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Wittwe, Wittbe, Witbe, Wittib, Witfrau, verwittibte
Weibs-Person,
Lat.
Vidua, oder Viduata
Mulier,
Frantz.
Veuve, heist in denen
Rechten in eigentlichem und genauerm
Verstande eine
gewesene Ehefrau, der ihr
Mann
abgestorben. |
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In uneigentlichem Verstande aber wird auch wohl eine solche, der ihr Mann
unvermögend oder abwesend ist, oder endlich auch eine jedwede
Weibs-Person, die keinen
Mann hat, noch jemahls gehabt hat; folglich auch so gar eine
Jungfer, weil sie vor sich allein
und ausser der
Gesellschafft eines Mannes lebet, (welches eben insonderheit das
Lateinische
Wort
Vidua anzeiget, als ob man sagen wolte, sine duitate) vor eine Wittwe
angenommen. |
- l. malum. 242 §. viduam. 3.
ff. de
V.S.
- Gloss. in l. fin. in verb. orbitantes
C.
de plag. ibique Baldus Isidorus Etymol. …
- Consil. Argent. …
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Siehe auch den
Artickel:
Viduare, im XLVIII
Bande, p. 1039. |
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wiewohl auch andere das Lateinische Wort Vidua vielmehr von dem Worte
Iduo, Iduas, welches so viel heißt, als von einander scheiden oder trennen herleiten wollen. |
Chromhard in Comp. Jur. …¶ |
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Das deutsche
Wort:
Wittwe hingegen soll ihren Jammervollen
Zustand anzeigen.
Denn |
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{Sp. 1939|S. 983} |
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dieses Wort kommt, nach einiger
Meynung, entweder von dem Alt-Sächsischen Worte
Witgen her, welches so viel heißt als winseln, seuffzen, weil eine Witbe ihren verlohren
Ehegatten mit Thränen Händewinden und Winseln beweinet und beklaget; oder von der
Nieder-Sächsischen Sprache, darinnen sie heisset Wedeweh, Wehweh,
weil sie allenthalben
Weh und Elend hat. Nach des Wachters Anzeige, soll dieser
Nahme von denen Celten
herkommen, und so viel als eine eintzeln gewordene, von andern abgeschiedene und
verlassene Person bedeuten.¶ |
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Sonst aber ist auch diejenige vor eine Wittwe zu achten, deren
Ehemann in des
Reichs-Acht gethan, oder zu ewiger
Dienstbarkeit auf die Galeren verdammt worden. |
Felinäus in significantibus … |
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Hieher gehöret auch ferner der Text im c. 2. §. sed neque … allwo unter andern
ausdrücklich gesaget wird, daß auch die Kirche als eine Wittwe zu halten, welche einen
untüchtigen Vorsteher oder
Bischoff, (inutilem Episcopum) hat. |
- Gl. ibid. in verb.
inutilem.
- Jason in l. fin. n. 3.
ff.
de offic.
…
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Zugleich aber ist hierbey noch zum Voraus zu erinnern, daß alle in denen
Rechten
enthaltene
Verordnungen, die Wittwen betreffend, überhaupt sich auf alle und jede Wittwen
ohne Ausnahme beziehen, sie seyn sonst gleich nur vom
Bürger- oder
Bauer- oder dagegen
von Adel- oder noch höhern
Stande, wenn nicht desselben ausdrückliche Meldung und
besondere Anzeige geschiehet. |
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Rechte |
Was nun hiernächst die denen Wittwen zustehenden
Rechte und Wohlthaten
anbelanget, so behält und geneust eine Witwe zuförderst alle u. jede Rechte,
Ehren und
Würden, mithin auch den Gerichts-Stand und die Wohnung ihres verstorbenen
Mannes,
solange sie im Wittwen-Stande bleibet, und sich nicht anderweit verehlichet, oder ein
geiles
und liederliches
Leben führet, oder eine ihres vorigen Mannes Stande unanständige
Handlung anfängt. |
- l. fin.
C. de bon. …
- Barbosa …
-
Paurmeister
de Jurisd. …
- Gail …
- Klock de Contrib. c. 14.
