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Quellenangaben und Anmerkungen
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Leben |
Struve (Burchard Gotthelf)
Hoch-Fürstl.-Sächsischer
gemeinschafftlicher, wie auch Marggräflich-Brandenburgisch-Culmbachischer
Historiographus, ordentlicher
Professor der Rechte und
Historie zu
Jena. |
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Dieser
berühmte Polyhistor ist zu Weimar 1671 den 26
May
gebohren. Sein
Vater war der grosse und fromme Rechtsgelehrte George Adam Struve,
von welchem ein besonderer
Artickel folget. Die
Mutter war Susanna,
eine Tochter Burchard Berlichs,
Churfürstlich Sächsischen Raths
und Geheimen Secretarii: ein
Frau, die ihre
Kinder klüglich und glücklich
erzogen, und schon längst in die Zahl des gelehrten
Frauenzimmers gesetzt
worden. Siehe den Artickel: Struvin (Susanna). Eben, als sie
ihn unter dem Hertzen trug, arbeitete sie an den Betrachtungen über die
Sonntags-Evangelia, welche 1671 unter dem
Titel der geistlichen Andachts-Perl,
zu Weimar gedruckt worden: und wenig Stunden vor ihrer Entbindung hatte sie noch
die Correctur der letzten gedruckten Blätter verrichtet. |
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Von beyden
Eltern war ihm also die
Liebe des Guten und die Lust zu den
Wissenschafften gleichsam angeerbet, darzu er auch von
Natur eine gute Fähigkeit
hatte. Als sein
Vater 1673 zu Jena das Ordinariat der Juristen-Facultät
angetreten, fehlte es nicht an
geschickten Leuten, durch deren Aufsicht seiner
Munterkeit
Schrancken gesetzet, und durch deren
Unterweisung der
Grund der
Wissenschafften und des Christenthums in ihn geleget ward. |
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In seinem neunten Jahre bekam er nebst seinem Bruder, der 4 Jahr älter war,
den damahligen Adjunct. der Philosophischen Facultät Johann Fr. Dürren
zum Lehrmeister: dessen Anfangs nöthigfallende und bewiesene Schärfe er hernach
öffentlich gerühmet hat. Er legte also einen guten
Grund in der
Lateinischen und
Griechischen Sprache, und muste |
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{Sp. 1096} |
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durch allerley
Reden, die er in
Gegenwart einiger dazu erbetener
Gelehrten hielt, Proben seines Fleisses
ablegen. So gut ihm aber dieses und sein übriges Studiren von statten gieng, so
wenig wollte es ihm mit der Poesie gelingen. Denn die Poetischen Erdichtungen
und Einfälle waren kein
Werck vor sein
Gemüthe, und so offt er Verse machen
sollte, ergrif er die Feder mit
Verdruß. |
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Im Jahr 1684 ward er nach Zeitz gebracht, da er noch nicht 13 Jahr alt war.
Sein
Vater übergab ihn daselbst dem berühmten Christoph Cellarius,
der ihn zu sich ins Haus und an Tisch nahm. Doch war durch diese Vorsicht der
Gefahr der Verführung nicht gleich genugsam vorgebauet. Denn er fand daselbst
wilde Leute, die Trincken und Spielen dem Studiren vorzogen. Hie fehlte es
wenig, daß er nicht in gleiches Verderben gerathen wäre. Seine
Mutter fand
nöthig, deswegen selbst nach Zeitz zu kommen. Durch deren und des
Cellarius nachdrückliche Vorstellungen ward er noch bey Zeiten wieder
auf einen bessern Weg gebracht. |
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Auf des Cellarius
Wort wandte er Tag und Nacht ungemeinen
Fleiß auf die bewährten
Schrifften alter Römer, sonderlich
moralische und
historische, als wozu er die meiste Neigung hatte, wenn zumahl die letztern mit
klugen und im
Leben brauchbaren Anmerckungen geschmücket waren. Sonderlich laß
er den Seneca, Livius und Tacitus fleissig.
