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Zedler: Kebs-Weib HIS-Data
5028-15-368-5
Titel: Kebs-Weib
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 368
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 195
Vorheriger Artikel: Kebs-Ehe
Folgender Artikel: Kece
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

  Text Quellenangaben
  Kebs-Weib, nennen die Teutschen, was nicht eine blosse, meist ohne Absicht Kinder zu zeugen, nur ein und andermahl aus Geilheit mißbrauchte Weibes-Person, doch aber auch nicht ein recht ordentliches Ehe-Weib ist, sondern eine Beyschläfferin beständigerer Art bedeutet mit der auch Kinder gezeugt werden.  
  Bey denen alten Juden und Heyden waren sie sehr gemein, und unter andern hierinnen von denen heutigen Concubinen, Maitressen oder Beyschläfferinnen unterschieden,  
 
  • daß sie ein ordentliches Verbündniß mit ihren Männern hatten:
  • Daß es keine Schande war solche Bey- oder Neben-Weiber zu halten:
  • Daß ihre Kinder vor ehrlich gehalten wurden:
  • Und daß endlich ein Mann, sowohl das Kebs-Weib als derer Kinder mit Gelde abfinden muste.
Genes. 25. 6.
  Von denen ordentlichen Ehe-Weibern aber wurden sie darinnen nicht weniger unterschieden,  
 
  • daß sie ihnen gehorchen und folgen musten als ihren Gebieterinen, wie das Beyspiel der Hagar Genes. 16. 9. beweiset:
  • Daß sie nicht an der Ehre ihres Mannes Theil nahmen:
  • Daß sie keine Morgen-Gabe, wie die rechtmäßigen Ehe-Weiber bekamen:
  • Daß ihre Kinder nicht mit denen aus ordentlicher Ehe gleich Erbtheil empfiengen.
Genes. 25. 6.
 
  • Daß sie einige Dienste verrichten musten, wie Davids Kebs-Weiber, denen bey seiner Flucht vor Absalom das Haus zu bewahren aufgetragen war,
2. Sam. 15. 16.
 
  • daß sie nicht mit solchen Sollemnitäten heimgeführt wurden, als die ordentlichen Weiber.
 
