syrischen Worte Gabo oder die Seite.
Noch andere von dem Arabischen Kebsch oder
vielfältiger Beyschlaffe. Noch andere von dem
Gothischen Worte Kipsir, so von Kopfast, nach
etwas fremdes gehen, herkömmt. Wieder andere
von dem Worte Keben oder Geben, weil ein Kebs
Weib Geschencke nehme und die Erbschafft nicht
auf ihre Kinder bringe; Und endlich mehrere von
dem Worte Kebs oder Kebsen. |
Mickelius Exegemati … in der
Hist. der Gelahrheit der Hessen … |
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Das Letztere
soll nach einigen, so viel heissen
als
verändern, und also Kebs, so viel als
veränderlich oder auf eine
Zeit lang. |
Wovon Vossius de Vit. Serm.
Lat. nachzusehen. |
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Also meldet das Chron. MSCt. Isenac. de
Merito S. Elisabethae, daß ihr
Herr
Land-Graf sie
kebeste und verlassen wollte. |
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Nach andern soll es unehrlich bedeuten, und
deswegen ein aus solcher Ehe gezeugtes Kind ein
Kebs Kind seyn genennet worden. |
Sächsisches Weichbild art. 4.
apud Wachter. Glossar. Germ. V. Kebse. Welcher
Meynung auch der Spate im Teutschen Aduocat. …
beyfällt. |
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Nach einigen aber soll es so viel, als an sich
locken, reitzen und verführen, anzeigen. Es ist also
leicht zu erachten, wenn man der letztern Meynung
beypflichtet, warum man dergleichen
Beyschläfferinnen mit dem
Namen derer Kebs-Weiber beleget, weil nemlich viel Reitzen und
Verführen mit unterläufft. Doch können die andern
vor angeführten Meynungen mit dieser gar wohl
auch beysammen stehen. |
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Es sey aber mit der Herleitung des Namens
beschaffen wie es wolle, gnug, die
Sache war bey
denen Jüden und ihren Vor
Eltern vor und nach
dem
Gesetze sehr gemein. Abraham hatte bey Leb
Zeiten der Sara die Hagar zur Beyschläfferin. Wenn
aber von mehrern Kebs Weibern
geredet wird, und
also die nach Sara
Tode geheurathete Kethura mit
darunter
gezählet wird, so muß es in Ansehung
solcher nicht von einem Neben-Weibe bey noch
lebender ersten Frau, sondern von einer geringern,
oder nach heutiger Art zu reden, von einer an die
lincke Hand getrauten
Person ausgeleget
werden. |
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David hatte neben seinen rechten Frauen
verschiedene dergleichen Kebs-Weiber, welche
sein
Sohn Salomo biß auf 700. vermehrte. |
2.Sam. 5, 13. … |
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Ob Kebs-Weiber unter denen Christen zu
haben erlaubt sey, ist, weil es unter der Viel |
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{Sp. 370} |
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weiberey begriffen, unter gedachtem
Titel
mehrentheils nachzusehen. |
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Walch Lex. Philos. V. Kebs-Ehe, hält es vor
unzuläßig, scheint aber die mancherley Bedeutung
des Wortes Kebs-Weib nicht allemahl gehöriger
Massen zu unterscheiden, wenn er
spricht: Kebs-Ehe oder Concubinat
ist, wenn ein Mann nebst
seinem rechten Weibe auf eine gewisse Zeit noch
eine andere hält, um ihr der Lust halber
beyzuwohnen, die Kinder aber, so zufälliger Weise
gezeuget werden, nicht als rechte Kinder erkennet.