Zwar war ihm vieles darinn zu hoch, er trug es aber dem ohngeachtet in seine
Excerpten-Bücher. Cellarius sahe dieses mit Freuden, nahm ihn
also offt besonders zu sich, und ließ ihn an des Fabers Lexico,
welches er eben damahls vermehrte und verbesserte, mit Hand anlegen. Alle Tage
wandte er etliche Stunden auf diese
Arbeit, welche zwar viel Mühe, aber auch
vielen
Nutzen brachte, zumahl da er dabey aus des Cellarius
Reden allerley
erlernte. |
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Die Lust darzu ward bey ihm immer grösser, jemehr er sich darinnen übte, so,
daß er auch die Schul-Stunden, welch er meynte entbehren zu können, aufgab, um
dieses desto besser abzuwarten. Die Lust Sammlungen zu machen, und
Bücher zu
schreiben fand sich also gar zeitig bey ihm ein. Gleichwie er solcher
Gestalt
die
lateinische Sprache fast mit gar zu grossem Eifer trieb, also erlernte er
doch auch dabey zugleich die
Geographie und Historie, zumahl die Alte: und
wandte einige
Zeit auf die Alterthümer und
Griechische Sprache. Herdurch erwarb
er sich die völlige Gunst des Cellarius, der ihm auch daher in
seinen Programmaten grosse Lobsprüche beylegte, als er sich viermahl mit
öffentlichen
Reden hören ließ. |
Cellar. Orat. et Progr. … |
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Im Jahr 1687 fieng er zu Jena, da er noch nicht 16 Jahr alt war, seine
Academischen
Studien an. Sein erstes
Collegium hörete er bey J.Jac.
Müllern über die
Politick, in den übrigen Theilen der
Philosophie hielt
er sich zu dem berühmten Joh.Andr. Schmidten, in den
Alterthümern und in der Historie des
Deutschen Reichs zu George
Schubarten. Seine meiste Lust hatte er an denen
freyen Künsten, da er
aber höhern
Wissenschafften gewidmet war, ließ ers auch darinn an seinem Fleisse
nicht fehlen. |
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Zuerst gieng er ohne Anführer die
Institutiones durch. |
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{Sp. 1097|S. 562} |
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Hierauf fieng er an, D. Hartungen zu hören, weil ihm aber
derselbe nicht nach seinem Geschmack war, verließ er ihn, und wagte sich
nochmahls allein an die Institutiones, bediente sich dabey des
Mynsingers und des Vinnius, und lernte solcher
Gestalt
die Anfangs-Gründe der
Rechte,
ohne mündliche
Unterweisung anderer. Nachmahls nahm er seines
Vaters Jurisprudentiam vor, und suchte sonderlich in
demjenigen guten
Grund zu legen was vor
Gerichte seinen
Nutzen hat. Als er
hiermit fertig, gieng er zu den
Pandecten, und gebrauchte sonderlich das
Syntagma seines Vaters. |
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Diese Sachen waren gar nicht vor seine Gemühts-Art, und kamen ihm viel zu
trocken vor. Weil er aber sehr zum Ehrgeitz geneigt war, munterte ihn das
bekannte: Dat Justinianus honores immer weiter auf. Solcher
Gestalt wandte er
grosse Mühe an, las, schlug nach, meditirte, und befragte sich selbst; kurtz, er
ward ein guter autodidaktos. |
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Er
disputirte hierauf bey Peter Müllern die Exercit.
Jur. Civ. Schobbelianas durch, und setze selbst eine
Disputation von den
Thurnier-Spielen auf. Er wandte auf dieselbe viele Mühe, dennoch aber fand der
vortrefliche George Schubart, unter dessen Vorsitz sie 1689
gehalten wurde, vieles darinn zu verbessern. |
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In eben dem Jahr hielt er noch eine unter seinem
Vater, verfügte sich aber
bald darauf von Jena nach Helmstädt, trieb daselbst ferner die
Frantzösische
Sprache, auf welche er sich in Jena bereits mit grossem Fleiß geleget hatte,
hörte Heinrich Meibom und George Engelbrechten
und brachte solcher
Gestalt daselbst fast ein Jahr zu. Von da wandte er sich
nach Franckfurt an der Oder, woselbst er sich am meisten zu dem grossen
Samuel Strycken hielt, nächst dem er auch Peter Schultzen
hörete. Nachdem Stryck nach Wittenberg beruffen worden, so
gieng er nach Jena zurück. |
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Mit dem Anfange des 1691 Jahres begab er sich nach Halle, in der Absicht, in
denen Gerichts-Händeln sich mehr zu üben, und derselben mehr kundig zu werden.