-
Carpzov …
- Guido Papä …
- Menoch …
- Jacob Benius de Privil. …
- Hondedeus …
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Und also, wenn auch gleich eine aus niedrigem und noch so schlechtem
Stande
entsprossene
Weibs-Person einen
Patricium oder so genannten Geschlechts-Herrn, oder
gar einen von Adel
geheyrathet hat und derselbe vor ihr
verstorben ist, so bleiben
ihr alle
von ihrem Manne zugeflossenen
Vorzüge nach wie vor, und solange sie sich nicht anderweit
verheyrathet, ungekränckt. |
Tiraquell de Nobil. … |
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Eben daher rühret auch, daß absonderlich eines verstorbenen
Handwerck-Meisters
Wittwe ebenfalls die ihrem verstorbenen
Manne zugestandenen
Rechten noch nach seinem
Tode zu geniessen hat, und unter andern befugt ist, das von demselben bey seinem
Leben
getriebene Handwerck auch durch Gesellen fortzusetzen, wie davon in der Handwercker
verschiedenen
Ordnungen und Gebräuchen ein mehrers nachzusehen. |
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Welches alles aber auf eine blosse
Braut, deren
Bräutigam vor der Priesterl.
Einsegnung gestor- |
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{Sp. 1940} |
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ben, nicht erstrecket, noch selbige für eine Wittwe angesehen werden mag, wenn durch
selbige die
Heyrath oder der
Ehestand erst vollzogen wird. |
Menoch de Arb. Jud. … |
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Es hat auch eine Wittwe das
Recht in ihres
Mannes
Gütern so lange zu bleiben, bis sie
wegen ihres Witthums, Erbtheils und anderer Forderungen abgefunden worden, und hat bis
dahin ihren Unterhalt zu geniessen, wenn auch schon
Kinder von ihres Mannes erster
Ehe
vorhanden sind. |
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Sie thut aber wohl, wenn sie, vielen Weiterungen vorzukommen, also bald ein
Inventarium verfertigen lässet; es wäre denn daß ihr die
Verwaltung der von ihrem
verstorbenen Manne hinterlassenen
Güter mit dem Erben zugleich überlassen worden, |
Wernher in Sel. Obs. For. … |
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Einer Wittwe ist ordentlich nicht zugelassen, vor Ablauf des Trauer-Jahres zur andern
Ehe zuschreiten. Ob zwar die wiederholte Ehe einer Wittwe in den
Rechten nicht wohl
begünstiget ist; so gilt doch das Versprechen nicht, wenn eine
Ehefrau
ihrem sterbenden
Manne angelobet, eine Wittwe zu bleiben, und wenn es auch gleich vermittelst eines Eydes
geschehen wäre. |
- l. 1. 2. et tot. tit.
C. de indict. viduit.
-
Carpz. …
- Berger in Oecon.
Jur. …
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Wenn ihr aber von ihrem Manne selbst etwas mit dem Bedinge vermachet worden, daß
oder solange sie Wittwe bleiben werde; so wird sie, nach der meisten Rechtsgelehrten
Meynung ihres Vermächtnisses
verlustig, wenn sie aus dem Wittwen-Stande tritt; so, daß
alsdenn auch die so genannte Mutianische Caution von ihr zu leisten. |
Nov. 22. … |
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Welches aber nicht statt hat, wenn es von jemand anderm geschehen, oder ein solches
Vermächtniß einer
Jungfer, |
l. 79. §. ult.
ff. de cond. et demonstr. |
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oder einer fremden Wittwe hinterlassen worden, |
arg. l. 62. … |
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massen alsdenn diese Bedingung vor nicht beygefügt zu achten, |
- dd. ll.
- Berger in Oecon. Jur. …
- Cothmann …
- Zepper in Cynos.