Solche Ehen sind nach dem Rechte der Natur nicht
zugelassen. Denn ein Mahl sind sie vor keine
wahrhafftige Ehen, indem wir in dem Articel vom
Ehestande gewiesen, daß die göttliche Absicht bey
demselbigen, die vernünfftige Fortpflantzung des
menschlichen Geschlechts sey, welche nicht bloß
die Zeugung, sondern auch die Erzühung derer
Kinder in sich faßt: Da man nun bey denen Kebs-Weibern seine Haupt-Absicht auf die Dämpfung der
geilen Lust richtet, so kan dieses vor keine wahre
Ehe gehalten werden. |
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Er fährt fort: Man dürffe nicht einwenden, daß
mit Kebs-Weibern auch Kinder gezeugt und
auferzogen würden. Denn wenn es auch gleich
geschähe, so wäre es doch nicht die Absicht,
deswegen man sie hielte, und es trüge sich wieder
ihren
Willen zu. Ob auch gleich bißweilen die Ehen
um die Hurerey zu vermeiden
nöthig wären, so
müste man doch nicht den Neben-Zweck der Haupt
Absicht vorzühen. So lidte auch die
Liebe in der
rechten Ehe hierdurch grossen Anstoß und es
würde überhaupt die geile
Lust dadurch nicht
sowohl gedämpft als vielmehr gereitzt, daß sie von
dem Maße der Vernunfftmäßigkeit abgienge, auch
das
Gemüthe sehr verunruhigt würde. Es müste
sich also ein Mensch, der alles, was seiner
Glückseligkeit, dazu er
verbunden wäre, hinderlich
fiele, zu vermeiden suchen, und sich in diesem
Stücke zu mäßigen
wissen. |
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Es würde auch der
Concubinat im
gemeinen Wesen die größte
Unordnung verursachen, indem
man die Leute liederlich machte und viele hernach
abgedanckte Concubinen auf ein verboten Gewerbe
fallen würden; und kurtz ein solcher Concubinat
wäre nichts anders als eine Hurerey. |
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Verstünde man aber durch Kebs-Ehe, wie es
auch eigentlich muß
verstanden werden, dieses, da
ein Mann neben seiner ordentlichen Frau, die an
aller seiner Ehre, Ansehen und
Gütern Antheil hätte,
sich mit einer andern, in der Absicht Kinder zu
zeugen, verbände, nur daß solche Person nebst
ihren Kindern geringer solte gehalten werden,
behielte sich auch bevor, sich zu scheiden; so wäre
sie nicht viel von der Vielweiberey unterschieden.
Wie es denn auch
würcklich vor eine Art
derselbigen zu halten. |
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Thomasius in der
Disputation de Concubinatu,
welche hernach ins
Teutsche übersetzt dem andern
Theile seiner auserlesenen
Schrifften einverleibt
worden, sucht die Kebs Ehe zu rechtfertigen,
erinnert aber gleich
Anfangs, wie sein Vorsatz nicht
sey zu behaupten, daß der Concubinat äusserlich
zugelassen sey, noch in Willens habe, die |
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{Sp. 371|S. 197} |
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heutigen gegen die Kebs-Ehe verfaßten
Gesetze, anzufechten. |
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Er zeiget, daß der Concubinat bey denen
Ebräern, Römern und ersten Christen vor keine
Hurerey gehalten worden, und ein schlechter
Unterschied zwischen der rechten und Kebs-Ehe
anzutreffen. Daß es heute zu
Tage vor eine
Art der
Hurerey oder des Ehe Bruchs gehalten werde,
komme aus den
Päbstlichen Rechte, vermöge
dessen der
Ehestand vor ein Sacrament gehalten
werde: Zeiget hernach den bey denen
alten
gewöhnlichen schon oben angemerckten
Unterschied zwischen denen Kebs- und Ehe-Weibern, thut auch hinzu, daß die Kebs-Weiber
entweder geringes Herkommens oder
Leibeigene
gewesen. |
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Durch das Mosaische Gesetz wäre diese Art
des
Beyschlaffs nicht verboten. Zu Beyschläfferinnen
habe man entweder Israelitische
Weiber
genommen, welche man
heurathen können, oder
Mägde und Fremde oder Auswärtige, die sich nicht
zur Israelitischen Religion bekannt hätten, ob sie
gleich Proselyti Domicilii gewesen. Den Concubinat
mit Mägden und Auswärtigen, ob er wohl nicht
löblich gewesen, habe man doch nicht