Der Präsident von Jena verschaffte ihm auch genugsame
Gelegenheit darzu. Allein er fand kein Belieben an diesen
Sachen, theils, weil
er andere
Wissenschafften
liebte, theils weil das Hof-Leben seiner Ruhm-Begierde
mehr Reitzungen vorstellete. |
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Er verließ also bald nach Ostern Halle, und folgete seinem ältesten Bruder,
der ihn nach Holland berief. Dieser hatte sich der Chymie gantz und gar ergeben,
und hielt sich auf verschiedener hoher
Personen Kosten in Holland auf, um seine
Erfahrung darinn immer höher zu bringen. Auf solcher Reise hatte er das Glück,
den Gothischen und Casselischen Hof zu sehen. In Holland aber machte er sich
insbesondere mit dem Vitriarius und Gräven
bekannt. Sein Bruder kehrte bald hernach nach
Deutschland zurück, und er
besuchte die dortigen
Academien und vornehmsten
Städte. Seine grosse Jugend aber
machte, daß er sich nur bey den in die Augen fallenden
Dingen aufhielt, und um
die innere Beschaffenheit des
Staats, der
Gelehrsamkeit und des
Landes sich
wenig bekümmerte. |
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Auf Veranlassung seines Bruders reisete er nach Cassel, und von da nach dem
Haag zurück. Seine vornehmste Absicht war damahls allerhand rare
Bücher
aufzusuchen, deswe- |
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{Sp. 1098} |
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gen er denen öffentlichen Auctionen fleißig beywohnete, und sich einen
grossen
Bücher-Vorrath sammlete: der aber hernach bey seines Bruders Unglück
wieder verlohren gieng. Er war
willens, auch Engelland und die Spanischen
Niederlande zu besuchen, allein eine heftige über 4 Monate anhaltende Kranckheit
verhinderte ihn daran. Doch war dieselbe die erste Gelegenheit, welche sein
Hertz von den Eitelkeiten näher zu
Gott lenckte. |
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Er gieng also im Februar 1692 da er noch nicht gantz wieder hergestellet
war, wieder nach Deutschland, und nachdem er seinen Bruder, der sich damahls zu
Brambach am
Rhein aufhielt,
gesprochen, vollends nach Jena, seine
Eltern zu
sehen, und zu besuchen. |
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Kaum war er da einige Wochen gewesen, so fand sich eine Gelegenheit, auch
Schweden zu besehen. Denn der
Graf Hasifer, damahlige
Gouverneur von Liefland, that ihm das Versprechen, ihn mit sich dahin zu nehmen,
woselbst er allerhand Alterthümer würde sehen können, auf deren Untersuchung er
sich bisher mit allem Fleiß geleget hatte. Er sahe bey dieser Gelegenheit
Hamburg, die dasige Bibliotheck zu St. Johannis, und andere Merckwürdigkeiten.