legal. …
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Eine Wittwe kan auch ohne ihrer
Eltern Vorwissen sich wieder
verheyrathen, es wäre
denn, daß sie sich wieder in ihres
Vater Haus und
Gewalt
begeben hätte. |
Stuck … |
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Eine Wittwe, die nach des
Mannes
Tode in
Unzucht lebt, schändet ihren verstorbenen
Mann, und verliert die ihr von demselben hinterlassene Vermächtniß und Erbschafft, wie
auch ihr eigenes Heyraths-Gut. |
Gail. … |
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Wovon und von mehrern dahin einschlagenden rechtlichen
Würckungen in denen
Artickeln:
Trauer-Jahr, im XLV
Bande,
p. 114 u. ff. und Zweyte Ehe ein mehrers nachgelesen
werden kan. |
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In Indien heissen zur Zeit noch an theils
Orten die Wittwen, so sich mit ihren
verstorbenen
Männern nicht zugleich wollen verbrennen lassen, ein Schandfleck ihres
Geschlechts, ein Spott des Pöbels, und die
allerunwürdigsten
Seelen. |
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Sonst aber werden unter denen gesitteterern
Völckern, und also auch absonderlich bey
uns in Deutschland, die Wittwen, gleich den Waysen, ob sie auch schon hohen
Standes und
guten
Vermögens sind, der Treu- |
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{Sp. 1941|S. 984} |
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heller genannt, und unter die miserablen oder Mitleidens-würdigen Personen gezehlet,
und haben in Ansehung dessen in den
Rechten viele Gunsten und besondere
Vorzüge.
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Zorer … |
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Siehe auch den
Artickel:
Miserable Personen, im XXI
Bande,
p. 461. |
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Unter denselben ist nun diese eine nicht der geringsten, daß sie, mit Vorbeygehung des
ordentlichen
Richters, sich sogleich an den obersten Richter unmittelbar wenden, und
denselben um Hülffe und Schutz anrufen mögen. Welches jedoch auf den Fall nicht statt hat,
wenn die
Sache Lehen-Güter anbetrifft. |
Paris de Puteo de Feud. Redintegr. … |
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Und rühmet man besonders, so viel diesen Punct betrifft, in der Böhmischen Historie
von dem
Hertzoge Bretislao, welcher im Jahre 1055 mit
Tode abgegangen, daß ihn seine
Unterthanen, wegen seiner höchstlöblichen
Regierung, einen Vater des
Vaterlandes, auch
einen Beschützer der Wittwen und Waysen, und einen solchen
Fürsten genennet, der seines
gleichen vor ihm nicht gehabt. Siehe Peter Becklers Hist. Hovor. … welcher auch
p. 123 vom
Könige Ladislao, der im Jahre 1457
gestorben, rühmet, daß, da derselbe kurtz vor seinem
Ende dem damahligen Gubernatorn, George,Herrn zu Podiebrad, die Regierung übergeben,
er solchen unter andern gar ernstlich vermahnet, und gebeten, wohl und weislich zu
regieren, auch zuförderst Wittwen und Waysen
Recht und Gerechtigkeit wiederfahren zu
lassen. |
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So rühmet man auch sogar von dem ehemaligen heydnischen
Könige in Peru, Maytio
Capac, daß er unter andern gute
Gesetze vor Wittwen und Waysen gemacht habe. |
Siehe Joh. Friedr. Schmiedens Politische Fragen … |
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Ob aber unter der Benennung der Wittwen und Waysen auch die
Klöster oder andere
milde Stifftungen zu begreiffen? davon handelt besonders
Limnäus in
Jur. Publ. … |
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Übrigens besiehe hierbey den
Artickel:
Wayse, im LIII
Bande,
p. 848 u.f. |
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Sonst kan zwar auch eine Wittwe bey denen Römisch-Catholischen in das
Kloster
gehen und eine Nonne werden, oder Profeß thun; sie wird aber alsdenn nicht, wie sonst eine
Jungfer, eingeweyhet. |
Hondedeus … |
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Bey denen
Protestanten aber werden insonderheit die Prediger Wittwen wohl bedacht,
indem sie durchgehends das halbe oder gantze Gnaden-Jahr, an einigen
Orten aber auch
ein jährliches Gnaden Geld, und wo Wittwen-Kasten gestifftet sind, wie denn dergleichen an
vielen Orten löblich angeleget werden, daraus ihren geziemlichen Antheil zu geniessen
haben. Siehe Wittwen-Kasse. |
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Die an einigen
Orten
durch böse
Gewohnheit eingeführte Weise, daß der Nachfolger in
der Pfarre, die von seinem verstorbenen Vorfahren hinterlassene Wittwe oder
Tochter zu
heyrathen, sich verbinden müsse, will von wenigen gelobet werden, ob sie gleich den
Vorwand der Versorgung vor sich führet. Siehe Pfarr-Wittwe, im
XXVII
Bande,
p. 1299 und in
dem
Artickel:
Annus, im II Bande, p. 415 u.ff. |
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In dem Lüneburgischen und Pommern wird nach
Absterben der Juncker oder derer von
Adel ihren Wittwen und
Töchtern verstattet, sich der Abnutzung des Lehn-Guts ein Jahr lang
zu gebrauchen, welches da- |
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{Sp. 1942} |
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selbst das Wittwen-Jahr genennet wird. |
Besold in
Thes. Pract. v. Wittib, und in Contin.