bestrafft. |
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Die Concubinen von beyderley Arten wären
weder vor Geschändete, noch vor
Huren, noch vor
Ehebrecherinnen gehalten worden, nur daß nicht
solche Ceremonien wie bey rechtmäßigen Ehen,
gewöhnlich gewesen, auch kein Scheide-Brief bey
der Abdanckung, welche denen Männern durch das
Mosaische Gesetz frey gestanden habe, erfordert
worden. So habe auch weder Christus noch die
Apostel die Kebs-Ehe verboten. |
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Nach dem
Römischen Rechte sey sie vor dem
Christenthum
vergönnt gewesen, und noch
ehelicher als bey denen Ebräern gehalten worden,
da sie mit
Freygelassenen und Mägden, nicht aber
mit Freygebornen, ausgenommen von geringen
Stande, wenn sie ausdrücklich kund gemacht, sie
als Beyschläfferinnen zu
gebrauchen, zugelassen
worden. |
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Das Ansehen derer Kirchen-Väter, welche gar
schlecht in der
Sitten Lehre beschlagen gewesen,
sonderlich des Ambrosii Hieronymi und Augustini,
habe den ersten
Grund zu der nachfolgenden
Meynung gelegt, daß der Concubinat, worinnen
auch nur eine Manns- und Weibs-Person
lebte, vor
eine Art der Hurerey gehalten worden. Wiewohl
man solche besondere Meynung derer Kirchen-Väter vor der
Nouelle Leonis nicht überall in der
Kirche angenommen. |
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Der Kayser Leo der VI. habe zuerst den
Concubinat verboten. Unter denen teutschen
Kaysern habe man zwar denen, so Weiber hatten,
um keiner Beyschläfferin, so
unverehlicht gewesen
beyzuwohnen, einen
gewisse Geld-Straffe gesetzt;
aber in Ansehung derer, so keine Weiber gehabt,
sey der Unterschied zwischen dem Ehe-Stande und
Concubinate zwar geblieben, aber doch nur eines
vollkommener und erbarer gewesen als das
andere. |
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Die gegenseitige Gründe des
Canonischen Rechts beruheten auf diesen
Sätzen, daß die Ehe
ein Sacrament, und aller Beyschlaff, so nicht
Sacramentalisch, unvergönnt, und vor eine Art der
Hurerey und des Ehebruchs zu halten sey. |
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Daß die Priuat-Vereinigung und Verbündung
derer Parteyen |
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{Sp. 372} |
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ohne die Priesterliche Einsegnung keine Ehe,
und alle Erlassung eines Ehe-Weibes, ausser
Ehebruchs wegen, wieder Christi Verbot sey;
obgleich sonst eine
erhebliche Ursache der Ehe
Scheidung vorhanden, welche auch in denen drey
ersten
Jahrhunderten nach Christi Geburt
zugelassen worden, und daß die
Ursachen,
deswegen es bey denen Römern und Ebräern
erlaubt gewesen, nicht mehr statt finden. |
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Das übrige, so Thomasius und aus demselben
Walch l.c. vorbringen, gehört mehr zum
eigentlich so genannten Concubinate als der Kebs-Ehe. Wie denn eine Frau geringern Gehalts ohne
Neben-Weiber, die auch vielleicht nur auf eine
gewisse Zeit ohne Trauung und Ceremonien
genommen worden, mit denen, so in Vielweiberey
lebten, nicht in eine
Ordnung zu setzen; ob sie
gleich so hin theils nach
göttlicher Einsetzung, theils
nach
menschlichen
Verordnungen, die Mann und
Weib beständig beysammen haben wollen, gar nicht
zu loben sind; |
wie Thomasius l.c.
selbst zu verstehen giebt, und auch Böhmer in Jur.
Protest. Eccl. … die Sache mit
gutem Unterschiede
ausführet. |
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Daß auch Lutherus, Melanchthon, Bucerus die
Kebs-Ehe sonderlich bey
Fürsten nicht schlechthin
und gäntzlich gemißbilliget haben, erhellet aus dem
Briefe, welchen Lutherus
an. 1539 bey solcher
Gelegenheit an den Land-Grafen Philippen den
Großmüthigen abgehen lassen, wobey er
ausdrücklich
saget, was im Gesetze Mosis erlaubt
gewesen, sey im Euangelio verboten. |
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