Was er etwa sonderliches fand, vornehmlich in
Müntz-Sachen, das pflegte er
fleißig aufzuschreiben. Denn er trieb damahls die Müntz-Wissenschafft fleißig,
damit er die ihm vorkommende Cabinette nicht als ein stummer
Mensch ferner
ansehen dürffte, wie er bisher thun müssen. Zu Hamburg erwartete er den Grafen,
welcher sich in Holland aufhielt, weil er aber zu lange ausblieb, so schien es,
als wenn es ihm nicht bescheret sey, Schweden zu besehen. |
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Er gieng daher auf Veranlassung seines Bruders nach Wetzlar. Daselbst fiel
er Anfangs auf starcke Besuchung der
Gesellschafften und die
Liebe zu guten
Tagen, plötzlich aber wieder in eine hefftige Kranckheit, von welcher man
muthmassete, daß sie von beygebrachtem Gifte herrühre, kaum war er genesen, so
erhielt er die betrübte Nachricht, daß sein
Vater
gestorben, weswegen er denn zu
Anfang des 1693 Jahrs nach Jena zu den Seinigen reisete. |
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Er gieng hierauf wieder zu seinem Bruder, welcher stets in der Chymie fort
arbeitete, ja auch ihn selbst mit darein verwickelte, indem er ihm einst in
seiner Abwesenheit seine Verrichtungen auftrug. Als er sich im folgenden Jahre
am Meinungischen und Arnstädtischen Hofe aufhielt, leistete er ihm auch da
Gesellschafft. Allein die unglücklichen Schicksale desselben setzten ihn in
solche Umstände, daß er beynahe zu Meinungen auch wäre in Verhaft genommen
worden, ob er gleich an den Händeln seines Bruders keinen Theil hatte. Doch war
die Liebe zu seinem Bruder so groß, daß er alles was er hatte, die gantze
väterliche Erbschafft, seine
Bücher und kostbare Kleider zu dessen Befreyung
anwandte. |
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Da er also von aller menschlichen Hülfe entblösset war, so blieb ihm keine
andere Zuflucht, als bey dem Höchsten übrig. Als er unterdessen zu Meinungen
verweilete, ward er mit dem sogenannten
Baron Starck, der mit
seinem Bruder zugleich das Laboriren verrichtet, mehr bekannt. Dieser war
damahls etwa 50 Jahr alt, hatte fast gantz
Europa gesehen,
verstand die meisten
orientalischen und occidentalischen
Sprachen, und hatte sich in allen
Orten der
Gelehrsamkeit umgesehen. Der
unterrichtete ihn zum Zeit-Vertreib in der
Hebräi- |
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{Sp. 1099|S. 563} |
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schen Sprache. Er las also fleißig die
Bibel, jedoch nur Anfangs in der
Absicht, die Hebräische Sprache desto besser zu lernen.
Gott aber lenckte es
dahin, daß er bey dieser Gelegenheit eine bessere
Erkenntniß in
Göttlichen
Dingen fassete, und also immer mehr
Nutzen aus
solcher Bemühung hatte, jemehr er dieselbe nachmahls in Jena fortsetzte. Die
widrigen Schicksale, welche ihm begegneten, machten zugleich
einen tiefen Eindruck in seinem
Gemüthe. Er
erkannte, daß er bisher sich in die
Welt zu sehr vertieft. Hergegen war nunmehr seine eintzige
Begierde,
Gott, und
sich selbst zu erkennen.
Er verfiel in dieser Verfassung aber auf allzuweit
gehende und unnöthige Dinge. Es fiel bey ihm damahls nicht nur die
ausschweifende Liebe zu den
Büchern hin, sondern er hassete gar alle
Wissenschafften, auch die, so ihm sonst die liebsten gewesen. Dabey hatte er
manchen schweren Kampf mit sich selbst, und mit andern, die sich in seinen
Zustand und in die
Veränderung eines sonst so aufgeweckt gewesenen
Menschen
nicht finden konnten. |
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Er las indessen die
Schrifft, sonderlich das Neue Testament unermüdet fort;
andere
Bücher las er wenig oder fast gar nicht, ausgenommen Johann
Arndten, und den Taulerus, die er täglich in Händen
hatte. Er wäre aber, indem er sich von dem einen Abwege entfernen wollte, bey
nahe auf einen andern und aus der Mittel-Strasse verfallen, denn es fehlte nicht
viel, daß er bey seiner Abkehrung von der