eod. |
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Was die sonst noch denen Wittwen insbesondere zustehenden
Rechte und die daraus
entspringenden
Würckungen anbelanget; so sind dieselben schon hin und wieder in ihren
besondern
Artickeln
umständlich abgehandelt worden, und geschiehet auch in denen nachfolgenden
Artickeln gnugsame Anzeige, wo und unter was vor Benennungen deshalber ein
mehrers nachzulesen. Immittelst kan hiervon auch besonders in denen Artickeln: |
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-
Weib, im LIV
Bande,
p. 1 u.ff.
- und
Weiber-Rechte, ebend. p. 78 u.ff.
- wie auch
Mutter, im XXII Bande, p.
1606 u.ff.
- desgleichen Wittwen-Rechte,
- und Wittwen-Sachen;
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und noch ferner in |
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- Heinr. Newenhans Tract. de Jur. ac Priv. Viduitatis,
- Pruckmanns Tract. de Different. utriusque Sexus,
- Ant. Merendä Contr. Jur. …
-
Speidels Bibl. Jur. Vol. II. v. Vidua, und andern
daselbst angezogenen
Rechts-Lehrern
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ein mehrers nach gesehen werden. |
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Sachsen |
Doch aber mercken wir hierbey nur noch mit wenigen an, was etwan in denen
Chur-
Sächsischen Rechten insbesondere der Wittwen wegen verordnet, zu befinden. |
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Es muß nehmlich in denen
Chur-Sächsischen
Landen eine Wittwe ein gantzes, und ein
Wittwer ein halbes Jahr trauren, ehe sie sich wieder verehligen können, |
Ehe-Ordn. c. 5. |
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Einer Wittwe stehet
frey, aus des
Mannes Verlassenschafft den dritten, und wenn
Kinder
vorhanden, den vierdten Theil zu nehmen, oder ihr Einbringen wieder zu fordern, |
c. 20. |
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welches Wahl-Recht aber ihr bey einem vorhandenen widrigen
Statute nicht zustehet.
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Decisiv-Befehl 1606. |
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Das halbe Hochzeit-Geschencke bekommt sie nur, wenn es noch vorhanden, |
Dec. 51. |
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und die bey des
Mannes
Leben die
Ehe gebrochen, ist ihres Einbringens verlustig. |
Const. 21. … |
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Adeliche Wittwen,
denen kein Leib-Gedinge ausgemacht ist, haben die Wahl, solches,
oder ihr Einbringen zu fordern, |
Const. 44. …; |
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doch das erstere nicht, wenn sie nicht einmahl ein Ehe-Geld versprochen. |
Dec. 55. |
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Wenn sie Erbe nehmen, können sie von der Fräulichen Gerechtigkeit nichts bekommen,
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Const. 37. …; |
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dürffen auch sonst diese vor sich selbst ohne der Erben Wissen nicht nehmen, |
Const. 33. …; |
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ob sie wohl deshalber das Innebehaltungs-Recht haben. |
Ibid. |
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Der
Geistlichen Wittwen und
Kinder haben ein halbes Gnaden-Jahr, |
Kirchen-Ordn. t. von
Immunit. |
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davon aber die Wittwe mehr nicht, als jedes Kind, bekommt. |
Dec. 48. |
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Der Schulmeister und Küster Wittwen und Kinder haben dessen nicht zu geniessen.
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Rescript 1619.1701. |
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Der Bergleute Wittwen und Waysen werden aus der Knappschaffts Casse versorgt.
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- Berg-Decret 1659. §. 4.
- Berg-Resol. 1709. §.
38.