  Wie sie von denen eigentlich und in besondern Verstande, so genannten Concubinen, als denen Beyschläfferinnen lediger Personen, abgehen, siehe Concubine Tom. VI. p. 914..  
  Bey denen Morgenländischen Völckern, Christen und Ungläubigen ist die Art Kebs Weiber zu haben  
  {Sp. 369|S. 196}  
  noch im Gebrauche. Denn, wenn sich einer seines Gewerbes wegen an einem fremden von Hause entfernten Orte lange aufhalten muß, pflegt er sich daselbst eine Weibs-Person zur Beywohnung zu dingen, die zugleich treulich vor sein Haus-Wesen sorget. Wenn er nun nach Hause kehret, giebt er ihr den versprochenen Lohn, welcher bißweilen so reich ist, daß sie dadurch eine anständige Heyrath treffen kan.  
  Woher das Wort Kebs-Weib seinen eigentlichen Ursprung habe sind verschiedene Meynungen. Einige wollen es von cugus und dieses von Gauck oder Kuckuck herleiten, weil derselbe seine Eyer in anderer Vögel Nester leget. Andere von dem Syrischen Worte Gabo oder die Seite. Noch andere von dem Arabischen Kebsch oder vielfältiger Beyschlaffe. Noch andere von dem Gothischen Worte Kipsir, so von Kopfast, nach etwas fremdes gehen, herkömmt. Wieder andere von dem Worte Keben oder Geben, weil ein Kebs Weib Geschencke nehme und die Erbschafft nicht auf ihre Kinder bringe; Und endlich mehrere von dem Worte Kebs oder Kebsen. Mickelius Exegemati … in der Hist. der Gelahrheit der Hessen
  Das Letztere soll nach einigen, so viel heissen als verändern, und also Kebs, so viel als veränderlich oder auf eine Zeit lang. Wovon Vossius de Vit. Serm. Lat. nachzusehen.
  Also meldet das Chron. MSCt. Isenac. de Merito S. Elisabethae, daß ihr Herr Land-Graf sie kebeste und verlassen wollte.  
  Nach andern soll es unehrlich bedeuten, und deswegen ein aus solcher Ehe gezeugtes Kind ein Kebs Kind seyn genennet worden. Sächsisches Weichbild art. 4. apud Wachter. Glossar. Germ. V. Kebse. Welcher Meynung auch der Spate im Teutschen Aduocat. … beyfällt.  
  Nach einigen aber soll es so viel, als an sich locken, reitzen und verführen, anzeigen. Es ist also leicht zu erachten, wenn man der letztern Meynung beypflichtet, warum man dergleichen Beyschläfferinnen mit dem Namen derer Kebs-Weiber beleget, weil nemlich viel Reitzen und Verführen mit unterläufft. Doch können die andern vor angeführten Meynungen mit dieser gar wohl auch beysammen stehen.  
  Es sey aber mit der Herleitung des Namens beschaffen wie es wolle, gnug, die Sache war bey denen Jüden und ihren Vor Eltern vor und nach dem Gesetze sehr gemein. Abraham hatte bey Leb Zeiten der Sara die Hagar zur Beyschläfferin. Wenn aber von mehrern Kebs Weibern geredet wird, und also die nach Sara Tode geheurathete Kethura mit darunter gezählet wird, so muß es in Ansehung solcher nicht von einem Neben-Weibe bey noch lebender ersten Frau, sondern von einer geringern, oder nach heutiger Art zu reden, von einer an die lincke Hand getrauten Person ausgeleget werden.  
  David hatte neben seinen rechten Frauen verschiedene dergleichen Kebs-Weiber, welche sein Sohn Salomo biß auf 700. vermehrte. 2.Sam. 5, 13. …
  Ob Kebs-Weiber unter denen Christen zu haben erlaubt sey, ist, weil es unter der Viel  
  {Sp. 370}  
  weiberey begriffen, unter gedachtem Titel mehrentheils nachzusehen.  
  Walch Lex. Philos. V. Kebs-Ehe, hält es vor unzuläßig, scheint aber die mancherley Bedeutung des Wortes Kebs-Weib nicht allemahl gehöriger Massen zu unterscheiden, wenn er spricht: Kebs-Ehe oder Concubinat ist, wenn ein Mann nebst seinem rechten Weibe auf eine gewisse Zeit noch eine andere hält, um ihr der Lust halber beyzuwohnen, die Kinder aber, so zufälliger Weise gezeuget werden, nicht als rechte Kinder erkennet. Solche Ehen sind nach dem Rechte der Natur nicht zugelassen. Denn ein Mahl sind sie vor keine wahrhafftige Ehen, indem wir in dem Articel vom Ehestande gewiesen, daß die göttliche Absicht bey demselbigen, die vernünfftige Fortpflantzung des menschlichen Geschlechts sey, welche nicht bloß die Zeugung, sondern auch die Erzühung derer Kinder in sich faßt: Da man nun bey denen Kebs-Weibern seine Haupt-Absicht auf die Dämpfung der geilen Lust richtet, so kan dieses vor keine wahre Ehe gehalten werden.  
  Er fährt fort: Man dürffe nicht einwenden, daß mit Kebs-Weibern auch Kinder gezeugt und auferzogen würden. Denn wenn es auch gleich geschähe, so wäre es doch nicht die Absicht, deswegen man sie hielte, und es trüge sich wieder ihren Willen zu. Ob auch gleich bißweilen die Ehen um die Hurerey zu vermeiden nöthig wären, so müste man doch nicht den Neben-Zweck der Haupt Absicht vorzühen. So lidte auch die Liebe in der rechten Ehe hierdurch grossen Anstoß und es würde überhaupt die geile Lust dadurch nicht sowohl gedämpft als vielmehr gereitzt, daß sie von dem Maße der Vernunfftmäßigkeit abgienge, auch das Gemüthe sehr verunruhigt würde. Es müste sich also ein Mensch, der alles, was seiner Glückseligkeit, dazu er verbunden wäre, hinderlich fiele, zu vermeiden suchen, und sich in diesem Stücke zu mäßigen wissen.  
  Es würde auch der Concubinat im gemeinen Wesen die größte Unordnung verursachen, indem man die Leute liederlich machte und viele hernach abgedanckte Concubinen auf ein verboten Gewerbe fallen würden; und kurtz ein solcher Concubinat wäre nichts anders als eine Hurerey.  