Welt in eine Melancholie gerathen,
oder, wo möglich in eine Wüste gelaufen wäre. |
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Als er die Menge der grossen Hindernisse einsmahls erwegte welche die Welt
der Gottesfurcht setzet, beschloß er, einen verborgenen
Ort zu suchen; allein
Taulerus lehrete ihn, daß „wenn auch iemand ausser der Welt
leben könnte, und in ihm selbst die Welt nicht überwunden hätte, derselbe doch
nicht vergnügt, ruhig und glücklich seyn werde.“ Einsmahls hatte er auch den Tag
über den Sorgen und betrübten
Gedancken nachgehangen, als wider Vermuthen ein
ihm zuvor unbekannter Knabe wider seine
Gewohnheit vor seine Thüre kam, und das
Lied sang: Schwing dich auf zu deinem Gott etc. Hiedurch ward sein gantzes
Gemüthe so aufgerichtet, daß er der Traurigkeit gute Nacht gab, und mit
frölichem Aufthun seines Mundes
Gott preisete. |
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Zuweilen nahm er noch einige Chymische Operationen vor, besuchte auch seinen
Bruder, der nach wieder erlangter
Freyheit
zu Leipzig sich aufhielt, als er aber
sahe, daß derselbe noch nicht gewitziger sey, veließ er ihn bald wieder. Er
blieb in solchem
Zustande fast zwey Jahre, und wandte seine
Zeit blos auf
Gottselige Betrachtungen, dabey er jedoch seiner
Mutter Angelegenheiten mit
besorgete. Nach und nach kam unterdessen der Appetit zum Studiren wieder. Er
fieng also wieder an, zu lesen, und das aufzuzeichnen, was ihm nöthig zu seyn
schien. |
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Nachdem er Bielkens gebundene
Bücher in
Ordnung gebracht
hatte, verließ der Jenische Bibliothecarius Cummer diese
Welt.
Er hielt also um dessen Stelle an. Nun war es zwar schon zu spät, und die
Academie hatte schon andere dem
Hertzogen darzu vorgeschlagen; jedoch sie that
aus besonderer Zuneigung gegen ihn etwas ausserordentliches, und schlug ihn
gantz allein noch vor. |
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{Sp. 1100}[1] |
[1] |
HIS-Data: falsche Spaltenzahl 2000 in der Vorlage |
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Er erhielt auch solches Bibliothecariat mit dem Ende des 1697 Jahres: Die
Bibliotheck fand er in vieler Verwirrung, brachte sie aber in gute
Ordnung, und
verfertigte mit vieler Mühe andere und bessere Verzeichnisse. Als er nunmehr von
neuem alle seine
Zeit in den
Büchern zu brachte, nahm seine
Gelehrsamkeit
täglich zu. Damit er nun auch andern damit nützen möchte, so erklärte er nicht
nur seinen jüngsten Brüdern die Physick nach Helmons
Grund-Sätzen, sondern brachte auch andern die
Griechische Sprache und die
Alterthümer bey. |
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So gut Schubart mit dem letztern zu frieden war, so wenig
war er es damit, daß Struve auf anderer Verlangen die Deutsche
Historie las. Denn er meynte, daß ihm dieses allein zukomme, ohngeachtet er mit
Juristischen
Collegien genug zu thun hatte, und Struve alle
Mühe anwandte, um ihn zu besänftigen. Da nun seine Zuhörer immmer mehrere
wurden, und es schien, als ob er dem Academischen Leben gewidmet sey, nahm er zu
Halle 1702 die Academischen Würden an, dabey ihm den auf Stryckens
und des Cellarius Vorspruch nicht wenig erlassen ward. |
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Die Jenische Academie nahm es Anfangs nicht zum besten auf daß er sich bey
seiner Promotion an einen andern
Ort gewandt. Doch nahm ihn endlich die
Juristen-Facultät, als er die
Ursachen, die ihn darzu bewogen, entdecket, in die
Zahl der ihrigen (in numerum nostrorum, wie man dort zu
sagen pfleget) umsonst
auf. Die Philosophische Facultät folgte zwar darauf nach, doch must er ihr mehr
Geld erlegen, als sonst gebräuchlich ist. Hierauf fuhr er in seinem Fleisse
immer weiter fort, und brachte es fürnehmlich in allen
Arten der Historie auch
der Kirchen- und Gelehrten-Historie immer höher. Im Jahr 1704 folgte er dem