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Der Wittwen und Waysen
Sachen sollen in Güte abgethan, |
Proc. Ordn. t. 1. §. |
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besonders auch in Vorbeschied gezogen werden. |
Vorbeschieds-Mandat §. 2. |
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Wenn eine Wittwe ihres Einbringens und Gegen-Vermächtnisses halber klaget, muß ihr
nach erlangtem Armen-Rechte der Beklagte die Unkosten vorschiessen. |
Erläut. Proc. Ordn. ad. 1. |
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Vor
Gerichte müssen Wittwen und
Jungfrauen sowohl, als
Eheweiber, Curatores haben.
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Proc. Ord. t. 8. |
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{Sp. 1943|S. 985} |
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§. 1. |
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Ausser
Gerichte aber mögen selbige ohne Curatore beständig handeln, |
Const. 15. p. 2. |
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auch Wittwen die bey des
Mannes
Leben gemachte Schulden agnosciren. |
Mandat 1722. |
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Solten auch Wittwen, welche sonst keine
Unterthanen aus hohem Alter, Schwach- und
Kranckheit, oder ihrer
Kinder halber, der
Herrschafft zu dienen, verhindert, und aus
erheblichen redlichen
Ursachen sich anders wohin zu begeben genöthiget werden,
denenselben mag von der
Obrigkeit des
Ortes an ihrem Abzuge und Erlassung keine
Hinderniß geschehen, und anderer Orten die Aufnehmung nicht verweigert werden. |
Landes-Ordn. im Marggr. Nieder-Lausnitz von 1652 … |
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Welches auch in denen Hochfürstl. Sachsen-Gothaischen
Landen in den meisten
Puncten eben also beobachtet wird, wie aus der dasigen
Landes-Ordnung hin und wieder
gantz deutlich zu ersehen.¶ |
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Heirat einer Witwe oder Jungfer? |
Übrigens pfleget die Frage aufgeworfen zu werden: Ob und inwiefern es besser gethan
sey, eine Wittwe oder
Jungfer zu
heyrathen? Die den Jungfern das
Wort reden,
beweisen
ihre
Meynung daher: Weiln Jungfern mit mehrerer
Ehre zu verehren, als Wittwen. So sey
auch besser ein junges
Mädgen zu heyrathen, als eine junge Wittwe, denn es während der
Wittwen ihre Heyrathen allezeit verächtlicher gewesen, als der Jungfern, nach dem alten
Sprichwort: Wer Wittwen nimmt, Kaldaunen frißt, denckt nicht, was drinnen gewesen
ist. |
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So wären auch die
Sitten der
Jungfern viel
beqvemer, der Wittwen ihre hingegen
meistentheils beschwerlicher; Jungfern liessen sich leicht ziehen, wie der
Mann will, welches
aber bey Wittwen nicht zu
hoffen, denn diese wären nach des ersten Mannes Sitten
gewöhnt, und hätten einen Eckel vor den Sitten des neuen Mannes, klagten immer über
jetzigen
Ehestand, und erzehlten, wie es ihnen wohl und
angenehm in voriger Ehe
gegangen, und habe also ein Mann gedoppelte
Arbeit, erstlich ihnen die Sitten ihres vorigen
Mannes ab, hernach seine des andern Mannes Sitten anzugewöhnen. Daher komme der
Zanck, Handgemenge, Mord und Todschlag, oder auch Ehescheidung. |
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Herr Pagenstecher hat,
Jungfern zu
heyrathen vor Wittwen, diesem
Grund:
Semper in
obscuris id quod minimum est, sequimur; So giebet auch eben dieser Autor noch eine
Ursache an, wiewohl mehr im Schertz als Ernst: Jungfern könnten
servando nicht serviret
werden. |
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Ferner giebt man noch und zwar zur Haupt-Decision an: Jungfern zu heyrathen sey
besser, weiln die erste
Ehe favorabel sey, die andere aber odiös. |
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Endlich sey auch von der
Heyrath der Wittwen viel Incommodität und wenig
Nutzen vor
den neuen Mann zu hoffen, weil präsumiret werde, es sey alles des ersten Mannes, was sie
habe. |
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Man lese hiervon nach |
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- Christian Ulrich Grupens Tractat, welchen er von dieser Materie
zu Jena 1714 in 8 herausgegeben hat, wovon die Gelehrte Fama
XXXV Theil, p. 803
redet;
- und den
Artickel:
Ehestand, im VIII
Bande,
p. 371.¶
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