  Verstünde man aber durch Kebs-Ehe, wie es auch eigentlich muß verstanden werden, dieses, da ein Mann neben seiner ordentlichen Frau, die an aller seiner Ehre, Ansehen und Gütern Antheil hätte, sich mit einer andern, in der Absicht Kinder zu zeugen, verbände, nur daß solche Person nebst ihren Kindern geringer solte gehalten werden, behielte sich auch bevor, sich zu scheiden; so wäre sie nicht viel von der Vielweiberey unterschieden. Wie es denn auch würcklich vor eine Art derselbigen zu halten.  
  Thomasius in der Disputation de Concubinatu, welche hernach ins Teutsche übersetzt dem andern Theile seiner auserlesenen Schrifften einverleibt worden, sucht die Kebs Ehe zu rechtfertigen, erinnert aber gleich Anfangs, wie sein Vorsatz nicht sey zu behaupten, daß der Concubinat äusserlich zugelassen sey, noch in Willens habe, die  
  {Sp. 371|S. 197}  
  heutigen gegen die Kebs-Ehe verfaßten Gesetze, anzufechten.  
  Er zeiget, daß der Concubinat bey denen Ebräern, Römern und ersten Christen vor keine Hurerey gehalten worden, und ein schlechter Unterschied zwischen der rechten und Kebs-Ehe anzutreffen. Daß es heute zu Tage vor eine Art der Hurerey oder des Ehe Bruchs gehalten werde, komme aus den Päbstlichen Rechte, vermöge dessen der Ehestand vor ein Sacrament gehalten werde: Zeiget hernach den bey denen alten gewöhnlichen schon oben angemerckten Unterschied zwischen denen Kebs- und Ehe-Weibern, thut auch hinzu, daß die Kebs-Weiber entweder geringes Herkommens oder Leibeigene gewesen.  
  Durch das Mosaische Gesetz wäre diese Art des Beyschlaffs nicht verboten. Zu Beyschläfferinnen habe man entweder Israelitische Weiber genommen, welche man heurathen können, oder Mägde und Fremde oder Auswärtige, die sich nicht zur Israelitischen Religion bekannt hätten, ob sie gleich Proselyti Domicilii gewesen. Den Concubinat mit Mägden und Auswärtigen, ob er wohl nicht löblich gewesen, habe man doch nicht bestrafft.  
  Die Concubinen von beyderley Arten wären weder vor Geschändete, noch vor Huren, noch vor Ehebrecherinnen gehalten worden, nur daß nicht solche Ceremonien wie bey rechtmäßigen Ehen, gewöhnlich gewesen, auch kein Scheide-Brief bey der Abdanckung, welche denen Männern durch das Mosaische Gesetz frey gestanden habe, erfordert worden. So habe auch weder Christus noch die Apostel die Kebs-Ehe verboten.  
  Nach dem Römischen Rechte sey sie vor dem Christenthum vergönnt gewesen, und noch ehelicher als bey denen Ebräern gehalten worden, da sie mit Freygelassenen und Mägden, nicht aber mit Freygebornen, ausgenommen von geringen Stande, wenn sie ausdrücklich kund gemacht, sie als Beyschläfferinnen zu gebrauchen, zugelassen worden.  
  Das Ansehen derer Kirchen-Väter, welche gar schlecht in der Sitten Lehre beschlagen gewesen, sonderlich des Ambrosii Hieronymi und Augustini, habe den ersten Grund zu der nachfolgenden Meynung gelegt, daß der Concubinat, worinnen auch nur eine Manns- und Weibs-Person lebte, vor eine Art der Hurerey gehalten worden. Wiewohl man solche besondere Meynung derer Kirchen-Väter vor der Nouelle Leonis nicht überall in der Kirche angenommen.  
  Der Kayser Leo der VI. habe zuerst den Concubinat verboten. Unter denen teutschen Kaysern habe man zwar denen, so Weiber hatten, um keiner Beyschläfferin, so unverehlicht gewesen beyzuwohnen, einen gewisse Geld-Straffe gesetzt; aber in Ansehung derer, so keine Weiber gehabt, sey der Unterschied zwischen dem Ehe-Stande und Concubinate zwar geblieben, aber doch nur eines vollkommener und erbarer gewesen als das andere.  
  Die gegenseitige Gründe des Canonischen Rechts beruheten auf diesen Sätzen, daß die Ehe ein Sacrament, und aller Beyschlaff, so nicht Sacramentalisch, unvergönnt, und vor eine Art der Hurerey und des Ehebruchs zu halten sey.  
  Daß die Priuat-Vereinigung und Verbündung derer Parteyen  
  {Sp. 372}  
  ohne die Priesterliche Einsegnung keine Ehe, und alle Erlassung eines Ehe-Weibes, ausser Ehebruchs wegen, wieder Christi Verbot sey; obgleich sonst eine erhebliche Ursache der Ehe Scheidung vorhanden, welche auch in denen drey ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt zugelassen worden, und daß die Ursachen, deswegen es bey denen Römern und Ebräern erlaubt gewesen, nicht mehr statt finden.  
  Das übrige, so Thomasius und aus demselben Walch l.c. vorbringen, gehört mehr zum eigentlich so genannten Concubinate als der Kebs-Ehe. Wie denn eine Frau geringern Gehalts ohne Neben-Weiber, die auch vielleicht nur auf eine gewisse Zeit ohne Trauung und Ceremonien genommen worden, mit denen, so in Vielweiberey lebten, nicht in eine Ordnung zu setzen; ob sie gleich so hin theils nach göttlicher Einsetzung, theils nach menschlichen Verordnungen, die Mann und Weib beständig beysammen haben wollen, gar nicht zu loben sind; wie Thomasius l.c. selbst zu verstehen giebt, und auch Böhmer in Jur. Protest. Eccl. … die Sache mit gutem Unterschiede ausführet.
  Daß auch Lutherus, Melanchthon, Bucerus die Kebs-Ehe sonderlich bey Fürsten nicht schlechthin und gäntzlich gemißbilliget haben, erhellet aus dem Briefe, welchen Lutherus an. 1539 bey solcher Gelegenheit an den Land-Grafen Philippen den Großmüthigen abgehen lassen, wobey er ausdrücklich saget, was im Gesetze Mosis erlaubt gewesen, sey im Euangelio verboten.
     

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Stand: 15. Februar 2014 © Hans-Walter Pries