verstorbenen Schubart in der Profeßion der Historie. Er
bezeugte dabey soviel Treue,
Geschicklichkeit und Fleiß, daß die Zahl seiner
Zuhörer, die Grösse seines Ruhms und sein Glück zusehens immer höher stiegen. |
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Als er 1712 auf eine andere
Universität beruffen ward, wollten ihn die
Sächsischen
Hertzoge so wenig fahren lassen, daß sie ihn vielmehr durch neue
Gnaden-Bezeugungen in Jena zu bleiben bewegten: Er ward also damahls
Sachsen-Weimarischer Rath Historiographus des Ernestinischen Hauses, und
ausserordentlicher Professor der Rechte. Im Jahr 1717 ward er von dem damahligen
Marggrafen von Bareuth George Wilhelm zu seinem würcklichen
Hof-Rath ernannt, dergestalt, daß er zwar in Jena bey seiner Profeßion bleiben,
doch aber jährlich zwey Reisen nach Bareuth thun, die hohen Gerechtsamen des
Brandenburgischen Hauses in ein Paar Disputationen ausführen, und davor ein
ordentlich Gnaden-Geld genüssen sollte. |
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Im Jahr 1730 wurde er Hof-Rath des
Hoch-Fürstlichen Sammt-Hauses Sachsen und
Professor des Staats- und
Lehn-Rechts. Vor seinem
Tode welcher den 28 May 1738
erfolgte, war er der Philosophischen Facultät Senior und der gantzen Academie
Sub-Senior. |
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Daß es ihm in seinem
Leben an Trübsalen nicht gefehlet, ist bereits aus dem
erzehlten abzunehmen; er hat aber auch sonst allerley Kranckheiten,
Widerwärtigkeiten, Verfolgungen und betrübte Todes-Fälle
erfahren müssen. Wie er
denn z.E. das
Absterben seiner
Mutter sich |
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{Sp. 1101[1]|S. 564} |
[1] |
HIS-Data: falsche Spaltenzahl 2001 in der Vorlage |
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dergestalt zu
Gemüthe zog, daß er darüber in ein hitziges
Fieber verfiel. |
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Zweymahl ist er in den Wittwen-Stand gesetzet worden, das erste mahl ward
ihm 1706 Anna Elisabeth, eine eintzige
Tochter Caspar
Bertrams, beyder
Rechten Licentiatens und Pfänners in Halle; das andere
mahl Anna Elisabeth Stenders aus Naumburg entrissen. Darauf hat
er sich 1723 zum dritten mahl
verheyrathet mit Maria Sophia
gebohrnen Hansen, des bekannten Quedlingburgischen
Superintendentens D. Ernst Friedrich Kettners, hinterbliebenen
Wittwe. |
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Er gleichet nicht nur in seinen
Sitten, sondern auch in seinem Gesichte
seinem
Vater überaus sehr, wie Acker in Opusc. Eloqu.
… meldet. Von seinem Vater hat er die Liebe zum Gebet, zur Gerechtigkeit und
Frömmigkeit gleichsam geerbet, |
Diar. Salan.
p. 155. |
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Er pflegte sich einer leichten
Lehr-Art zu bedienen, und nicht leicht etwas
vorzutragen, das er nicht aus den rechten Quellen geschöpfet, darzu ihm seine
schöne Bibliotheck gute
Dienste
thät. Was er in der Gelehrten- und Civil, zumahl in der Deutschen
Reichs-Historie geleistet, ist mehr, als zu bekannt. Doch hat er so wenig, als
einiger anderer
Gelehrter allen gefallen können. Und da auch bey ihm ein Tag den
andern gelehret, und in den ersten Auflagen seiner
Schrifften sich einige Fehler mit eingeschlichen, wie in
Historischen
Dingen, zumahl, wenn man die Bahn brechen muß, gar leicht geschehen
kan, so hat er deswegen zuweilen scharfe Censuren
erfahren müssen. |
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Er gehöret übrigens unter die frommen und der Theologie kundigen Juristen.
Feustel hält ihn vor den andern Thomas Reinesius,
und meynt in
Miscell. S. … daß er vor andern ein vollkommenes
Werck von der
Gelehrten Historie hätte liefern können, wenn er sich derselben gäntzlich
gewidmet hätte. Wiewohl Struve
billig gezweifelt, daß
dergleichen eines
Menschen
Werck
sey. |
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